Welche Perspektive hat denn das Japanische Palais, ein herausragender Ort der sächsischen Bau- und Museumsgeschichte? Ich bin Ihnen ja ausgesprochen dankbar, Frau Ministerin, dass Sie die Wahlkampfblasen eines Porzellanschlosses oder gar eines sächsischen Nationalmuseums nicht weiter verfolgt haben, aber die ethnografischen und die naturhistorischen Sammlungen müssen endlich ihre wertvollen Bestände von Weltgeltung aus den Depots holen und der Öffentlichkeit präsentieren können. Leerstehen und verfallen lassen – das ist keine Lösung für das Japanische Palais.
Um Staatsoper und Staatsschauspiel war es in den letzten Jahren ruhig; die Zusammenführung zu den Staatstheatern ist lautlos verlaufen. Umso unüberhörbarer war der Paukenschlag bei der Besetzung der Opernintendanz. Es war aus meiner Sicht wahrscheinlich richtig, die Reißleine zu ziehen, und ich weiß, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Oper froh sind über diese Entscheidung. Aber zumindest zwei für mich wichtige Fragen haben Sie heute unbeantwortet gelassen: Wenn eine Findungskommission Serge Dorny auswählt und er anschließend zum höchstbezahlten Intendanten eines deutschen Opernhauses gemacht wird, wieso erkundigt sich dann niemand an seinen bisherigen Wirkungsstätten?
Den autokratischen Führungsstil von Herrn Dorny scheinen in Lyon ja die Spatzen von den Dächern zu pfeifen.
Und zweitens: Wenn Sie sich von diesem Intendanten trennen wollen und er selbst auf ultimative Weise mit Kündigung droht, warum haben Sie dann nicht die Größe und die Gelassenheit, diese Kündigung abzuwarten?
Es ging Ihnen doch offensichtlich darum, symbolisch das Heft des Handelns in der Hand zu behalten, das Gesicht zu wahren, aber diese politische Kosmetik ist mit einem Risiko von 1,5 Millionen Euro viel zu teuer erkauft.
Meine Damen und Herren, unsere freie Kulturszene ist der gesellschaftliche Innovationsmotor schlechthin. Bei den Kulturverbänden liegt die Kompetenz, diese Szene zu unterstützen. Wenn das Ministerium die Verbände als Partner verstehen würde, dann würde sie sie nicht so unterschiedlich behandeln wie bisher. Womit begründen Sie das? Die Häuser der freien Szene sind Plattformen für professionelle Künstlerinnen und Künstler und für den Nachwuchs. Institutionell gefördert werden das LOFFT in Leipzig und das Projekttheater in Dresden – aber kein Haus in Chemnitz. Womit begründen Sie das?
Bei der Förderung der einzelnen Sparten in ihren Besonderheiten ist Sachsen im Vergleich mit anderen Bundes
ländern weitgehend einfallslos. Das ist lähmend und wirkt vor allem auf die junge Generation teilweise abschreckend. Um neue kulturelle Entwicklungen zu unterstützen, sind die passenden Werkzeuge notwendig, beispielsweise eine gezielte Spielstättenförderung, mit der junge Bands und Solomusikerinnen und -musiker eine Chance erhalten. Die Konzeptförderung der Kulturstiftung ist ein gutes, ein nachhaltiges Instrument. Sie wird aber nur mit angezogener Handbremse gefahren und ist derzeit für kleinere Projekte, etwa im Literaturbereich, schlicht außer Reichweite.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen in mehrfacher Hinsicht feststellen: Die Kunstministerin hat es offensichtlich nicht geschafft, das gesamte Kabinett von der Notwendigkeit der Kulturentwicklung und von der Bedeutung der Kultur in und für Sachsen zu überzeugen. Bezeichnenderweise hakt es nämlich bei ressortübergreifenden Themen ganz gewaltig. Das liegt natürlich nicht nur in Ihrer Verantwortung, Frau von Schorlemer, aber auch. Die interministerielle Abstimmung bei der kulturellen Bildung war bisher höchst bescheiden. Bei der Kultur- und Kreativwirtschaft hat das Wirtschaftsressort offenbar nie verstanden, inwiefern sich Kultur und Wirtschaft überlagern, nämlich vor allem bei der kleinteiligen Kulturproduktion, den selbstständigen Künstlern und den Kreativen. Wir brauchen endlich hier in Sachsen eine Unterstützung der Kultur- und Kreativwirtschaft, wie sie auch anderen Branchen zuteil wird.
Hier bleibt die Staatsregierung in einer wichtigen Frage in wesentlichen kulturpolitischen Belangen untätig.
Natürlich spreche ich auch noch zu Bibliotheken; denn bei Bibliotheken nehmen Sie, Frau Staatsministerin, Hand in Hand mit der Koalition den Bildungsbereich geradezu aus der Schusslinie, indem Sie die Bildungsaufgabe der Bibliotheken vom Tisch wischen und schlicht auf deren Finanzierung durch das Kulturraumgesetz verweisen. Das zeugt von einem rückständigen Bibliotheksbegriff. Ihre Reden zur Zukunft der Bibliotheken klingen zwar anders, aber faktisch scheint die Vermittlung von Lese-, Medien- und Informationskompetenz für die derzeitige Koalition keinen besonderen Stellenwert zu haben.
Nur so ist erklärbar, dass Sie eine Verantwortung des Freistaates, die Etablierung von Mindeststandards bei Qualifikation und Medienausstattung sowie eine gezielte zusätzliche Unterstützung der öffentlichen Bibliotheken im Lande durch den Freistaat ausschlagen.
Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition! Frau Staatsministerin! Ein schöner Schein, gepaart mit unsystematischen und teilweise unklugen Eingriffen, viel Selbstzufriedenheit, Kritikunfähigkeit und lähmende Passivität – mit dieser Taktik werden Sie dem kulturellen Erbe Sachsens nicht gerecht. Unser Land hat eine großartige kulturelle Vergangenheit. Es braucht eine kulturpolitische Strategie, vorausschauende Verantwortungsübernahme und die Suche nach kreativen Wegen gemein
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Staatsministerin! Die NPDFraktion findet es schon sehr gewagt, dass sich ausgerecht Frau von Schorlemer in dieser Plenarwoche mit einer Fachregierungserklärung präsentiert angesichts der
aktuellen Pannen und Probleme in ihrem Haus, die sogar weit über die Grenzen Sachsens hinaus, ja, man kann sagen weltweit für Negativschlagzeilen für Sachsen sorgen. Vermutlich wollen Sie das Intendantendesaster hier in Dresden einfach nur übertünchen. Was Sie zu dem Thema hier gesagt haben, hat uns noch nicht überzeugt, nach meinem Eindruck nicht einmal Ihren Koalitionspartner. Ich gehe einmal davon aus, dass Sie vielleicht die Gelegenheit dieser Debatte nutzen werden, um noch einige Ausführungen dazu zu machen.
Ich darf Ihnen, Frau Staatsministerin, zunächst in Ihrem Ausgangspunkt zustimmen. Kunst und Kultur und vor allem auch ihre Pflege müssen gewiss mehr sein als nur ein Verfassungsauftrag. Wenn Sie Derartiges in Ihrer heutigen Fachregierungserklärung postulieren, mag das nach einer Selbstverständlichkeit klingen, und es ist doch gewagt, gerade auch im Freistaat Sachsen.
Anlässlich der Fachregierungserklärung erlaube ich mir einige grundsätzliche Ausführungen zu dem Thema. Die politischen Schwerpunkte auf dem Gebiet der Kultur- und Kunstpolitik haben sich leider in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt – vom Hort einer in Jahrhunderten gewachsenen, weltweit berühmten Nationalkultur hin zum globalen Sozialamt, in dem sich wild gebärdende orientalische Wüstenkrieger und afrikanische Clans von Ihnen allen Ernstes als Kulturbereicherer begrüßt werden.
In dieser Ächtung des Eigenen zugunsten einer geradezu religiösen Verehrung alles Fremden stehen die Fraktionen der selbst ernannten Demokraten hier im Haus als geschlossener Kampfbund gegen die traditionelle deutsche Nationalkultur fest zusammen. Vor diesem Hintergrund wird aus dem Titel der heutigen Fachregierungserklärung geradezu ein Affront, wenn Frau von Schorlemer erklärt: „Gemeinsam fördern und pflegen wir unsere Kunst und Kultur in Sachsen“, denn Sie müssen sich schon fragen lassen, was Sie mit „unserer Kunst und unserer Kultur“ eigentlich meinen. Genau das haben Sie, Frau von Schorlemer, in Ihrer Alles-ist-gut-Rede vermissen lassen.
Wie stellen Sie sich denn die Kunst und den Kulturbetrieb der Zukunft vor, wenn das deutsche Musiktheater, das deutsche Schauspielhaus, die deutsche Konzertbühne dereinst ersetzt werden vom türkischen Basar, von der afrikanischen Trommelcombo und den pfeifenden und
bunten Trillerpfeifen sonst irgendwie hierher Verirrter? Ist das dann das, was Sie mit „unserer Kunst und Kultur“ in Sachsen meinen? Wie wollen Sie Kunst und Kultur fördern, wenn bereits in Kindertagesstätten und Schulen alles Künstlerische an Boden verliert, sodass den jungen Menschen die kulturelle Ebene geradezu zielgerichtet vorenthalten wird?
Meine Damen und Herren! Wenn Sie ehrlich wären, müssten Sie sich eingestehen, dass Sie alles andere tun, als Kunst und Kultur in diesem Land zu pflegen.
Was Sie pflegen – das allerdings mit Inbrunst –, ist der Niedergang nicht nur der Inhalte und der Formen der Kunst, sondern auch und vor allem ihrer Bühnen, ihrer Foren und ihrer Existenzbedingungen. Sie schaufeln der Kultur das Grab, indem Sie zum einen ihre Träger, nämlich die Völker, verleugnen und zum anderen die Quellen kultureller Lebensäußerung kontinuierlich verschütten.
In dem von Ihnen heraufbeschworenen Globalkapitalismus des internationalen Jeder-gegen-jeden ist etwas anderes als der Untergang der Kunst auch denklogisch gar nicht möglich; denn wenn nicht die Fragen nach Sinn und Ästhetik, nach Bestimmung und Moral, nach „edler Einfalt und stiller Größe“, wie es Winckelmann einmal formuliert hat, im Zentrum menschlichen und gesellschaftlichen Lebens zusammenstehen, sondern Profit, Hedonismus und Toleranzextremismus, dann haben Kunst und Kultur für die Jünger dieser neuen Werte in der Tat ausgedient, meine Damen und Herren.
Dann ist Kultur allenfalls hübsche Garnierung mit Luxusaura, aber nicht immanente Essenz des Lebens. Dann drängen andere, sehr viel niedrigere Wirkmächte in die Lücken nach, die der Rückzug der Kultur in den Menschen aufreißt. Ebendiese Situation und ihre Folgen müssen wir bereits jetzt konstatieren: allgemeiner Werteverfall, sittliche Verwahrlosung und das Fehlen jeglicher Identität. Ohne Identität aber – und so schließt sich der Kreis – gibt es weder Kunst noch Kultur; und so setzt ein glaubhaftes Bekenntnis zu unserer Kunst und Kultur für die NPD-Fraktion voraus, erst wieder das eigene Volk und seine gesunde und friedliche Lebensgemeinschaft mit anderen verwandten Völkern in den Mittelpunkt zu stellen und damit das Volk als den Träger aller kulturellen Regeln zu erkennen und zu pflegen, bevor dieser Träger es seinerseits wieder vermag, sich der Pflege von Kunst und Kultur zu widmen.
Gleichsam ex cathedra zu beschließen, unsere Kunst und Kultur in Sachsen zu pflegen, wie Sie, Frau von Schorlemer, das mit Ihrer heutigen Fachregierungserklärung getan haben, ist nicht nur Augenwischerei, sondern geradezu töricht. Ich nehme es Ihnen, Frau Staatsministe
rin, auch nicht ab, dass Sie diese völlig offenkundigen Zusammenhänge nicht selbst sehen. Denn Kunst und Kultur – das ist eben nicht die möglichst exzessive Zurschaustellung des Abartigen, sondern der aus der Seele eines Volkes erwachsene, durch die Genialität einzelner Individuen und letztlich wieder auf das Volk zurückwirkende Geist einer höheren Lebensform.
Der Sieg dieser Höhe über die Tiefe ist nicht zuletzt an der Dichte einer Theaterlandschaft ablesbar, die Sie außerhalb des deutschen Sprachraums woanders nirgends finden werden. Die seit Jahren kontinuierlich fortschreitende Aushöhlung gerade dieser vielen kleinen und mittleren Bühnen und Spielstätten, sozusagen des kulturellen Mittelstandes auch hier in Sachsen, ist der unleugbare Beleg, dass Ihre Kulturpolitik, Frau von Schorlemer, eine solche Höhe eben nicht mehr als Ziel vor Augen hat.
Deutschland abzuschaffen und erst in einer europäischen, später dann vielleicht sogar in einer Weltunion identitätsloser Konsumsklaven aufgehen zu lassen, nimmt seinen Anfang in der Vernichtung dessen, was eine solche Entwicklung noch stoppen könnte: des höheren Geistes, der Kultur und ihrer Wirkungsstätten, der Theater. In diesem Zusammenhang in erster Linie die Geldfrage zu stellen, ist wirklich das letzte Argument, das irgendwie Geltung beanspruchen dürfte. Ohne Frage: Kultur ist teuer, aber Unkultur kostet noch viel mehr.
Meine Damen und Herren! Wir gehen in die nächste Runde. Ich rufe jetzt wieder die Linksfraktion auf; Frau Abg. Klepsch, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kunst und Kultur genießen in unserem Bundesland zweifelsfrei einen hohen Stellenwert – und das ist gut so. Dass aber – und das gehört zur Wahrheit – die im Vergleich zu anderen Bundesländern herausragende Position des kulturellen Erbes und der Kulturpflege nicht allein das Verdienst der CDU und der Sächsischen Staatsregierung, sondern das Resultat historischer Entwicklung ist, nämlich des engen Zusammenhangs von Bodenschätzen und Bergbau, von kunstliebendem und verschwenderischem Adel und der damit verbundenen Ausbeutung der Arbeitenden, von erfolgreicher Industrialisierung und ausdifferenzierten Wissenschaften – das sage ich ganz klar in Richtung der NPD – und auch das Resultat von Zuwanderungen über viele Jahrhunderte, kann man in der neuen Sonderausstellung des Hygienemuseums „Das neue Deutschland“ besichtigen.
Sehr geehrte Frau Prof. Schorlemer, mit Ihrer Fachregierungserklärung verweisen Sie auf die Dinge, die Sie in den letzten viereinhalb Jahren bewegen konnten. Ich erlaube mir zu sagen, dass Sie ambitioniert, ideologiefrei
und auch an der Sache orientiert an die Dinge herangegangen sind. Dafür gebührt Ihnen Respekt und Anerkennung.
Allerdings haben Sie in Ihrer Erklärung die Dinge ausgespart, die offenbar nicht zu bewegen waren, weil Sie in einer Ministerriege zwischen Finanzminister, Kultusministerin und Ministerpräsident eingeklemmt waren und sind.