Protocol of the Session on January 21, 2010

Drucksache 5/975, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Es beginnen die einreichenden Fraktionen. Danach folgen DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung. Ich bitte jetzt die CDU-Fraktion, Herrn Prof. Schneider, das Wort zu nehmen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Innovation meint Erneuerung. Das Wort ist von lateinischen Begriffen – novus = neu oder innovatio = etwas neu

Geschaffenes – abgeleitet. Wir meinen mehr. Wir verwenden das Wort Innovation in einem etwas allgemeineren Sprachgebrauch, und zwar im Sinne von neuen Ideen und Erfindungen und vor allem – darum geht es hier – deren wirtschaftlicher Umsetzung. Es geht hier um die Verbindung zwischen der Ideenfindung auf der einen Seite und wirtschaftlicher, unternehmerischer Umsetzung auf der anderen Seite.

Innovationsgutscheine in Sachsen: Meine Damen und Herren! Es gibt einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen Innovation und Innovationsfähigkeit hier und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit in einem Unternehmen dort. Empirisch ist belegt: Innovative Unternehmen weisen deutliche Vorteile bei Wachstum und Stabilität auf. Dasselbe gilt für Unternehmen, die sich aktiv in Netzwerken oder an sogenannten Clustern aus Wirtschaft und Wissenschaft beteiligen. Signifikant, also herausragend, kennzeichnend, prägend, dabei ist das Thema Wachstumsstabilität.

Ich will nicht so vermessen sein und sagen, dass das ein Arbeitsplatzgenerator ersten Ranges ist. Aber im Hinblick auf Arbeitsplätze ist jedenfalls klar, dass innovative Arbeitsplätze sicherer sind, gute sind und vor allen Dingen qualitativ hochwertige. Wir brauchen das im Freistaat Sachsen

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Wenn der Zusammenhang zwischen Innovation und wirtschaftlichem Erfolg nachweisbar ist, dann stellt sich die folgende Frage: Wie lassen sich neben den mittleren vor allem in kleineren Unternehmen, nicht zuletzt auch in Handwerksbetrieben, Innovationen staatlich begleiten und fördern? Diese Frage muss bei uns geradezu zwangsläufig gestellt werden. Die Wirtschaftsstruktur im Freistaat Sachsen ist bekanntlich durch den Mittelstand herausragend geprägt. Hierin liegt der Ansatz unserer Initiative, die die Koalition heute vorstellt.

Gerade kleine Unternehmen, gerade Handwerksbetriebe, können sich eigenes Personal bei forschenden oder auch sich entwickelnden Ansätzen nicht leisten. In den meisten Fällen können sie externe Dienstleistungen, zum Beispiel bei der Erstellung eines Prototypen, bei Konstruktionen bis hin zur Fertigungsreife, im größeren Umfang auch nicht finanzieren. Hier liegt ganz offensichtlich Potenzial brach. Hier liegt auch, meine ich, ein sehr, sehr guter Ansatz. Im Übrigen möchte ich zur Opposition sagen, dass das ein Bestandteil des Wahlprogramms der Sächsischen Union und ein wesentlicher Bestandteil des Koalitionsvertrages mit der FDP ist.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion)

Nicht so aufgeregt, Herr Hahn!

Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen schlagen deshalb vor, dass wir im Freistaat Sachsen Innovationsgutscheine einführen. Wir wollen damit gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen in die Lage versetzen, sich Forschung und Entwicklung, die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft in ihrem Umfeld zunutze zu machen. Wir wollen damit sozusagen die gesamte Innovations- und Forschungsförderung im Freistaat Sachsen auf eine breitere Basis als bisher stellen.

Mit einem Förderbetrag von maximal 10 000 Euro pro Innovationsgutschein und bei weiterer zusätzlicher komplementärer Förderung für Forschung und Entwick

lung beispielsweise wollen wir damit innovative Potenziale erschließen, die sich aus der Zusammenarbeit von Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft ergeben.

Ich bin mir sicher, Frau Ministerin, dass unsere exzellenten Hochschulen und unsere außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Freistaat Sachsen mit unserem Antrag für die Unternehmen als bevorzugter Kooperationspartner zur Verfügung stehen werden.

Das ist allerdings – das sollte auch hier im Hause allgemein klar sein – an wesentliche Voraussetzungen geknüpft. Wir brauchen hier eine schnelle, unbürokratische Umsetzung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vor einer ausgezeichneten Förderkulisse im Freistaat Sachsen möchte ich politisch fordern: Wir brauchen keine langen Formulare. Wir brauchen keine langen Bearbeitungszeiten. Wir brauchen ein leistungsfähiges Verfahren für die Zusammenarbeit zum Beispiel eines kleinen Unternehmens im Erzgebirge mit einer Hochschule oder auch einer außeruniversitären Forschungseinrichtung. Dem kleinen Unternehmer nützt es eben nichts, wenn er zu fünfzehn ausgefüllten Formularseiten nach einem halben Jahr gesagt bekommt, er möge nachbessern. Wir wollen hier ein schnelles, leistungsfähiges Verfahren. Das ist das wesentliche Element.

Wir wollen damit im Ergebnis eine zielgenaue, eine zeitnahe und effektive Regelung mit unbürokratischer Gestaltung.

Meine Damen und Herren! Der wesentliche Punkt ist hierbei eine Verwaltung, die sich als Dienstleister versteht. Das wollen wir hiermit auf den Weg bringen.

Meine Damen und Herren! Bei einem Programmbeginn, der spätestens am 1. Juli 2010 liegt, wird das Verfahren hauptsächlich der Beratung der Unternehmen bei der Zusammenarbeit gerade auch mit der Wissenschaft dienen. Eine Evaluation nach drei Jahren soll einen effektiven Mitteleinsatz und eine effektive Innovationsgestaltung auf den Weg bringen. Meine Kollegen Petzold und Prof. Schmalfuß werden dazu nachher Näheres ausführen.

Meine Damen und Herren! Wir sind bei dem Thema Innovationsgutscheine deutschlandweit in der vorderen Reihe, und zwar mit Baden Württemberg und dem Freistaat Bayern. Es mag sein, dass auf Bundesebene Verfahren wie dieses, Initiativen wie die vorliegende beispielhaft sein werden. Das soll uns nicht daran hindern, hier schnell zu agieren.

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne sind die sächsischen Unternehmer, die sächsischen Handwerker innovativ. Wir glauben an die Stärke und Innovationskraft unserer Ingenieure. Wir wollen, dass gerade diese Adressaten unserer Initiative mit ihren innovativen Ideen den technologischen Vorsprung zur Verbesserung ihrer Marktstrukturen nutzen können.

Klar ist, dass es auf den Vollzug ankommt, an dem wir gemeinsam arbeiten wollen. Wenn man es richtig macht – und wir werden es richtig machen –, dann werden die neuen Innovationsgutscheine Impulsgeber für neue Produkte und Dienstleistungen sein.

Ich glaube, in der Vernetzung mit der sächsischen Forschungs- und Hochschullandschaft liegen außerordentlich wichtige Impulse für uns alle.

Meine Damen und Herren! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die FDP-Fraktion, bitte, Herr Prof. Schmalfuß.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sachsen ist von jeher ein Land der Tüftler und Erfinder. Nicht umsonst ist der Freistaat Sachsen auch die Ingenieurschmiede Deutschlands. Kluge Köpfe sind ein sächsisches Markenzeichen. Kluge Köpfe sind Grundzutat für Kreativität und Innovation. Kluge Köpfe sind Motor für eine moderne Wirtschaft und Wissenschaft.

Mit einem Anteil von 2,3 % des Bruttoinlandsprodukts der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung liegt der Freistaat Sachsen im Vergleich zu den ostdeutschen Bundesländern auf Platz 1 und im bundesweiten Vergleich immerhin auf Platz 5. Auch in Zukunft wollen wir unsere gute Position bewahren und ausbauen.

Resultat dieser starken öffentlichen Förderung ist eine ausgeprägte und differenzierte Forschungslandschaft im universitären, aber auch außeruniversitären Bereich. Die 15 staatlichen Hochschulen, eine Berufsakademie mit sieben Standorten sowie die über 40 außeruniversitären Forschungseinrichtungen bergen ein gewaltiges Potenzial an Wissen und Innovation, die zur Marktreife gebracht werden müssen.

Meine Damen und Herren! Es ist aber auch bekannt, dass die privatwirtschaftlichen Aktivitäten in Bezug auf Forschung und Entwicklung in sächsischen Unternehmen bisher weniger stark ausgeprägt sind. Das hat auch seine Gründe. Die Unternehmensstruktur in Sachsen ist von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt. Zudem verfügen sie nur über eine sehr geringe Eigenkapitaldecke. Kleine sächsische Unternehmen sind vergleichsweise wie kleine, wendige Schnellboote, die auf dem weiten Ozean der Technologie gerade den großen Tankern überlegen sind. Die Krise der vergangenen Monate hat gezeigt, dass große Tanker eben nicht die Flexibilität und Schnelligkeit haben, auf veränderte Marktanforderungen zügig zu reagieren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Ein kleines Schnellboot kann im Sturm wendig reagieren und eine Klippe umschiffen.

Ein großer Tanker läuft in voller Fahrt weiter und kann seinen Kurs nur langsam ändern. Im heutigen Innovationszyklus kann so etwas fatale Auswirkungen haben. Eine zielgerichtete Innovationspolitik ist dafür erforderlich, eine Innovationspolitik, die auf Technologietransfer und stärkere Kooperation zwischen mittelständischer Wirtschaft sowie Handwerk auf der einen Seite und der sächsischen Forschungslandschaft auf der anderen Seite setzt.

Mit der Einführung von Innovationsgutscheinen wollen wir innovative Forschung und Entwicklung durch finanzielle Anreize unterstützen und beschleunigen sowie die zielgerichtete Kooperation zwischen Wirtschaft, Handwerk und Wissenschaftseinrichtungen fördern.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag wollen die Koalitionsfraktionen eine Brücke zwischen dem mittelständischen Unternehmer, dem Handwerker und dem Wissenschaftler bauen. Mit dem Innovationsgutschein wollen wir somit einen Beitrag zum Technologietransfer leisten und die Türen für sächsische Unternehmen öffnen, um gerade mit Forschungspartnern ihrer Wahl an der Weiterentwicklung ihrer Ideen hin zu marktreifen Produkten und Dienstleistungskonzepten zu arbeiten.

Ich habe in den vergangenen Wochen mit vielen Unternehmen im Technologiebereich gesprochen und dabei auch die Thematik Innovationsgutscheine diskutiert. Mir ist dabei besonders der Satz eines Unternehmers im Ohr geblieben: „Macht es einfach!“

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Der Ausspruch ist bewusst zweideutig gewählt. „Macht es einfach!“ soll heißen: Lasst eine gute Idee zügig umsetzen; denn die innovativen, inhabergeführten mittelständischen Unternehmen brauchen Unterstützung bei der Innovation. „Macht es einfach!“ soll aber auch heißen: Lasst dabei den bürokratischen Aufwand auf ein Minimum reduzieren. Nichts ist schlimmer, als den innovativen Geist mit Bürokratie zu bremsen. Lieber eine ausgefüllte Patentanmeldung für unsere sächsischen Erfinder als ein ausgefülltes Formular für die Bürokratie. Machen wir es also einfach!

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Sowohl die im Freistaat Sachsen ansässigen Forschungseinrichtungen, zum Beispiel die Fraunhofer-Institute, als auch die sächsischen Hochschulen selbst haben viele kluge Köpfe und Tüftler zu bieten. Aber nicht jedes kleine Unternehmen – mein Kollege Prof. Schneider hat es bereits angesprochen – kann sich gerade diese Tüftler leisten und eigenes Personal für Forschung und Entwicklung vorhalten. Genau an dieser Stelle setzt die Idee eines Innovationsgutscheines an.

Meine Damen und Herren! Vorreiter bei der Einführung von Innovationsgutscheinen in Deutschland ist BadenWürttemberg. Eine parallel zur Einführung der Innovationsgutscheine laufende Begleitforschung attestiert, dass

die Innovationsgutscheine eine sinnvolle Maßnahme für die beteiligten Unternehmen sind. Die Zielsetzung, die Innovations- und Kooperationsfähigkeit der Unternehmen in Baden-Württemberg zu erhöhen, konnte erreicht werden. 71 % der antragstellenden Unternehmen hatten keine vorherige Kooperation mit Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen, und neun von zehn der beteiligten Unternehmen wollen weitere Projekte mit Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen durchführen. Jetzt gilt es, meine sehr geehrten Damen und Herren, mithilfe von Innovationsgutscheinen auch hier im Freistaat Sachsen eine enge Verzahnung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft herbeizuführen. Es gilt, die Innovationskraft unserer mittelständischen Unternehmen für Erfindungen in Sachsen mit Perspektiven für den Weltmarkt zu stärken.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Die Fraktion DIE LINKE, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Prof. Schneider! Ich muss etwas Luft ablassen, das muss ich hier so sagen. Wir hätten in vorderer Reihe stehen können, das muss ich Ihnen heute mitteilen; denn dieser Antrag hat eine kleine Geschichte. Obwohl es nicht meine Art ist, kleinlich zu sein, muss ich sie hier doch einmal zum Besten geben.

(Christian Piwarz, CDU: Solange Sie nicht kleinlich sind!)

Herr Piwarz, hören Sie gut zu!

(Christian Piwarz, CDU: Immer!)