Sehr geehrte Abgeordnete von den LINKEN, heute kann ich verstehen, wenn einzelnen Mitgliedern des Landtages der Geduldsfaden reißt, weil Landtagsbeschlüsse einfach ignoriert werden und immer wieder dieselben Themen auf die Tagesordnung gehoben werden, ohne dass sie uns einen Schritt weiterbringen.
Das war Frau Staatsministerin Kurth. Sie hat am Ende der zweiten Runde gesprochen. Nun sehe ich an Mikrofon 1 eine Kurzintervention. Frau Falken, das Schlusswort muss noch etwas warten. Wir lassen erst die Kurzintervention zu.
Vielen Dank. Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatsministerin! Ich bin – gelinde gesagt – über Ihre Art und Weise des Umgangs mit dem Parlament und den Abgeordneten ein wenig entsetzt.
Einen Antrag der Abgeordneten als „kalten Kaffee“ zu bezeichnen steht Ihnen als Ministerin und NichtAbgeordnete nicht zu.
Ich bitte darum, dass wir die Form miteinander wahren. Ich erwarte, dass vonseiten der Staatsregierung genau das ausgestrahlt wird. Wir stellen diese Anträge nicht, auch wenn es sich um einen Antrag der LINKEN gehandelt hat, um die Staatsregierung zu ärgern oder herauszufordern. Ich erwarte, dass wir einen vernünftigen Umgang miteinander wahren. Ich bin ein wenig entsetzt. Ich war das bisher von den Redebeiträgen der Staatsregierung nicht gewohnt.
Das war eine erste Kurzintervention von Frau Dr. Stange. Möchten Sie eine weitere Kurzintervention machen, Frau Klepsch?
Vielen Dank. Ich möchte Bezug darauf nehmen, was die Ministerin geäußert hat: Sie geht davon aus, dass 5 Millionen Euro, die den Kommunen zusätzlich jeweils in diesem und nächstem Jahr zugewiesen werden, für die Lernmittel ausreichen. Ich bin gestern in der Antwort auf eine Große Anfrage zur kulturellen Bildung der Koalition darauf gestoßen, dass diese 5 Millionen Euro auch noch für die kulturelle Bildung ausreichen sollen. Ich möchte deutliche Zweifel äußern, dass davon sowohl Lernmittel als auch die kulturelle Bildung finanziert werden können.
Damit wäre auch die zweite Kurzintervention vorgebracht. Nun können wir zum Schlusswort kommen. Bitte, Frau Falken.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den ersten Teil meiner Aufregung hat Frau Dr. Stange durch ihre Kurzintervention ein wenig gelindert. Ich glaube ebenfalls, dass es der Ministerin nicht zusteht, eine derartige Wertung zu treffen.
Frau Staatsministerin, ich bin allerdings entsetzt, dass Sie uns vorschreiben möchten, was wir auf die Tagesordnung setzen sollen oder dürfen oder nicht.
Es ist das legitime Recht der Abgeordneten, das in diesem Haus zu entscheiden und sich kein Plus oder Minus von der Kultusministerin abzuholen.
Frau Staatsministerin, vielleicht können Sie sich an die Haushaltsverhandlungen nicht mehr erinnern. Vielleicht könnte Herr Unland sich noch einmal dazu äußern. Die
Spitzenverbände sind von 31 Millionen Euro ausgegangen, wenn ich das richtig im Kopf habe. Sie benötigen diese, um das Urteil und die entsprechende Lernmittelverordnung umzusetzen. Erhalten haben sie 5 Millionen Euro mit folgender Option: besser 5 Millionen Euro als nichts. Das zeugt aus meiner Sicht nicht davon, dass die Spitzenverbände damit zufrieden gewesen wären und Folgendes gesagt hätten: Das ist wunderbar und vollkommen ausreichend.
31 Millionen Euro haben sie geschätzt. Das ist von 5 Millionen Euro extrem weit entfernt. Die wissen alle, dass die Kommunen nicht in der Lage sein werden, diese Differenz zwischen 31 und 5 Millionen Euro selbst zu stemmen. Das heißt, es wird logischerweise Einschränkungen geben müssen. Sie werden die Eltern in Klageverfahren treiben, und Sie werden sich Ihren kalten Kaffee, Frau Staatsministerin, von einer Gerichtsverhandlung zur nächsten anhören müssen in den nächsten Jahren.
Und es ist unsere Verantwortung hier in diesem Parlament, dafür zu sorgen, Rechtssicherheit für Eltern, Schüler und Kommunen zu erhalten und eine hochwertige gute Bildung zu gestalten. Wir werden schon Schwierigkeiten bekommen mit den Lehrerinnen und Lehrern, die wir an den Schulen nicht haben. Dann muss es jetzt nicht auch noch eine extreme Einschränkung, bezogen auf die Lernmittelfreiheit, sein.
Wir legen Ihnen keinen neuen Gesetzentwurf vor. Na klar, wir haben die Formulierung unseres Antrages aus dem eigenen Gesetzentwurf abgeschrieben. Was sollten wir denn machen? Wenn Sie einen hingelegt hätten, hätten wir ja einmal sehen können, ob wir da auch etwas abschreiben können. Gibt es aber von niemandem hier in diesem Hohen Hause. Demzufolge haben wir gar keine andere Möglichkeit, als unsere Vorstellungen logischerweise ins Parlament zu bringen.
Ich fordere Sie also auf, einen Gesetzentwurf zur Lernmittelfreiheit vorzulegen – ob nun über die Fraktionen oder über die Staatsregierung, sei einmal dahingestellt –, damit es hier eine klare Rechtssicherheit für die Schülerinnen und Schüler gibt.
Nach dem Schlusswort von Frau Falken kommen wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, nun zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 5/11166 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Einzelne Stimmenthaltungen. Meine Damen und Herren, damit ist die Drucksache 5/11166 nicht beschlossen.
Meine Damen und Herren! Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Reihenfolge: Einbringende Fraktion SPD, CDU, DIE LINKE, FDP, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht. Der Antrag wird jetzt von Frau Kollegin Neukirch eingebracht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den vergangenen Jahren haben wir im Landtag schon häufig über die Situation der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung und auch über die Situation der Beschäftigten gesprochen. Dabei haben wir uns ziemlich umfassend mit allen Problembereichen auseinandergesetzt. Häufig war es dann aber so, dass es im Hinblick auf die Beschäftigungssituation eine breite Diskussion, beginnend vom Feststellen eines Notstandes, eines Pflegenotstandes, bis hin zu der Meinung gab, es sei doch alles gut, wir haben in Sachsen ausreichend Pflegepersonal, und wir bilden genug aus. Offen blieb dabei immer, warum die offensichtlich genügende Anzahl Auszubildender nicht in der Praxis ankommt und warum es Probleme gibt bei der Personalbeschaffung und wir vor Ort Probleme haben, die Stellen zu besetzen.
Vielleicht liegt es daran, dass wir auch die Begriffe nicht ausreichend unterschiedlich verwenden. Es wird von Pflegekräften, von Pflegefachkräften, von Pflegehilfskräften meistens synonym gesprochen. Dabei ist ganz Unterschiedliches gemeint. Vielleicht fehlen ja auch nicht Pflegekräfte an sich, sondern speziell Fachpflegende, wie Intensivpfleger oder gerontopsychiatrisch Pflegende – wer weiß das? Wir wissen auf jeden Fall in diesem Bereich zu wenig.
Deshalb hat der vorliegende Antrag das Ziel, Transparenz in diese vielen verschiedenen Zahlen, Bewertungen und Prognosen zu bringen. Wir wollen eine verlässliche Datengrundlage, die uns sowohl bei der fachlichen als auch bei der regionalen Verteilung der Beschäftigten Informationen liefert und Planungs- und Steuerungsmöglichkeiten eröffnet. Dass diese Transparenz mehr als nötig ist, belegt auch die Stellungnahme der Staatsregierung zu unserem Antrag.
Ich muss ehrlich sagen, diese lapidaren Hinweise auf eine Internetplattform, auf die verschiedensten Meldevorschriften beim Kultusministerium oder dem Sozialministerium, diese ungeordneten Hinweise zeigen entweder, dass die Erarbeitung der Stellungnahme sehr schnell gehen musste und nur ein Praktikant verfügbar war, oder aber, dass es tatsächlich eine völlige Ignoranz des drängenden Problems der Fachkraftsicherung in Pflegeberufen und des großen Arbeitsdrucks für die Beschäftigten, der
sich daraus ergibt, in Sachsen gibt. Das, ehrlich gesagt, haben die Beschäftigten in der Pflege hier in Sachsen aus meiner Sicht nicht verdient.
Unterschwellig wird ja immer behauptet, wir wüssten alles, die Zahlen wären bekannt. Wenn man länger nachforscht, findet man auch einiges. Es gibt in Sachsen Studien und Modellprojekte, die sich damit beschäftigen, beispielsweise beim Statistischen Landesamt ein Projekt mit der TU Dresden mit dem Ziel der Analyse des Fachkräftebedarfs. Es gibt eine Gesundheitspersonalrechnung, es gibt eine Initiative beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, es gibt Daten der Krankenkassen. Nicht eine dieser vorliegenden Studien ist in dieser Stellungnahme der Staatsregierung erwähnt. Warum wird darauf nicht eingegangen, wenn es das doch gibt?
Wir wollen, dass diese einzelnen Initiativen zusammengeführt werden, dass die gesplitteten Zuständigkeiten bei der Staatsregierung an eine Stelle gegeben werden, die verantwortlich ist, die Informationen bündelt, die Datenlücken schließt und die dafür erforderlichen Maßnahmen ergreifen kann. Ein Branchenmonitoring, wie wir es hier in unserem Antrag vorschlagen und das es in anderen Bundesländern gibt, erscheint uns dafür als ein durchaus sinnvolles Instrument. Eine solche Analyse muss dabei den Bestand erfassen und valid den Ergänzungsbedarf durch steigende Nachfragen, aber auch den Ersatzbedarf durch altersbedingte Abgänge feststellen, und dies für alle beruflichen Gruppen. Wir reden hier von 18 verschiedenen Fachberufen und 15 weiteren verschiedenen Weiterbildungsqualifikationen. Wir brauchen die regionalen Daten dazu.
Die zukünftig notwendige sektorübergreifende Versorgungsstruktur, die wir brauchen, macht eine möglichst kleinräumige Planung erforderlich; und hier wage ich es sehr zu bezweifeln, dass vor Ort die kommunalen Gebietskörperschaften, wie in der Stellungnahme behauptet, alle Informationen für ihre Planung haben. An der Stelle muss ich auch sagen und kann es mir nicht verkneifen, dass in der Stellungnahme behauptet wird, es gehe um regionale Pflegeeinrichtungspläne. Diese Einschätzung geht komplett an allem vorbei, was wir in den letzten Jahren hier an dieser Stelle im Hinblick auf die Sicherstellung der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung diskutieren. Es geht nicht um eine Einrichtungsplanung, es geht um Vernetzung, es geht um ambulante Versorgungsformen, es geht um neue Wohnformen für möglichst viele hilfs- und pflegebedürftige Menschen in ihrer
Sachsen als Bundesland mit dem größten demografischen Problem muss endlich koordiniert und steuernd handeln. Der ewige Streit um die Definition von Pflegemangel, Pflegeengpass oder nicht Pflegemangel ist mit der Analyse der Bundesagentur für Arbeit vom Dezember 2012 entschieden. Darin heißt es – ich zitiere –, „dass bei Fachkräften in der Kranken- und Altenpflege ein Mangel in allen westlichen Bundesländern und in Sachsen zu verzeichnen ist.“ So kommen zum Beispiel in Sachsen im Bereich der Altenpflege auf 395 offene Stellen 179 Arbeitslose, und es dauert deshalb im Schnitt über 100 Tage, bis eine Stelle besetzt werden kann. Das definiert die Bundesagentur dann als Mangelzustand. Damit ist der Mangel jetzt in der Praxis auch amtlich festgestellt, und das, obwohl die sächsischen Pflegeeinrichtungen im bundesweiten Vergleich am schlechtesten aufgestellt sind. Die vorhandene Arbeitsbelastung und die Arbeitsverdichtung führen gerade auch im Krankenhausbereich zu sehr hohen Fluktuationsabsichten bei den Beschäftigten. Herr Westerfellhaus, der Präsident des Deutschen Pflegerates, wies darauf hin, dass eben nicht nur die fehlenden Fachkräfte den Pflegenotstand ausmachen, sondern der eigentliche Notstand – ich zitiere –, „der ist, dass die, die jeden Tag die Versorgung aufrecht erhalten, an ihre Grenzen kommen und dies jeden Tag erfahren mit gesundheitlichen Belastungen, die sie dafür in Kauf nehmen müssen.“ Das ist der eigentliche Pflegenotstand.