Das alles ist mehr als fragwürdig. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie, Frau Ministerin Stange, Licht in den Hergang bringen könnten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen eine langfristige Absicherung und eine ausreichende Finanzierung dieser Aktivitäten, die wir als humanitäre Pflicht ansehen und für die wir in Verantwortung stehen. Daher unterstützen wir die Forderungen in dem Antrag DIE LINKE. Diese sind zwar teilweise, was die Auskunftserteilung angeht, durch die Übereinkunft zwischen dem Freistaat Sachsen und der Bundesregierung erfüllt worden. Die Dokumentationsstelle wird jedoch offensichtlich nur die bisher vorliegenden Erkenntnisse weiter zugänglich machen können. Offen bleibt, wie es mit der Erforschung der bislang ungeklärten Schicksale sowjetischer Kriegsgefangener weitergeht. Das entnehme ich zumindest – anders als Kollegin Fiedler und Kollegin Kliese – der
Stellungnahme der Staatsregierung. Die Staatsregierung muss nach Möglichkeiten suchen, die Aufklärung fortzuführen, damit weitere Anfragende Gewissheit über die Haftbedingungen, die Todesumstände und den Bestattungsort ihrer Vorfahren erlangen.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.
Dann frage ich die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Frau Staatsministerin Dr. Stange, bitte sehr. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist aus heutiger Perspektive kaum vorstellbar, welch unermessliches Leid sowjetische Kriegsgefangene und Kriegsgefangene
anderer Nationen während des Zweiten Weltkrieges in deutscher Gefangenschaft erlitten. Allein von den rund 5,7 Millionen Gefangenen der Roten Armee überlebten rund zwei Drittel – meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, das sind rund 3,8 Millionen Menschen – die Gefangenschaft nicht. Sie starben aufgrund katastrophaler hygienischer Bedingungen und nicht vorhandener medizinischer Behandlung an Ruhr oder Fleckfieber. Sie verhungerten oder erfroren. Oder sie wurden schlicht ermordet. Deutschland ist auch diesen Opfern des Krieges zu großem Dank verpflichtet; denn sie haben ihren Teil dazu beigetragen, dass unser Land von der Barbarei des Nationalsozialismus befreit wurde.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Es wäre mir lieber gewesen, wir müssten nicht in diesem Rahmen heute über die Fortsetzung der Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten reden. Die Dokumentationsstelle hat von 2000 bis 2014 das Projekt „Sowjetische und deutsche Kriegsgefangene und Internierte. Forschung zum Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit“ durchgeführt. Dieses Projekt wurde im Wesentlichen aus Mitteln des Bundes über 14 Jahre hinweg finanziert.
Zum 31.12.2014 ist diese Bundesförderung nach Ankündigung im Jahr 2012 eingestellt worden. Die Vorgängerregierung war zwar auch schon entsprechend aktiv, aber seit meiner Amtsübernahme im Herbst vergangenen Jahres bemühen wir uns verstärkt um eine Fortsetzung des Projektes und der entsprechenden Bundesförderung.
Wir müssen uns über eines im Klaren sein – in den Stiftungsgremien war es immer klar –: Dieses Projekt ist kein ausschließlich sächsisches Projekt, auch wenn es um die Schicksalsklärung vieler Kriegsgefangener auf sächsischem Territorium, zum Beispiel in Zeithain, aber auch in anderen Orten geht. Deshalb ist die Beteiligung des
Bundes von Anfang an unser Ziel im Zusammenhang mit diesem Projekt gewesen. Im Mittelpunkt stand die Schicksalsklärung sowjetischer und deutscher Kriegsgefangener und Internierter anhand der von der jeweiligen Gewahrsamsmacht erstellten Akten. Diese Personalakten und -karten wurden digitalisiert und in einer Datenbank erfasst. Mithilfe der erhobenen Daten wurden sowohl wissenschaftliche als auch Auskunftspublikationen
Darüber hinaus – dazu hat Frau Fiedler schon etwas gesagt – existiert seit 2009 eine Online-Datenbank mit grundlegenden Informationen, die für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Dieses Angebot wird bis heute stark nachgefragt. Auch die immer noch sehr hohe Zahl von direkten schriftlichen Anfragen an die Dokumentationsstelle zeigt das ungebrochene Interesse an diesen Informationen.
Wie soll es nun weitergehen? Auf der 47. Stiftungsratssitzung am 13. April dieses Jahres hat sich der Bund zur Wahrnehmung dieser Auskunftstätigkeit als einer humanitären Aufgabe der Bundesrepublik, die die Stiftung bisher im gesamtstaatlichen Interesse wahrnimmt, bekannt. Aus diesem Grund hat der Bund eine angemessene finanzielle Beteiligung an der Auskunftstätigkeit ab 2016 – vorbehaltlich der Beschlüsse zum Bundeshaushalt – in Aussicht gestellt. Der Stiftungsrat bat den Freistaat Sachsen, mit dem Bund eine entsprechende Finanzierungsvereinbarung zur Regelung der Details zu verhandeln. Die Auskunftstätigkeit der Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zu sowjetischen Kriegsgefangenen in deutschem Gewahrsam wird damit ab dem 1. Mai dieses Jahres fortgesetzt. Dabei soll 2015 die Auskunft in einer Übergangsphase bis Jahresende zunächst ausschließlich aus Landesmitteln finanziert werden. Ich bitte in diesem Sinne das Parlament um die entsprechende Unterstützung und die Bereitstellung der dafür erforderlichen Mittel.
Über die humanitäre Auskunft hinaus wird davon ausgegangen, dass in Zukunft mehrjährige Forschungsarbeit notwendig ist, die die Chance auf Klärung von rund einer Million weiteren Einzelschicksalen bietet. In diesem Zusammenhang kann aktuell noch nicht entschieden werden, ob und, wenn ja, wann der Bund für die Erforschung weiterer Personaldaten zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung stellen wird. Die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien führt dazu gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt Gespräche, unter anderem mit Vertretern der betroffenen Partnerländer Russland, Ukraine und Weißrussland, dem Freistaat Sachsen und der Stiftung Sächsische Gedenkstätten.
Für den Freistaat wäre es sehr wünschenswert, wenn die Kompetenzen und das spezifische Wissen der Dokumentationsstelle auch in Zukunft sowohl für die Auskunft zu den bisherigen Erkenntnissen als auch für die weitere Erschließung zusätzlicher Akten und Personaldaten genutzt werden könnten. Ich möchte an dieser Stelle allen Projektbeteiligten, stellvertretend Herrn Dr. Haritonow und dem langjährigen Leiter der Dokumentationsstelle,
Sie vor allen Dingen waren es, die den bisher namenlosen Opfern aus vielen Ländern Europas in deutscher Kriegsgefangenschaft wieder eine Identität gaben. Angehörige hatten somit erstmals seit Kriegsende die Möglichkeit, nähere Informationen über ihre Familienangehörigen, die bis zu diesem Zeitpunkt schlichtweg als verschollen galten, zu bekommen. Die Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten hat mit ihrer engagierten und akribischen Arbeit wesentlich dazu beigetragen, dass aus Kenntnis der historischen Schuld Verantwortung und Verpflichtung gegenüber den Opfern und deren Angehörigen wurden. Dafür bin ich sehr dankbar.
Der vorliegende Antrag der LINKEN ist durch vergangenes und aktuelles Regierungshandeln als erledigt zu betrachten.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Das Schlusswort hat die Fraktion DIE LINKE. Wird es gewünscht? Wird der Antrag für erledigt erklärt? – Bitte, Herr Abg. Sodann.
Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Frau Ministerin Stange! Ich betrachte es aus der Sicht meiner Fraktion noch nicht als erledigt, da die Arbeit noch nicht aufgenommen wurde und über das Forschungsprojekt noch keine Klarheit besteht. Nach wie vor ist es so – und das ist unberührt von der Aussage meines ersten Redebeitrags –, dass es noch keine Verträge, selbst für eine Auskunftsstelle, gibt. Es wird immer davon gesprochen, dass die Auskunftsstelle am 1. Mai wieder ihre Arbeit aufnehmen wird, dass die Bundesregierung beabsichtigt, ab 2016 darin einzusteigen.
Aber das, was wir verlangen, ist, mehr Druck auf die Bundesregierung und auch auf die Stiftung auszuüben, dass das tatsächlich so geschieht. Mir drängt sich mehr und mehr der Eindruck auf, dass das alles blockiert wird. Ich weiß auch von 60 000 Euro aus dem Auswärtigen Amt, die dieses Jahr theoretisch zur Verfügung gestanden hätten, hätte die Stiftung einen Antrag an das Auswärtige Amt gestellt. Ich finde es unverantwortlich, das so lange zu blockieren. Es hätte keine vier Monate Pause gebraucht. Deswegen ist auch unser Antrag nicht hinfällig.
Ja, Frau Kliese, ich würde mich wirklich vorher etwas besser informieren, auch in Bezug auf das, was Sie hier sagen. Woher nehmen Sie das Wissen von Personalstellen? Dann sagen Sie es mir, wenn Sie mehr wissen als ich. Aber nein, Sie haben auch hier nichts gesagt. Sie haben auch hier nicht auf meine Frage geantwortet, wie viel Mittel tatsächlich im Haushalt eingestellt sind, um die Fortführung dieser Auskunftsstelle zu ermöglichen. Nichts haben Sie gesagt.
Ansonsten komme ich noch zu einem kleinen Schlusswort und möchte mit Worten von Herrn Müller enden, dem Sie heute alle Respekt gezollt haben. Ich lese es ganz schnell vor und es ist nicht übertrieben zu sagen – diesen Vortrag hält er im Übrigen heute beim Botschafter in Berlin –, dass praktisch jeder erwachsene Einwohner in Russland, der Ukraine und Weißrussland von diesem Projekt der Bundesregierung und damit auch von Sachsen schon einmal gehört hat:
„Wir haben bei der Übergabe von persönlichen Dokumenten immer wieder gespürt, dass wir nicht nur als Personen der Vertreter von Organisationen wahrgenommen werden, sondern als symbolische Botschafter unseres Landes. Wir standen und stehen für das neue Deutschland, das seine Geschichte angenommen hat, das Verantwortung für seine Geschichte übernimmt und im Sinne von Frieden der Aussöhnung dient. Ich bin überzeugt, es gibt keine bessere Möglichkeit der Aussöhnung als diese. Es gibt kein sachliches Argument dagegen, die noch vorhandenen Unterlagen mit deutschen Friedhofsunterlagen zusammenzubringen und zu bearbeiten. Welche Begründung sollen wir den Angehörigen geben, dass über diese Kriegsgefangenen keine Auskunft gegeben werden kann? Sind es Personen minderen Rechts?“
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/1218 zur Abstimmung. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei zahlreichen Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.
Die Aussprache erfolgt in der bekannten Reihenfolge: AfD, CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird. Für die AfD-Fraktion Herr Abg. Wippel. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen Abgeordneten! In einer der letzten Plenarsitzungen haben wir festgestellt, dass es eine Flut an Kleinen Anfragen gibt. Diese beschäftigen sicher so einige Vollzeitstellen in der Staatsverwaltung.
Das ist richtig, Herr Lippmann, wir stellen auch Anfragen und deswegen stehe ich auch hier vorn. Sie können nachher übrigens unserem Antrag zustimmen.
Es gibt Themen, die von allgemeinem Interesse sind, Themen, an denen jede Fraktion arbeitet, Themen, bei denen alle Abgeordneten ihren Wählern gegenüber auskunftsfähig sein sollten. Ohne Zweifel ist das Thema Einwanderung und dabei insbesondere der Gebrauch und Missbrauch des Asylrechts das Thema, welches seit Monaten täglich die Medien und zunehmend auch den Diskurs an den Stammtischen beherrscht. Nachdem wir uns im Parlament über das Thema ausgetauscht und nachdem die Bürger Informationen und Handeln der Staatsregierung auch auf der Straße eingefordert haben, hat die Staatsregierung Ende letzten Jahres die Broschüre „Asylbewerber und Flüchtlinge im Freistaat Sachsen“ veröffentlicht, um die Diskussion zu versachlichen. Die Broschüre hat sicher ihr Ziel bei denen erreicht, die sie bekommen haben und die ihre Augen zum Lesen und ihr Gehirn zum Denken nutzen.
Die Broschüre ist allerdings für die konkrete politische Arbeit mit all ihren Facetten der rechtlichen Umsetzung des Asylrechts nur bedingt geeignet, denn sie lässt zu viele Fragen offen. Zudem ist die Broschüre bisher nur einmalig erschienen, sodass sie die aktuelle Entwicklung nicht abbilden kann.