Protocol of the Session on March 13, 2014

(Lachen bei der FDP – Torsten Herbst, FDP: Anwälte – pfui Teufel!)

Es soll eine parallele Rechtsordnung etabliert werden. Dieses Vorhaben greift den demokratischen Rechtsstaat in der Substanz an. Deshalb muss es verhindert werden.

(Beifall bei den LINKEN – Staatsminister Dr. Jürgen Martens: Welch ein Unfug!)

Oder will die Kanzlerin, die diese Idee zwar ausgeheckt hat, sich jetzt aber wegduckt, –

(Lachen bei der CDU und der FDP – Svend-Gunnar Kirmes, CDU: Lassen Sie doch jemanden reden, der Ahnung davon hat!)

über diesen Weg still und leise, also heimlich, ihre „marktkonforme Demokratie“ einführen, von der sie in ihren Reden immer wieder gesprochen hat?

Frau Hendricks, die neue Umweltministerin, hat völlig recht, wenn sie darauf hinweist, dass die Errungenschaften von 150 Jahren Arbeiterbewegung, 100 Jahren Frauenbewegung und 50 Jahren Umweltbewegung mit einem Federstrich zerstört würden, wenn dieses Abkommen so abgeschlossen würde, wie es in den – geheimen! – Leitlinien festgelegt ist.

Ich zitiere aus Punkt 15 der geheimen Leitlinien, da wird nämlich die Katze aus dem Sack gelassen. Dort heißt es wörtlich, „dass im Dienstleistungshandel das Ziel verfolgt wird, die in den USA und der EU bestehende autonome Liberalisierung auf das höchste Liberalisierungsniveau anzuheben“. Dabei geht es weniger um den Abbau von Zöllen – sie sind nämlich gering, bei circa 3 % im Durchschnitt –, als vielmehr um die sogenannten nichttarifären Handelshindernisse. Es geht nämlich dabei um technische Standards, um Löhne, um Arbeitsbedingungen, um ökologische und soziale Standards.

Zum Beispiel sind in den USA nur zwei der acht Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ratifiziert. In den USA sind die Vereinigungs- und Kollektivverhandlungsfreiheit teilweise beträchtlich einge

schränkt und dadurch die Arbeit der Gewerkschaften erheblich erschwert. Vorgaben im Mandat für den verhandlungsbevollmächtigten Kommissar zur Harmonisierung der Normen und Standards würden sich im Angleichungsprozess mit den USA nicht an den höheren Normen der Europäischen Union orientieren, sondern sich natürlich irgendwo in der Mitte treffen und damit zu einer Absenkung in Europa führen.

Kurz und gut, es steht mit diesem Handelsabkommen tatsächlich der sozial geprägte und demokratische Rechtsstaat in den europäischen Mitgliedsländern auf dem Spiel. Hier treffen unterschiedliche Kulturen zwischen den USA und Europa aufeinander. Aus diesem Grunde unterstützen wir den Antrag der GRÜNEN, der den sofortigen Stopp dieser Verhandlungen, das Aushandeln eines neuen Verhandlungsmandates und die Zulassung vollkommener Transparenz dieser Verhandlungen sowie die Zulassung zivilgesellschaftlicher Organisationen im Verhandlungsprozess, zum Inhalt hat.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Frau Friedel für die SPD-Fraktion, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag, das haben wir jetzt gehört, hat die wesentliche Forderung, das Verhandlungsmandat neu aufzusetzen, um zu erreichen, dass so verhandelt wird, dass die geltenden Standards im sozialen Bereich, im Umwelt- und in anderen Bereichen in der Europäischen Union bei einem Abkommen nicht aufgeweicht werden, dass eine öffentliche Beteiligung erfolgt und dass kein Schiedsverfahren zum Investorenschutz stattfinden soll. Diese Punkte unterstützt die SPD-Fraktion sehr. Wir sehen nur nicht die Notwendigkeit, dass dafür die Verhandlungen aufgegeben und neu gestartet werden sollen.

Wir wissen, dass es erstens eine öffentliche Beteiligung geben wird. Man hat sich darauf verständigt, dass es eine dreimonatige öffentliche Konsultationsphase zu Beginn dieses Jahres zur Klärung des Vorgehens zum Investitionsschutz in den Verhandlungen mit den USA geben wird, und die Ergebnisse werden in die Verhandlungen einfließen. Insofern sehen wir diesen Punkt als aufgenommen an.

Zweitens. Die geltenden Standards nicht zu unterschreiten ist immer die Position der SPD gewesen, die als Bestandteil der Bundesregierung nicht verhandelt, sondern nur auf die Kommission Einfluss nimmt. Die SPD hat im Bundestag immer sehr deutlich gemacht, dass die geltenden Standards nicht unterschritten werden sollen und dass das ein Maßstab sein wird, an dem die SPD das Verhandlungsergebnis misst.

Drittens. Zum umstrittenen Schiedsverfahren beim Investorenschutz haben wir schon im September 2013 – das war also nicht die Entdeckung der GRÜNEN – öffentlich sehr deutlich gemacht, dass es das mit uns nicht geben wird, und ich lese Ihnen gern aus einer Pressemit

teilung der SPD-Bundestagsfraktion vor: „Wir haben den EU-Kommissar aufgefordert, im Kooperationsabkommen keine Schiedsverfahren zwischen Investoren und dem jeweiligen Gaststaat zuzulassen. Dieses Streitverfahren“ – so heißt es darin meines Erachtens völlig zu Recht – „bietet die Möglichkeit von Schadenersatzklagen vor privaten internationalen Schiedsgerichten und ist häufig einseitig auf die Interessen der Investoren ausgerichtet. Es besteht die Gefahr, dass die öffentliche Hand bei solchen Schiedsverfahren in Haftung für private Investitionen in Milliardenhöhe genommen wird. Deswegen spricht sich die SPD gegen solche Schiedsverfahren aus. Für alle Investoren müssen der ordentliche Rechtsweg und das Rechtsschutzsystem in dem Staat, in dem investiert wird, bindend sein.“

Das sind die drei Punkte, die Sie in Ihrem Antrag angesprochen haben. Sie sehen, wir unterstützen alle drei Punkte. Wir sehen nicht, dass es dafür erforderlich ist, eine Bundesratsinitiative zu starten und die Aussetzung auf den Weg zu bringen, sondern diese Punkte spielen bereits bei den Verhandlungen eine Rolle. Wir werden sehr genau hinschauen, dass sie am Ende so eingehalten werden, wie wir das für richtig halten.

Insofern werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen, uns aber gern enthalten, da wir ihn grundsätzlich unterstützen.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Herr Herbst für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Redebeitrag von Frau Friedel kam fast so etwas wie Vernunft durch. Das kann ich von Ihnen, Frau Dr. Runge, leider nicht sagen, denn Sie haben mich an jemanden erinnert, und zwar ist das schon ein bisschen her. Kennen Sie Karl-Eduard von Schnitzler und seinen „Schwarzen Kanal“ im DDRFernsehen? Ihr Vokabular war nahe dran.

(Beifall bei der FDP)

Die schlimme Propaganda des Klassenfeindes.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Jeden Abend geguckt?)

Ihre Wahrheit ist die Wahrheit von Karl-Eduard von Schnitzler.

Meine Damen und Herren! Der Antrag atmet einen typischen Geist, einen links-grünen Geist. Dieser Geist hat sogar einen Namen: Er heißt Angst, Angst vor ausländischen Produkten, Angst vor ausländischen Unternehmen,

(Widerspruch der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE)

Angst vor Freihandel generell, Angst vor vermeintlich bösen amerikanischen Investoren oder – wie es bei Ihnen

immer heißt, Frau Dr. Runge – den bösen Lobbyisten. Hier werden Schreckensszenarien unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes verbreitet. Ich finde bedauerlich, dass sogar ein bisschen Protektionismus und AntiAmerikanismus mitschwingt. Das ist nicht unser Ansatz, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Wir können weit in die Geschichte zurückschauen und immer hat sich gezeigt, dass freier Welthandel Wohlstand schafft;

(Lachen der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE – Widerspruch bei der SPD)

denn Zeiten intensiven Handelns waren immer Zeiten des Wohlstands, im Übrigen auch der kulturellen Blüte. Protektionismus, Herr Brangs, nützt denen, die damit ihr Geschäftsmodell und ihre Produkte vor Wettbewerb schützen. In der Regel geht das zulasten von Verbrauchern. Protektionsmus nützt wenigen. Vom Freihandel profitieren viele. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es so wichtig, dass wir uns weltweit dafür einsetzen, Handelshemmnisse abzubauen. Das gilt übrigens nicht nur im Verhältnis zu den USA, sondern auch zu vielen afrikanischen Staaten, damit sie die Chance haben, ihre Produkte bei uns zu verkaufen und für sich einen bescheidenen Wohlstand zu realisieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Die aktuellen Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit den USA sind ein wichtiger und richtiger Schritt, und das sage ich aus europäischer, aus deutscher und auch aus sächsischer Sicht. Die sächsischen Unternehmen haben allein 2013 Waren im Wert von 2,9 Milliarden Euro in die USA exportiert. Das sind ungefähr 9 % aller sächsischen Exporte. Wenn wir uns anschauen, welche amerikanischen Unternehmen in Sachsen investieren, dann gibt es allein mehr als 140 Beteiligungen an sächsischen Unternehmen. Die Kooperation Sachsens mit amerikanischen Unternehmen sorgt für Wirtschaftswachstum, sie sichert und schafft Arbeitsplätze. Auch deshalb ist der Abbau von Handels- und Investitionsbarrieren im ureigenen sächsischen Interesse.

(Beifall bei der FDP)

Worum geht es bei diesem Freihandelsabkommen? Es geht einerseits um den Abbau von Zöllen. Es stimmt eben nicht, dass es nur 3 % sind, sondern es ist sehr unterschiedlich von Warengruppe zu Warengruppe. Beispielsweise liegen die Zölle beim Export von Lastwagen bei 25 %. 25 % Zoll sind ein Wettbewerbsnachteil für deutsche Fahrzeughersteller, meine Damen und Herren.

Wenn wir uns den Export von Milchprodukten anschauen, so haben wir dort einen Zoll von 19 %. Wenn wir es schaffen, diese Zölle wegfallen zu lassen, dann ist doch völlig klar, dass sich für die deutschen Unternehmen neue Marktchancen in den USA erschließen.

Es geht aber neben den Zöllen auch um den Abbau von sogenannten nichttarifären Handelshemmnissen, um die gegenseitige Anerkennung von Standards oder um eine Einigung auf gemeinsame Standards. Das macht in vielen Bereichen verdammt viel Sinn. Wenn man diese gemeinsamen Standards hätte, bräuchte man sich nicht mehr auf zusätzliche Zulassungsverfahren beispielsweise für PkwBlinker, Bremsen, Türschlösser auf beiden Seiten des Atlantiks zu konzentrieren, sondern würde man anerkennen, dass ein Zulassungsverfahren als Standard für beide Märkte gilt. Das macht im Übrigen für beide Sinn, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Laut einer Untersuchung des Wirtschaftsforschungsinstituts IW Köln könnten allein durch diesen Wegfall der doppelten Bürokratie rund 1,5 % Fahrzeuge europäischer Herkunft mehr in den USA verkauft werden. Ich glaube, für Europa und das Autoland Sachsen wäre das eine gute Nachricht, meine Damen und Herren.

(Zuruf der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE)

Rechnen Sie das bitte einmal in Geld um, wenn Sie unsere Autoexporte sehen, Frau Runge. Man kann das ja alles lächerlichreden, aber ich bin der Meinung, für jeden Arbeitsplatz, der damit neu geschaffen wird, und für jeden Arbeitslosen, den wir dadurch weniger haben, lohnt sich dieses Freihandelsabkommen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Auch Sie, Frau Kallenbach, tun so, als wäre das einzige Ergebnis dieses Abkommens, dass wir jetzt genötigt würden, chlorbehandelte Hühnchen in Europa zu essen. Meine Damen und Herren, ich glaube, dazu wird es nicht kommen. Klar ist auch, dass man sich nur dort auf gemeinsame Standards einigt, wo die grundlegende Einigkeit in der Zielrichtung herrscht. Für den subventionierten Agrarsektor wird es mit Sicherheit eine ganze Menge an Ausnahmen geben, weil auch in den USA vieles extrem subventioniert wird und dort keine normalen Wettbewerbsbedingungen herrschen.

Sie schüren erst einmal Ängste, malen Schreckensszenarien an die Wand und würden am liebsten alles vorsorglich verbieten, weil irgendetwas gefährlich sein könnte.

Meine Damen und Herren, wir sind für Verbrauchertransparenz. Ich bin der Meinung, dass ein Verbraucher entscheiden soll, ob er ein sächsisches, ein polnisches, ein französisches oder ein amerikanisches Hühnchen essen will. Es ist seine souveräne Entscheidung. Wenn ein deutscher Tourist in einem Restaurant ein amerikanisches Hühnchen essen will, dann soll er das tun. Ich will es ihm nicht verbieten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)