Nein, Herr Hartmann, ich kann Ihnen das leider nicht bestätigen. Ich war bei zahlreichen Gesprächen dabei, die sich genau um diese juristische Materie rankten. Die Kommunen haben sich auch – das wissen Sie – von Anwaltskanzleien im Zuge der Ausschreibung des Rettungsdienstes beraten lassen. Diese haben deutlich gemacht, dass hierbei der rechtliche Spielraum sehr gering ist.
Insofern kann ich Ihnen Ihre Frage leider nur mit einem Nein beantworten. Der Grund dafür sind Ihr Rettungsdienstgesetz und Ihr Vergabegesetz.
Ich komme zum zweiten Punkt, der angesprochen worden ist. Mir geht es um die Diskreditierung einer Hilfsorganisation.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht haben Sie heute die Zeitung gelesen. Dort habe ich noch einmal deutlich gemacht: Mir geht es nicht um die Hilfsorganisationen, mir geht es um die Koalition. Dass diese keine Hilfsorganisation ist, haben wir in den letzten vier Jahren mit der Politik, die Sie machen, kennengelernt.
Die Hilfsorganisationen können sich doch nur in dem Rahmen bewegen, den Sie mit Ihrem Gesetz vorgeben. Ihr Gesetz hat die Logik des Preiswettbewerbs. Es ist völlig nachvollziehbar, dass die Hilfsorganisationen in dieser Logik agieren müssen. Deswegen mache ich weder dem Deutschen Roten Kreuz noch irgendjemand anderem den Vorwurf, dass sie so handeln, wie Ihr Gesetz es vorsieht. Der Vorwurf geht an Sie als Koalition. Sie machen die Rahmenbedingungen zur Ausschreibung des Rettungsdienstes. Sie sind so einseitig wirtschaftlich orientiert, dass den Hilfsorganisationen gar nichts anderes übrig bleibt, als gegen ihr gutes Image mit solchen Methoden die Vergaben zu erlangen.
Zum dritten Punkt, Herr Hartmann: Sie haben gefragt, was denn Lohndumping sei. Ich kann Ihnen sagen, was Lohndumping ist. Ich kann mir auch nicht erklären, wie die Differenz zwischen dem, was die Kassen erstatten, und dem, was ein Rettungsdienstmitarbeiter auf dem Lohnzettel stehen hat, zustande kommt. Ich habe es noch nicht verstanden. Fakt ist aber: Das, was auf dem Lohnzettel steht, ist nicht besonders „doll“. Es sind im Durchschnitt 1 800 Euro brutto für einen Job mit 48 Wochenstunden, der physisch und psychisch extrem anstrengend ist.
Wenn Sie nun fragen, was Lohndumping ist, dann sage ich Ihnen: Ich habe Arbeitsverträge und auch Gehaltsabrechnungen von Mitarbeitern bei Kreisverbänden gesehen, bei denen Haustarifverträge abgeschlossen worden sind. Da stehen auf diesem 48-Wochenstunden-Lohnzettel am Ende des Monats nicht 1 800 Euro, sondern 1 300 Euro brutto für einen Schichtdienst, in dem man kranken Leuten hilft, Leute von der Unfallstelle auf der Straße holt und alte Menschen hin- und herfährt. Das kann nicht sein. Sie haben alle selbst gesagt, dass das eine verantwortungsvolle und anstrengende Tätigkeit ist. Da darf niemand mit 1 300 oder 1 500 Euro brutto nach Hause gehen.
Nebenbei: Sie sagen, dass uns pauschale Kritik nicht weiterbringt. Ich habe versucht, Ihnen die Einzelfälle – Meißen, Nordsachsen, dieser Kreisverband – aufzuzählen; das ist Lohndumping.
Noch ein Wort zum Schluss, und dann nehme ich das auch als Schlusswort, es sei denn, die Staatsregierung fordert mich noch sehr heraus. Sie haben gesagt, der Antrag erzeuge eine Erwartungshaltung. Das stimmt so nicht. Der Antrag transportiert eine Erwartungshaltung. Die Erwartungshaltung besteht bereits. Sie besteht seit vielen Jahren. Sie besteht seit mindestens zwei Jahren, als wir das letzte Mal über das Gesetz diskutiert haben. Die Erwartungshaltungen bestehen bei den Rettungsdienstmitarbeitern, seit sie gelesen haben, es sei gar nicht mehr so, dass die EU uns vorgibt, dass wir ausschreiben müssen. Warum macht denn der Landtag dann nichts? Die Erwartungshaltung ist da. Wir geben ihr hier lediglich eine Stimme. Wir machen sie öffentlich. Das ist genau der richtige Platz und nicht der Facharbeitskreis der CDU; da komme ich auch gern einmal vorbei und erkläre Ihnen das.
Aber hier gehört die Erwartungshaltung aus der Bevölkerung hin. Sie hierher zu bringen und verantwortlich damit umzugehen, das ist unsere gemeinsame Aufgabe. Deshalb bitte ich Sie noch einmal: Stimmen Sie doch wenigstens dem Anliegen zu, dass ein Bericht erstellt werden soll und dass die Staatsregierung – die übrigens nicht der Diskontinuität unterliegt – für das Vorbereitungen trifft, was auch Sie angekündigt haben: nämlich eine Novellierung des Gesetzes im Anschluss an die Landtagswahl.
Ich frage der Form halber: Möchte noch ein Abgeordneter in der dritten Runde das Wort ergreifen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Ulbig, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Man kann über alles reden und diskutieren, aber alles muss zu seiner Zeit erfolgen, und die Zeit für eine mögliche Novelle des BRKG ist noch nicht gekommen.
Ich will das kurz begründen. Es ist jetzt viel und intensiv diskutiert worden. Ich bin ganz froh, dass zumindest von Herrn Bartl und zum Schluss auch von Frau Friedel wenigstens dieser Teil eingefangen worden ist: dass es nicht um die Schelte gegen Rettungsdienste und das Agieren usw. geht. Was die Zahlen betrifft, will ich mich auf den Diskussionsbeitrag von Herrn Hartmann beziehen.
Ich will mich nur noch einmal auf die Novelle und die derzeit immer noch geltende Rechtslage beziehen. Die Novelle des Rettungsdienstgesetzes im Jahr 2012 hat keine neue Ausschreibungspflicht begründet. Die Verpflichtung, Vergabeverfahren durchzuführen, bestand bereits vorher. Mit der Novelle im Jahr 2012 – wie wir es beschrieben haben – ist das Submissionsmodell optimiert worden, und anders – Frau Friedel, jetzt will ich es noch einmal aus meiner Sicht deutlich sagen –, als Sie es gerade behauptet haben, sind Regelungen aufgenommen worden, die reinen Preiswettbewerb unter den potenziellen Leistungserbringern verhindern sollten.
Ja, als Zuschlagskriterien sollen – so steht es darin – neben dem Angebotspreis auch ein Umsetzungskonzept, das neben dem Preis bis zu 50 % gewichtet werden kann, und die Mitwirkung im Katastrophenschutz berücksichtigt werden. Das ist ein wichtiger Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
An dieser Stelle will ich auch aus der kommunalen Praxis noch sagen: Bei den Vergaben von Bauleistungen wird immer gleich argumentiert, und es wird gesagt, es wird nur nach dem Preis entschieden. Das wird gelegentlich vor Ort auch so gemacht, aber Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit sind genauso Vergabekriterien, und eigentlich ist dann erst der Preis maßgeblich, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir haben die Vertragslaufzeit von fünf auf sieben Jahre verlängert, und von den Trägern der Rettungsdienste wurden daher auch vor 2012 Vergaben durchgeführt, zum
Beispiel in Dresden und Bautzen. Einige Vergabeverfahren wurden zumindest meiner Kenntnis nach von der Vergabekammer überprüft, und diese hat es dann entsprechend bestätigt. Auch die Themen Submission und Konzession sind lange diskutiert worden. Am Ende ist mehrheitlich entschieden worden, nicht zum Konzessionsmodell überzuwechseln.
Jetzt noch einmal zu dem, was Sie angesprochen haben, wir hätten auf EU-Ebene eine neue Rechtslage. Wir haben eine Entscheidung, aber, meine sehr verehrten Damen und Herren – das ist vielleicht ein feiner juristischer Unterschied –, für das weitere Verfahren und für den Antrag ist das nach meiner Einschätzung maßgeblich. Die Veröffentlichung der neuen EU-Vergaberichtlinie zur Modernisierung ist noch nicht erfolgt. Das muss man einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Richtlinien würden erst nach Veröffentlichung in Kraft treten, und zwar nach 20 Tagen. Die Umsetzung in nationales Recht ist immer noch Angelegenheit des jeweiligen Mitgliedstaates; das wäre bei uns in der Bundesrepublik der Bund.
Vielen Dank. Wenn ich mich recht erinnere, ist die Terminierung des CDU-Parteitags auch schon erfolgt, bevor der Termin offiziell durch die Staatsregierung bekannt gegeben worden ist, weil faktisch schon klar war, wann es stattfindet. Es ist aus dieser Perspektive auch klug, sich auf zu erwartende Entscheidungen vorzubereiten.
Wäre es nicht klug, wenn sich auch die Staatsregierung auf die zu erwartenden Entscheidungen vorbereitet?
Frau Friedel, der Unterschied zwischen Ihrem Beispiel und der geltenden Rechtslage ist folgender: Ich habe gesagt, dass für die Umsetzung der Bund zuständig ist, und bevor dann ein Land „rangeht“, muss man zumindest Umsetzungs- und Ausgestaltungsabsichten desjenigen kennen, der für die Umsetzung zuständig ist, bevor man es in Landesrecht übernehmen kann.
Vor diesem Hintergrund ist es im Moment noch nicht möglich. Der Bund hat immerhin zwei Jahre Zeit, wenn denn dann die Richtlinie für die Umsetzung in Kraft ist. Bis dahin ist es – anders, als Sie behaupten – derzeit nicht möglich, abweichend vom geltenden Recht eine Praxis zu installieren. Vor diesem Hintergrund müssen wir mit möglichen Veränderungen noch warten.
Deswegen will ich sagen: Unabhängig davon, was man vom Antrag selbst hält: Er kommt zu früh, und deshalb kann ihm derzeit nicht zugestimmt werden.
Meine Damen und Herren, ich stelle nun die Drucksache 5/13846 zur Abstimmung. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist mehrheitlich die Drucksache 5/13846 nicht beschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: GRÜNE, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Frau Kallenbach, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zeitgleich passieren auf dieser Erde wichtige Dinge neben den Entscheidungen in diesem Hohen Haus, nämlich: Seit Montag verhandeln die USA und die EU wieder über ein Freihandelsabkommen. Hinter verschlossenen Türen wird in vierter Runde verhandelt. Dank der Medien und der grünen Europafraktion ist das Verhandlungsmandat öffentlich geworden. Ein guter Grund, das Thema in dieses Haus zu tragen.
Ich verrate Ihnen kein Geheimnis – ich bin eine überzeugte Europäerin –, aber ich habe gelernt, dass es gut und richtig ist, der Kommission aus allen Richtungen frühzeitig auf die Finger zu schauen; und die immer größer werdende Öffentlichkeit hat das auch erkannt.
Wie steht die Staatsregierung zu diesem Abkommen? Sachsen hat sich bei einem Entschließungsantrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im Bundesrat enthalten. Minister
Martens begründet die Enthaltung damit, dass Sachsen den Verhandlungsgegenstand nicht einschränken wollte. Die schwammige Antwort heißt im Klartext: Die Staatsregierung enthält sich bei unserer Forderung, dass auf Soziales, Umwelt, Lebensmittel, Gesundheit und Datenschutzstandards sowie Verbraucherrechte besonderes Augenmerk gelenkt werden muss. Sie enthält sich, wenn es um das Vorsorgeprinzip geht. Sie enthält sich, wenn besondere Regeln für den Agrarsektor gefordert werden, vor allem bei Produkten, die in der EU gekennzeichnet werden müssen. Sie enthält sich bei Forderungen nach einer Veröffentlichung des Verhandlungsmandats und transparenter Verhandlungsführung.
Zugestimmt hat der Freistaat im Bundesrat, dass kulturelle Dienstleistungen ausgenommen werden, weil sie nicht nur Wirtschaftsgüter seien. Das empfinden wir alles in allem als eine schwache Performance.