Protocol of the Session on December 17, 2013

Das Gesetz ist zukunftsorientiert, und ich bitte Sie um Zustimmung.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Die nächste Rednerin für die Fraktion DIE LINKE ist Frau Falken.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen für den Freistaat Sachsen begrüßt meine Fraktion DIE LINKE ganz besonders. Dieses Gesetz war überfällig.

An dieser Stelle deshalb auch einen besonderen Dank an Herrn Prof. Dr. Gillo, der durch seine Aktivitäten – ich glaube, darin sind wir uns alle einig – dieses Gesetz angestoßen hat. Das führte dazu, dass dieses Gesetz heute auf der Tagesordnung steht. Dafür herzlichen Dank, Herr Gillo.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

In Sachsen ist die Situation auf dem Arbeitsmarkt so, dass wir jeder gut ausgebildeten Bürgerin und jedem gut ausgebildeten Bürger die Berufsabschlüsse anerkennen müssen. Mein Vorredner, Herr Bienst, hat bereits mit seiner These angedeutet: Wir werden jede gut ausgebildete Bürgerin und jeden gut ausgebildeten Bürger im Freistaat Sachsen benötigen, um in der Wirtschaft erfolgreich zu sein.

Aber das ist nicht der einzige Grund, weshalb wir diesem Gesetz positiv gegenüberstehen. Auch die Antragsteller zeigen mit ihrem Antrag ganz klar, dass sie in das Berufsleben in einem fremden Land einsteigen wollen. Das, glaube ich, ist sehr begrüßenswert.

Die Betroffenen allerdings stellen sich sehr häufig die Frage: Wohin soll ich meine Unterlagen schicken? Wie lange dauert die Bearbeitung? Welche Rechnungen, welche Kosten werden auf mich zukommen? – Herr Bienst hat schon einiges beantwortet, sodass ich zu einigen Punkten nicht mehr sprechen muss. Hier in

Sachsen leben mehr als 10 000 Menschen ohne Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse. Ich möchte das noch einmal wiederholen: Über 10 000 Menschen ohne Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse! Welches Potenzial für den Freistaat Sachsen und für die Betroffenen hier noch schlummert, kann sich jeder von uns ausmalen.

In Sachsen gibt es aber 66 zuständige Anerkennungsstellen. Es ist dringend erforderlich, dass es eine zentrale Anlaufstelle gibt, um die Betroffenen und Antragsteller zügig zu unterstützen und ihnen schnell den Weg zu weisen, wie sie zu der Anerkennung ihrer Abschlüsse kommen; das heißt: eine zentrale Stelle als ersten Anlaufpunkt.

Die Abschlüsse stammen überwiegend aus Russland, Ungarn, Polen, Rumänien und Spanien. Drei Viertel der Antragsteller haben einen Hochschulabschluss. Zwei Drittel davon sind Frauen. Hier haben wir auch eine besondere Verantwortung gegenüber den Frauen, die in unser Land kommen.

Die zahlenmäßig größten Berufsgruppen sind – hören Sie bitte noch einmal genau zu – Lehrer, Erzieher, Sprachwissenschaftler, Berufe aus dem medizinischen und auch aus dem MINT-Bereich. Gerade hier haben wir im Freistaat Sachsen einen relativ hohen Bedarf, diese Berufsabschlüsse zügig anzuerkennen und die Betroffenen in die Berufe zu bringen.

Doch dieses Gesetz – das ist in der Anhörung auch sehr deutlich herausgekommen – wird nicht unbedingt dazu führen, dass der einzelne Betroffene eine Vereinfachung für das Verfahren erhält. Ich glaube, es ist notwendig, dass wir noch einmal nacharbeiten.

Einige Berufe fallen vollständig durch das Grundraster, zum Beispiel die Ein-Fach-Lehrer, die wir uns in der derzeitigen Situation bezüglich des Lehrerbedarfs im Freistaat Sachsen gar nicht leisten können, aber auch die Ingenieure.

Dieses Gesetz macht einen Unterschied zwischen Bürgern aus EU-Ländern und aus anderen Ländern – mein Vorredner ist darauf schon kurz eingegangen. Wir als Fraktion DIE LINKE halten das für falsch. Es kommt nicht darauf an, aus welchem Land der Betroffene kommt, sondern welchen Abschluss er mitbringt, um eine Anerkennung des Berufsabschlusses zu gewährleisten

(Beifall des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE)

In diesem Gesetz fehlt auch vollständig ein Anspruch auf Finanzierung. Wir hatten dazu schon im Ausschuss einen Änderungsantrag eingebracht und auch heute einen Antrag vorgelegt. Sie haben ihn schon gesehen. Den Antrag möchte ich nachher noch ausführlich einbringen.

Die Finanzierung der Anerkennung von Abschlüssen im Anerkennungsverfahren ist für viele Betroffene sehr entscheidend und wichtig. Verschulde ich mich, wenn ich meinen Abschluss anerkennen lasse, oder nicht? Darüber müssen wir ganz klar reden.

In diesem Gesetz wird eine Rechtsgrundlage geschaffen für den Freistaat Sachsen zur Anerkennung von Abschlüssen, und daher begrüßen wir dieses Gesetz ausdrücklich.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Dr. Stange.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es gibt wenige Gesetze, die auf so viel Übereinstimmung im Plenum treffen wie dieses Gesetz. Ich schließe mich denjenigen an, die sagen, das Gesetz sei überfällig. Der Bund hat bereits vor drei Jahren die Grundlagen beschlossen. Herr Bienst hat schön deutlich gemacht, welche Erfolge mit diesem Bundesgesetz zu verzeichnen sind.

Auch ich möchte mich ganz besonders bei Herrn Prof. Gillo bedanken, der mit dem runden Tisch nicht nur eine Vorarbeit geleistet hat. Er strahlt in seinen Äußerungen und in seinen Berichten in dieser Frage auch eine Kultur des Willkommenseins aus – darauf komme ich nachher noch. Dafür herzlichen Dank, Herr Prof. Gillo. Ich hoffe, dass das auch ein Stück weit auf die Atmosphäre bei der Umsetzung dieses Gesetzes ausstrahlt.

Das Thema Fachkräftemangel ist angesprochen worden. Das ist nicht neu. Wir haben schon vor Jahren darüber gesprochen. Ich erinnere an die Bluecard, die für besonders qualifizierte Menschen aus dem Ausland eingeführt werden sollte. Heute ist es selbstverständlich, dass wir wissen, der Fachkräftemangel ist in Sachsen und in Deutschland angekommen, nicht nur im Pflegebereich oder im Ingenieurbereich, sondern auch bei den Facharbeiterinnen und Facharbeitern.

Wir müssen dringend eine andere Kultur der Anerkennung, auch der im Ausland erworbenen Qualifikationen, per Gesetz umsetzen.

Wir stehen übrigens nicht allein. Die Konkurrenz in den anderen Ländern ist riesengroß. Es ist heute selbstverständlich, dass die Menschen nicht nur nach Österreich wandern oder in die Schweiz gehen, sondern bis nach England oder Amerika. Wir sind nicht allein. Deutschland ist nicht das einzige Land, das Ausländer anzieht.

Wir haben in Deutschland eine Ausländerquote von 9 %. Das ist überschaubar, vor allem auch vor dem Hintergrund, dass uns einige sagen wollen, wir hätten zu viele. In Sachsen sind es gerade einmal 3 %. Ein hoher Anteil sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die hier sehr willkommen sind. Ich denke an unsere Exzellenzinitiative und an gemeinsame Berufungen mit den Forschungseinrichtungen. Dabei wird nicht darüber diskutiert, ob die Ausbildung anerkannt oder ob die Urkunde in Deutsch vorgelegt wird. Die wird selbstverständlich in Englisch vorgelegt. Dabei zählt die Exzellenz im wahrsten Sinne des Wortes, dass diese zumeist jungen Menschen aus dem Ausland, und zwar nicht nur aus dem

europäischen Ausland, zu uns kommen und hier wichtige Forschungsarbeiten leisten.

Auch Nativespeaker wären zum Beispiel an den Schulen sehr wichtig, egal ob in den Bereichen Russisch, Englisch, Spanisch oder Französisch. Bei den Europäern ist die Anerkennung leichter. Bei den Russischlehrern ist es aber schon ein riesengroßes Problem.

Das Thema Ein-Fach-Lehrer ist angesprochen worden. Wir werden aber auch Lehrerinnen und Lehrer an berufsbildenden Schulen und an Gymnasien benötigen. Wenn ich das Anerkennungsverfahren richtig verstanden habe, dann wird es aber ein Problem geben. Dabei geht es nicht nur um die Frage der dreijährigen Ausbildung, die in den meisten Ländern außerhalb Deutschlands zu einer Lehrerausbildung in einem Fach führt, sondern auch um den Abstand. Ein ausländischer Lehrer bringt in der Regel nicht fünf Hochschuljahre mit. Mindestens vier Hochschuljahre müssen gegeben sein. Das reicht aber nicht für die Gymnasien und für die berufsbildenden Schulen und auch nicht für die Förderschulen. An dieser Stelle müssen wir noch einmal hinsehen.

Was mir aber viel wichtiger ist – darüber haben wir schon damals bei der Bluecard diskutiert; das ist schon ein paar Jahre her –: All diese Diskussionen über die Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen sind kein Ersatz für eine Verbesserung der Bildungsleistungen am unteren Ende unserer Schülerinnen und Schüler in unseren Schulen.

Wenn 10 % der Schüler die Schule ohne Schulabschluss verlassen, dann sind das rund 2 000 Jugendliche. Hinzu kommen etwa 2 000 mit geringen Fähigkeiten und Kompetenzen, die Schwierigkeiten haben, überhaupt einen Beruf zu erlernen. Dabei geht es also nicht um die Anerkennung, sondern sie haben schlicht und ergreifend nicht die ausreichenden Grundlagen.

Wenn es darum geht, vor allem Fachkräftelücken zu schließen, dann müssen wir für diese Schülerinnen und Schüler hier in Deutschland mehr tun. Es ist mir wichtig, das auch in diesem Kontext zu erwähnen. Ausländische Fachkräfte sind kein Ersatz für schlechte Bildungsleistungen in Deutschland und in Sachsen.

Ein zweiter Punkt ist mir sehr wichtig – das ist vorhin schon angesprochen worden –: die Welcome-Kultur. Eine Kultur der Anerkennung bedeutet nicht nur, ein Gesetz formal anzuwenden und die Gleichwertigkeit bei der Anerkennung darzustellen, sondern heißt auch Anerkennung, wenn diese Menschen mit einem ausländischen Abschluss in ein Amt gehen.

Ich höre von unseren jungen Wissenschaftlern – das sind meine Erfahrungen –, wenn sie hier auf ein Amt gehen, weil sie eine Wohnung brauchen oder einen Ausweis beantragen müssen, dann werden sie – ich will es vorsichtig ausdrücken – nicht unbedingt willkommen geheißen, ganz zu schweigen von der englischen Sprache, die in vielen Ämtern nicht beherrscht wird.

Was wir dringend brauchen, ist, dass unsere Ämter, wo der direkte Kontakt stattfindet, eine Willkommens- und Anerkennungskultur ausstrahlen, egal wo sie sind, auf kommunaler oder auf Landesebene. Das muss in der Behördenstruktur umgesetzt werden. Ein Gesetz kann das nicht leisten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Hürden bei der Anerkennung sollten so niedrig wie möglich sein. Die Qualität muss aber gesichert sein. Deswegen sagen wir: so niedrig wie möglich bei den Finanzen, bei den Gebühren. Die LINKEN haben dazu einen Antrag eingebracht. Auf alle Fälle sollten Ausnahmeregelungen und Unterstützungen möglich sein, damit Gebühren keine Hürde bei der Anerkennung der Berufe darstellen.

Mein letzter Punkt: In Fällen, in denen die Ausbildungsnachweise nicht ausreichen – das hören wir immer wieder –, müssen dringend Qualifikationsanpassungsmaßnahmen angeboten werden. Wenn wir eine Lücke haben zwischen dem, was die ausländischen Bürger an Qualifikation mitbringen, und dem, was wir erwarten, zum Beispiel im Bereich der Facharbeiter, dann muss dies durch eine Qualifikationsanpassungsmaßnahme geschlossen werden können. Dazu muss es Beratungsstellen geben, damit das auch möglich ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Insgesamt kann man nur sagen: Ja, macht es! Setzt dieses Gesetz um!

Wir werden nachher noch etwas zu dem Antrag sagen, der dem Gesetz mit etwas Unverständnis begegnet, aber im Grundsatz werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner spricht für die FDP-Fraktion Herr Herbst.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sehen in diesen Tagen in den Abendnachrichten oft Berichte über die Ukraine, über die proeuropäischen Proteste in Kiew, wo Menschen für mehr Freiheit, mehr Demokratie und mehr Bürgerrechte auf die Straße gehen und auch für die Freiheit, woanders leben und arbeiten zu können.

Stellen Sie sich vor, Sie sind eine Person, die in Lemberg lebt. Sie sind eine ausgebildete Pflegekraft. Sie sind jung und wollen Ihr berufliches und privates Glück in Deutschland suchen. Wenn Sie hierherkommen wollen, dann stoßen Sie auf bürokratische Hürden; denn so einfach ist es eben nicht, in Ihrem Beruf hier zu arbeiten.

Die erleichterte Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen ist uns seit vielen Jahren ein Herzensanliegen. Wir begrüßen es, wenn Menschen nach Deutschland kommen, wenn sie ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen, wenn sie mit ihrer Qualifikation dazu beitragen, unseren Wohlstand zu mehren und sich selbst den Lebensunterhalt zu sichern.

Wir haben deshalb auf Bundesebene die neuen Regelungen zur Zuwanderung aktiv unterstützt und mitgestaltet. Es war unsere schwarz-gelbe Landesregierung, die zeitig darauf gedrungen hat, dass wir im Bund zu verbesserten Regelungen kommen. Dies hat auch ein Ergebnis gebracht; denn die Anerkennung ausländischer beruflicher Abschlüsse im Bund hat sich deutlich vereinfacht. Das ist ein Ergebnis, auf das wir in Deutschland stolz sein können.

Es ist konsequent, dass wir in unserem Land nachziehen, und zwar bei den Berufen, die einer landesrechtlichen Regelung unterliegen. Ich danke der Staatsregierung ausdrücklich für den vorgelegten Gesetzentwurf.

Es geht im Kern darum, dass wir die Talente nutzen, die qualifizierte Fachkräfte mitbringen. Uns allen sind die Beispiele bekannt, dass ausgebildete Pflegekräfte oder Sprachlehrer hier am Ende Tätigkeiten verrichten müssen, die überhaupt nicht ihrem Qualifikationsstand entsprechen. Wenn ein hoch Qualifizierter Taxi fährt oder eine Pflegekraft im Reinigungsgewerbe Hilfsarbeiten verrichtet, dann kann uns das nicht egal sein, dann verschenken wir Talente. Das wollten wir beenden, meine Damen und Herren.

Dass wir die Anerkennung dieser beruflichen Qualifikationen erleichtern, schafft einen doppelten Gewinn. Es schafft einen Gewinn für die Personen selbst, weil sie ein anderes Selbstwertgefühl bekommen, weil sie für sich auch ein höheres Einkommen erwirtschaften können, und es schafft einen Gewinn für unseren Freistaat; denn wir gewinnen dringend benötigte Fachkräfte. Wer als Fachkraft arbeitet, zahlt auch ordentlich Steuern; es hilft auch unseren Sozialkassen.