Zugestimmt hat der Freistaat im Bundesrat, dass kulturelle Dienstleistungen ausgenommen werden, weil sie nicht nur Wirtschaftsgüter seien. Das empfinden wir alles in allem als eine schwache Performance.
Wir hoffen, mit diesem Antrag zu einem Umdenken beizutragen; nötig scheint es zu sein. Selbst die Bundesregierung wagt inzwischen Bedenken zuzugeben, und das nicht nur in der Stellungnahme, die sie über den Bundesrat in Europa abgegeben hat. Ein internes Dokument der Umweltministerin zitiert Befürchtungen zum Verkauf nicht gekennzeichneter Genpflanzen oder zur Behandlung von Tieren mit Wachstumshormonen. Da sind wichtige europäische Standards in Gefahr.
Befürworter des Abkommens versprechen steigendes Wachstum, sinkende Kosten, Zollabbau und einen Aufschwung des Handels auf beiden Kontinenten. 400 000 Arbeitsplätze in der EU – wer könnte dagegen etwas einzuwenden haben? Bertelsmann-Stiftung und InfoInstitut kalkulieren 110 000 bis 180 000 neue Jobs in Deutschland, bezogen auf 15 Jahre. Das sind 12 000 Arbeitsplätze pro Jahr. Das wäre nicht einmal ein halbes Prozent der Beschäftigungsquote in Deutschland. Da spielt das Wetter eine größere Rolle für die Beschäftigungsquote.
Abgesehen davon wird das Abkommen die Sternstunde der Lobbyisten. Ein Vorgeschmack gefällig? Eine Europaabgeordnete schilderte im ARD-Magazin „Monitor“, dass sie schon jetzt von Kommissionsmitarbeitern gebeten wird: Bitte lehnt das Gesetz zum Klonen nicht ab, sonst brechen die Amerikaner die Verhandlungen ab. Die Lobbyisten müssen zukünftig vor jeder Gesetzesinitiative gefragt werden, welche Auswirkungen diese auf den transatlantischen Handel hat. Da könnten wir eigentlich alle nach Hause gehen. Politik machen die Konzernchefs selbst, wenn das Abkommen in Kraft tritt.
Das Verhandlungsverfahren verletzt grundlegende demokratische Regelungen. Warum wollte die Kommission ein geheimes Verhandlungsmandat? Das nützt den 600 Stakeholdern aus der Wirtschaft, die jetzt mitverhandeln, denn sie kennen es. Parlamentarier sollen eher wie Kinder vor Weihnachten vor der Tür bleiben. Stellen Sie sich so ein
Das Freihandelsabkommen ist so brisant, dass es vor allem die sogenannten nichttarifären Handelskosten senken soll. Wertvolle europäische Errungenschaften in den Bereichen Arbeit, Umwelt, Landwirtschaft, Rechts-, Daten- oder Verbraucherschutz werden im Handstreich zu Hindernissen des Freihandels. Sie sollen nur noch Verhandlungsmasse sein, um Interessen in anderen Bereichen durchsetzen zu können. Das kann nicht sein.
Was bedeutet es nun konkret, wenn europäische Standards nichts mehr gelten? In der EU ist es zum Beispiel Aufgabe der Industrie nachzuweisen, ob ein chemischer Stoff unschädlich ist. In den USA liegt die Beweislast beim Staat. Ganze fünf Chemikalien sind derzeit dort verboten. Asbest, dessen Einsatz in der EU seit Jahren streng untersagt ist, gehört nicht dazu. Die amerikanische Agrarlobby droht das Freihandelsabkommen platzen zu lassen, wenn Europa seine Märkte nicht für US-Agrarprodukte öffnet. Für die europäische Landwirtschaft wäre das das Ende der bisher noch sehr vielfältigen Agrarstruktur.
In Europa, um es Ihnen zu veranschaulichen, arbeiten derzeit 13 Millionen Bauern. Die Amerikaner haben bei vergleichbaren Flächengrößen aber nur noch 750 000 Farmer. Das Freihandelsabkommen bringt uns Fracking durch die Hintertür. Als prominenter Gegner hat sich – erstaunlicherweise – jüngst Exxon-Chef Rex Tillerson geoutet. Sein Konzern frackt so gern wie kaum ein anderer. Sein eigenes beschauliches Anwesen bei Dallas möchte der Manager allerdings verschont wissen. Er klagt gegen das Fracking vor der eigenen Haustür.
Damit sind wir beim Investitionsschutzabkommen. Außergerichtlichen Investor-Staat-Schiedsverfahren – das klingt erst einmal unspannend, ist aber Sprengstoff, weil die Konzerne auf Entschädigung klagen können, wenn ihnen staatliche Auflagen für Verbraucher-, Umwelt- oder Gesundheitsschutz den Unternehmensgewinn zu schmälern drohen.
Seit den Neunzigerjahren sind bilaterale Investitionsabkommen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern sehr en vogue. Allein die Bundesrepublik ist Partner in 131 Verträgen mit Ländern von A wie Afghanistan bis Z wie Zentralafrikanische Republik – das können Sie auf der Homepage des Wirtschaftsministeriums nachlesen. Das einst gute völkerrechtliche Instrument hat sich zu einer lukrativen Einnahmequelle für Unternehmen und ihre hoch bezahlten Anwaltskanzleien entwickelt. Während 1989 ein einziges Verfahren anhängig war, wurden 2012 über 500 Investorenschutzklagen eingereicht.
Ein prominentes Beispiel ist die Klage von Vattenfall. Der Konzern reichte Mitte 2012 seine Schiedsgerichtsklage
gegen Deutschland ein und verlangt 3,7 Milliarden Euro Entschädigung, weil zwei Atomkraftwerke vorzeitig vom Netz mussten. Rechtsgrundlage ist ein internationales Investitionsschutzabkommen, das Investoren das Recht gibt, vor ad hoc eingesetzten internationalen Schiedsgerichten gegen staatliche Maßnahmen zu klagen. Das Urteil Vattenfall gegen Bundesrepublik wird 2016 erwartet und soll ohne Revision gültig sein. Im Übrigen wird darüber auch nicht öffentlich verhandelt. Auch wenn der EU-Handelskommissar als Folge der anwachsenden Proteste die Frage des Investorenschutzes zunächst aus den Verhandlungen ausklammert und drei Monate für Konsultationen einräumt, ist die Kuh noch lange nicht vom Eis.
Deshalb bitten wir Sie um Zustimmung zu unserem Antrag, die Verhandlungen über den Bundesrat zu stoppen und, falls sich die Freihandelszone als sinnvolles Instrument erweisen sollte, mit Rücksicht auf die in unserem Antrag genannten Forderungen neu zu starten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir sollten auf das geplante Freihandelsabkommen im Konkreten zu sprechen kommen. Das Freihandelsabkommen ist wichtig für Europa, aber auch für die USA. Es ist von Bedeutung insbesondere für uns, die Exportnation Deutschland; das dürfen wir wir nicht vergessen. Das Abkommen wirkt quasi wie ein kostenfreies Konjunkturprogramm für mehr Wachstum sowie mehr – und vor allem bessere – Arbeitsplätze.
Der Abbau der Zölle und anderer Handelsbarrieren zwischen den europäischen Staaten – wir erinnern uns – hat entscheidend zum Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg beigetragen. So begann damals das Erfolgsmodell Europäische Union. Ein Freihandelsabkommen beschleunigt das Wachstum und schafft auch Arbeitsplätze. Das haben – Frau Kallenbach hat es bestätigt – die Experten, beispielsweise die Bertelsmann Stiftung und das Münchner ifo-Institut, bestätigt.
Mit rund 800 Millionen Menschen könnte durch das Freihandelsabkommen die größte gemeinsame Freihandelszone der Welt entstehen – die größte gemeinsame Freihandelszone der Welt! Sie würde fast die Hälfte der weltweiten Wirtschaftskraft und nahezu ein Drittel des Welthandels stellen, das heißt, die EU könnte mitspielen.
Die Wirtschaftsexperten erwarten eine Zunahme der jährlichen Wirtschaftskraft in der EU von 119 Milliarden Euro. Nach der Rechnung von Frau Kallenbach könnte man sagen: Na ja, das ist ja nicht viel. – Aber umgerechnet auf die 0,9 % des EU-Bruttoinlandsprodukts sieht die Sache schon wieder anders aus.
In den USA könnte der Zuwachs bei etwa 95 Milliarden Euro liegen. Die Schätzungen über zusätzliche Arbeitsplätze in der EU reichen von 400 000 bis 1,3 Millionen. Das wären immerhin bis zu 5 % der derzeit 26 Millionen Arbeitslosen in der EU.
Das Thema ist auch noch wichtig dahin gehend, dass Südeuropa, unser Problemgebiet, von dem Abkommen stark profitieren wird. Dies wird helfen, die wirtschaftlichen Ungleichgewichte abzubauen. Allein Deutschland kann mit bis zu 200 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen rechnen. Der Abbau von Handelshemmnissen ist für Deutschland ungemein wichtig, besonders mit Blick auf unsere exportstarke Automobil-, Chemie-, Maschinenbau- und Elektroindustrie. Ein gutes Beispiel ist die deutsche Automobilindustrie mit ihren Zulieferern, gerade hier in Sachsen. Durch das Abkommen könnte sich die Ausfuhr von Kraftfahrzeugen aus der EU in die USA mehr als verdoppeln. Ein riesiger Wirtschaftsfaktor! Das muss man bei den Verhandlungen, die die EU führt, auf jeden Fall in Betracht ziehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem Antrag der GRÜNEN ist auf jeden Fall zugute zu halten, dass er die Bedeutung des Freihandelsabkommens erkennt und dieses nicht, wie sonst üblich, gänzlich infrage stellt. Dennoch werden wir ihn ablehnen; denn er ist in weiten Teilen auf Anliegen gerichtet, die bereits in den Verhandlungen Berücksichtigung finden. In den Verhandlungen zwischen der EU und den USA geht es schon jetzt darum, globale Standards in vielen Bereichen zu setzen, zum Beispiel – das ist wichtig – im Umweltschutz, im Verbraucherschutz und im Arbeitnehmerschutz. Diese Standards würden in aufstrebenden Mächten wie China, Indien oder Russland – Sie haben diese Staaten in Ihrem Antrag genannt – zum Nachteil für Mensch und Umwelt deutlich geringer ausfallen; denn diese Staaten werden nicht darauf achten. Die Einhaltung der Standards ist für uns besonders wichtig. Ohne das Abkommen würde dies für uns viel schwieriger.
Mit dem Freihandelsabkommen können wir die bei uns geltenden Ansprüche zum Maßstab für spätere internationale Abkommen oder für ein globales System des Freihandels im Rahmen der WTO machen, ohne die jeweiligen Standards aufweichen zu müssen.
Das Thema Datenschutz, das aufgrund der NSA-Affäre besondere Beachtung auch in der breiten Öffentlichkeit
Es besteht unserer Ansicht nach aktuell keinerlei Handlungsbedarf des sächsischen Parlaments; konkrete Verhandlungsergebnisse liegen noch nicht vor. Wir, der Freistaat Sachsen, sind übrigens in Brüssel durch unsere demokratisch legitimierten Europaabgeordneten vertreten: CDU, LINKE, SPD und FDP. Das nennt man repräsentative Demokratie. Es ist somit gewährleistet, dass die verschiedenen Positionen bei der EU tatsächlich Gehör finden. Ein wichtiger Beleg hierfür ist die gestern in Straßburg mit breiter Mehrheit beschlossene Resolution, nach der das Parlament damit droht, das Abkommen platzen zu lassen, wenn die Überwachung durch die NSA kein Ende findet. Warum brauche ich dann, wenn ich meine Abgeordneten dort habe, noch eine zusätzliche Bundesratsinitiative?
Wir, die CDU-Fraktion, vertrauen auf unsere gewählten Vertreter in der EU. Deswegen werden wir dem vorliegenden Antrag nicht stattgeben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Allein das Verfahren – dazu hat Frau Kallenbach gesprochen – genügt nicht im Mindesten demokratischen Standards. Man kann nur froh und dankbar sein, dass dem Europaabgeordneten Giegold das Verhandlungsmandat zugespielt worden ist; es kann im Internet nachgelesen werden.
Ich bitte Sie, meine Damen und Herren – vor allem den Herrn, der bisher dazu gesprochen hat –, sich dieses Verhandlungsmandat genauer anzusehen. Herr
Modschiedler, wie Sie in Ihrer Rede gezeigt haben, erliegen Sie genauso wie alle Befürworterinnen und Befürworter der offiziellen Propaganda.
Darin wird von großem Wachstum schwadroniert. In der Pressekonferenz musste Handelskommissar de Gucht zugeben, dass laut einer Studie für die EU-Kommission von 0,5 % Wachstum im Gesamtzeitraum von fünf Jahren – sprich: von 0,1 % pro Jahr – auszugehen sei. Die Wahrheit ist also: verschwindend gering!
Sie verschweigen ferner – Frau Kallenbach hat dazu ausgeführt –, dass 600 Industrie- und Wirtschaftslobbyisten direkten Zugang zu diesen Verhandlungen haben, während zivilgesellschaftliche Organisationen, Umwelt
verbände, Sozialverbände und Gewerkschaften keinerlei direkten Zugang haben und erst im Ergebnis des öffentlichen Drucks jetzt von der Kommission hin und wieder gehört werden. Das ist doch wohl kein Zustand!
Kanzlerin Merkel und Herr Barroso haben die Idee für diese Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft ausgeheckt.
Frau Kallenbach hat ein weiteres wichtiges Thema angesprochen, den Investitionsschutz. Die Verhandlungen darüber sind zu Recht auf Eis gelegt worden. Geplant ist die Einführung einer Rechtsprechung parallel zu den staatlichen Gerichten. Investoren sollen Staaten verklagen können, wenn ihnen irgendein Gesetz, irgendeine Norm nicht passt. Schiedsgerichte, von Anwälten bestückt, würden dann das Urteil sprechen – am staatlichen Rechtssystem vorbei.