Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Keine Baugenehmigung in Sachsen ohne Stellplätze oder ohne Ablösebetrag für Stellplätze – Sachsen ist eines der letzten Bundesländer, in denen dieses Recht so überhaupt noch gilt. Das möchten wir abschaffen. Wir möchten, dass Bauherrinnen
Wir möchten aber auch, dass Kommunen die Möglichkeit haben, bei Bauvorhaben aller Art angepasste Stellplatzpflichten für Auto und Rad festzulegen, aber auch die Frage von Ablösebeträgen zu regeln, sofern es um für den öffentlichen Verkehr bestimmte Anlagen geht, und zwar durch öffentliche Satzung nach Beschluss des Gemeinderates.
Zu meiner Überraschung und Freude hat das Innenministerium durch seine Fachvertreterin im Innenausschuss dieses Vorhaben begrüßt. Wir haben erfahren, dass auch das Innenministerium für die Kommunalisierung der Stellplatzpflicht ist. Allerdings wurden wir auf die ausstehende große Novelle der Sächsischen Bauordnung verwiesen. Auf diese wartet der Sächsische Landtag bekanntlich seit fünf Jahren; ich habe mehrfach nachgefragt. Klar ist: Innenminister Ulbig wird sie nicht mehr einbringen. Wenn Sie es mit dieser Flexibilisierung ernst meinen, dann sollten Sie die Chance, die sich durch unseren Gesetzentwurf bietet, nutzen und ihm heute zustimmen. Grundsätzlich ist unsere Absicht von allen Sachverständigen begrüßt worden.
Damit Ihnen die Zustimmung leichter fällt, möchte ich aus der Stellungnahme des Verbandes der Sächsischen Wohnungsgenossenschaften zu unserem Gesetzentwurf zitieren: „Wir begrüßen den Gesetzentwurf der GRÜNEN und unterstützen den Antrag. Gleichzeitig ist es aber widersinnig, dass im Baugesetzbuch der Platz für Autos geregelt wird und Kinder keinen Anspruch auf einen Platz – sei es ein Spiel- oder ein Bolzplatz – haben.“ – So Dr. Axel Viehweger, Vorstand des Verbandes Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V.
Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir GRÜNEN die Kosten für den Wohnungsbau gerade im innerstädtischen Bereich deutlich senken. Der aktuelle Zwang zum Tiefgaragenbau bzw. zur Zahlung der Ablösegebühr treibt die Baukosten und damit auch die Mieten in die Höhe. Gerade in innerstädtischen Quartieren ist die Stellplatzverordnung ein echter Kostentreiber. Ein Tiefgaragenstellplatz kostet je nach Bodenbeschaffenheit und Zufahrt etwa 15 000 bis 30 000 Euro. Ein Stellplatz!
Bis zu 10 000 Euro pro Autostellplatz kostet die Ablösegebühr, auf die die Baubehörden nicht verzichten dürfen. Das kann sich mit bis zu 100 Euro pro Monat auf die Mietkosten auswirken.
Viele Menschen – gerade, aber nicht nur – in den Großstädten Leipzig und Dresden brauchen keine privaten Autoparkplätze, dafür aber bezahlbaren Wohnraum. Dann kann man auch auf eine bedingungslose Stellplatzpflicht gerade für Lückenbebauung in diesen Vierteln verzichten.
Wir wollen, dass stattdessen die Gemeinden eigenständig Stellplatzsatzungen für ihr gesamtes Gebiet, für Gemeindeteile oder für Vorhaben erlassen können, und zwar für Auto und Rad. Natürlich können dann auch die Ablösebeträge weiter erhoben werden.
Das Ganze erfolgt nicht durch Baubehörden im Rathaus oder im Landratsamt, sondern es erfolgt in einem öffentlichen transparenten Verfahren im Gemeinderat unter Einbeziehung der Bürger. Auch das halte ich für einen echten Fortschritt.
Wir haben nach der Anhörung einige Vorschläge unterbreitet, wie man den Gesetzentwurf qualifizieren kann. Natürlich müssen die Kommunen genügend Zeit haben, die Satzung zu erlassen. Wenn Sie im Detail andere Vorschläge zu unserem Gesetzentwurf haben, sind wir ganz offen. Uns geht es darum, dass Sachsen insoweit endlich moderner wird und seine alten Regelungen entbürokratisiert.
Zusammengefasst: Die Abschaffung der Stellplatzpflicht in der Sächsischen Bauordnung ist zeitgemäß, ökonomisch sinnvoll und stärkt die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen. Bitte stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu!
Das war die einbringende Fraktion der GRÜNEN. Es sprach Frau Kollegin Jähnigen. Jetzt sehe ich am Mikrofon 3 eine Kurzintervention.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Jähnigen, Ihr Auftreten soeben und Ihre Rede haben gezeigt, was Sie wirklich wollen. Ihnen geht es nicht um die Vorgänge am gestrigen Abend, sondern um das Erzielen öffentlicher Aufmerksamkeit. Es ist schon bezeichnend, dass Sie, wenn wir hier über Wirtschaft und Arbeitsplätze debattieren, die Nazis die Tagesordnung dominieren lassen. Wenn es um Stellplätze geht, ist Ihnen das plötzlich nicht mehr so wichtig.
Meine Damen und Herren! Das ist respektlos und eine politische Dummheit. So etwas habe ich bisher im Sächsischen Landtag noch nie erlebt.
Ich muss Sie darauf hinweisen, dass sich die Kurzintervention auf den Inhalt des vorhergehenden Redebeitrags beziehen muss.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zielt auf eine Änderung des § 49 der Sächsischen Bauordnung, in welchem – laut der aktuell gültigen Fassung – Regelungen zu Stellplätzen und Garagen getroffen werden. Dabei geht es in Abs. 1 um die grundsätzliche Verpflichtung der Bauherren, Stellplätze und Garagen in dem erforderlichen Umfang auf dem Baugrundstück direkt oder in zumutbarer Entfernung davon auf einem geeigneten Grundstück zur Verfügung zu stellen, dessen Benutzung für diesen Zweck auch rechtlich gesichert wird.
Die Zahl der notwendigen Stellplätze ergibt sich dabei aus einer Richtzahlentabelle für den Stellplatzbedarf, welche in der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Sächsischen Bauordnung festgehalten ist. In Abs. 2 des schon genannten § 49 der Sächsischen Bauordnung finden sich Regelungen zu den Möglichkeiten der Erhebung einer Stellplatzablöse und deren Verwendung, sofern die Herstellung der notwendigen Stellplätze aus tatsächlichen Gründen nicht oder nur unter größten Schwierigkeiten möglich ist. Für diese Fälle kann die Gemeinde bereits heute per Satzung die Höhe der Ablöse für einen Stellplatz festsetzen.
Grundsätzlich ist es aus der Sicht der CDU-Fraktion durchaus ein richtiger und nachvollziehbarer Schritt, der kommunalen Ebene größere Kompetenzen für die Ausgestaltung des bauordnungsrechtlichen Stellplatzrechts zu geben. Der vorliegende Gesetzentwurf unterbreitet dafür einen Vorschlag. Jedoch hat die öffentliche Anhörung am 27. März 2014 gezeigt, dass der Entwurf mit zahlreichen Mängeln und Sachproblemen behaftet ist, welche sich nach unserer Auffassung auch durch mittlerweile vorliegende Änderungsanträge nicht beheben lassen.
Einige wenige, aber zentrale Kritikpunkte möchte ich kurz anführen. Insbesondere der Sachverständige Jäde hat in seinen Ausführungen in der öffentlichen Anhörung ausführlich darauf hingewiesen. Einige Punkte versuchen die GRÜNEN mit ihrem vorliegenden Änderungsantrag zu heilen; doch die Kernproblematik erfährt damit keine Lösung.
Als besonders kritisch sind die im Gesetzentwurf geforderten Berichtspflichten sowie die dann überall im Lande unter großem Aufwand zu erstellenden Verkehrs- und Mobilitätskonzepte zu sehen.
Auch die Deckelung der Stellplatzablöse ist eher kritisch zu bewerten, da der Stellplatz nun einmal unmittelbar demjenigen nützt, der diesen für sein Bauvorhaben benötigt.
Auch der gewählte Ort für eine Satzungsermächtigung wäre – der Systematik folgend – nicht im materiellen Teil der Bauordnung zu suchen, sondern eher in § 89.
Der Spitzenverband der Städte und Gemeinden in Sachsen, SSG, hat in seiner Stellungnahme verdeutlicht, dass gerade kleinere Gemeinden in Sachsen mit den Regelungen in der geltenden Vorschrift gut umgehen können. Es kann als gewisse Schwäche der Anhörung gedeutet werden, dass zwar über Berlin, Potsdam und – in Ansätzen – über Leipzig berichtet wurde, eine Bewertung im Hinblick auf kleinere Städte aber nicht erfolgte. Aus der Sicht der Brandenburger, die schon über einige Erfahrungen verfügen, hätte man auch über Eberswalde, Neuruppin und Rathenow reden können und nicht nur über Potsdam.
Ein Überangebot an Stellplätzen ist bisher nicht zu verzeichnen und es ist aus meiner Sicht durchaus problematisch, eine ohne Stellplatz hergestellte Wohneinheit für alle Zeit an Mieter oder Eigentümer ohne privates Kfz zu vergeben, denn auch die individuelle Mobilität unterliegt einem stetigen Wandel. Während heute noch viele den konsequenten Umstieg auf den ÖPNV oder das Fahrrad im Blick haben, mag das in einigen Jahren mit Zunahme der Elektromobilität auch im Autoverkehr schon eine ganz andere Entwicklung nehmen. Dann werden wir zumindest in den Großstädten wieder mit der Stellplatzproblematik befasst sein. Das ist eine Entwicklung, die sich aus heutiger Sicht nur relativ schwer voraussagen lässt.
Insgesamt sind wir – wie schon zum Anfang meiner Rede signalisiert – gern bereit, über die Thematik der Stell
platzsicherung im Rahmen der längst fälligen Novelle der Sächsischen Bauordnung zu debattieren. Heute empfehle ich die Ablehnung des vorliegenden Gesetzentwurfes.
Das war Herr Fritzsche für die CDU-Fraktion. Für die Fraktion DIE LINKE ergreift Herr Stange das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will das gar nicht groß auswalzen, weil unsere Position klar ist. Uns hat die Anhörung zu diesem Gesetzentwurf dabei geholfen. Ja, man kann sicher bei den von Kollegen Fritzsche zitierten Sachverständigen unterschiedlicher Auffassung sein. Wir haben allerdings unsere Bedenken durch die Sachverständigenanhörung ausgeräumt gesehen und
werden sowohl dem Gesetzentwurf als auch dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen.
Das war für die Fraktion DIE LINKE Kollege Stange. – Jetzt hat für die SPDFraktion Frau Kollegin Köpping das Wort.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz so kurz wie mein Vorredner kann ich es nicht machen, weil wir bei dem vorliegenden Gesetzentwurf einige Bedenken haben. Wir wissen, dass sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts in den Großstädten im Allgemeinen das Mobilitätsverhalten der Menschen grundlegend verändert hat. Deswegen finden wir den Ansatz für diesen Gesetzentwurf richtig gut.
Immer weniger Menschen in den Großstädten besitzen ein eigenes Auto, setzen sich dafür aufs Fahrrad oder nutzen die öffentlichen Verkehrsmittel. Jobtickets, Semestertickets, Mietertickets sind zusätzliche Anreize, alternative Mobilitätsformen zu nutzen. Deshalb haben die
GRÜNEN aus unserer Sicht wirklich die richtige Frage gestellt: Brauchen wir überhaupt noch eine Stellplatzpflicht in unserer Bauordnung? Die Antwort ist ebenso klar: Nein, wir brauchen sie nicht. Deswegen, Kollege Fritzsche, wäre es ganz gut gewesen, wenn im Rahmen der Entbürokratisierung, die Sie sich als CDU/FDPKoalition auf die Fahne geschrieben haben, tatsächlich eine Vorreiterrolle eingetreten wäre.
Sachsen ist dabei kein Vorreiter. Das haben Sie bereits ausgeführt. Viele andere Bundesländer wie Hessen oder Brandenburg sind bereits ähnliche Schritte gegangen. Statt einer generellen Stellplatzpflicht fordern die GRÜNEN mehr Selbstbestimmung für die Kommunen. Ihnen soll es überlassen werden zu prüfen, ob ein Bedarf an Stellplätzen besteht, auf den notfalls mit kommunalen
Stellplatzsatzungen reagiert werden kann. Grundsätzlich begrüßen die Ziele einer Deregulierung und die Übertragung von Verantwortung auf die Kommunen nicht nur der Sächsische Landkreistag, sondern auch unsere Fraktion; denn erstens werden die derzeit geltenden landesweiten Regelungen den unterschiedlichen Situationen in den sächsischen Städten und Gemeinden vielerorts nicht mehr gerecht, zweitens begrüßen wir die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung; denn die Kommunen wissen selbst am besten, wo bei ihnen Stellplätze Mangelware und wo sie in ausreichender Zahl vorhanden sind.
Der Gesetzentwurf geht also in die richtige Richtung, aber er bleibt auch aus unserer Sicht auf halber Strecke stehen. Die Sachverständigenanhörung, die der Innenausschuss Ende März durchgeführt hat, zeigte, dass mit diesem Gesetzentwurf viele Regelungen im Detail noch nicht zu Ende gedacht sind und an vielen Stellen noch Anpassungs- bzw. Korrekturbedarf besteht. Außerdem wurde dort betont, dass die Freihaltung öffentlichen Raumes von ruhendem Verkehr, wie parkende Autos im Behördendeutsch genannt werden, kein spezifisch bauordnungsrechtliches Anliegen ist, sondern vielmehr eine Frage der kommunalen Verkehrskonzeption. Dazu kommt – das war der dritte zentrale Punkt der Anhörung –, dass durch die in § 49 der Sächsischen Bauordnung festgeschriebene Stellplatzpflicht deutliche Mehrkosten bei Neubauten verursacht werden. Darauf sind wir bereits eingegangen.
Nicht nur bei Wohnhäusern, auch bei öffentlichen Gebäuden, wie Krankenhäusern oder Kitas, sind die Vorschriften des § 49 ein wahrer Kostentreiber, vor allem in den Innenstädten, wo der Raum sowieso knapp ist. So muss eine Vielzahl von Stellplätzen gebaut werden, ohne dass deren Notwendigkeit überhaupt geprüft wurde. Die Frage ist also, ob wir den § 49 der Bauordnung nicht komplett abschaffen sollten, anstatt ihn, wie es die GRÜNEN wollen, nur zu modifizieren. Dies hätte mehrere Vorteile: