Mit den Ausführungen von Herrn Delle für die NPD-Fraktion sind wir am Ende der ersten Rednerrunde angekommen. – Bevor wir eine zweite eröffnen, gibt es eine Kurzintervention am Mikrofon 7. Bitte, Herr Gansel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So, wie es bei den anderen Fraktionen Usus ist, möchte auch ich die Gelegenheit zu einer Kurzintervention nutzen, die eine Ergänzung dessen ist, was mein Fraktionskollege Delle gesagt hat. Sie alle erinnern sich noch an das Jahr 2009, als der Chiphersteller Qimonda hier in Dresden in elementaren Schwierigkeiten war.
Der Sächsische Landtag und auch die Sächsische Staatsregierung überlegten sich damals, Qimonda mit Finanzhilfen unter die Arme zu greifen, um die Arbeitsplätze zu sichern. Sie alle wissen ja noch – zumindest die, die damals dem Landtag angehörten –, dass die Europäische Union unter dem Vorwand des europäischen Wettbewerbsrechtes, dem Freistaat Sachsen verboten hat, Qimonda zu unterstützen. Es standen 3 200 Arbeitsplätze auf dem Spiel, und der Freistaat Sachsen – die NPDFraktion hat das damals unterstützt – wollte, dass mit sächsischem Steuergeld fristbezogen und zweckgebunden diesem Unternehmen unter die Arme gegriffen wird, bis die vorübergehende ökonomische Schwächephase von Qimonda vorüber ist. Das hat die Europäische Union damals unterbunden.
Ich möchte meine Kurzintervention mit einem Beitrag des „Tagesspiegel“ aus dem Jahr 2009 schließen, der die absurde Förderpolitik der Europäischen Union nämlich
auf den Punkt gebracht hat. Ich zitiere den „Tagesspiegel“: „Nur 30 % der Investitionen dürfen aus Fördertöpfen von Land und Bund stammen, während vor allem Asiaten ihre Betriebe mit bis zu 90 % subventionieren und den Markt mit billigen Chips überschwemmen.“
Das Wettbewerbsrecht der EU hat damals also unterbunden, dass mit zweckgebundenen sächsischen Steuergeldern diese Arbeitsplätze hier in Dresden gesichert werden. Mittlerweile sind diese Arbeitsplätze weitgehend vom Markt verschwunden und die asiatische Chip-Konkurrenz triumphiert. Auch diese Arbeitsplatzvernichtung des Jahres 2009 ist Ihrer hochgelobten Europäischen Union geschuldet.
Herr Gansel, ich gehe davon aus, dass sich Ihre Kurzintervention auf den Redebeitrag von Herrn Delle bezog? –
Dann gehen wir jetzt weiter in der Rednerreihe und eröffnen eine zweite Rednerrunde. Das Wort ergreift erneut für die antragstellende CDU-Fraktion Herr Prof. Schneider.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Silicon Saxony ist – das haben im Grunde fast alle Vorredner bestätigt – ein Erfolgsmodell. Es geht um Europas größten MikroelektronikCluster, der hier mittlerweile besteht.
Ich möchte ein paar Beispiele nennen. Neben den allgemeinen Zahlen möchte ich vor allem zum Beispiel das Thema der Novaled AG in Dresden anführen. Novaled ist weltweit führend bei der Herstellung von hocheffizienten und langlebigen sogenannten OLEDs. Wir sind an dieser Stelle führend.
Die Novaled ist ein Ergebnis von Ausgründungen aus einem Forschungsprojekt, das seinerzeit vom Institut für Angewandte Fotophysik der TU Dresden, unserer EliteUniversität, auf den Weg gebracht worden ist – eine Ausgründung eines Doktoranden von Herrn Prof. Leo, ein ausgesprochen erfolgreiches Modell. Dieses Beispiel zeigt – das zeigt auch die strategische Bedeutung der Vernetzung zwischen privatem und öffentlichem Engagement hier im Freistaat –, dass Grundlagenforschung notwendig und letztlich für uns alle hier im Freistaat gewinnbringend ist.
Meine Damen und Herren! Einige Redner wie Frau Pinka oder auch Herr Gansel haben das Thema Qimonda angesprochen. Ihnen beiden möchte ich sagen, dass es nicht die EU war. Es war unsere Entscheidung, Qimonda nicht mit öffentlichen Mitteln zu unterstützen. Das war unsere Entscheidung, weil Qimonda letztendlich ein verfehltes, untaugliches Geschäftsmodell gewesen ist. Sie können
Der Staat ist eben nicht der bessere Unternehmer, er begleitet Unternehmen und Wissen. Das ist aus meiner Sicht das Entscheidende.
Lieber Herr Kollege Schneider! Voraussetzung ist, dass Sie zu Recht darauf hingewiesen haben, dass es nicht die EU-Kommission war. Das haben Sie richtiggestellt. Aber können Sie sich erinnern, dass auch der Freistaat Sachsen bereit war, unter ganz bestimmten Bedingungen finanzielle Unterstützung zu liefern, und diese wurden von Qimonda leider nicht mehr erfüllt, weil es auch hausgemachte Fehler gegeben hat? Können Sie sich daran erinnern?
Ich kann sie nur bestätigen, Herr Kollege Jurk. Das Thema Qimonda war in der Tat ein verfehltes Geschäftsmodell. Es waren auch hausgemachte Probleme bei Qimonda selbst. Mit welcher Berechtigung hätte denn hier der Freistaat Geld in der Größenordnung von „wenigen“ Millionen Euro in die Hand nehmen sollen? Es ging da richtig um kräftiges Geld. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war, die wir seinerzeit getroffen haben. Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer.
Lassen Sie uns zu den tauglichen Geschäftsmodellen kommen. Hier möchte ich zwei Namen nennen: Globalfoundries in Dresden hat hier – da sieht man einmal die Größenordnung, um die es dabei geht – 10 Milliarden Euro mittlerweile investiert, oder auch die InfineonTechnologie in Dresden als einer der größten Fertigungsstandorte der Infineon AG. hat hier seit 1994 rund 3 Milliarden Euro investiert. Derzeit wird in Sachsen die 300-Millimeter-Leistungselektronik hochgefahren, und wir sind international auf einem konkurrenzfähigen Feld. Wir sind also in diesem Bereich auf einem ausgesprochen guten Weg.
Meine Damen und Herren! Wir sind auch, wie ich meine, im Hochschulstandort Sachsen ausgesprochen gut gerüstet, um dieses Geschäftsmodell zu begleiten. Von den rund 1 200 Ingenieuren, die im Bereich der früheren AMD und früheren Globalfoundries tätig sind, ist eine
Reihe von Ingenieuren an den Standorten und besonders hier in Dresden ausgebildet worden, aber auch in Chemnitz und in Freiberg. Ich darf auch einmal als Hochschulpolitiker daran erinnern, dass die TU Dresden einen weltweit einzigartigen Studiengang anbietet: den Master in organischer und molekularer Elektronik. Wir sind also in diesem vernetzten Feld nicht schlecht, vorsichtig gesagt, aufgestellt.
Wir haben ein Qualitätsmerkmal. Es geht nicht nur um direkte Technologieförderung, sondern auch um ein Gesamtsystem von Forscherumfeld und Fachkräfteausbildung, mit anderen Worten: um einen Bereich von Schlüsseltechnologie, den wir hier von internationalem Format anbieten.
Die Problemlage haben die meisten hier ebenfalls genannt. Sie besteht darin, dass andere – neben den USA vor allem der asiatische Raum – erhebliche Summen in diese Zukunftstechnologie investieren. Das setzt voraus, wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen, dass wir zum einen als Sachsen nicht in unseren Anstrengungen nachlassen dürfen – Wissen, Wissensvermittlung und Übertragung, Herstellung und Vermarktung gehen Hand in Hand –, sodass wir momentan auf dem Weg sind, eine der modernsten Regionen in Europa zu werden. Es setzt aber auch voraus, dass sich neben dem Bund, völlig zu Recht, dann auch die EU zu diesem Feld noch deutlicher bekennt als bisher.
Der Freistaat Sachsen und im Besonderen die Staatsregierung fordern seit einigen Jahren eine europäische Industriepolitik. Das ist genau der Punkt, auf den wir hier ansetzen müssen. Für diese Sicht der Dinge sind wir als einbringende Fraktionen außerordentlich dankbar.
Meine Damen und Herren! Die EU muss ihr Augenmerk weniger darauf richten, innerhalb des Raumes der EU die Wettbewerbsfähigkeit zu kontrollieren, sondern sie muss uns insgesamt eine Hilfe sein, bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit eine Schlüsselrolle zu begleiten.
Das war für die einbringende CDU Herr Kollege Prof. Schneider. Jetzt könnte die miteinbringende FDP das Wort ergreifen. – Kein Redebedarf. DIE LINKE? – Kein Redebedarf. Die SPD hat Redebedarf? – Bitte, Herr Kollege Mann, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich bin verwundert, dass wir hier in der zweiten Runde schon Ebbe erleben. So richtig scheint keine der antragstellenden Fraktionen Lust zu haben, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Für die SPD-Fraktion hat ja mein Kollege Jurk schon einiges gesagt. Die Mikroelektronik hat ohne Zweifel eine strategische Bedeutung für die Europäische Union und Sachsen. Thomas Jurk hat nicht nur gerade durch seine Rede, sondern auch durch sein Handeln als Minister
klargemacht, dass uns diese strategische Bedeutung als sächsische Sozialdemokraten durchaus bewusst ist.
Mit dem Programm Horizon 2020 – das soll hier gesagt sein, weil wir so tun, als würden wir hier im Sächsischen Landtag noch über Grundsätze der Europapolitik reden müssen – hat sich die EU schon seit Jahren auf den Weg gemacht, die Schwerpunkte bei der Förderung in Richtung Innovation Forschung und Entwicklung zu verschieben.
Nichtsdestotrotz ist die Debatte sicherlich nicht ganz falsch, weil es hier tatsächlich einen aktuellen Grund gibt, darüber zu reden. Denn gerade eben laufen, wie wir alle wissen, die Finanzverhandlungen in Brüssel und Straßburg nicht zuletzt mit den Spitzen der europäischen Staaten, und diese Finanzverhandlungen haben natürlich auch Konsequenzen für die Fördertöpfe im Bereich Horizon 2020. Es ist aktuell so, und das sind unsere Informationen,dass wir eben nicht 90 oder gar
100 Milliarden Euro, wie das Europäische Parlament gefordert hat, im Topf haben, sondern nur noch vielleicht 70 Milliarden Euro, die für das gesamte Programm Horizon 2020 in der nächsten Förderperiode zur Verfügung stehen.
Und das hat Folgen, meine Damen und Herren, das wird Folgen haben für die Mittel, die insgesamt, aber natürlich auch für den Schwerpunkt in der Förderrichtlinie „Industrial Leadership“ zur Verfügung stehen und genau hierhin fällt das Thema Mikroelektronik, deren Forschung und Entwicklung in Sachsen.
Diese Förderrichtlinie ist im Programm derzeit mit 16 % untersetzt, und man muss kein großer Mathematiker sein, um zu sagen, wenn sich die Budgets in die Richtung entwickeln, wie das derzeit der Fall ist, wird für den gesamten Bereich mindestens eine Summe von drei, vier, vielleicht sogar 5 Milliarden Euro weniger zur Verfügung stehen. Und das sind, glaube ich, Dimensionen, da brauchen wir uns nichts vorzumachen, die haben dann eine Konsequenz für Sachsen und werden ganz harte Verteilungskämpfe in Brüssel und Straßburg nach sich ziehen.
Genau deswegen wundern wir uns ein wenig, was wir hier für eine Debatte führen, denn, ehrlich gesagt, da kann ich den Vorrednern nur recht geben: Das, was wir erleben, ist, dass ein sächsischer Wirtschaftsminister allein im europäischen Haus in Brüssel sitzt, um die Interessen Sachsens geltend zu machen. Und da scheint es um die Drähte nach Berlin nicht mehr so besonders gut bestellt zu sein, wenn Sie aus dem Sächsischen Landtag nach Berlin rufen müssen; da sollte es doch einen direkten Draht geben, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das Zweite, was wir hier bereden müssten und auch gern Gegenstand einer Aktuellen Debatte sein kann, ist das, was wir in der Enquete-Kommission und teilweise auch schon im Wissenschaftsbereich seit Jahren diskutieren,
nämlich: Wie stellt sich der Freistaat Sachsen genau gegenüber der EU in Brüssel und vielleicht auch Straßburg auf? Da sage ich auch in aller Härte: Wir können von Glück reden, dass die großen Forschungsgemeinschaften dort stark und professionell aufgestellt sind, was die Einwerbung von Fördermitteln angeht.