Protocol of the Session on June 20, 2013

(Dirk Panter, SPD, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, danke; ich trage vor.

(Dirk Panter, SPD: Das ist wirklich feige! – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Das ist nur peinlich!)

Das Umweltstaatsziel – –

(Dirk Panter, SPD: Das ist arm!)

Das Umweltstaatsziel, Umwelt-, Klima-, Ressourcenschutz, Verbandsklagerecht – die Verfassung muss auf die Grundfragen des menschlichen Überlebens eingehen und sollte zeitgemäß auch den Schutz des Klimas und der Artenvielfalt als Staatsziele verankern.

(Dirk Panter, SPD: Das ist die stolze Frau Hermenau! Viel Spaß! – Weitere Zurufe von den LINKEN und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Auch müssen die Ziele Erhalt der Regenerationsfähigkeit von Naturgütern sowie Ressourcenschutz aufgenommen

werden. Die Erweiterung des Umweltstaatsziels erfüllt damit den Zweck, den Schutzauftrag des Freistaates auf allen Ebenen zu erweitern, um den einfachen Gesetzgeber zu verpflichten, auch Maßstäbe zum Schutz der Atmosphäre und der Artenvielfalt zu bilden.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dirk Panter, SPD: Angst ist das! Angst!)

Artikel 10 Abs. 1 der Sächsischen Verfassung nennt Boden, Wasser und Luft als die Umweltgüter, die der Staat als Staatsziel zu schützen hat. Der Klimaschutz ist aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse seit 1992 zu einem zentralen Staatsziel geworden. Mit der Einfügung des Schutzgutes Atmosphäre wird der Freistaat Sachsen zu einem wirksamen Klimaschutz und einer Klimaanpassungspolitik verpflichtet, etwa auch zum Aufbau einer klimaverträglichen Energiewirtschaft. Umweltgüter sollen künftig nicht mehr nur als Rohstofflager, sondern auch als natürliche Lebensgrundlage des Menschen geschützt werden. Der derzeitige globale Hochverbrauch von Umweltgütern hat die Tragfähigkeit der Erde bereits überschritten.

Neben dem Klimawandel ist der Verlust der Artenvielfalt und der Lebensräume sowie der Vielfalt innerhalb der Arten die größte Umweltherausforderung. Daher sollen der Aufbau und die Gewährleistung eines Biotopverbundes in Sachsen zur Gewährleistung der Überlebensfähigkeit der Artenvielfalt als Staatsziel aufgenommen werden. Artikel 10 Abs. 1 Satz 2 regelt bisher die Pflicht des Landes zur sparsamen Nutzung von Wasser, Energie und Rohstoffen sowie auf deren Rückgewinnung hinzuwirken. Aus Sicht einer anzustrebenden echten Kreislaufwirtschaft sind alle abiotischen und biotischen Umweltgüter effizient zu verwenden. Das öffentliche Beschaffungswesen bietet wichtige Einflussmöglichkeiten des Staates. Danach sollte die Sächsische Verfassung einen konkreten Handlungsauftrag zur Beachtung des Ressourcenschutzes und der Förderung der Kreislaufwirtschaft in der Haushaltswirtschaft und im Vergabewesen enthalten. Das müssen wir in der Verfassung verankern.

Erstens: Verbandsklagerecht, auch hier Artikel 10 Abs. 2.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Bringen Sie es zu Ende!)

In aller Ruhe.

Dieses Verbandsklagerecht war für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Jahr 1992 ein wesentlicher Grund, der Sächsischen Verfassung zuzustimmen. Trotz der eindeutigen Bezugnahme auf Umweltbelange regelt das Sächsische Naturschutzgesetz nur ein enges Klagerecht in Naturschutzbelangen. Da der Sächsische Verfassungsgerichtshof diese einfache Regelung 1995 für verfassungskonform hielt, ist unserer Meinung nach eine Klarstellung auf Verfassungsebene wichtig. Wir fühlen uns da insoweit dem Vermächtnis der ersten GRÜNENFraktion in diesem Landtag verpflichtet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zweitens: Informationsfreiheit. Mit der Neufassung des Artikels 34 soll ein allgemeines Grundrecht auf Informationsfreiheit in die Sächsische Verfassung eingeführt werden. Damit wird die Schaffung eines Sächsischen Informationsfreiheitsgesetzes erforderlich und die Bürgerinnen und Bürger können sich unmittelbar auf die Verfassung berufen, um bei Kommunen oder beim Freistaat Informationsansprüche geltend zu machen. Das Informationsgrundrecht gilt für alle Daten der staatlichen und kommunalen Verwaltungen, der kommunalen Gesellschaften und der Daten der Staatsregierung. Diese Daten sind mithilfe von Steuergeldern im Interesse des Gemeinwohls der Verwaltung zusammengetragen worden. Das Informationsmonopol des Staates besteht eigentlich nicht. Im Übrigen ist Informationsfreiheit ein Bürgerrecht.

Drittens: Erleichterung der Volksgesetzgebung. Die Instrumente der unmittelbaren Demokratie sollen mit Leben erfüllt werden. Daher ist die Volksgesetzgebung aus unserer Sicht zu erleichtern. Dieses Ziel soll durch eine Herabsetzung des Quorums für ein Volksbegehren auf Landesebene auf 5 % der Stimmberechtigten und die Einführung des Rechtes des Volkes, einen Volksentscheid gegen ein vom Landtag verabschiedetes Gesetz durchzuführen, erreicht werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die in der Verfassung vorgesehene Gleichrangigkeit von parlamentarischer und Volksgesetzgebung wurde in Sachsen bisher aus unserer Sicht nicht erreicht. Die Chancen für den Volksgesetzgeber, ein erfolgreiches Volksbegehren in Angriff zu nehmen, scheitern zudem aus unserer Sicht am zu hohen Quorum von 450 000 Stimmen, was mittlerweile 15 % der Stimmberechtigten entspricht.

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben unseren Vorschlag bei circa 5 % eingruppiert. Das entspricht ungefähr dem Mittelfeld der Länder mit den niedrigsten Quoren, aber das kann man alles diskutieren. Dazu laden wir ein. Nach statistischen Gesichtspunkten wäre der nächste Volksentscheid in Sachsen im Jahr 2036. Unserer Auffassung nach muss man wohl vorher mal mit dem Volk ins Gespräch kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das kassatorische Volksbegehren, das wir auch mit vorschlagen, regelt den Fall der Komplettaufhebung eines vom Landtag beschlossenen und in Kraft getretenen Gesetzes auf Initiative des Volkes. Mit dieser Regelung wird ein wichtiges Element der direkten Demokratie eingeführt. Darauf haben Sachverständige in der Anhörung zum Gesetzentwurf der LINKEN in der Drucksache 5/3705 vom 21. März 2011 hingewiesen. Wir wollen hier einen Anker in die Verfassung setzen.

Wir GRÜNEN laden Sie ein, sich an dieser Verfassungsdiskussion zu beteiligen. Wir freuen uns auf die Abstimmung zur Schuldenbremse am 10. Juli dieses Jahres.

(Beifall bei den GRÜNEN – Torsten Herbst, FDP, steht am Mikrofon.)

Die einreichende Fraktion GRÜNE wurde hier vertreten durch Frau Kollegin Hermenau. Jetzt, meine Damen und Herren, sehe ich Redebedarf an Mikrofon 5. Was ist das?

Eine Kurzintervention.

Die ist nicht zulässig, muss ich Ihnen sagen, Herr Kollege Herbst. Es ist keine Debatte.

Meine Damen und Herren! Jetzt geht es um die Überweisung dieses Gesetzentwurfs an die entsprechenden Ausschüsse. Das Präsidium schlägt Ihnen vor – – Jetzt muss ich fragen, wie das mit der Überweisung an die Ausschüsse ist. Die einbringende Fraktion GRÜNE beantragt die Überweisung an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss – federführend –, an den Innenausschuss, den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft und den Haushalts- und Finanzausschuss. Es gibt darüber aber noch keine Einigung zwischen den Fraktionen. Deshalb stimmen wir das jetzt ab.

(Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Gibt es dazu die Möglichkeit, das getrennt abzustimmen? – Das wäre ein Vorschlag. Ich sehe, der Parlamentarische Geschäftsführer der einbringenden Fraktion will das noch einmal erhellen.

Herr Präsident! Ich würde gern nachfragen, was diese Bemerkung jetzt sollte, dass es keine Einigung zwischen den Fraktionen gibt. Das ist ein Vorschlag des Präsidiums, an diese Ausschüsse zu überweisen. Unser ursprünglicher Vorschlag ist durch den Haushalts- und Finanzausschuss ergänzt und einvernehmlich im Präsidium so verabschiedet worden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn dem so ist, werden wir über diesen Vorschlag abstimmen. Ich präzisiere noch einmal: Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf 1. Gesetz zur Modernisierung der Verfassung des Freistaates Sachsen an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss – federführend –, an den Innenausschuss, den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft und den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Danke.

Jetzt muss ich unsere Geschäftsordnung zu Hilfe nehmen. Ich darf Ihnen noch einmal unseren § 44 Abs. 6 vortragen. Danach braucht der Gesetzentwurf zur Überweisung an die Ausschüsse mindestens 33 Stimmen, nämlich 25 vom

Hundert. Damit ist der Gesetzentwurf jetzt nicht überwiesen.

(Unruhe im Saal)

Jetzt nehme ich einfach mal § 44 Abs. 6 zu Hilfe, der unsere Option beschreibt: „Wird der Gesetzentwurf nicht an einen Ausschuss überwiesen, so ist über die ganze Gesetzesvorlage abzustimmen, sofern der Landtag nichts anderes beschließt. Wird eine Gesetzesvorlage abgelehnt, so unterbleibt die zweite Beratung.“

Weil ich das jetzt noch einmal deutlich gemacht habe, möchte ich ganz kurz die Sitzung unterbrechen und die Parlamentarischen Geschäftsführer zu mir nach vorn bitten.

Ich unterbreche die Sitzung. Sie können gleich im Raum bleiben, denn das wird ganz zügig gehen.

(Kurze Unterbrechung)

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns soeben noch einmal intensiv mit unserer Geschäftsordnung auseinandergesetzt, auch mit der Angabe „Fünfundzwanzig vom Hundert der Mitglieder“ in § 44 Abs. 4. Es ist sehr deutlich festzustellen, dass § 44 Abs. 4 wie folgt beginnt: „Am Schluss der ersten Beratung beschließt der Landtag, ob der Gesetzentwurf an einen Ausschuss überwiesen werden soll.“ Das hat er getan, und zwar mit der Mehrheit der Stimmen bei einer ganz großen Zahl von Enthaltungen; die Mehrheit der Stimmen war aber eindeutig da, da es keine Gegenstimmen gab.

Es gibt eine Wortmeldung von Herrn Kollegen Herbst.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich wollte eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten abgeben, weil es etwas ungewöhnlich ist, dass wir Überweisungen nicht zustimmen. Wir haben in diesem Fall dieses Verfahren gewählt, nicht um eine parlamentarische Behandlung zu verhindern, sondern weil der Auftritt von Frau Hermenau ganz eindeutig gezeigt hat, dass sie und ihre Fraktion richtig schlechte Verliererinnen sind.

Im Rahmen der Verhandlungen zum Neuverschuldungsverbot hat es viele Forderungen verschiedener Fraktionen gegeben. Man hat sich auf einen Kompromiss geeinigt. Jede Fraktion musste auch zurückstecken. Es wurde das Zugeständnis gemacht, dass die Forderungen, die im Rahmen des gemeinsamen Gesetzentwurfes nicht erfüllt werden konnten, nicht auf andere Art und Weise ins Parlament zeitnah eingebracht werden. Die GRÜNEN sind diejenigen, die mit ihren Forderungen eine Bauchlandung erlitten haben und schlechte Verlierer waren. Genau aus diesem Grund haben wir uns enthalten.

(Beifall bei der FDP)

Eine weitere Erklärung zum Abstimmungsverhalten: Herr Kollege Panter.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Auch ich möchte gern erklären, warum ich mich enthalten habe.