Liebe FDP, Ihr Vorschlag einer personengebundenen Abgabe ist gar nicht unvernünftig – wenn die soziale Komponente dabei wäre.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Darauf, dass diese Debatte zutiefst unseriös ist, werde ich gleich noch eingehen. Sie ist aber auch, möchte ich sagen, untypisch. Sie ist deshalb untypisch für die schwarz-gelbe Koalition, weil hier Geld verteilt werden soll, das noch gar nicht da ist. Das ist deshalb untypisch, weil in der Regel Geld, das schon da ist, von dieser schwarz-gelben Regierung nicht verteilt wird. Das ist also schon bemerkenswert.
Einige Punkte sind schon angesprochen worden. Ich bin dem Kollegen Neubert dankbar, dass er die Zahlen noch einmal aufbereitet hat, die von der Koalition leider Gottes nicht vorgelegt werden – jedenfalls keine seriösen Zahlen, mir sind keine bekannt.
Was mich interessiert hätte – Herr Tillich hat die Diskussion, auch diese Absenkung ins Spiel gebracht; er ist Stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates des ZDF –: Haben Sie sich eigentlich einmal mit dem Verwaltungsdirektor des ZDF zusammengesetzt und besprochen, wie sich eine solche Absenkung um 1 Euro auswirkt, auf das ZDF zum Beispiel?
Oder der MDR zum Beispiel: Der MDR ist ein Sender, der hier in der Region beheimatet ist, mit Sitz in Leipzig. Er hat einen ungefähren Jahresumsatz in Höhe von 660 Millionen Euro; 570 Millionen Euro davon ergeben sich aus Beiträgen. Eine Senkung um einen Euro würde den MDR, der Sparbemühungen und Haushaltskonsolidierung betreibt und damit in Deutschland absolut Vorreiter ist, ungefähr 30 Millionen Euro kosten.
Ja, aber wir reden von Mehreinnahmen. – Die Senkung, die Sie wollen, führt aber nicht zu Mehreinnahmen, sondern sie verringert die Einnahmen. Das heißt, es geht um Verluste. Ich sage dazu: Vielleicht sollten Sie eher auf Fachleute hören und nicht auf interessengeleitete Medienminister, die Ihnen irgendetwas einflüstern. Ich glaube, das würde der Sachlichkeit dieser Debatte sehr helfen.
Noch einmal kurz zur FDP: In einer Pressemitteilung vom 11. Dezember wird von Geheimniskrämerei der Rundfunkanstalten gesprochen und davon, man solle einen jährlichen Rundfunkbericht usw. vorlegen. Dazu möchte ich sagen: Einen Rundfunkbericht gibt es, denn die GEZ legt jedes Jahr einen Geschäftsbericht vor, in dem detailliert aufgelistet wird, wie sich die Einnahmen und Beiträge entwickeln.
Bezüglich der Geheimniskrämerei: Der öffentlichrechtliche Rundfunk ist staatsfern organisiert. Deswegen haben wir die sogenannte KEF, die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs. Da gibt es ein abgestuftes Verfahren. Das ist eingeübt, das ist anerkannt. Dort melden die Anstalten ihren Bedarf an, die KEF überprüft das und schlägt dann den Länderparlamenten einen Beitrag vor. Ich weiß nicht, was daran Geheimniskrämerei sein soll. In wenigen Wochen werden auch konkrete Zahlen vorliegen. Vielleicht sollten wir erst einmal warten, bis diese konkreten Zahlen vorliegen.
Wenn wir dann sehen, dass Mehreinnahmen da sind und die neue Haushaltsabgabe mehr Gelder für den öffentlichrechtlichen Rundfunk generiert, dann können wir uns auch überlegen, wie wir damit umgehen. Es sind schon einige Punkte angesprochen worden. Ich sehe drei Felder, in denen das geht. Das eine ist die Bemessungsgrundlage; da hat Herr Herbst schon Weihnachtsmann gespielt. Wenn ich mich recht erinnere, sprachen Sie auch davon, die Belastung der Wirtschaft durch diese neue Haushaltsabgabe zu mindern. Darüber kann man sprechen.
Aber was wollen Sie denn noch? Anscheinend wollen Sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk am liebsten abschaffen. So hört sich das Ganze an. Sie können doch nicht Gelder verteilen, die gar nicht da sind. Das ist Zauberei bzw. Wunschdenken.
Fauler Zauber, genau, das ist schön angemerkt. – Das heißt, man sollte sich bei Mehreinnahmen erst einmal anschauen, wie die Bemessungsgrundlage aussieht, wo Veränderungen notwendig sind – den Punkt hat Herr Neubert schon angesprochen: Menschen mit Behinderungen, Kitas, bürgerfreundliche Kommunen etc.
Zudem besteht als zweites Feld auch die Frage der Investitionen in die Anstalten, denn das Thema Werbefreiheit ist sehr wichtig. Ich sage an dieser Stelle auch: Qualität hat ihren Preis. Natürlich ist mir klar, dass eine schwarzgelbe Regierung am liebsten Journalisten möchte, die Pressemitteilungen der Staatsregierung möglichst einfach so abdrucken. Ich will jedoch einen kritischen Journalismus, einen Journalismus, der nicht die ganze Zeit unter Kosten- und Zeitdruck arbeitet. Dafür muss man auch investieren.
Der dritte, der populärste Weg ist sicherlich die Absenkung des Beitrags. Das Problem jedoch ist: Populär wird schnell zu Populismus, das haben wir hier schon deutlich gezeigt. Wer jetzt versucht, um einen Euro zu senken, der muss dann auch erklären, wie die nächste Gebührenperiode finanziert werden soll. Deshalb sind wir der Meinung, dass es eine ganz billige Initiative ist, um bei der Bevölkerung zu punkten. Das entlarvt sich jedoch von selbst. Wir denken, dass es deutlich besser wäre, erst einmal zu schauen, welche Mehreinnahmen man hat, sprich: das Fell des Bären erst dann zu verteilen, wenn er auch wirklich erlegt ist.
Das war Herr Panter, der für die SPD-Fraktion gesprochen hat. – Es folgt nun Herr Kollege Gerstenberg.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das, was wir als Vorstoß von Ministerpräsident Tillich in der vorletzten Woche in der Zeitung lesen konnten, was von der FDP noch einmal massiv unterstützt wurde, ist Populismus pur!
Das ist schlicht und einfach der Versuch, mit einem Weihnachtsgeschenk Erwartungen zu erfüllen, die aber nicht erfüllt werden können, weil der Ministerpräsident hier mit ungedeckten Schecks handelt.
Ich bin Herrn Gemkow außerordentlich dankbar, dass er mit seinem Beitrag die Diskussion etwas versachlicht hat. Auch wir GRÜNEN sind für eine Entlastung der Beitragszahlerinnen und -zahler, wenn es denn möglich ist. Aber zum Glück wird die Beitragshöhe nicht von Parteien und vom Ministerpräsidenten festgelegt, sondern von der unabhängigen KEF. Sachsen ist da ein gebranntes Kind; das Bundesverfassungsgericht lässt grüßen.
Es ist vielleicht noch einmal klarzustellen, dass die KEF dafür sorgt, dass Mehreinnahmen nicht einfach von den Anstalten einverleibt werden können. Der KEF
Vorsitzende, Heinz Fischer-Heidlberger, hat am 04.12. mitgeteilt, dass eine mögliche Absenkung des Beitrags wegen Mehreinnahmen denkbar ist; der Entwurf des 19. Berichts wird aber erst in diesen Tagen den Anstalten und den Staatskanzleien zugeleitet. Falls er schon da sein sollte, wäre es gut gewesen, wir hätten ihn auf dem Tisch gehabt.
Aber spielen wir doch „Was wäre, wenn …?“ Die Milliarde ist genannt, und ich bin dem Kollegen Neubert außerordentlich dankbar, dass er einmal darauf hingewiesen hat, dass es um eine Gebührenperiode geht. Man muss noch sagen: Es würde frühestens ab 2015 eine Absenkung möglich sein, denn es muss eine Gesetzgebung erfolgen. Wenn man also in diesen beiden Jahren – 2015/2016 – die Mehreinnahmen komplett zurückzahlen möchte, weil sich
„1 Euro“ besser als „50 Cent“ anhört, was wäre denn danach? Danach gibt es neue Anmeldungen, neue KEFBeratungen und mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund der Kostensteigerungen auch wieder Beitragserhöhungen. Ist es im Interesse dieses neuen Rundfunkbeitrags nicht sinnvoller, eine langfristige Beitragsstabilität ins Auge zu fassen?
Die Milchmädchenrechnung, von der schon die Rede war, hat noch einen anderen Hintergrund: Im letzten KEFBericht ist für die Anstalten bereits ein Finanzbedarf in Höhe von über 300 Millionen Euro für die Gebührenperiode 2013 bis 2016 anerkannt, jedoch nicht berücksichtigt worden, um eben nicht zu einer Beitragserhöhung während der Umstellung zu kommen.
Man sollte einmal fragen: Was wäre, wenn wir den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag und die Evaluation einfach einmal ernst nähmen? Evaluation bedeutet Begutachtung. Nach einer grundlegenden Umstellung muss Begutachtung mehr als ein schlichter Ruf nach Beitragssenkungen sein. Wir müssen schauen, wo ungewollte Effekte und Ungerechtigkeiten in diesem System aufgetreten sind.
Einige Stellen, an denen nachzujustieren wäre, sind schon genannt worden. Ich füge hinzu: die Kommunen. Wir haben im Frühjahr eine heiße Debatte bezüglich der Kommunen gehabt, die bürgernah mit vielen Betriebsstätten arbeiten und überproportional belastet werden. Ich denke wie Kollege Neubert an gemeinnützige Initiativen im gemeinnützigen Bereich sowie an Kitas, die jetzt mit einem Drittelbeitrag belastet werden. Es wäre zu überprüfen, ob das wirklich notwendig ist. Unsere Fraktion hat es im Entschließungsantrag 2011 bereits gesagt: Wir finden es richtig, auch Kraftfahrzeuge auszuklammern. Das ist ein Systembruch, und das führt auch zu Verzerrungen im Unternehmensbereich.
Die entscheidende Frage ist jedoch: Welche öffentlichrechtlichen Angebote wollen wir? Kollege Herbst, wir GRÜNEN wollen einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der die notwendigen Leistungen für die Gesellschaft erbringen kann und der sein Geld auch wert ist. Dazu will ich einige Beispiele nennen: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss, wenn er eine Entwicklungschance haben will, mit neuen Medienentwicklungen mitgehen können. Dazu gehören natürlich ausgebaute Internetangebote, die das enge Korsett aus der 7-Tage-Regelung und dem weltfremden Zwangsabstand zu den Internetaktivitäten der Presse lockern. Dazu gehört auch ein Jugendkanal – oder besser gesagt: trimediale Jugendangebote –, und zwar mit einem Qualitätsniveau, das junge Leute wirklich erreicht. Das ist kein Luxus, das braucht eine entsprechende Ausstattung; 45 Millionen Euro sind im Gespräch. Das ist Teil des Kernauftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Wir halten es auch für wichtig, darüber zu reden, die Werbung herunterzufahren. Das dürfte durchaus breite Unterstützung hier im Hause finden, auch bei den privaten Veranstaltern. Weniger Werbung heißt weniger kommerzieller Verwertungsdruck, Zunahme von Qualität.
Zum Schluss noch ein wichtiges Anliegen: Der Ausbau der Barrierefreiheit ist ein zentraler Punkt, damit Menschen mit Hör- und Sehbehinderungen an der Informationsgesellschaft teilhaben können. Der MDR will bis 2017 80 % Untertitelung erreichen. Das sollte sich beschleunigen lassen. Wir brauchen aber auch mehr Hörfilme, mehr Gebärdendolmetschen, und das ist teuer.
Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, Beitragssenkung auf Teufel komm raus verkünden ist einfacher, als sich um die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im 21. Jahrhundert Gedanken zu machen.
Wir brauchen eine seriöse Medienpolitik und sowohl Aufgabenerfüllung als auch Entlastung der Bürgerinnen und Bürger.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ziemlich genau zwei Jahre her, da paukten die Koalitionäre von CDU und FDP den neuen Rundfunkänderungsstaatsvertrag mit der unsozialen und maßlos überzogenen GEZ-Haushaltsabgabe durch das Parlament. Der CDU-Abgeordnete Gemkow sprach damals von einem „insgesamt verträglichen Systemwechsel“. Staatsminister Beermann fabulierte von einer „einfachen, transparenten und gerechten Regelung“, und selbst der vermeintliche FDP-Rundfunkrebell Torsten Herbst hatte damals Kreide gefressen und erteilte dem neuen Abzockmodell die liberale Absolution. Kurz vorher hatte der liberale Schaumschläger noch halbseitig in der „Bild“-Zeitung verkündet, dass er die GEZ ganz abschaffen wolle.
Ein Antrag zur Abschaffung der GEZ als DatenklauZentrale, die nun unter dem Namen „Beitragsservice“ firmiert, hatte aber seinerzeit nicht die FDP-Fraktion eingebracht, sondern die NPD. Dieser NPD-Antrag wurde seinerzeit auch von der Umfallertruppe FDP unter fadenscheinigen Gründen abgelehnt.
Der NPD-Fraktion war nämlich schon vor zwei Jahren klar, dass das neue Abrechnungsmodell gewaltige Mehreinnahmen in die Kassen der öffentlich-rechtlichen Sender spülen würde. In einem Infoflugblatt von uns zur