Das alles haben wir gemacht. Das haben Sie kritisiert. Wir haben eines nicht gemacht: Wir haben nicht versucht, das Land in eine rot-grüne Wohlfühlgesellschaft umzuwandeln. Wir sind nicht der Versuchung erlegen zu sagen, wir nehmen die EEG-Umlage und finanzieren daraus kommunale Kitas, weil das kein nachhaltiges Wirtschaften ist, sondern nur die Verteilung von einer Subvention zu einer anderen. Das bringt das Land kein Stück weiter.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Wenn Sie einen Umzugszirkus der Verwaltung für eine Strukturreform halten, überlegen Sie bitte einmal, welche Konsequenzen das alles hatte, was 2008 durch damals noch Schwarz-Rot – wenn ich mich recht erinnere – verbrochen wurde. Da kam auch keine wirkliche Rendite heraus, aber jede Menge Blödsinn. Das wissen Sie alle ganz genau.
Wenn man den ländlichen Raum – und das ist wichtig – stabilisieren möchte, muss man dort auch Investitionen vornehmen, und zwar nicht Fluchtstraßen in die Städte, sondern dann muss man den ländlichen Raum attraktiv machen. Das ist das Geheimnis. Darum geht es. Straßen hat der ländliche Raum genug. Der braucht keine neuen Straßen, der braucht Gründe, in der Region zu bleiben. Viele Leute in den ländlichen Räumen wollen auch nicht unbedingt immer nur mit dem Auto fahren, sondern sie würden sich wünschen, ihre Mobilität auch anders herstellen zu können.
Wir reden über öffentlichen Nahverkehr. Die Landräte wissen ganz genau, wovon ich spreche. Wir reden zum Beispiel auch über solche Fragen: Wenn man die Ansiedlungspolitik im ländlichen Raum stabil halten will, wäre es wichtig, darauf zu achten, dass junge Menschen Interesse daran haben, im ländlichen Raum zu leben. Da hat man die Frage der Kita einfach vor der Haustür. Das ist ist dann eben so – auch die Frage übrigens, ob man Schulen im ländlichen Raum hat oder ob man alles zentralisiert.
Diese Grundsatzentscheidungen muss man treffen, genauso wie Investitionen in die sächsischen Verbundinitiativen, die dafür sorgen, dass durch Zuliefererstrukturen auch im ländlichen Raum Arbeitsplätze vorhanden sind, genauso wie es darum geht, Regionalbudgets zu finanzieren, damit passgenauer Technologietransfer gemacht werden kann.
Dann gibt es natürlich die Frage des Breitbandausbaus, mit der Sie sich jetzt brüsten. Die Europäische Union hat Ihnen Geld aufgenötigt, damit Sie endlich bei dem Thema einmal in die Spur kommen. Das war auch höchste Eisenbahn.
Gerade erlebten wir eine Kurzintervention und die Reaktion darauf. Nun fahren wir in der Rednerreihe fort, und das Wort ergreift für die NPD-Fraktion Herr Schimmer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der sächsische Landeskorrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Peter Schilder, hat in einem Artikel vom 22. März 2012, der unter dem Titel „Mit Disziplin durch die Krise“ erschien, das Dilemma der sächsischen Haushaltspolitik recht gut auf den Punkt gebracht. Deshalb werde ich jetzt ein Zitat aus diesem Artikel bringen: „Nicht nur die Opposition fragt, wo Sachsen eigentlich hin will, wofür es steht und was in Sachsen erstrebenswert ist. Gebetsmühlenartig weist die Staatsregierung auf die Haushaltspolitik hin, die dann auch einmal Generationengerechtigkeit genannt wird. Sogar der Vorsitzende der CDU-Mehrheitsfraktion, Flath, bemängelt diese knappe Kommunikation. Sparen wofür und warum? Sachsen wird mehr verwaltet als regiert. Oberster Verwalter ist Ministerpräsident Tillich, von Beruf Ingenieur. Von seinen Ministern erwartet er geräuschloses Funktionieren. Mit politischen Zielvorgaben hält er sich zurück und wartet lieber ab.“
Ja, Herr Prof. Unland, ich denke, das ist genau das Grundproblem, das wir hier in Sachsen haben. Sie glänzen mit guten Zahlen, lassen aber den eigenständigen Gestaltungswillen vermissen, der nötig wäre, um unserem schönen Freistaat eine echte Zukunftsperspektive zu eröffnen.
Der tiefe Grund dafür ist doch eigentlich auch klar: Die Regierung Tillich will lediglich in der internationalen Vernetzung der Metropolen im Dreieck Dresden, Leipzig und Chemnitz eine echte Zukunftsperspektive erkennen, während es doch eigentlich nötig wäre, diese drei Metropolen mit dem Rest unseres Landes zu verbinden, in dem immerhin noch knapp 70 % der sächsischen Bevölkerung leben.
Dieser Geist, der immer noch auf das gescheiterte Leuchtturmkonzept gerichtet ist, spricht auch aus der Presseerklärung der Sächsischen Staatsregierung, die nach der Eckpunkteklausur in Annaberg-Buchholz veröffentlicht wurde. Auch hier ist wieder einmal von Wertschöpfung und Investitionsquoten die Rede, nicht aber von der eigentlichen Schicksalsfrage unseres Landes, nämlich von der sich immer weiter vollziehenden Entvölkerung unserer ländlichen Räume. Ich sage Ihnen voraus: Wenn Sie diese Schicksalsfrage weiter ignorieren, wird auch die gesamte sächsische Spar- und Konsolidierungspolitik, die sicherlich einige Erfolge vorzuweisen hat, einfach politisch ins Leere laufen; denn unser Freistaat Sachsen ist nun einmal ein Flächenland und kann deshalb nicht nur von drei Metropolen leben.
Eines möchte ich aber auch ganz klar feststellen – und da bin ich jetzt wieder eher bei Prof. Unland: Verfehlt ist nach der Auffassung der NPD auch der Ansatz der drei linken Fraktionen in diesem Haus, die ihr Motto „In Köpfe, statt in Beton investieren“ fast schon als eine Art allein selig machendes haushaltspolitisches Mantra wie eine Monstranz vor sich hertragen.
Fakt ist doch, dass es in dieser Frage gar kein Entwederoder geben kann. Der Freistaat muss natürlich sowohl in Bildung als auch in eine gute Infrastruktur, insbesondere im ländlichen Raum, investieren, wenn er eine Zukunft haben will. Gerade deshalb ist es nach Auffassung der NPD ein unhaltbarer Zustand, dass Sachsen nur einen Anteil von sage und schreibe gerade einmal 61 % der vom Bund zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmittel auch tatsächlich für den Bereich des Schienennahverkehrs verwendet und damit das Schlusslicht unter allen deutschen Bundesländern ist.
Wir als NPD sagen hingegen, dass die Erhaltung eines funktionierenden Regionalzugnetzes in Sachsen ebenso oberste landespolitische Priorität haben muss wie die Vermeidung von Streckenstilllegungen und Fahrplanausdünnungen.
Unhaltbar, meine Damen und Herren, ist auch der Zustand, dass der Haftungspegel des Ifo-Instituts immer noch eine deutsche Maximalhaftung von sage und schreibe 575 Milliarden Euro ausweist, die für den deutschen Steuerzahler fällig werden würden, wenn die Eurokrise
zurückkehrt. Deshalb werden wir Nationaldemokraten auch in den kommenden Haushaltsberatungen wieder die Verankerung einer Schutzklausel im Sächsischen Haushaltsgesetz fordern, in der festgeschrieben werden soll, dass der Freistaat Sachsen sich mit allen verfügbaren juristischen Mitteln wehren wird, falls er für die selbstmörderische sogenannte Eurorettungspolitik des Bundes mit haftbar gemacht werden soll.
Also, meine Damen und Herren, freuen Sie sich auf zahlreiche Änderungsanträge der NPD-Fraktion in den kommenden Haushaltsberatungen,
(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Da sind Sie nicht mehr da! – Stefan Brangs, SPD: Ohne Euch, da mache ich jede Wette! – Antje Hermenau, GRÜNE: Ohne Euch! – Weitere Zurufe)
in denen wir Ihnen unsere Vision eines gleichmäßig entwickelten Sachsens der Regionen, Gemeinden und Landkreise präsentieren werden.
Das war Herr Schimmer für die NPD-Fraktion. Wir beginnen die zweite Runde erneut mit der Einreicherin, der SPD-Fraktion. Für seine Fraktion spricht Kollege Dulig.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Biesok hat uns vorgeworfen, wir wollten eine rot-grüne Wohlfühlgesellschaft. Darüber lässt sich trefflich streiten, in welcher Gesellschaft wir wirklich leben wollen. Wohlfühlen heißt nicht automatisch ruhigstellen, heißt nicht, dass es keine Probleme gibt und wir uns sozusagen den Frieden kaufen.
Worüber ich auch mit Ihnen und vor allem mit Herrn Unland, weil in seiner Rede die Menschen keine Rolle spielten, viel eher reden möchte, ist die Frage: Wie schaffen wir es, dass es den Menschen in dem Land gut geht, dass sie sich hier geborgen fühlen, dass es auch in Zukunft ihre Heimat ist? Wie schaffen wir es, dass wir dieses Land auf die Zukunft einstellen? Diese Frage möchte ich gern mit Ihnen diskutieren. Wie sieht unser Land, wie sieht unsere Gesellschaft in ein paar Jahren aus? Inwieweit stellt unsere Haushaltspolitik genau die richtigen Weichen dafür?
Sie bauen einen Popanz auf und wollen damit die Menschen einlullen. Sie verkaufen zum Beispiel 5 Milliarden Euro Bildung. Was sagt denn das? Was sagt denn das, dass Sie 5 Milliarden Euro in Bildung stecken?
Ist das eine qualitative Aussage? Geht es darum, dass wir mehr Bildung, bessere Bildung, mehr Lehrerstellen haben, dass wir die Kita-Problematik endlich angehen, dass wir die Probleme bei den freien Schulen lösen? Nein, die Zahl sagt erst einmal gar nichts, aber sie suggeriert, wie viel der Freistaat in Bildung steckt. Dass wir zum Beispiel auf so eine hohe Summe kommen, liegt natürlich auch daran, dass sich die zwei Förderperioden der europäischen Mittel überlappen und wir dadurch doppelte Zahlen haben. Das hat auch damit zu tun, dass alles, was irgendwie mit Bildung zu tun hat, bis hin zur kleinsten Weiterbildungsmaßnahme in den eigenen Ministerien, bei Ihnen unter diesen Bildungskanon gehört. Das sagt aber nichts darüber, was Sie für eine Vorstellung über die Herausforderungen bei der Bildung haben. Aber dazu später mehr.
Jetzt möchte ich auf Ihre berühmte Investitionsquote eingehen, Ihre 18 %. Das klingt auch wieder gewaltig. Nur, was heißt denn das?
18 % – auch hier schmücken Sie sich wieder mit fremden Federn. Auch hier kommen alle EFRE-Mittel, die etwas mit Investitionen zu tun haben, mit hinein, ebenso die SoBEZ-Mittel usw. Wenn das alles einmal wegfällt, bricht automatisch auch Ihre Quote zusammen. Sie schmücken sich mit fremden Federn.
Was man an der Stelle auch noch einmal in Erinnerung rufen darf, ist das Versagen bei der Landesbank, die 2,75 Milliarden Euro als Bürgschaft.
Die werden im Haushalt abgebildet. Aktuell werden 592 Millionen Euro dieser Bürgschaft im Haushalt auf die Investitionsquote angerechnet. Das heißt, das, was Sie verbockt haben, wollen Sie uns auch noch bei der höheren Investitionsquote als etwas Gutes verkaufen. Das ist wirklich eine Frechheit!
(Beifall bei der SPD – Torsten Herbst, FDP: Wer saß denn in den Aufsichtsgremien? Das ist doch lächerlich! – Zuruf von der CDU: In guten wie in schlechten Zeiten!)
Sie wollen das Versagen bei der Landesbank durch eine höhere Investitionsquote als etwas Gutes verkaufen. Bitte, viel Spaß.
Zu den fremden Federn, mit denen Sie sich schmücken, gehört auch die Aussage, wie sich die Investitionsquote zusammensetzt. Wir haben im letzten Jahr eine Hochwasserkatastrophe erlebt und daraufhin wieder eine große solidarische Leistung, bei der alle Bundesländer und der Bund gesagt haben: Wir stemmen das. Der Schaden von 1,9 Milliarden Euro heißt aber auch, dass das wieder Investitionen sind. Aber da sollten Sie auch sagen, dass von dieser Summe lediglich 223 Millionen Euro aus Ihrem eigenen Haushalt kommen. Das wäre das Geld,
Das heißt, hinter Ihrer großen Zahl 18 steckt erst einmal nicht viel, wenn Sie nicht einmal erklären, was Sie konkret damit wollen. Also lassen Sie uns nicht nur über politisches Marketing, sondern auch einmal über Inhalte reden,