Protocol of the Session on May 8, 2013

Ein Punkt ist mir jetzt noch besonders wichtig, weil hier immer so getan wird, als würde mit der Festschreibung des Neuverschuldungsverbots und den Ausnahmeregelungen, um die wir gerungen haben, die Debatte zu Ende sein. Mit dieser Festschreibung beginnt die Debatte im

politischen Raum erst, weil wir – ich glaube, Herr Prof. Schmalfuß hat dazu gesprochen – mit dem Rückgang der Mittel, die dem Freistaat Sachsen zur Verfügung bleiben, natürlich vor immensen Herausforderungen stehen, um den Haushalt in Zukunft auszugleichen. Wie werden wir in Zukunft die Investitionen finanzieren? Da stehen wir natürlich vor der Aufgabe, gegenüber dem Bund klarzumachen, dass eine Schuldenbremse allein nicht ausreicht. Wir werden auf der Einnahmenseite für ausreichende Steuereinnahmen kämpfen müssen, um dieses Schuldenverbot auch einzuhalten.

(Beifall bei den LINKEN)

Es ist vollkommen richtig: Ein Schuldenverbot allein ist noch kein volkswirtschaftliches Konzept. Wir werden uns also auch in Zukunft weiterhin dafür einsetzen, dass wir die Investitionsfähigkeit der staatlichen und kommunalen Ebene durch eine ausreichende Einnahmenseite des Freistaates und des Bundes weiterhin erhalten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Wir werden uns sehr intensiv und mit viel Elan in die Debatten einbringen.

(Beifall bei den LINKEN)

Wird von der NPD-Fraktion noch das Wort gewünscht? – Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung der Sächsischen Verfassung spiegelt aus Sicht der NPD-Fraktion das vorherrschende schematische, stark ordnungspolitisch geprägte Verständnis der herrschenden Parteien von der Rolle der Staatsfinanzen, etwa nach folgendem Motto: Was interessiert uns die Finanzpolitik als Steuerungselement für unsere sächsische Wirtschaft? Wir müssen in erster Linie ein Zeichen gegen europäische Schuldenkrise setzen, indem wir die Bereitschaft demonstrieren, durch eine Schuldenbremse in der Verfassung uns selbst und künftigen sächsischen Landtagen und Regierungen Fesseln anzulegen. Keynes war gestern. Heute ist haushaltspolitische Disziplin als Selbstzweck angesagt.

Dabei ist in Wahrheit ein etwaiger Mangel an solcher Disziplin nur der Auslöser, nicht aber die eigentliche Ursache der heutigen Staatsschuldenkrise im Euro-Raum. Die wirkliche Ursache – und darauf hat die NPD hier in diesem Hause in unzähligen Debattenbeiträgen immer wieder hingewiesen – ist vielmehr die kapitalistische Wahnidee von der angeblich per se erstrebenswerten Gleichschaltung aller Volkswirtschaften, wie eben im Euro-Raum praktiziert, vor allem durch die gemeinsame Währung Euro und das rigorose Wettbewerbs- und Regulierungsregime des Brüsseler EU-Molochs.

(Beifall bei der NPD)

In den neuen deutschen Bundesländern ist zudem eine wichtige Ursache für die tatsächliche Verschuldung bzw. für die latente Verschuldungsgefahr die falsche Entschei

dung der politischen Klasse, dem sogenannten europäischen Integrationsprozess Vorrang vor der wirtschaftlichen und sozialen Wiedervereinigung Deutschlands zu geben.

Eines steht für uns als NPD fest: Die kapitalistische ökonomische Integration von heterogenen Großräumen führt immer, ausnahmslos immer, früher oder später zur ökonomischen Implosion von bestimmten Teilräumen innerhalb dieser Großräume. Dies ist wiederum tragischerweise mit einer eigenständigen Haushaltspolitik dieser Teilräume nicht vereinbar, da sie mittels Steuerverbund oder Finanzausgleich oder – wie im Euro-Raum im Moment vorexerziert – durch diverse improvisierte Konstrukte ständig von außen alimentiert und diszipliniert werden müssen. Die von uns als NPD beklagte Folge ist unter anderem ein dramatischer Verfall souveräner Staatlichkeit und damit eben auch demokratischer Selbstbestimmung in ganz Europa.

Am vorliegenden Gesetzentwurf beteiligten sich bekanntlich die Koalitionsfraktionen CDU und FDP sowie die SPD und die GRÜNEN. Auch die Linksfraktion war zu den Verhandlungen eingeladen. Allein die NPD-Fraktion wurde erst gar nicht zu den Gesprächen eingeladen. Dies dürfte dem gleichen Demokratieverständnis geschuldet sein wie der seinerzeitige Ausschluss der NPD-Fraktion von der in der Staatskanzlei durchgeführten Vorbereitung der entscheidenden Plenarsitzungen vor dem Verkauf der Sachsen LB im Jahr 2008.

Sicher, für eine derartige Ausgrenzungspolitik, die die NPD-Fraktion tagtäglich erlebt, gibt es die unterschiedlichsten Motive. Eines ist nach meinem Eindruck einfach die Überforderung vieler Mainstream-Politiker, wenn sie mit Ideen und Konzepten konfrontiert werden, die nicht in das eingelernte Schema passen. Mir ist klar: Das herrschende Parteienkartell will es natürlich nicht öffentlich gelten lassen, weiß aber sehr wohl, dass es auch im rechten politischen Spektrum, insbesondere in meiner Partei, der NPD, in allen wichtigen gesellschafts- und staatspolitischen Fragen Durchblick und Kompetenz gibt und viele Ideen und Konzepte, die sich von den vorherrschenden Schablonen abheben und deswegen den einen oder anderen Politiker aus den etablierten Parteien schlicht überfordern könnten. Auch dies mag neben der allgemein verordneten Ausgrenzungspolitik gegen rechts ein Grund sein, weswegen man regelmäßig der auch heute wieder zu erlebenden Pseudoharmonie unter Pseudodemokraten den Vorzug vor der offenen inhaltlichen Auseinandersetzung mit der nationalen Opposition gibt.

(Beifall bei der NPD)

Dass Schulden im Allgemeinen keine schöne Sache sind, wissen wir doch alle, meine Damen und Herren. Aber bei aller berechtigten Schuldenphobie sollte man sich doch wenigstens schon rein volkswirtschaftlich über den Unterschied zwischen den Schulden einer Privatperson und den Schulden eines Staates im Klaren sein.

Da der vorliegende Gesetzentwurf unter anderem feststellt, dass gerade vor dem Hintergrund der europäischen Schuldenkrise der Begrenzung der staatlichen Verschuldung eine zentrale finanzpolitische Bedeutung zukommt, möchte ich zunächst auf etwas hinweisen, was vielleicht auf den ersten Blick verblüffend wirkt: Sachsens Gesamtverschuldung aus direkter Kreditverschuldung und impliziter Verschuldung durch Versorgungslasten beträgt insgesamt etwas über 30 Milliarden Euro. Gleichzeitig hat die Bundesrepublik Deutschland einen positiven

TARGET2-Saldo von circa 600 Milliarden Euro.

Wie Prof. Sinn überzeugend gezeigt hat, sind das nichts anderes als 600 Milliarden Euro deutsche Kredite, also Forderungen an das Ausland. Da Sachsen einwohnermäßig etwa ein Zwanzigstel von Deutschland ausmacht, könnte man nun rein rechnerisch auch ein Zwanzigstel des TARGET2-Saldos dem Freistaat Sachsen zuordnen, also, um es einmal an dieser Stelle vorzurechnen: 600 : 20 = 30 Milliarden Euro. 30 Milliarden Euro Forderungen, denen 30 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten gegenüberstehen.

Nun höre ich schon aus Ihren Reihen den Widerspruch: Die beiden Dinge haben doch nichts miteinander zu tun. Der TARGET2-Saldo betrifft ja im Wesentlichen die Bundesbank und hat doch überhaupt nichts mit dem sächsischen Staatshaushalt zu tun. Das ist natürlich in haushaltstechnischer bzw. währungsrechtlicher Hinsicht richtig. Ein Finanzminister, der mit Hinweis auf den deutschen TARGET2-Saldo eine hohe Staatsverschuldung rechtfertigen würde, wäre sicherlich schlecht beraten. Dennoch macht der Vergleich volkswirtschaftlich Sinn; denn der TARGET2-Saldo ist Ausdruck eines Leistungsbilanzüberschusses und dieser wiederum – zumindest nach dem Lehrbuch – gleichbedeutend mit einem Kapitalexport. Damit wird der Binnenwirtschaft Nachfrage entzogen, was sich besonders auf die Wirtschaft in den wirtschaftlich benachteiligten Bundesländern auswirkt, zu denen auch Sachsen nach wie vor gehört. Dies macht wieder einmal deutlich: Deutschland ist schon jetzt massiv durch die Euro-Krise belastet, und diese Belastung könnte sich in Zukunft aufgrund der übernommenen Bürgschaften bis zum Staatsbankrott ausweiten.

Meine Damen und Herren! Ausgerechnet die saarländische CDU-Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer hat im Zuge der Debatte um die Schuldenkrise schon im September 2011 auf das für jeden doch eigentlich Offensichtliche verwiesen. Damals sagte Kramp-Karrenbauer in einem Gespräch mit der Zeitung „Die Welt“, dass die Schuldenbremse vor dem Beginn der Euro-Krise konzipiert worden sei, und – ich zitiere – „wenn diese Voraussetzung aber wegen der Folgen der Staatsschuldenkrise und der notwendigen Rettungsmaßnahmen nicht mehr gegeben ist, dann haben wir eine veränderte Geschäftsgrundlage“.

In der Tat: Die Geschäftsgrundlage, von der KrampKarrenbauer spricht, hat sich seit der denkwürdigen Brüsseler Nacht vom 9. auf den 10. Mai 2010, auf der der

erste Euro-Rettungsschirm EFSF beschlossen wurde, radikal verändert, da das angeblich so eherne Prinzip der Europäischen Währungsunion, nach dem kein Staat für die Schulden eines anderen einstehen muss, einfach mit einem Federstrich über Bord geworfen wurde.

Nach Auffassung der NPD ist es mindestens schizophren, wenn die herrschende politische Klasse einerseits die wohl größte Schuldenvergemeinschaftung der neueren Geschichte beschließt, um andererseits auf nationaler Ebene eine Schuldenbremse einführen zu wollen. Solange dieser Widerspruch von der politischen Klasse nicht wahrgenommen und beharrlich verdrängt wird, brauchen wir uns aber über das Instrument einer Schuldenbremse hier im Sächsischen Landtag nicht zu unterhalten.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren, wir gehen nun in die dritte Runde. Ich frage die CDU-Fraktion. – Herr Abg. Schiemann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verfassungen – wie kann es anders sein? – sind das rechtliche Fundament eines jeden Staates. Diese rechtlichen Grundlagen, verbunden mit den Werteüberzeugungen, bilden damit auch die Verfassung des Verfassungsstaates Freistaat Sachsen. Damit die Verfassung ihre bindende Wirkung und den Willen des Verfassungsgebers entfalten kann, braucht die Verfassung Kontinuität; sie braucht Zeit, um sich entsprechend zu entfalten. Der Wert der Verfassung orientiert sich eben nicht an Modernität, Zeitgeist oder sonstigen aktuellen Bedingungen, die es in der Diskussion gibt, sondern ausschließlich an seiner Bindungswirkung, seinen Rechten für das sächsische Volk und an der Wertebezogenheit. Deshalb ändert man Verfassungen weder nach politischer Laune noch nach tagespolitischem Belieben oder parteipolitischem Kalkül.

Der nunmehr vorliegende Entwurf zur Änderung der Sächsischen Verfassung folgt dem Grundsatz der Selbstbindung und dem Grundsatz, nur das Notwendige zu verändern und somit die Wirkung der Verfassung als Ganzes unverändert zu belassen. Diese Grundsätze haben uns bei der Entwurfserarbeitung begleitet. Dennoch – das kann ich nicht verschweigen – ist die Eingriffsintensität der Verfassungsänderung sehr hoch. Sie bindet die künftigen Landtage und die künftigen Haushaltsgesetzgeber, nur noch das auszugeben, was tatsächlich – neben den vorzuhaltenden Rücklagen und der Beamtenvorsorge – zur Finanzierung des Freistaates und der Kommunen zur Verfügung steht. Verfassungen sollen nur im Ausnahmefall geändert werden. Hier liegt der Ausnahmefall vor. Das Grundgesetz verbietet den deutschen Ländern ab 2020 jegliche Neuverschuldung.

Damit die Existenz des Freistaates in Notsituationen nicht zusätzlich gefährdet wird, nutzen wir diesen Änderungsvorschlag, um Ausnahmen vom Neuverschuldungsverbot

festzuschreiben. Dabei haben wir in der Diskussion zur Entwurfserarbeitung die Frage der Auswirkungen der Änderung von Artikel 95 auf den bestehenden kommunalen Finanzausgleich sehr intensiv diskutiert. Nach der umfassenden Regelung des Artikels 87 sorgt der Freistaat dafür, dass die kommunalen Träger der Selbstverwaltung ihre Aufgaben erfüllen können. Hier bleibt auch künftig der Freistaat Sachsen in der Pflicht, für eine ausreichende Finanzausstattung der kommunalen Ebene zu sorgen. Wir haben uns deshalb auf wichtige Eckwerte bei der Änderungsdiskussion verständigt:

Erstens. Die Grundsätze der Finanzbeziehungen zwischen dem Freistaat Sachsen und den sächsischen Gemeinden sowie Landkreisen werden nicht verändert.

Zweitens. Eine der wichtigsten Finanzierungsgrundlagen der sächsischen Kommunen – der Finanzausgleich – soll nicht verändert werden. Wir haben das sehr intensiv am Maßstab des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes I diskutiert, und es war einhellige Überzeugung aller am Tisch vertretenen Fraktionen, den Gleichmäßigkeitsgrundsatz I nicht infrage zu stellen.

Drittens. Der Mehrbelastungsausgleich wird ergänzend ausgerichtet. Mit der Neuregelung sind alle Mehrbelastungen, die vom Freistaat Sachsen verursacht werden, auszugleichen. Jede Erhöhung von Standards ist damit auch ausgleichspflichtig.

Viertens. Aufgaben, die durch europäische Entscheidungen und die Bundesebene übertragen wurden, sind nicht von der Regelung des Artikels 85 umfasst, insofern der Freistaat Sachsen nicht selbst in eigenen Gesetzen diese Entscheidungen zur Erhöhung der Standards mitträgt.

Fünftens. Der Freistaat Sachsen ist nur dort ausgleichspflichtig, wo er durch Entscheidungen des Sächsischen Landtages aufgrund eines Gesetzes für Mehrbelastungen sorgt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist uns im Zusammenhang mit der Umsetzung des Verschuldungsverbots besonders wichtig: keine Verschiebung zulasten der Kommunen im Freistaat Sachsen. Deshalb haben wir durch den Artikel 95 Abs. 1 sichergestellt, dass die Rechte der kommunalen Ebene nach den Artikeln 85 und 87 unberührt bleiben. In diesem Zusammenhang ist auch die geplante Änderung des Artikels 85 zu sehen.

Der Freistaat Sachsen braucht leistungsstarke Kommunen. Subsidiarität, meine Damen und Herren, bleibt die wichtigste Grundlage des Verfassungsstaates Sachsen. Deshalb sieht die Sächsische Verfassung bisher zwei selbstständige Finanzgarantien vor, die einen grundlegend verschiedenen Ansatz haben.

So verpflichtet der Artikel 87 Abs. 1 den Freistaat – ungeachtet der zur kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Artikels 82 Abs. 2 zählenden Finanzhoheit der Kommunen –, dafür Sorge zu tragen, dass die kommunalen Träger ihre Aufgaben erfüllen können. Dies beinhaltet nach der Rechtsprechung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs eine Einstandspflicht für eine ausreichende

Finanzausstattung, soweit die Kommunen nicht durch eigene Einnahmen oder Mittel des Bundes eine adäquate Finanzausstattung haben. Dieser Anspruch steht unter dem Vorbehalt – und das bleibt auch so – der finanziellen Leistungsfähigkeit des Freistaates Sachsen.

Hiervon zu trennen ist jedoch die Regelung im Artikel 85 der Sächsischen Verfassung. Seit dem Inkrafttreten der Verfassung ist das Konnexitätsprinzip in Artikel 85 geregelt. Den kommunalen Trägern der Selbstverwaltung kann gemäß Artikel 85 Abs. 1 durch Gesetz die Erledigung bestimmter Aufgaben übertragen werden. Dabei sind Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen.

Abs. 2 regelt – und verpflichtet den Freistaat Sachsen nach dem bisherigen Wortlaut –, einen finanziellen Ausgleich zu schaffen, wenn die gesetzliche Übertragung einer Aufgabe zu einer Mehrbelastung führt. Diese Regelung ist unstrittig. Zur Klarstellung: Artikel 85 Abs. 2 Satz 1 bleibt unberührt und wird von uns in der Diskussion nicht angetastet. Damit ist auch die Wirkungsweise dieses Satzes gleich der bisherigen Wirkung.

Neu geregelt wird hingegen, wenn freiwillige Aufgaben zu Pflichtaufgaben umgewandelt werden. Diese sind entsprechend ausgleichspflichtig. Es sollte kein Missverständnis im Raum stehen bleiben. Bestehende Aufgaben hingegen sind nicht mit freiwilligen Aufgaben gleichzusetzen. Das war bei meiner Vorvorrednerin meines Erachtens ein Missverständnis. Wir haben uns eindeutig darauf verständigt, dass die bestehenden Aufgaben, die wir neu geregelt haben, in Artikel 85 Abs. 2 eben nicht mit freiwilligen Aufgaben gleichzusetzen sind.

Zur Präzisierung und Klarstellung soll zukünftig verfassungsrechtlich abgesichert werden, dass ein Mehrbelastungsausgleich auch zu leisten ist, wenn freiwillige Aufgaben in Pflichtaufgaben umgewandelt werden. Dies gilt auch in jenen Fällen, in denen der Freistaat durch Gesetz oder Rechtsverordnung nachträglich eine finanzielle Mehrbelastung bei der Erledigung übertragener oder bestehender Aufgaben unmittelbar verursacht.

Dies ist ein enormer Anspruch, der natürlich besonders diejenigen binden wird, die die meisten Gesetzentwürfe zur Beratung in den Landtag einbringen. Es soll sich keiner mehr vorstellen können, dass Standarderhöhungen, durch den Freistaat verursacht, natürlich nicht ohne die entsprechende Finanzierung bleiben werden.

(Einzelbeifall bei der CDU)

Das ist ein Appell – mein Kollege Michel legte es dar –: Es wird zu einer sehr starken Standardreduzierung kommen. Wir können den Kommunen nicht noch mehr aufbürden. Wir können ihnen auch nicht mehr in Gesetzen – seien es Kommunalgesetze, Gemeindeordnungen – vorschreiben, welche Aufgaben von welcher Qualifikation zu erfüllen sind; denn das wird alles ausgleichspflichtig. Dessen muss man sich bewusst sein.

(Horst Wehner, DIE LINKE: Genau!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Voraussetzung ist, dass der Freistaat Sachsen einen eigenen materiellen Gestaltungsspielraum überhaupt hat. Das hat aber auch zur Folge, dass die Entscheidungen der Europäischen Union oder des Bundes eben auch nur noch eins zu eins übernommen werden können. Der Freistaat kann es sich nicht mehr leisten, eine Abweichung zu einer Übernahme zu machen, denn das wäre auch ausgleichspflichtig. Dies betrifft aber nur solche Regelungen, die unmittelbar die Erledigung von Aufgaben betreffen, die nach Artikel 85 Abs. 1 übertragen wurden. Der Übertragungsmechanismus bleibt, weil Artikel 85 Abs. 1 von uns nicht geändert wird.