Protocol of the Session on July 10, 2013

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

– Später. – Wenn man es mit den Fähigkeiten, die er hier jedes Mal zutage bringt, übernimmt, ein Kreditinstitut wie eine Landesbank zu beaufsichtigen, dann trifft einen allein schon deshalb ein Verschulden, weil man diese Aufgabe überhaupt übernommen hat.

(Zuruf von der CDU: Glashaus!)

Herr Bartl, bitte.

Frau Präsidentin! Herr Kollege Biesok, geben Sie mir darin recht, dass die Rechtsverfolgung, die Feststellung von Ansprüchen, Regressansprüchen oder auch strafrechtliche Verfolgung nicht nur darauf aus sein kann, dass ich in Heller und Pfennig vorher weiß, was ich realisiere, sondern dass es zu den Verpflichtungen gehört, Haftungsansprüche festzustellen, auch unter dem Aspekt, letzten Endes die Ursachen aufzuklären und eine Wiederholbarkeit auszuschließen?

Herr Kollege Bartl, wir sind da nicht weit auseinander, aber Sie machen es sich zu einfach. Sie kritisieren einerseits, dass das Finanzministerium nicht nur unerhebliche Beträge aufgewendet hat, um über Gutachten herauszubekommen, ob eine vermögensschädigende Handlung bei den Vorständen dagewesen ist. Das ist für Sie zu viel Geld. Andererseits sagen Sie, man muss diese Ansprüche entsprechend durchsetzen. Wenn man sich dafür entscheidet, nicht noch mehr Geld in die Hand zu nehmen, weil man glaubt, dass zu wenig Geld wieder zurückkommt und man die Prozessrisiken zu hoch einschätzt, dann kritisieren Sie das ebenfalls. Damit machen Sie es sich zu einfach.

(Beifall bei der CDU)

Darf ich eine Nachfrage stellen?

Gestatten Sie noch eine Nachfrage?

Herr Biesok, hatten Sie mich dahin gehend falsch verstanden, dass ich jetzt die Kosten für allgemeine Gutachten der Staatsregierung, des Kabinetts kritisiert habe? Ich habe kritisiert – nehmen Sie das bitte auch so entgegen –, dass die Staatsanwaltschaft als Grundlage für die Anklageerhebung nicht die Erkenntnis

se von Kriminalisten, von Wirtschaftsdezernenten, die sie heranzieht, die sie auch im Dienst hat, nimmt, sondern sachverständige Gutachten von Anwaltskanzleien, und dass das die Verteidigung als nicht probat für ein Strafverfahren bewertet.

Herr Bartl, ich habe Sie da richtig verstanden. Ich habe auf dieser gleichen Tatsachengrundlage Ihre Aussage bewertet, weil ich es bei einem solch komplexen Verfahren wie der Vermögensveruntreuung bei einer Landesbank für gerechtfertigt halte, internationale Wirtschaftsprüfungskanzleien hinzuzuziehen, um überhaupt beurteilen zu können, welche wirtschaftlichen Sachverhalte da abgebildet werden. Ich glaube, dass interne Kapazitäten, die eine Staatsanwaltschaft und ein Landeskriminalamt haben, um solche Sachverhalte aufzuarbeiten, nicht ausreichend sind, wenn sie für andere Arten von Wirtschaftskriminalität ausgelegt sind.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir werden hier noch häufiger über die Sachsen LB diskutieren, aber ich bitte noch eines dabei zu berücksichtigen: Die Sachsen LB hat in ihrer damaligen Zeit gehandelt wie viele andere Landesbanken auch, und es gab damals gewisse Standards, wie die Landesbanken am internationalen Kapitalmarkt agieren.

Dass wir heute klüger sind und wissen, dass es keine gute Entscheidung war, in Dublin dieses Geschäftsmodell mit dieser Größenordnung aufzubauen, ist eine andere Sache. Jedoch bitte ich auch zu berücksichtigen, dass wir Sachsen hierbei nicht allein waren, sondern dass es andere Landesbanken ebenfalls getan haben und es hier in Sachsen gelungen ist, die Schäden aus dem Agieren der Sachsen LB zu minimieren, indem wir entsprechend diese Vereinbarungen mit der Auslagerung gemacht haben. Ich möchte ausdrücklich noch einmal den Vertretern der Sachsen-Finanzgruppe danken, dass sie damals in den entscheidenden Verhandlungen, als es um den Verkauf – die Sachsen-Finanzgruppe war ja damals Mehrheitseigentümer der Sachsen LB – gegangen ist, diese Vereinbarung geschlossen hat, die das Risiko für den Freistaat Sachsen und für die sächsischen Sparkassen deutlich beschränkt hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Und jetzt Herr Abg. Scheel, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich wage eine Frage: Wenn ich mir vorstelle, dass alle oder viele Menschen gern Steuern hinterziehen, ist es dann rechtlich in Ordnung, Steuern zu hinterziehen? Wie verfolgen wir einen Steuerbetrüger? Wie verfolgen wir jemanden, dem wir nachweisen können, dass er Steuern hinterzogen hat? Wir verfolgen ihn mit aller Härte des

Gesetzes. Nun erklären Sie mir bitte einmal, wie Sie den Bürgern erklären wollen, dass Sie diejenigen, die in den Gremien als Schnittchenritter saßen, nicht verfolgen wollen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Juhu!)

Stattdessen sagen Sie Folgendes: Ach, wir wissen ja gar nicht, ob wir von denjenigen genug Geld bekommen. Das ist ein Akt der politischen Hygiene. Sie haben versagt. Die Kollegen von CDU und FDP haben bei der Frage der rechtlichen Aufarbeitung des Erbes der Landesbank gemeinsam versagt.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Sie haben Leute, die zugegebenermaßen qua Amt – es gibt keine Trennung zwischen dem Aufsichtsgremium und diesem Amt – den Vorsitz innehatten, nicht zur Verantwortung gezogen. Der Finanzminister hatte nämlich im Verwaltungsrat und Kreditausschuss den Vorsitz inne. Er hat mindestens grob fahrlässig seine Amtsgeschäfte geführt. So viel ist doch wohl klar. Sehr geehrte Damen und Herren, sowohl der Rechnungshof als auch der Untersuchungsausschuss haben dies zutage gefördert.

(Beifall bei den LINKEN)

Das ist nicht nur für Sachsen ein Desaster, das ist vor allen Dingen für die CDU ein Desaster.

(Carsten Biesok, FDP, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Das müssen Sie sich dringend ins Stammbuch hineinschreiben lassen.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Wie in Nordrhein-Westfalen!)

Nur weil alle Steuern hinterziehen, heißt das noch lange nicht, dass das für Sachsen in Ordnung ist.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Nein!)

Na also, dann machen Sie das doch. Versuchen Sie das nicht kleinzureden, indem Sie sagen, dass alle anderen es auch getan haben. Nur weil alle in eine Richtung schwimmen, heißt das nicht, dass man verantwortungslos in den Gremien sitzt und Entscheidungen über viele Milliarden fällen kann, ohne sich vorher kundig zu machen. Es war der Verwaltungsrat, der die Entscheidung getroffen hat, dem Vorstand zu folgen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber gerne doch.

Herr Biesok, bitte.

Herr Scheel, ist Ihnen bekannt, dass ein Beamter gegen seinen Dienstherren einen Anspruch auf Freistellung hat, wenn er ein Dienstvergehen

begangen hat und die Schwelle der groben Fahrlässigkeit nicht überschritten ist? Das bedeutet beispielsweise für einen Minister oder den hier häufig angesprochenen Herrn Dr. Thode, den ich hier keineswegs in Schutz nehmen möchte, weil ich ihn zu gut kenne, Folgendes:

(Lachen bei den LINKEN)

Wenn er verurteilt werden würde, müsste der Freistaat ihn von seinen Verbindlichkeiten freizustellen. Es wäre herausgeschmissenes Geld, diese Personen zu verfolgen.

Ich sage Folgendes: Es ist mir bekannt. Deshalb habe ich die Formulierung, die Sie wahrscheinlich gerade gehört haben, benutzt. Sie haben aus meiner Sicht mindestens grob fahrlässig gehandelt. Wir haben es nicht darauf ankommen lassen, dies ein Gericht prüfen zu lassen. Sie haben von vornherein gesagt, dass Sie sie nicht verfolgen lassen möchten. Sie führten die Fiskalargumentation an. Das bedeutet, dass man angesichts des Schadens, der sich auf Milliardenbeträge beläuft, nicht genug hätte holen können. Das halte ich für grob fahrlässig, auch mit Blick auf die politische Bewertung.

Kommen wir nun zum Schaden. Den Schaden hatte der Rechnungshof bereits taxiert, noch bevor ein Euro aus dem Garantiefonds ausgezahlt wurde. Es handelte sich um 364 Millionen Euro, als wir die Bank verramscht haben. Manche sagen dazu Folgendes: Glücklicherweise haben wir sie verramscht.

(Geert Mackenroth, CDU, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

– Ich würde diesen Punkt gern zu Ende bringen.

Juristische Punkte sind jetzt gar nicht mehr mein Thema. Ich möchte gerne auf die finanziellen Punkte zu sprechen kommen. Entschuldigen Sie bitte, Herr Mackenroth. Sie haben noch Möglichkeiten.

Nachdem 364 Millionen Euro Schaden vorhanden waren, kamen mittlerweile 1 Milliarde Euro Zahlungen und 822 Millionen Euro, die noch in den Rückstellungen bereit liegen, hinzu. Insgesamt sind damit dem Haushalt 2 Milliarden Euro entzogen worden. Ich weiß, dass das niemandem gefällt. Sie können sich gern hier hinstellen und sagen, dass Ihnen das auch nicht gefällt. Mit solcher Lauterkeit sprechen Sie. Sie haben es trotzdem mit zu verantworten. Wir alle haben es am Ende wegzutragen. Wir alle müssen es am Ende dem Bürger erklären; dass am Ende nichts passiert ist, müssen wir erklären. Wir müssen den Leuten erklären, warum die Kitas nicht gebaut werden, die gebraucht werden. Frau Hermenau hatte recht. Warum werden die Schulen nicht gebaut, die gebraucht werden? Warum ist das Geld nicht vorhanden, welches uns eigentlich zur Verfügung stünde, wären wir – vor allen Dingen Sie – verantwortungsvoller damit umgegangen?

Mir stellt sich gerade eine Frage: Warum findet diese Debatte überhaupt statt? Warum wird so viel Geld dort hineingezahlt? Sie sagten vorhin, dass Sie am liebsten alles vom Tisch weg hätten. Dass man die Debatte gern los wäre, ist mir völlig klar. Mittlerweile haben wir es mit einem Hase-und-Igel-Spiel zu tun. Sie rennen den Verlusten aus der Landesbank hinterher. Sie versuchen, immer mehr Geld in diesen Fonds hineinzupumpen. Sie werden von einer panischen Angst getrieben: Bitte lass vor dem Jahr 2014, vor dem Wahltermin, keine Kreditziehung fällig werden. Das wäre für die sächsische Union wirklich das Schlimmste, was passieren könnte.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Das wird nicht passieren!)

Es ist ein Kredit für die Garantien. Ehrlich gesagt, haben Sie noch einmal richtiges Schweineglück gehabt, dass Sie im letzten Jahr Steuermehreinnahmen in Höhe von 511 Millionen Euro, außerhalb aller gesetzlichen Regelungen, in diesen Fonds hineinpumpen konnten. Das ist der wirkliche Grund, warum Sie uns hier so lange zappeln lassen, ebenso versuchen, es hinauszuzögern, und am Ende nicht gegen die politisch Verantwortlichen, sondern gegen Baden-Württemberg klagen. Sie klagen, damit Sie nicht so schnell zahlen müssen. Sie führen Klagen gegen das Land Baden-Württemberg, damit Sie vom PWCVergleich in Höhe von 40 Millionen Euro nichts abführen müssen. Beide Klagen haben Sie verloren. Sie sind von der panischen Angst getrieben, vor dem Wahlkampftermin in die Kreditierung des Fonds hineinzugeraten. Sie nehmen in Kauf, dass das Verhältnis mit BadenWürttemberg mehr als zerrüttet ist. Es ist von einer Eiszeit die Rede. Meine Damen und Herren! Das kann meines Erachtens keine verantwortliche Politik sein. Insofern kann man mindestens diese Frage stellen.