Protocol of the Session on May 16, 2013

Ja, aber das ist so rückschrittlich, das tut geradezu weh. Die CDU entscheidet, was für das Land gut ist. Toll! Wunderbar!

Die CDU-Fraktion wartet ab, bis das nächste Urteil vom Oberverwaltungsgericht gesprochen ist, und dann sehen wir mal, haben Sie gesagt, ob wir die nächste Verordnung anpassen. Dann wird es ein neues Urteil geben. Die Eltern werden sich das nicht mehr gefallen lassen. Dann passen wir die Verordnung wieder an oder auch nicht, aber an das Gesetz gehen wir nicht. Sie werden sich nicht herummogeln können – ich habe es wörtlich zitiert und Frau Stange hat es wiederholt –, denn die Gerichte werden Ihnen darlegen, dass eine Veränderung des Schulgesetzes für die Lernmittelfreiheit zwingend notwendig ist. Das kann man nicht über eine krumme Verordnung hinbekommen. Wenn Sie es im Gesetz haben, müssen Sie auch die finanzielle Grundlage dafür schaffen. Nur aus diesem Grund machen Sie eine Verordnung. Wir wissen doch alle, wovon wir hier reden. Sie tun es nicht, weil der Finanzminister sagt, eigentlich sind es Peanuts, die dafür aus dem Haushalt gebraucht werden, aber ihr bekommt es trotzdem nicht.

Das Argument mit der Schuldenbremse ist ja wohl das Letzte. Dass Sie an der Stelle, wo es nicht um riesige Summen geht, mit der Schuldenbremse kommen, wo noch nicht einmal klar ist, ob die neue Begründung überhaupt untersetzen wird, was wir hier möchten, halte ich für sehr verwerflich. Ich hoffe, dass die Abgeordneten, die dieser Schuldenbremse im Hohen Haus zustimmen werden, sich bewusst sind, was sie damit für die nächsten Jahre tun werden. Wir werden das immer und immer wieder hören.

Frau Giegengack, ich möchte noch einmal darauf eingehen, dass es für Sie nicht der richtige Zeitpunkt ist. Wir haben in der Fraktion darüber nachgedacht, ob wir noch einmal einen Gesetzentwurf auflegen, denn er wurde schon zwei Mal abgelehnt. Oder fordern wir die Staatsregierung auf, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen? Wann ist denn der richtige Zeitpunkt? Jetzt erwarten die Lehrer, die Eltern und die Schüler von uns Antworten, denn mit den Mitteln, die sie von der Kommune und vom Freistaat Sachsen zur Verfügung gestellt bekommen, ist nicht einmal das Minimum vom Minimum zu leisten. Die Eltern werden klagen, weil der Schüler keinen Atlas bekommen hat, weil er im Moment gar nicht kaufbar ist. Das geht mit den zur Verfügung stehenden Mitteln überhaupt nicht. Ich muss mich entscheiden, entweder einen Atlas oder sonst nichts mehr zu kaufen. Die Schüler werden kein Tafelwerk bekommen. Das werden die Eltern einklagen, obwohl es bereits eingeklagt ist. Aber sie bekommen es trotzdem nicht.

Ich habe die Summen vorhin genannt. Frau Firmenich, ich habe gesagt, das ist das Minimum.

(Norbert Bläsner, FDP, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, selbstverständlich.

Bitte.

Frau Falken, können Sie mir einen Schulträger nennen, der gesagt hat, er kann keine Atlanten oder Tafelwerke für das nächste Schuljahr bezahlen? Können Sie mir auch sagen, was die Stadtratsfraktion der LINKEN vor Ort unternimmt, falls es eine gibt?

Alle Kommunen werden das nicht finanzieren können, weil sie jetzt für die 5. Klassen genau diese Mittel kaufen müssen. Keine Kommune ist zurzeit in der Lage, die benötigten Materialien, so wie es die Schulbuchverordnung vorsieht, zur Verfügung zu stellen. Keine wird das können.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Die Schule entscheidet das!)

Hallo, das entscheidet die Schule. Gehen Sie doch einmal in eine Schule und fragen Sie, was dort zurzeit bestellt werden kann mit den vorhandenen Mitteln. Das funktioniert überhaupt nicht!

Frau Firmenich, es ist unverschämt, den Lehrern vorzuwerfen, sie schmeißen das Geld nur so raus und kaufen Materialien, die sie im Unterricht überhaupt nicht brauchen.

(Zurufe von der CDU: Das hat doch keiner gesagt!)

Ich überziehe es jetzt auch einmal, weil es real nicht so ist.

(Widerspruch bei der CDU)

Natürlich gibt es Beispiele, wo im vorgedruckten Heft mal eine Seite frei bleibt.

(Iris Firmenich, CDU: Nein!)

Es gibt ganz sicher auch Beispiele, wo ein Lehrer mehr kopiert hat, als notwendig ist. Das will ich gar nicht bestreiten.

(Iris Firmenich, CDU: Darum geht es mir!)

Mir geht es darum, dass das notwendige Material – und das haben Sie auch gesagt – zur Verfügung gestellt wird. Das ist zurzeit nicht möglich. Ich habe bisher keine Schule dabeigehabt – und ich habe nicht nur in Leipzig nachgefragt –, die gesagt hat, dass sie für das kommende Schuljahr die Materialien zur Verfügung stellen kann. Es ist nicht möglich. Die Rechtsunsicherheit ist extrem hoch.

Herr Bläsner, in diesem Hohen Hause haben wir seit 2004, seitdem ich hier bin, sehr, sehr häufig über bildungspolitische Themen mit ähnlichem oder gleichem Inhalt gesprochen. Es hat sich an der einen oder anderen Stelle ernsthaft etwas bewegt bei Ihnen und bei der CDUFraktion, auch, als Sie noch in der Opposition waren. Wenn wir das nicht tun würden, dann bewegte sich in diesem Haus noch sehr, sehr viel weniger. Deshalb ist unser Antrag heute auf der Tagesordnung.

(Beifall bei den LINKEN – Norbert Bläsner, FDP, steht am Mikrofon.)

Das war Frau Falken für die einbringende Fraktion DIE LINKE. Jetzt gibt es eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Bläsner.

Ich möchte auf den Redebeitrag von Frau Falken reagieren. Man kann die Behauptung nicht so stehen lassen, dass keine Kommune die Vorgaben der Verordnung erfüllen wird. Ich bin Stadtrat in Heidenau. Wir beschließen derzeit als Stadt Heidenau die Ausstattung der Schulen mit Lernmitteln und bleiben zum Glück knapp unter dem Betrag für eine europaweite Ausschreibung. Es ist sichergestellt, dass die Verordnung erfüllt wird. Ich habe auch in Freiberg nachgefragt, wo auf Antrag der FDP-Stadtratsfraktion die Mittel soweit aufgestockt wurden, dass eine zufriedenstellende Ausstattung mit Lernmitteln stattfinden kann. Das sind schon zwei Beispiele, auf die Ihre Aussage, dass keine Kommune es finanzieren kann, nicht zutrifft. Dass es die eine oder andere Stadt gibt, mag sein. Dort muss der Stadtrat – und das macht man gegebenenfalls – gegensteuern. Ihre Aussage zu verallgemeinern ist einfach falsch.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Auf die Kurzintervention von Kollegen Bläsner reagiert jetzt Frau Falken.

Ich würde gern mit einer Frage reagieren, aber das können wir vielleicht dann außerhalb des Plenums klären.

Für mich stellt sich sofort die Frage, für wen es ausreichend ist. Ist es für den Stadtrat ausreichend, weil er nicht mehr Geld zur Verfügung stellen möchte? Die zur Verfügung gestellten Gelder sind für die Stadt Leipzig möglicherweise auch ausreichend. Ist das ausreichend, um einen qualifizierten Unterricht zu gestalten? Das ist doch die entscheidende Frage. Das zweifle ich an, auch bei Ihnen.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Ich frage jetzt in die Runde: Gibt es bei den Fraktionen weiteren Redebedarf in diesem zweiten Durchgang? – Das sehe ich nicht. Frau Falken, Sie wollen auch nicht noch einmal sprechen? –

Somit hat die Staatsregierung das Wort. Bitte, Frau Staatsministerin Kurth.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Meine Damen und Herren von den LINKEN, kalter Kaffee, das ist Ihr Antrag zur Lernmittelfreiheit. Er wird auch nicht besser, wenn Sie ihn heute aufwärmen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Im vergangenen Juli hat dieser Landtag über Ihren Entwurf eines Sächsischen Lernmittelgesetzes debattiert und alle drei Artikeländerungen in Einzelabstimmungen abgelehnt. Meine Damen und Herren! Das war doch ein klares und deutliches Zeichen. Sie bringen nun, kurz vor Schuljahresende, einen Antrag ein, den Sie eins zu eins und Wort für Wort bei sich selbst abgeschrieben haben. Ihren damaligen Gesetzentwurf macht das aber nicht besser. Er ist und bleibt kalter Kaffee.

(Unruhe bei den LINKEN und der SPD)

Ich nenne Ihnen drei Gründe, warum das der Fall ist. Erstens sind die Unentgeltlichkeit des Unterrichts und Kostenfreiheit der Lernmittel in der Sächsischen Verfassung festgeschrieben. § 38 Schulgesetz, der die Lernmittelfreiheit näher regelt, kann verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden. Er muss nicht geändert werden. Wir müssen ihn nur verfassungskonform auslegen. Das OVG Bautzen sieht dies in seinem Grundsatzurteil vom April 2012 nicht anders. Bislang hat sich hieran nichts geändert.

Zweitens haben wir infolge des Grundsatzurteils die Schulbuchzulassungsverordnung aus dem Jahr 1991

fortgeschrieben. Als Lernmittelverordnung ist sie seit dem 26. März 2013 in Kraft. Damit ist Rechtssicherheit nicht nur bei Schulbüchern, Arbeitsheften und Kopien geschaffen. Vielmehr gilt sie auch für alle weiteren Druckwerke – ich zitiere –, „wenn sie ein Schulbuch begleiten, ergänzen oder ersetzen und nicht nach Inhalt oder Umfang vorrangig für die außerunterrichtliche Ausbildung oder die berufliche Praxis bestimmt sind“. So lautet § 12 der Lernmittelverordnung.

Kommen wir zur Kostenerstattung für den grafikfähigen Taschenrechner. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 28. Februar 2013 ist noch nicht rechtskräftig. Der Abschluss des Berufungsverfahrens vor dem OVG bleibt abzuwarten. Das Ergebnis ist offen. Die Kostenübernahme für einen grafikfähigen Taschenrechner ist keine Selbstverständlichkeit. Das Land Hessen beispielsweise hat auch die Lernmittelfreiheit in seiner Verfassung verankert und schließt Taschenrechner als – ich zitiere – „Gegenstände, die auch außerhalb des Unterrichts gebräuchlich sind“ und somit als kostenfreies Lernmittel aus. Sollte irgendwann durch ein Urteil auch der grafikfähige Taschenrechner lernmittelfrei werden,

werden wir ohne Weiteres diese neue verfassungskonforme Auslegung anwenden.

Drittens schreibt das Sächsische Schulgesetz die Verantwortung, die Schulen mit Lehr- und Lernmitteln auszustatten, den Schulträgern zu. Die Kosten für die Lernmittelfreiheit sind deshalb unverändert von den Schulträgern zu erbringen. Schauen wir einmal in § 23 des Schulgesetzes.

Im aktuellen Doppelhaushalt sind für das Jahr 2013 und das Jahr 2014 jeweils 5 Millionen Euro Lernmittelergänzungspauschale zusätzlich zum Finanzausgleich beschlossen worden. Der Freistaat und die kommunalen Spitzenverbände haben sich auf diese Summe verständigt. Dass diese zusätzliche Summe ausreicht, um die anstehenden Kosten zu bewältigen, darauf muss ich mich und müssen wir uns alle verlassen.

Frau Hermenau hat am vergangenen Mittwoch so treffend in ihrer Rede Folgendes gesagt: Die Demokratie ist die Staatsform der Geduld.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Das war zitiert! Das muss ich zugeben! – Annekatrin Klepsch, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, danke. Ich möchte erst zu Ende ausführen.

Sehr geehrte Abgeordnete von den LINKEN, heute kann ich verstehen, wenn einzelnen Mitgliedern des Landtages der Geduldsfaden reißt, weil Landtagsbeschlüsse einfach ignoriert werden und immer wieder dieselben Themen auf die Tagesordnung gehoben werden, ohne dass sie uns einen Schritt weiterbringen.