Meine Damen und Herren, wir beginnen mit der Aussprache in der Reihenfolge BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht. Herr Abgeordneter Lichdi, Sie haben jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwischen 2002 und 2012 sind in deutschen Haushalten die jährlichen Ausgaben für Energie insgesamt um circa 600 Euro gestiegen. Wir sagen ganz klar als GRÜNE – auch mit vielen anderen im Land
: Dies erfordert ein politisches Gegensteuern. Entgegen dem oft vermittelten öffentlichen Eindruck nehmen die Stromkosten nicht den größten Anteil an den Energieausgaben ein, sondern die Kosten für Raumwärme, Warmwasserbereitung und Kraftstoffe. Steigende Energiepreise haben vielfältige Ursachen, etwa steigende Nachfrage nach Rohstoffen in Schwellenländern oder in Deutschland oligopolartige Strukturen auf dem deutschen Energiemarkt.
Meine Damen und Herren, es ist ebenso populär wie falsch, die steigenden Energiepreise der Energiewende anzulasten. So ist etwa die Umlage nach dem Erneuerba
re-Energien-Gesetz seit dem Jahr 2002 um 4 Cent je Kilowattstunde gestiegen, während der Strompreis insgesamt um 14 Cent je Kilowattstunde gestiegen ist. Es muss also andere Ursachen geben.
Es ist ein viel erzähltes Märchen, dass die erneuerbaren Energien für den Preisanstieg verantwortlich seien.
hier im Hause vertreten durch CDU und FDP, um die Konkurrenz der sauberen Energie zu diskreditieren.
Die Preise für die Haushaltskunden steigen, weil Schwarz-Gelb seine Freunde von der Industrie von der EEG-Umlage auf Kosten der Normalverbraucher und des Mittelstands befreit haben. In Sachsen sind zum Beispiel der Braunkohlenbergbau von Vattenfall sowie Sachsenmilch befreit. Diese Unternehmen stehen wohl kaum im globalen Wettbewerb.
2013 erhält die Industrie Vergünstigungen in Höhe von rund 5,6 Milliarden Euro. Obwohl die als stromintensiv definierte Industrie 2012 ein Viertel des Stroms verbrauchte, trug sie insgesamt nur 1 % der Kosten des EEG. Die Mehrkosten dafür tragen die restlichen Verbraucherinnen und Verbraucher.
Mit Schwarz-Gelb wurde der Kreis der Begünstigten weiter ausgeweitet. Die Anzahl der Betriebe, die im Jahr 2012 von der Zahlung der Umlage weitgehend befreit werden, hat sich mit 2 245 Betrieben mehr als verdoppelt. Jetzt werden schon Unternehmen ab einem Jahresstromverbrauch von einer Gigawattstunde begünstigt. Dies bedeutet, dass die Umlage für die restlichen Verbraucherinnen und Verbraucher im Jahr 2013 nun bei 5,3 statt bei 3,8 Cent je Kilowattstunde liegen würde, wenn es diese Industrieprivilegien nicht gäbe.
Meine Damen und Herren, es ist die schlichte Wahrheit: Die Industriesubventionen von Schwarz-Gelb erhöhen die Umlage demnach um 1,5 Cent je Kilowattstunde für den Endverbraucher und somit um knapp 40 %.
Meine Damen und Herren, wir fordern eine gerechte Verteilung der Investitionskosten für die Energiewende zwischen Industrie, Mittelstand und Privathaushalten durch Beschränkung der Befreiung von stromintensiven auf wirklich stromintensive Unternehmen, die tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen. Außerdem sollten begünstigte Unternehmen mit 0,5 Cent statt wie bisher mit 0,05 Cent je Kilowattstunde an der EEG-Umlage beteiligt werden.
Die Erhöhung des Mindestbetrags dient so auch als Ausgleich für die Preissenkung beim Börsenstrom durch
den Merit-Order-Effekt der erneuerbaren Energien. Im Übrigen – ich möchte es hier noch einmal ausdrücklich wiederholen – ist es ein besonderes Ärgernis, dass auch hier in Sachsen die Energieversorger ihre Strompreiserhöhungen gern mit der EEG-Umlage begründen, aber die gesunkenen Börsenpreise nicht vollständig an ihre Haushaltskunden weitergeben.
Meine Damen und Herren, wir sollten uns unabhängig von den Debatten in den üblichen Gräben vielleicht auch um die Ärmsten sorgen, nämlich um die Menschen, die vollständig von der Strom- und Gasversorgung abgeschnitten werden. Uns GRÜNEN ist es nicht egal, ob die Menschen ihre Energie bezahlen können oder nicht. Es ist für uns ein klarer politischer Grundsatz, den wir auch in unserem Bundestagswahlprogramm ausdrücklich so auf einen Antrag aus Sachsen und Sachsen-Anhalt hin verankert haben.
In Sachsen waren 2011 nach Angaben der Verbraucherzentrale mehr als 21 000 Haushalte von Strom- und Gassperren betroffen. Auch 2012 sind die Zahlen wieder gestiegen.
Herr Kollege Lichdi, waren es nicht die GRÜNEN, die vor Jahren den Benzinpreis auf 5 D-Mark pro Liter – also umgerechnet heute 2,50 Euro – erhöhen wollten? Waren es nicht die GRÜNEN, die diese Preistreiberei betrieben haben?
Herr Kollege Heidan, ich verzichte auf die Beantwortung dieser Frage, da ich im Augenblick zu Strom- und Gassperren spreche und nicht über den Benzinpreis, der im Jahre 1998 gefordert wurde. Dass Sie genau diese Frage jetzt wieder aufwerfen, zeigt, dass Sie nicht bereit sind, sich jenseits von ideologischen Versatzstücken hier an einer ernsthaften Debatte zu beteiligen.
Meine Damen und Herren, auch 2012 ist die Anzahl der Strom- und Gassperren in Sachsen gestiegen. Allein in den Großstädten Leipzig, Dresden und Chemnitz wurde nach Angaben des sächsischen Wirtschaftsministeriums
Meine Damen und Herren, Herr Staatsminister Morlok, wir haben zwar zur Kenntnis genommen, dass das Wirtschaftsministerium jetzt seine Antwort verändert hat – wohl auf Druck der großen Stadtwerke in Sachsen, die das Problem in Dresden, Leipzig und Chemnitz kleinreden; es gab dort entsprechende lokale Pressemitteilungen –, jedoch – das sage ich ganz klar – verschwindet damit das Problem nicht. Eine Strom- und Gassperre hat einschneidende Folgen für die Menschen. Sperren gefährden unmittelbar ein menschwürdiges Dasein, insbesondere für schutzbedürftige Kinder, behinderte Menschen, Alte und Pflegebedürftige.
Energiesperren lösen keine Probleme, sondern sie verschärfen sie, und sie nutzen auch den Energieversorgern nur auf den ersten Blick; denn diese müssen bis zu einer zulässigen Sperrung erhebliche Rechtsverfolgungskosten aufbringen. So verschicken sie im Schnitt auf 100 Zähler knapp 40 Mahnungen. Im Schnitt sind ungefähr 4 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter allein im Forderungsmanagement beschäftigt.
Wir wollen daher, dass sich die Staatsregierung im Bundesrat für eine Änderung der Strom- und Gasgrundversorgungsverordnung einsetzt, dass Strom- und Gassperren untersagt werden.
(Beifall der Abg. Andrea Roth, DIE LINKE – Torsten Herbst, FDP: Natürlich, am besten überhaupt nichts mehr bezahlen!)
Wir bleiben aber nicht, Frau Kollegin Roth, wie DIE LINKE bei einem Verbot stehen, das kaum verfassungskonform sein dürfte; denn die Energieversorger können nicht verpflichtet werden, eine kostenlose Leistung zu erbringen.
Wir wollen die Grundversorger statt einer Stromsperre verpflichten, einen Vorkassezähler anzubringen. Strom und Gas würden dann nur noch in dem Umfang geliefert, wie zuvor bezahlt worden ist. Die Versorger hätten dann die Möglichkeit, entweder im normalen Stromvertrag weiterzuliefern, zu mahnen und sich mit säumigen Kunden herumzuärgern oder nur noch nach Vorkasse zu liefern. Die Versorger kommen so in jedem Fall zu ihrem Geld, anstatt auf Forderungen sitzenzubleiben.
Meine Damen und Herren, in Sachsen werden Vorkassezähler freiwillig bereits von den Stadtwerken Riesa, Freital und Glauchau eingesetzt. Diese Stadtwerke ersparen sich so teure Mahnverfahren und neue Forderungsausfälle; auch der Aufwand für Sperrungen und Entsperrungen entfällt. Riesa will dieses System weiter ausbauen. Ich finde es wirklich sehr ermutigend und sehr erfreulich, dass gerade kleine Stadtwerke hier innovativ vorangehen, während die großen „Tanker“ in Dresden, Leipzig und Chemnitz sich noch auf den alten Standpunkt stellen, dass hier nichts zu tun sei.
Die Vorteile für die Kundinnen und Kunden liegen auf der Hand: Statt nach einer Sperre in einer dunklen, kalten Wohnung zu sitzen, können sie nach Bedarf ihr Guthaben aufladen.
Das Entscheidende ist: Die Schwelle für Energiebezug wird damit massiv abgesenkt. Menschen können wieder Energie beziehen, bevor sie den gesamten Schuldenberg, der bisher aufgehäuft wurde, abgebaut haben.
Zudem werden zusätzliche Energieschulden nach dem Einbau der Zähler effektiv verhindert. Die Kundinnen und Kunden bekommen auch regelmäßig eine direkte Rückmeldung über ihren Verbrauch. Dies trägt zum sparsamen Energieeinsatz bei. Vorkassezähler schaffen damit sowohl Kostentransparenz als auch Kostenbewusstsein.
Dies trägt zum sparsamen Energieeinsatz bei. Stadtwerksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter berichten daher auch von einer hohen Kundenzufriedenheit mit digitalen Prepaidzählern, auch bei Gewerbetreibenden.