Protocol of the Session on June 18, 2014

Es stellt sich folgende Frage: Welchen Status bekommt ein solcher Beauftragter? Wie er ausgestattet wird, kann man sehr unterschiedlich beantworten. In diesem Haus gibt es einen Ausländerbeauftragten, der natürlich eine eigene Struktur hat. Genau darum geht es. Wenn dieser Beauftragte eine Wirkung entfalten soll, dann benötigt er eine bestimmte Struktur. So hatten wir uns das zumindest vorgestellt. Diese Struktur wäre natürlich kostenintensiv gewesen. Es wäre sicherlich sinnvoll gewesen. Nur in Zeiten, in denen wir überall sparen, beispielsweise – die Polizei ist zu Gast – beim Weihnachtsgeld, welches wir damals streichen mussten, haben wir Folgendes gesagt: Nein, man kann keine neuen Kosten verursachen. Deswegen haben wir das gemacht.

Ansonsten lasse ich mich von Ihnen, Herr Brangs, nicht auf die übliche Fährte, die Sie wieder legen, locken. Das können Sie mit sich selbst ausmachen. Die Moralkeule schwingen Sie bitte bei Ihrer eigenen Fraktion oder im eigenen Lager. Das können Sie dort am besten. Mir geht es einzig und allein um ein Stück Verantwortung in Sachsen und für Sachsen für diejenigen, die hierher gekommen sind. Das setze ich in einen geschichtlichen Kontext. Genau darüber sprechen wir.

Dass Sie diesen Antrag vielleicht anders möchten, glaube ich gern. Von mir aus, machen Sie es so. Wir möchten es so. Sie brauchen nicht zuzustimmen. Ich glaube, dass wir auch so eine Mehrheit in diesem Haus haben.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das war die Reaktion von Herrn Kollegen Zastrow. An Mikrofon 1 gibt es eine weitere Kurzintervention des Kollegen Kosel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen. Der Redebeitrag des Kollegen Zastrow hat deutlich gemacht, dass von diesem Antrag ganz klar eine einseitige Betonung des Schicksals deutscher Vertriebener und Flüchtlinge zu erwarten ist. Während der Kollege der CDU noch weit in

der Geschichte zurückging, teilweise bis in die biblische Geschichte, hat es Herr Zastrow klar und deutlich gesagt, dass es hier um eine einseitige Betonung des Schicksals der deutschen Vertriebenen und Flüchtlinge geht. Daraus ergeben sich Probleme. Es führt dazu, dass Ursache und Wirkung verkannt werden.

(Jürgen Gansel, NPD: Dazu habe ich etwas gesagt, Herr Kosel!)

Dieser Gedenktag würde zu einem willkommenen Podium für ewig Gestrige von ganz rechts verkommen.

Ich sehe aber auch folgendes Problem darin: Wenn es diesen Gedenktag geben würde, wäre es der einzige Tag, der neben dem 27. Januar, dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, in Sachsen stünde. Das halte ich für problematisch.

Ebenso habe ich die ernste Sorge, insbesondere nach den Bemerkungen des Kollegen Zastrow, dass sich aus der Annahme dieses Antrags große Probleme für die Realisierung unseres Verfassungsauftrages aus Artikel 12 unserer Verfassung ergeben. Dort werden wir verpflichtet, grenzüberschreitende regionale Beziehungen im Geiste guter Nachbarschaft anzustreben. Erklären Sie bitte einmal, wie wir das mit unseren polnischen und tschechischen Partnern zu Werke bringen sollen, wenn wir einen Antrag beschließen, der sich einseitig dem Schicksal deutscher Vertriebener und Flüchtlinge zuwendet.

(Unruhe bei der NPD)

Deshalb werde zumindest ich diesem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Das war Herr Kosel. – Nun folgt die Reaktion durch den Kollegen Zastrow.

Herr Kosel, ich glaube, ich bin in der Volkskammer.

(Lachen bei der CDU)

Anders kann ich mir Ihren agitativen Beitrag nicht erklären. Ich werde darauf nicht eingehen. Das ist verlorene Mühe. Wenn Sie jetzt erst merken, dass es in diesem Antrag ganz selbstverständlich um deutsche – sorry, ich sage das Wort – Heimatvertriebene geht, sollten Sie den Antrag vorher einmal lesen. Es steht von Anfang an in diesem Antrag. Dass Sie jetzt überrascht sind, dass wir uns genau dieses Themas annehmen, verstehe ich nicht. Es tut mir leid. Lesen Sie bitte vorher den Antrag, bevor Sie sprechen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und vereinzelt bei der NPD)

Das war die Reaktion von Herrn Kollegen Zastrow. Nun spricht als nächste Rednerin für die Fraktion DIE LINKE Frau Klepsch.

(Zuruf von der Staatsregierung: Es gibt eine Kurzintervention!)

Entschuldigung, Frau Kollegin. In der Tiefe des Raumes sehe ich noch eine weitere Kurzintervention.

(Heiterkeit bei der CDU)

Nicht nur in der Tiefe des Raumes, sondern auch in der Fülle des Raumes, Herr Landtagspräsident.

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Kollege Hirche, bitte.

Ich möchte auf den Kollegen Kosel und die anderen Kollegen reagieren.

(Zurufe von den LINKEN: Das geht nicht!)

Ach, das geht nicht. Dann muss ich mir meinen Beitrag aufheben. Danke.

Das geht nicht.

Dann reagiere ich auf den Kollegen Zastrow, indem ich ihm in seiner Haltung unterstütze und gleichzeitig einmal dafür danke, dass er zu allen Veranstaltungen, die die Vertriebenen durchgeführt haben, wenigstens Vertreter seiner Partei geschickt oder selbst teilgenommen hat.

Von all denjenigen, die hier erzählt haben, was sie für die Vertriebenen übrig haben, habe ich zumindest in meinen Veranstaltungen – das waren immerhin Schülerwettbewerbe in Schulen mit 450 Schülern – nicht einen gesehen. Wenn Sie es einmal ermöglichen, dass Sie an den Veranstaltungen teilnehmen, spreche ich Ihnen auch das Recht zu, hier zu diskutieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war eine Kurzintervention des Kollegen Hirche, der auf den Redebeitrag von Herrn Kollegen Zastrow einging. Möchte er darauf reagieren?

(Holger Zastrow, FDP: Nein!)

Nein, das ist nicht der Fall. Wir gehen in der Rednerrunde weiter. Nun ergreift für die Fraktion DIE LINKE Frau Kollegin Klepsch das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Zastrow hatte mich angesprochen und kritisiert, dass ich gesagt hätte, dass nicht an die Ursachen erinnert werden würde. Natürlich erinnern wir im Landtag an bestimmten Gedenk- und Feiertagen sowie historischen Tagen immer wieder an Ereignisse in der Geschichte. Das eine ist eine repräsentative Aufgabe dieses Parlaments und Hohen Hauses. Das ist richtig so.

Das andere betrifft aber, das ist die Kritik an Ihrem Antrag, die folgende Frage: Wie kann man in einer Gesellschaft, die nach wie vor auch mit den Themen Flucht, Vertreibung und Krieg aufgrund weltweit neuer Konflikte und neuer Kriege in vielen Ländern konfrontiert ist, aktuell mit diesen Themen umgehen? Wie kann man jüngere Generationen aktiv für solche Themen sensibilisieren? Zu diesem Punkt sagen wir, dass der Antrag zu kurz greift. Das hat auch die Diskussion gezeigt. Es müsste eigentlich ein Konzept erarbeitet werden, das wissenschaftliche Expertise und fachliche Kompetenz im Bereich der Jugend- und Erwachsenenbildung braucht, um mit geeigneten Institutionen – seien es die Landeszentrale für politische Bildung, die Stiftung Sächsische Gedenkstätten oder wissenschaftlichen Institute – zu klären, wie man nachhaltig politische Bildung und Gedenkkultur aufziehen kann.

Sie haben darauf verwiesen – Herr Hirche war es –, dass von den ehemals eine Million Vertriebenen, die nach 1945 in Sachsen angekommen sind, nur noch ein Viertel, nämlich 250 000, lebt. Das heißt, drei Viertel sind aufgrund ihres hohen Alters inzwischen nicht mehr da. Daraus folgt, dass wir nach vorn denken und handeln und Ideen entwickeln müssen, wie wir mit dem Thema Vertreibung bezüglich jüngerer Generationen umgehen, für die das ganz klar nur erzählte Geschichte ist. Für mich war es erzählte Geschichte, weil sich meine Oma mit mir darüber unterhalten hat. Die ist als circa 40-Jährige vertrieben worden. Sie hat ihren großen Sohn im Krieg an der Front verloren, während mein Vater noch Kriegskind war, und wurde dann auch umgesiedelt. Aber auch das ist schon wieder Jahrzehnte her.

Die Frage ist: Wie gehen wir mit den Generationen um, die jetzt, in den letzten Jahren, geboren wurden, und wie binden wir sie ein? Das ist die Frage, die hier beantwortet werden muss, und diese Frage beantworten Sie eben nicht mit Ihrem Antrag, der aus meiner Sicht rückwärtsgewandt ist.

Wenn Sie sagen, uns war das Thema Vertreibung immer schon so wichtig, dann frage ich: Warum, wenn Sie fünf Jahre in einer Regierungskoalition sitzen, kommen Sie erst jetzt, in der vorletzten Plenarsitzung dieses Landtags, mit diesem Thema an? Warum, wenn es Ihnen so wichtig ist, haben Sie nicht die letzten vier Jahre dazu genutzt, sich diesem Thema zu widmen und es einzubringen?

(Zurufe von der CDU – Christian Piwarz, CDU: Warum kommen Sie denn mit den Datschen um die Ecke?)

Weil dieses Thema gerade aktuell im Bundesrat behandelt wurde.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war Frau Kollegin Klepsch. Sie sprach für die Fraktion DIE LINKE. – Wir gehen jetzt in der Rednerreihe weiter. Bevor die nächste Rednerin für die SPD-Fraktion ans Pult tritt, gibt es eine Kurzintervention an Mikrofon 6. Herr von Breitenbuch.

Ich würde das gern von der Redezeit nehmen. Geht das?

Wollen Sie eine Kurzintervention machen?

(Zurufe von der CDU: Nein! – Christian Piwarz, CDU: Wir haben noch viel Redezeit, die würden wir gern nehmen!)

Ach, Sie möchten das Wort ergreifen? Dann müssen wir Sie in die übliche Rednerreihe einordnen. Sie können dann gern für die CDU-Fraktion das Wort ergreifen. Es war also keine Kurzintervention.

(Zuruf von der CDU: Richtig!)

Ist das jetzt eine Kurzintervention?