Protocol of the Session on December 17, 2013

Dass wir die Anerkennung dieser beruflichen Qualifikationen erleichtern, schafft einen doppelten Gewinn. Es schafft einen Gewinn für die Personen selbst, weil sie ein anderes Selbstwertgefühl bekommen, weil sie für sich auch ein höheres Einkommen erwirtschaften können, und es schafft einen Gewinn für unseren Freistaat; denn wir gewinnen dringend benötigte Fachkräfte. Wer als Fachkraft arbeitet, zahlt auch ordentlich Steuern; es hilft auch unseren Sozialkassen.

Wenn wir uns nur den Bereich der Pflege anschauen, dann ist der Bedarf dort immens. Wir haben allein in der Altenpflege über 400 offene Stellen in Sachsen, in den medizinischen Gesundheitsberufen sind es ebenfalls mehrere Hundert offene Stellen. Es wäre töricht und ein Fehler, auf die Fachkenntnisse und Talente der Zuwanderungswilligen aus dem Ausland zu verzichten.

Ja, meine Damen und Herren, Sachsen ist attraktiv. Wir sind seit 2011 wieder Zuwanderungsland. Das ist ein schöner Erfolg. Das Berufsanerkennungsgesetz ist ein kleiner Baustein in unserer Strategie, um die Gesamtattraktivität Sachsens und unseres Arbeitsmarktes für Zuwanderer zu erhöhen.

Für uns spielt es eben keine Rolle, wo jemand geboren ist, sondern für uns stehen der Leistungswille und die Qualifikation im Mittelpunkt. Durch die erleichterte Anerkennung der beruflichen Qualifikation bauen wir Brücken, um brachliegende Potenziale zu nutzen. Dies hilft den ausländischen Mitbürgern. Das hilft unseren Unternehmen und es hilft Sachsen insgesamt.

Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr

Jennerjahn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal freue ich mich, dass der Gesetzentwurf „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ vorgelegt wurde. Das Gesetz, das das Anerkennungsverfahren regelt, ist ein wichtiger Schritt, die Lebenssituation für Menschen, die ihren Berufsabschluss nicht in Deutschland erworben haben, zu verbessern. Das schafft natürlich auch die Voraussetzungen für eine bessere Integration, und letztendlich ist eine unkomplizierte Anerkennung von Berufsabschlüssen längst zu einem Zuwanderungskriterium geworden.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist die logische Konsequenz aus den bisherigen Entwicklungen in Bezug auf die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse. Zu nennen wären hier – das ist bereits zum Teil angeklungen – der runde Tisch „Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse“, der im September 2010 gegründet wurde, das im Dezember 2011 in Kraft getretene Anerkennungsgesetz des Bundes für Berufe in Bundeszuständigkeit und der Mustergesetzentwurf für die in Länderzuständigkeit fallenden Berufe.

Die Staatsregierung hat den Mustergesetzentwurf nun aufgegriffen und weitestgehend übernommen. Aus unserer Sicht weist der Gesetzentwurf jedoch auch einige Schwachstellen auf, auf die ich noch einmal kurz eingehen möchte.

Anders als die Regelungen des Mustergesetzes und des Bundesgesetzes sieht der von der Staatsregierung vorgelegte Entwurf nicht vor, dass der Evaluationsbericht dem Landtag vorgelegt wird. Dieser Passus wurde von der Staatsregierung herausgestrichen. Damit werden dem Landtag wesentliche Informationen vorenthalten und Nachjustierungen erschwert. Der Landtag darf unserer Meinung nach aus dieser Thematik nicht herausgehalten werden. Deshalb schlagen wir mit unserem Änderungsantrag vor, die Berichtspflicht im Gesetz wieder aufzugreifen.

(Beifall der Abg. Eva Jähnigen und Antje Hermenau, GRÜNE)

Ein weiteres Manko liegt darin, dass im Gesetzentwurf kein Anspruch auf Beratung durch eine unabhängige Stelle normiert ist. In Sachsen gibt es mehr als 60 Anerkennungsstellen. Eine qualifizierte und umfassende Erstberatung mit Lotsenfunktion ist daher unverzichtbar, um sicherzustellen, dass die Anerkennungsinteressierten zielgerichtet das Anerkennungsverfahren bei der zuständigen Stelle einleiten lassen können. Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber darauf verzichtet hat, die zuständigen Stellen im Gesetz zu benennen, unterstreicht die Notwendigkeit einer unabhängigen Beratungsstelle, die an die zuständigen Stellen verweisen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Mit der Streichung der Wörter „rassischer Herkunft“ in § 16 Abs. 6 des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes und in § 4 Abs. 2 des Sächsischen Datenschutzgesetzes wollen wir Verantwortung übernehmen. Dieser Sprachgebrauch hat in sächsischen Gesetzen nun wirklich nichts mehr zu suchen. Weil das im Vorfeld ein Stück weit für Verwirrung gesorgt hat: Dem steht auch die Umsetzung europäischen Rechts durch das Sächsische Datenschutzgesetz nicht entgegen. Auch in der dafür maßgeblichen Richtlinie aus dem Jahr 1995 wird zwar der Begriff der rassischen Herkunft verwendet, die konkrete Umsetzung europäischer Richtlinien obliegt aber den nationalen Gesetzgebern. Diese entscheiden, welche Begrifflichkeiten sie für geeignet halten, um den Schutzzweck der Norm zu entsprechen. Diesen Spielraum sollten wir an dieser Stelle auch nutzen.

Eine kleine Anmerkung dazu: Das Europäische Parlament hat bereits 1997 empfohlen, den Begriff „Rasse“ in allen amtlichen Texten zu vermeiden. Finnland, Schweden und Österreich sind hierbei mit gutem Beispiel vorangegangen. Alle drei Staaten haben den Begriff „Rasse“ aus der nationalen Gesetzgebung gestrichen. Wir denken, wir sollten diesem Beispiel heute folgen.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Damit noch zur letzten Fehlstelle im Gesetzentwurf der Staatsregierung – das ist ebenfalls angeklungen –, die wir mit unserem Änderungsantrag schließen wollen: Wir wollen Lehrerinnen und Lehrer mit ausländischen Abschlüssen auch dann zur Ausübung des Berufs der Lehrerin oder des Lehrers zulassen, wenn sie nur ein Fach unterrichten können, weil das ihre Ausbildung im Heimatland so vorsah. Es kann aus unserer Sicht nicht sein, dass wir auf qualifiziertes Personal verzichten und gleichzeitig in Größenordnungen Bewerberinnen und Bewerber ohne grundständige Ausbildung einsetzen.

Es bleibt also zu resümieren: Die Staatsregierung hat mit dem vorgelegten Gesetzentwurf zwar ihre Pflicht erfüllt, einen mit der entsprechenden Bundesregelung übereinstimmenden und mit den anderen Bundesländern abgestimmten Gesetzentwurf vorzulegen, auf die Kür hat sie aber leider verzichtet. Sie haben heute die Chance, das Gesetz zu qualifizieren, indem Sie unserem Änderungsantrag zustimmen. Anderenfalls können wir uns bei Ihrem Gesetzentwurf nur enthalten.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und vereinzelt bei den LINKEN)

Abschließender Redner in der ersten Runde ist Herr Delle für die NPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei einem Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen sind aus Sicht der NPD-Fraktion allein deutsche Interessen leitend, nämlich: erstens die überprüfte Gleichwertigkeit der erworbenen Kenntnisse und Abschlüsse von ausländischen mit deutschen Qualifikationen, zweitens keine Absenkung des Niveaus der Ausbildung, der erforderlichen Qualifikationen und der Prüfungskriterien und drittens der Nachweis von den Berufen adäquaten Deutschkenntnissen, um insbesondere im Bereich der Pädagogik, der sozialen Berufe wie auch der medizinischen Betreuung gravierende Missverständnisse bzw. Nachteile zulasten betroffener Deutscher auszuschließen.

Die Anhörung zum vorgelegten Gesetzentwurf hat gezeigt, dass im Bereich der Naturwissenschaften – hierzu zähle ich auch die Architekten – keine größeren Probleme bei der Überprüfung von Qualifikationen bestehen, zumal aus einer Anerkennung der Führung des Titels Architekt oder Ingenieur noch lange kein Recht auf Berufsausübung abgeleitet werden kann.

Erschreckend waren allerdings die Ausführungen von Dr. Klengel, des Geschäftsführers der Ingenieurkammer Sachsens, der festgestellt hat, dass das Ingenieurgesetz Sachsen eines der Gesetze mit den geringsten Anforderungen an die Berufsbezeichnung Ingenieur in Deutschland und in Europa ist. Dies wird nur noch von den Briten unterboten.

Ingenieur wird sich in Deutschland also bald jeder nennen dürfen. Wir erinnern uns an die frühen Neunzigerjahre, als es massenhafte Berufsanerkennungen für die aus der damaligen UdSSR Ausgewanderten gab, bei denen jeder Hobbygärtner – ob mit gefakten oder gekauften Unterlagen – als Gartenbauingenieur eingestuft werden wollte. Was wir in Sachsen nicht brauchen, sind Heerscharen von Flüchtlingen, die mit Ausbildungsanerkennungen ihr Bleiberecht erwirken wollen, oder Handwerker, die in ihrem Heimatland keine Berufsausbildung haben, sondern mit der Methode Learning by Doing mit ihrem Gegenstand vertraut gemacht worden sind. Ich möchte das nicht generell abqualifizieren, aber für den deutschen Markt ist das der falsche Weg.

Wenn wir schon Fachkräfte benötigen, dann wollen wir uns gern selbst kluge Köpfe aus dem Ausland aussuchen, diese aber – wie andere Staaten auch – gezielt ansprechen, testen

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Gen-Test!)

und dann mit Hilfe und Akzeptanz einladen, bei uns eine Zeit lang arbeiten zu dürfen.

(Lachen der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Wir wollen nicht den deutschen Stellenmarkt mit qualifizierten Ausländern fluten, die wiederum in deren Heimat dringend benötigt werden. Das ist nämlich die Kehrseite der Medaille, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der NPD – Andreas Storr, NPD: Darüber müsste man auch mal sprechen!)

Aber: Was dieser Gesetzentwurf letztlich bewirken wird, ist die Öffnung eines weiteren Einfallstors nach Deutschland für Asylanten, Bleiberechtsproblemfälle und illegale Flüchtlinge. Dabei machen wir als NPD – schlicht und einfach gesagt – nicht mit.

Bilden wir lieber, meine Damen und Herren, unsere jungen Menschen hier in diesem Land vernünftig aus, sorgen wir für gute und gerechte Löhne und bekämpfen wir endlich die demografische Katastrophe. Ich denke, das wäre der richtige Lösungsweg.

(Beifall bei der NPD)

Die NPD lehnt deshalb den vorgelegten Gesetzentwurf und auch die Änderungsanträge ab.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Mir liegen keine Wortmeldungen für eine zweite Runde vor. Ich frage trotzdem die Abgeordneten: Wünscht ein Abgeordneter das Wort? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung. – Frau Staatsministerin Kurth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Sie werden heute abschließend über den Entwurf des Sächsischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes beraten. Ziel des Gesetzes ist die Erleichterung des Berufszugangs für Menschen, die ihren Berufsabschluss im Ausland erworben haben. Dieses Gesetz hat für den Freistaat enorme Bedeutung.

Angesichts der demografischen Entwicklung wird die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften in den nächsten Jahren stark ansteigen. Wir sind deshalb gefordert, alle im Freistaat Sachsen vorhandenen Qualifikationspotenziale optimal zu nutzen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird der Kreis der Antragsteller von den Bürgern aus EUMitgliedsstaaten auf Angehörige aus sogenannten Drittstaaten erweitert.

Der vorliegende Entwurf des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes dient, wie sein Vorbild auf Bundesebene, dazu, die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse zu erleichtern und damit die wirtschaftliche Einbindung von Fachkräften mit ausländischen Berufsqualifikationen und die Integration der bereits im Land lebenden Migrantinnen und Migranten zu verbessern. Er dient der Schaffung einer Win-win-Situation. Migranten können schneller und besser in den Arbeitsmarkt integriert werden und haben auf der Basis ihrer anerkannten Qualifikationen im Einzelfall auch bessere Verdienstmöglichkeiten. Die sächsische Wirtschaft kann auf zusätzliche Arbeitskräfte mit geprüften und anerkannten Qualifikationen hoffen.

Das BQFG soll auf landesrechtlich geregelte Berufsabschlüsse, das heißt auf reglementierte Berufe ebenso wie auf nicht reglementierte Berufe, Anwendung finden. Es enthält ein auf Länderebene abgestimmtes Anerkennungsverfahren sowie einheitliche Bewertungsmaßstäbe. Damit erreichen wir das Ziel, ein einheitliches und effizientes Anerkennungsverfahren zu schaffen.

Einige wichtige Punkte dieses Gesetzes möchte ich kurz hervorheben: Die Möglichkeit einer Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ist von den EU-Mitgliedsstaaten auf Drittstaaten erweitert worden und gilt nun uneingeschränkt. Des Weiteren ist das Anerkennungsverfahren ausschließlich auf Ausbildungsinhalte und berufliche Kompetenzen ausgerichtet und knüpft nicht mehr an den formalen Status der Ausbildungsstätte an.

Die Berufserfahrung wird im Rahmen der Gleichwertigkeitsprüfung berücksichtigt. Die im Anerkennungsverfahren vorzulegenden Nachweise und Unterlagen sind im Sächsischen BQFG explizit aufgeführt und machen das Verfahren damit transparent, übersichtlich und adressatengerecht. Der Antragsteller erhält einen gesetzlichen Anspruch, dass über seinen Antrag innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Unterlagen entschieden wird. Positive Anerkennungsbescheide

werden länderübergreifend anerkannt.

Durch den Anerkennungsbescheid wird der Antragsteller so gestellt, als habe er die Berufsqualifikation in dem Bundesland erworben, das den Anerkennungsbescheid ausgestellt hat. Für Antragsteller, die aufgrund besonderer Umstände ihre Unterlagen nicht vollständig vorlegen können, wurden alternative Nachweismöglichkeiten

geschaffen.

Selbst bei eingeschränkter Anwendung des BQFG enthalten die Fachgesetze Regelungen, die sowohl der Intention des Sächsischen BQFG entsprechen als auch die Spezifik des Berufsbildes berücksichtigen. Nur dort, wo eine landesrechtlich geregelte Ausbildungsordnung fehlt oder das Berufsbild keine Entsprechung im Ausland findet, wurde der Anwendungsbereich des BQFG aus sachlichen Gründen gänzlich ausgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Mir ist bewusst, dass es auch die Forderung nach einer Evaluation des Gesetzes gibt. Einer Überprüfung der Wirksamkeit des Gesetzes verschließe ich mich nicht, denn sie liegt in unser aller Interesse.