Protocol of the Session on November 27, 2013

Wenn ich draußen im Land mit irgendwelchen Bürgern spreche und ihnen die Sachverhalte darlege, dann fällt denen nur eines dazu ein. Sie sagen: Der Fuchs muss in den Bau, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN – Heiterkeit der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Die Redezeit ist zu Ende, Herr Kollege Scheel.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit in dieser Runde. Ich hoffe, dass wir das Richtige tun werden.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Für die einbringende Fraktion war das Herr Kollege Scheel. In der weiteren Rednerrunde folgen jetzt CDU, SPD, FDP, GRÜNE und NPD. Für die CDU ergreift das Wort Herr Kollege Michel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das waren ja schon wieder starke Worte: Massenvernichtungswaffen, Bankenkrise, Massenkarambolage.

(Zurufe der Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE, und Johannes Lichdi, GRÜNE)

Es ist schwierig, am frühen Morgen die Stammtischparolen hier schon wieder zu hören. Aber Fakt ist eines: Sie haben wieder einige Klischees bedient.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Ach so!)

Sie sagen immer: Jeden Wunsch, den Sie haben, würden Sie gegenfinanzieren mit der Landesbank. Sie fordern immer die Härte des Gesetzes

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Ist das zu viel verlangt, oder was?)

für Schadenersatz und strafrechtliche Verantwortung. Am liebsten hätten Sie natürlich den politischen Beschluss, dass der Fuchs in den Bau muss. Aber von Gewaltenteilung haben Sie natürlich – ich will nicht sagen, nichts gehört –, aber das Verinnerlichen ist offensichtlich ein Problem.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Jetzt fehlen noch die 40 Jahre!)

Wenn wir uns den Fakten zuwenden, dann steht fest: Wir haben eine Höchstbetragsgarantie von 2,75 Milliarden Euro. Das schmerzt und das will auch niemand schönreden.

(Andreas Storr, NPD: Nö, überhaupt nicht!)

Die Entwicklung der Sachsen LB und die Finanzkrise hat niemand vorhergesehen. Die Sachsen LB ist, wie andere Landesbanken auch, in die Krise gegangen und musste letztendlich durch einen Notverkauf gerettet werden.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Herr Nolle hat es 2004 im Landtag gesagt!)

Diese Wunde wird ewig bei der Union bleiben und sie wird schmerzen. Fakt ist: Die Narbe wird auch in der Verfassung bleiben; denn die Verfassungsänderung in Artikel 95 Abs. 2 wird uns ewig an das Landesbankdeba

kel erinnern. Trotzdem ist der Freistaat mit einem blauen Auge davongekommen.

(Lachen des Abg. Andreas Storr, NPD – Zurufe von der NPD)

Der Verkauf war eine Schadensminimierung.

(Alexander Delle, NPD: Unverschämt! – Weitere Zurufe von der NPD)

Vergleichen wir einmal die Landesbankabwicklung in den anderen Ländern und im Freistaat Sachsen: NordrheinWestfalen hat eine Belastung von circa 19 900 Euro pro Einwohner, Baden-Württemberg zahlt 1 600 Euro pro Einwohner, die HSH Nordbank fällt den Einwohnern mit über 2 000 Euro zur Last. Wir haben, wenn denn alles fällig werden würde, schmerzliche 666 Euro pro Einwohner.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Ist das Ihr Ernst? – Klaus Bartl, DIE LINKE: Und Bereitstellungszinsen!)

Das ist viel, aber damit sind wir finanztechnisch bei der Abwicklung dieses schwierigen Schadensfalles. Wir haben einen Teil bereits abgezahlt. Wir haben eine Rücklage gebildet,

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Nicht wir, sondern der Steuerzahler!)

und wir haben die Zuführungsrate für den Garantiefonds gebildet und dies in der mittelfristigen Finanzplanung beachtet. Wie gesagt, finanztechnisch ist der Fall erledigt. Finanztechnisch ist der Schadensfall so abgewickelt, dass der Freistaat handlungsfähig geblieben ist. Ich meine, mit Staatsbankrott kennen Sie sich besser aus als ich.

(Heiterkeit bei der SPD und der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

Ich will es noch einmal betonen: Alles ist schmerzhaft und niemand ist stolz auf dieses Kapitel.

(Karl Nolle, SPD: Das ist doch kein Pipifax!)

Fakt ist eines: Wir müssen den Blick nach vorn richten und wir müssen Fakten akzeptieren. Es hat auch persönliche Konsequenzen gegeben. Der Finanzminister und der Ministerpräsident sind in diesem Zusammenhang zurückgetreten. Minister Unland hat auf die Schadenersatzprozesse und die Vergleichsabschlüsse verwiesen.

(Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Fakt ist weiterhin: Es ist sehr schwierig, mit Schadenersatzansprüchen im Verhältnis zu Anwaltskosten und im Verhältnis zu dem Gerechtigkeitsempfinden, das Sie hier dargestellt haben, einen Abschluss zu finden.

Entweder wir haben einen Vorsatz, dann sind wir im Strafrecht, oder wir kommen bei den Versicherern zu einer Schadenersatzzahlung. Fakt ist aber eines: Immer, wenn Ihnen nichts einfällt, dann ziehen Sie die Landesbank hoch. Immer, wenn Ihnen nichts einfällt, dann

bringen Sie das Thema Landesbank. Das machen Sie seit 2007 immer öfter.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Wenn es gerade zum Thema wird!)

Fakt ist auch eines: Sie werden das auch in Zukunft bringen. Ich habe das so gehört. Bei mancher Stammtischrunde fällt einem nichts ein, und man kommt immer wieder zum selben Thema.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das war Herr Kollege Michel für die CDU-Fraktion. Für die SPD ergreift nun Herr Kollege Pecher das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was ist gerecht? Wir haben uns im Haushalts- und Finanzausschuss sehr frühzeitig parteiübergreifend geeinigt und es für gut befunden, dass wir natürlich vorgehen und versuchen müssen, für den eingetretenen Schaden von den Verantwortlichen zumindest einen Teil zurückzuholen.

(Zuruf von der FDP: Das haben sie zu bezahlen!)

Das war großer Konsens. Wir haben als SPD-Fraktion schon frühzeitig darauf hingewiesen, dass man schauen muss, dass man im Bereich Schadenersatz nicht gutes Geld noch schlechtem hinterherwirft. Herr Scheel, dazu muss ich Ihnen eindeutig sagen: Die Vermischung zwischen strafrechtlicher Bewertung und zivilrechtlicher Bewertung, die Sie jetzt hier vorgenommen haben, ist unzulässig, sie ist polemisch und demagogisch, und sie hilft uns auch nicht. Denn wenn nach Ihrer Schlussfolgerung weitergemacht wird, verbrennen wir weiterhin gutes Geld des Steuerzahlers. Wenn Sie wissen, dass wir jetzt unter dem Strich bei plus/minus null sind, was die Kosten betrifft und was reingekommen ist, sind wir an einem Punkt, an dem man abwägen muss, ob noch etwas mit vernünftigem Aufwand zu holen ist.

Ich bin auch der Meinung, dass das zu bewerten äußerst schwierig ist. Ich glaube, dass wir uns bei dem Thema Recht auch einig sind, dass man dies in Richtung der Vorstände treiben muss, bis man sagt, es besteht noch eine realistische Chance, um eine schwarze Zahl zu schreiben. Aber ab dem Moment, wo es umkippt, wo wir es nicht mehr erreichen können und der Aufwand zu hoch wird, muss man irgendwann auch einmal finanzwirtschaftlich aufhören.

Ich möchte einen anderen Fokus darstellen. Was ist gerecht? Was ist denn dieses Weiter-in-RechtsanwälteInvestieren und auch gegen die Vorstände vorzugehen? Nein, das ist Ablenkung. Wenn ich sehe, wie die CDUFraktion den Hauptverantwortlichen – ich habe das 2011 im Januar deutlich gesagt –, Herrn Milbradt, weiter als Sachverständigen hofiert und der sich jetzt über Mindestlohn auslässt, derjenige, der der größte Bankrotteur von

Sachsen ist, dann frage ich mich, wo das Thema Reue bei der CDU-Fraktion ist.

Man kann natürlich auch – wie der Schweizer Hustenbonbonkonzern – sagen: Wer hat das Thema denn 1999, 2001, 2004, die Konzertierung der Gewährträgerhaftung in diesem ganzen Bereich, erfunden? Ich erinnere an die Aussagen des damaligen Ministerpräsidenten im Untersuchungsausschuss auf meine Frage: Ist in der gesamten Zeit der damaligen CDU-Alleinregierung auch nur ein einziges Mal das Geschäftsmodell dieser Landesbank diskutiert oder hinterfragt worden? – Antwort: Nein. Von Herrn Milbradt: Nein. Als Zeuge und vom Untersuchungsausschuss protokolliert.

Sie haben sich in der CDU-Fraktion bis Ende 2004 nicht ein einziges Mal mit diesem Thema beschäftigt. Da frage ich mich, wo die Gerechtigkeit ist. Wozu stehen Sie endlich einmal? Wenn man beim Thema Gerechtigkeit ist, muss man auch einmal sagen, es wäre gerecht, dass wir diese Lasten, die wir jetzt zu finanzieren haben, nicht auf Kosten der Steuerzahler und der sächsischen Bürgerinnen und Bürger leisten. Es ist nicht gerecht, dies hereinzuspielen mit Streichen von Sonderzahlungen oder mit Benachteiligung von Schulen in freier Trägerschaft, wie geschehen, oder mit den Kürzungsorgien im 2011er Haushalt. Das ist nicht gerecht. Es wäre gerecht, dafür zu sorgen, dass wir die Lasten nicht dem Bürger allein aufbrummen, sondern den Bürgern zeigen, dass wir trotz dieser Lasten ein Land vernünftig regieren können, indem wir mehr Bildung, mehr bessere Lehrer bezahlen, indem wir die Schülerbeförderung auf vernünftige Füße stellen und indem wir den Bereich Kulturraum und den Bereich der Sportförderung weiter verstetigen. Das wäre gerecht, und es wäre angemessen, dass Sie sich dazu endlich einmal bekennen.

(Beifall bei der SPD)