Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatsminister Dr. Martens! Zum Ende seiner Ministerlaufbahn haut der Justizminister noch einmal richtig auf den Putz und erzählt uns etwas von Staatsmodernisierung und Bürokratieabbau. Dabei ist es ihm in fünf Jahren Regierungsarbeit nicht gelungen, diese beiden Programmpunkte aus dem Koalitionsvertrag im Sinne der Bürgerinnen und Bürger auch wirklich und umfassend umzusetzen.
Das Behördenumzugskonzept, das hier schon mehrfach zu Recht von anderen Oppositionsparteien angesprochen wurde, kann es ja wohl nicht gewesen sein – inklusive Strafumzug für den Rechnungshof von Leipzig nach Döbeln, den sich insbesondere offenbar die FDP ausgedacht hat, sowie Polizeiabbau, der dafür sorgt, dass die Grenzkriminalität nach wie vor ausufert, und – darauf kommen wir später noch – Crystal-Wahn, CrystalKonsum, der in diesem Land weiter schlimme Ausmaße annimmt.
Natürlich sind Sie in der heutigen Erklärung bemüht gewesen, diese traurigen Misserfolge hinter einer Erfolgsgeschichte zu verschleiern und hier den wackeren
Wahlkämpfer für die FDP zu geben. Aber, mit Verlaub, Herr Staatsminister, das kauft Ihnen keiner ab; denn Ihre heutige Fachregierungserklärung ist eben nicht das Substrat Ihrer fünfjährigen Ministertätigkeit, sondern eher der tragikomische Komplott einer Milieustudie, an deren Ende auch der letzte Wähler verstanden haben dürfte, warum die FDP bald auch in Sachsen dort stehen wird, wo sie hingehört: außerhalb der Parlamente.
Wenn man nun eine Ihrer Kernthesen – die Mär vom modernen Staat – einmal inhaltlich mit dem unterfüttert, was Sie als FDP-Mann darunter verstehen, dann werden zwei Dinge deutlich: zum einen eine altbekannte Wahrheit so vieler politischer Erklärungen: wohlklingende Worte für unangenehme Fakten, und zum anderen, diese unangenehmen Fakten sind nicht irgendein Nebeneffekt – quasi die Späne, die beim Hobeln fallen –, sondern, im Gegenteil, das ganz plan- und absichtsvolle Ziel Ihres politischen Handelns. Denn was verstehen Sie unter einem modernen Staat: einen Staat, der sich vor allem durch weitestgehenden Rückzug auszeichnet und damit das ermöglicht, worum es Ihnen geht: Abschaffung sozialer und gesellschaftlicher Standards und Forderung einer als Wertfreiheit getarnten Wertlosigkeit – und das alles im Dienste Ihres einen primären Zieles, der Auflösung organisch gewachsener Strukturen durch eine zum Selbstzweck werdende Globalisierung.
In dieser Hinsicht haben Sie in der Tat bereits mit der Modernisierung des Staates begonnen. Drei Punkte dazu:
Erstens. Der Abbau von Polizei und Verwaltung fördert und globalisiert objektiv das organisierte Verbrechen. Die Menschen, vor allem in den Grenzgebieten Sachsens zu Polen und Tschechien, sind dieser Modernisierung des Staates schutzlos ausgeliefert.
Zweitens. Der Rückzug des Staates aus Kultur und Bildung schafft den Nährboden einer „Ich-kaufe-also-binich-Gesellschaft“. Der moderne Staat Ihrer Prägung hat sich damit einem Menschenbild verschrieben, das nicht Geist und Ästhetik, sondern Geld und Heimatlosigkeit als eigentliche Moderne preist.
Drittens. Die einseitige Betonung des Staates als scheinbar überflüssiger Kostenfaktor lässt ein regelrechtes Feindbild zwischen Bürger und Staat entstehen, der das einstige Verhältnis gegenseitiger Fürsorglichkeit – nämlich zwischen Bürgern als Bürgenden und dem Staat als Vater Staat – in ein Verhältnis gegenseitigen Misstrauens modernisiert hat.
Diese drei Phänomene – Förderung des Verbrechens, Opferung von Geist und Kultur und Überfremdung von Bürger und Staat – sind nur drei Beispiele dessen, was unter Ihrer eifrigen Mitwirkung, Herr Staatsminister Dr. Martens, im Freistaat Sachsen entstanden ist.
Eine tatsächliche Modernisierung des Staates würde folglich eine 180-Grad-Kehrtwende von vielem bedeuten, was Sie in Ihren fünf Regierungsjahren als geschaffen hier angerichtet haben. In dieser Hinsicht erhält der Titel
Ja, meine Damen und Herren, wir brauchen einen modernen Staat, nämlich einen Staat, der die Grundrechte seiner Bürger schützt und durchsetzt und dessen Ziel es damit nicht ist, politisch Andersdenkende gleichsam rechtlos und vogelfrei zu machen; einen Staat, der sich nicht als Büttel des Kapitals der USA, der EU oder anderer Mächte und Organisationen sieht, sondern der das ernst nimmt, wozu Artikel 56 des Grundgesetzes ohnehin verpflichtet: das Wohl und den Nutzen des deutschen Volkes zu mehren und Schaden von ihm abzuwenden;
und schließlich einen Staat, der unter Modernität nicht Rückzug, Wegfall und Selbstaufgabe versteht, sondern Effizienz, Qualität und Dienstleistungsbereitschaft – einen Staat also, der mit seinen Bürgern nicht mehr nur über das Finanzamt verbunden ist, sondern der sich als Fürsorger in einem Sinne zeigt, wie er auch der Wortbedeutung Ihrer ganz persönlichen Funktion als Minister innewohnt, nämlich als Diener – und zwar nicht an der eigenen Brieftasche, sondern am sächsischen und deutschen Allgemeinwesen.
Das, meine Damen und Herren, Herr Staatsminister, wäre dann der moderne Staat im Sinne der NPD-Fraktion.
Mit Herrn Szymanski, der für die NPD-Fraktion sprach, sind wir am Ende der ersten Rednerrunde angekommen und beginnen eine neue – und schon begibt sich Herr Kollege Scheel zum Rednerpult und spricht für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Damen, meine Herren! Es gibt einen Sinnspruch, der lautet: „Wer aufhört, besser sein zu wollen, hört auf, gut zu sein“.
Das ist erst einmal ein richtiges Anliegen, und jede Verwaltung ist immer wieder aufgefordert, sich neu zu prüfen. In Sachsen unter CDU und FDP gibt es dafür natürlich einen Begriff: Staatsmodernisierung. Viel mehr als das, was ich als Sinnspruch gebracht habe, ist dabei aber nicht herausgekommen. Insofern ist es mehr Großmäuligkeit als wirkliches neues Konzept, an die staatlichen Aufgaben des Freistaates Sachsen heranzugehen.
Das passt natürlich zu einer FDP, die immer davon spricht und uns in alle Mikrofone und von allen Plakaten anschreit und sagt, der Staat müsse entbürokratisiert werden, die Steuern müssten runter … – es ist immer viel großes Gerede dabei, aber am Ende passiert nicht viel.
Auch in den letzten fünf Jahren ist nicht viel passiert, Herr Dr. Martens. Bei aller Freude über so manche kleine Aktivität muss ich schon feststellen: Wenn Sie als Bei
spiel die Zusammenlegung der Oberfinanzdirektion und des Landesamtes für Steuern für Ihre Staatsmodernisierung heranziehen, dann ist es wohl eher eine Aufgabe des Finanzministers gewesen. Grundlage war, dass sich der Bund aus der Verantwortung in der Oberfinanzdirektion zurückgezogen hat,
und da ist es richtigerweise zusammengeführt worden. Natürlich hat auch die neue Finanzämterstruktur nicht viel mit Ihrer Regierungsbeteiligung zu tun, Herr Dr. Martens, sondern war schon lange geplantes Vorhaben, und das haben Sie natürlich dann gern mit in Ihr Standortekonzept aufgenommen. Man könnte sagen, der gelbe Kanarienvogel schmückt sich mit fremden Federn, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Zum Leuchtturmprojekt der Landesdirektion, das Sie hier vorstellen: Ich kenne ein Konzept zur Verwaltung im Freistaat Sachsen – das ist aus dem Jahr 2005; dazu gab es sogar eine Expertenkommission. Wir haben damals unter Beteiligung der SPD eine Verwaltungsreform durchgeführt. Damals wurde die Frage Landesdirektion schon besprochen und es ging darum, zwei Standorte zu bilden. Ich frage mich, was besser ist: eine Landesdirektion mit drei Standorten oder zwei Standorte? Ich finde, dass der vorhergehende Vorschlag besser war, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie haben nicht wirklich etwas geleistet, wenn es darum geht, effizient Strukturen zusammenzuführen.
Ich habe schon darauf hingewiesen: Ich kenne ein einziges Konzept – von Ihrer Seite kenne ich kein Gesamtkonzept für die Modernisierung des Freistaates Sachsen. Ich weiß nur, dass wir vor einer Aufgabe stehen, die Sie auch gerade dargestellt haben, aber sie steht vor dem Freistaat Sachsen: Wie wollen wir unsere Verwaltung in Zukunft aufstellen?
Der Ministerpräsident hat uns zu Beginn der Legislaturperiode eine Zielzahl mit auf den Weg gegeben, wo Sie hinwollen: Das sind die 70 000 Stellen. Daran müssen Sie sich messen lassen, Herr Dr. Martens, ob Sie zu diesem Ziel, das Sie sich selbst gegeben haben, auch nur ein Jota weit vorangekommen sind.
Doch, Sie sind Mitglied dieser Staatsregierung und ich nehme Sie in Mithaftung, wenn Ihr Ministerpräsident, der die Richtlinienkompetenz hat, diese Zielzahl herausgibt.
Nun kommt der Rechnungshof und gibt uns ein Gutachten in die Hand. Er stellt Folgendes fest: Es gibt keine Aufgaben- und keine Strukturkritik. Es ist nicht sichtbar, dass dieses Ziel, welches ausgegeben wird, auch nur einigermaßen planmäßig abgearbeitet werden kann.
Nun kommen wir zu einer richtigen Frechheit: Die Staatsregierung kommt in Form der Staatskanzlei in den Finanzausschuss, stellt sich hin und bittet uns darum,
Vertrauen zur Staatsregierung zu haben. Warum? Es gehen doch viel mehr Leute in den Altersruhestand. Es sind über 20 000. Damit werden die 70 000 von allein erreicht. Als Staatsregierung dem Parlament so viel Naivität anzubieten ist schon eine Frechheit. Ebenso, dass sie doch alle in die Rente gehen und die Aufgaben nicht weiter bestehen würden, also überhaupt keinen Plan zu haben. Dazu kann ich nur Folgendes sagen: Diese Staatsregierung ist von infantiler Gedankenlosigkeit im Umgang mit dem Personalkörper und der Aufgabe, die vor uns steht, geprägt. Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir müssen wirklich ernsthaft über die Aufgaben sprechen, die anstehen. Mit dieser CDU und FDP wird wahrscheinlich kein Blumentopf zu gewinnen sein.
Das war Herr Scheel für die Fraktion DIE LINKE. Jetzt ergreift Kollege Schiemann das Wort. Er spricht für die CDU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wichtigste, was eine Staatsverwaltung und eine sächsische Justiz braucht, sind die Frauen und Männer, die ihre Arbeit in dieser Staatsverwaltung und in der sächsischen Justiz leisten.
Das ist das Wichtigste. Das ist der Grundpfeiler eines modernen Staates. Ohne Bürger ist kein Staat denkbar. Ohne eine starke Verwaltung ist kein Staat zu führen. Ohne eine starke Verwaltung ist kein Staat als solcher überlebensfähig.
Deshalb ist es wichtig, noch einmal auf Folgendes hinzuweisen: Der Verfassungs- und Freistaat Sachsen musste sich seit dem Jahr 1990 – es ist keine neue Erfindung der letzten drei bis vier Jahre – sowie die Bürger des Freistaates Sachsen mussten sich ständigen Veränderungen unterziehen. Ebenso mussten sich die Staatsverwaltung, die Verwaltung im Freistaat sowie die sächsische Justiz einem ständigen Wandel unterziehen, sich reformieren und vielleicht auch modernisieren. Davor habe ich, das möchte ich im Namen der CDU-Fraktion deutlich hervorheben, großen Respekt, weil dies eine besondere Leistung der Menschen ist, die sich in diesen Verwaltungen engagieren.