Protocol of the Session on April 17, 2013

Wer seine Kleinkläranlage erneuern oder eine neue einbauen muss, der muss in Sachsen neben der sächsischen Kleinkläranlagenverordnung das Wasserhaushaltsgesetz, die Wasserrahmenrichtlinie der EU, diverse Rechtsverordnungen der Bundesregierung sowie verschiedene Informationen der EU-Kommission beachten. Da schreibt sich, das wissen wir mittlerweile, so manche Doktorarbeit wesentlich leichter, wie wir seit den Fällen Guttenberg und Schavan wissen. Dem Hauseigentümer bleibt in der Regel nichts anderes übrig, als die Anlage so überdimensionieren zu lassen, dass er auf der rechtlich sicheren Seite ist, wozu ihm wahrscheinlich auch der Fach- oder Handwerksbetrieb raten dürfte.

Hinzu kommt, dass die verfügbare Technologie für vollbiologische Kleinkläranlagen angeblich so wackelig ist, dass 25 % der neu errichteten Anlagen nach kurzer Zeit ausfallen. Bei Anschaffungs- und Installationskosten von bis zu 12 000 Euro und einem Fertigstellungstermin bis Ende 2015 kann man sich vorstellen, welche finanzielle Belastung und welche Risiken auf viele einkommensschwache Grundstückseigentümer zukommen. Zwar wird nach Ziffer 5.2.3 der SMUL-Förderrichtlinie für Siedlungswasserwirtschaft jede neu errichtete Kleinkläranlage mit biologischer Reinigungsstufe für einen Vierpersonenhaushalt mit 1 500 Euro gefördert zuzüglich 150 Euro für jede weitere Person. Für die Nachrüstung einer schon vorhandenen Anlage mit biologischer Reinigungsstufe für bis zu vier Personen gibt es 1 000 Euro, ebenfalls zuzüglich 150 Euro für jede weitere Person. Weitere Zuschüsse oder etwaige zinsverbilligte Darlehen der Sächsischen Aufbaubank sind für den Bau von normalen grundstücksbezogenen Einzelanlagen anscheinend nicht vorgesehen und stoßen unter Umständen sogar auf rechtliche Schwierigkeiten.

Ein Beispiel aus der Praxis: Die Stadt Strehla im Landkreis Meißen wollte den betroffenen Grundstückseigentümern in einem ihrer Stadtteile eine zusätzlichen Zuschuss in Höhe von 500 Euro gewähren, wurde aber vom Landkreis daran gehindert mit der Begründung, dies würde gegen den Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 Grundgesetz verstoßen. Das ist eine Begründung, die nach einer von der NPD-Fraktion eingeholten Rechtsexpertise vielleicht sogar stimmen könnte. Bezeichnend für die Politik der Staatsregierung gegenüber dem ländlichen Raum und den Landkreisen ist im Zusammenhang mit den gewährten Zuschüssen auch folgender Umstand: Laut Ziffer 5.2.3 a Förderrichtlinie für Siedlungswasserwirtschaft erhöht sich der Zuschuss um 200 Euro für jedes weitere Grundstück, das an eine Kleinkläranlage angeschlossen wird.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Diese Regelung gilt maximal für insgesamt zehn Grundstücke. Daran erkennt man deutlich, dass die Staatsregierung den Bau von mittleren Gruppenkläranlagen zum Beispiel mit bis zu 50 angeschlossenen Grundstücken offenbar verändern will, egal, ob sie privat oder in öffentlicher Trägerschaft gebaut werden könnten.

Allein dieser Fakt stimmt mit der allgemeinen Abkehr der Staatsregierung von zentralen Kläranlagen im ländlichen Raum und der Hinwendung zu dezentralen Kläranlagen überein. Wie die NPD-Fraktion schon öfter festgestellt hat, hat die Staatsregierung offenbar überhaupt kein Konzept und keinerlei Pläne für die Wiederbelebung Sachsens schrumpfender Regionen.

Dieser Vorwurf, den ich eben erhoben habe, wird der Staatsregierung auch in einem offenen Brief der im Vogtland gegründeten Bürgerinitiative „Abwasser Vogtland“ gemacht. Es heißt dazu wörtlich – ich zitiere –: „Seit einiger Zeit sorgt die Abwasserpolitik im Vogtland

für große Unruhe und Besorgnis. Viele Bürger, vor allem im ländlichen Raum, sehen sich als Immobilien- und Hausbesitzer existenziell bedroht und verweisen auf die Störung des sozialen Friedens zwischen Stadt und Land. Bürgerinitiativen und Interessengemeinschaften im

Vogtland und im ganzen Freistaat Sachsen bilden sich und machen auf Fehlinterpretationen, unterschiedliche Auslegungen durch Kommunalverwaltungen und die mangelhafte Untersetzung bestehender unverständlicher Gesetzlichkeiten aufmerksam. Abwasserbeseitigung von kommunalen Aufgaben abzukoppeln und die Kosten zwischen Stadt und Land so ungerecht und unsozial verteilen zu wollen, führt zu einer weiteren Entvölkerung des ländlichen Raum“.

Weiterhin heißt es in diesem Papier wie folgt: „Blühende Wiesen im Vogtland gibt es reichlich. Immer öfter fehlen die Menschen, die diese bewahren und sich über diese Umwelt freuen können. Lobbyistisch betriebener Umwelt- und Klimaschutz vom Klassenprimus Deutschland ist längst zum profitablen Wirtschaftsfaktor geworden und entbehrt zunehmend fachlich fundierter Kenntnisse und menschlicher Vernunft. Deshalb fordern wir alle Kompetenzträger auf, anstehende Gesetzgebungsverfahren

hinsichtlich sinnvoller, bezahlbarer und gerechter Regelungen kritisch zu hinterfragen und neu zu entscheiden.“ Das ist das Zitatende der Bürgerinitiative „Abwasser Vogtland“. Diesen Appell unterstützt die NPD-Fraktion voll und ganz.

(Zuruf der Abg. Andrea Roth, DIE LINKE)

Frau Roth, Sie haben gleich das Wort und können darauf antworten.

Wie auch die Bürgerinitiative unterstreicht, geht es dabei keineswegs darum, Umweltschutz zu verhindern. Ein gutes Grundwasser und saubere Gewässer liegen selbstverständlich im Interesse aller Bürger und des ganzen Landes. Es kann aber nicht das umweltpolitische Ziel sein, bis zum 31. Dezember 2015 eine flächendeckende Errichtung von vollbiologischen Kläranlagen in Sachsen zu erreichen, sondern vielmehr bis zu diesem Termin eine möglichst gute Wasserqualität herzustellen und zwar unter der Beachtung einer Reihe von wichtigen Prioritäten, also Vorbedingungen, die die NPD-Fraktion in folgender Reihenfolge gegliedert sieht:

Erstens: Verhinderung des finanziellen Ruins und des möglichen Eigentumsverlustes vieler einkommensschwacher Hausbesitzer.

Zweitens: Verhinderung des Verfalls vieler Anwesen und Gebäude mangels ausreichender Mittel zur Instandhaltung.

Drittens: Verhinderung eines kräftigen Rückgangs der Kaufkraft im ländlichen Raum.

Viertens: Verhinderung einer Zunahme der kommunalen Sozialausgaben.

Fünftens: Endlich und schließlich die Verhinderung einer verstärkten Abwanderung aus der ohnehin schon vom Schrumpfungsprozess geprägten ländlichen Region.

Die Staatsregierung hat den Weg, auch im Bundesvergleich, einer relativ ehrgeizigen pauschalen Fristsetzung gewählt. Nach Auffassung der NPD ist das aber der sowohl unsozialste als auch unökonomischste und im Hinblick auf die Belange der Landesentwicklung schlechteste Weg. Bei einer vernünftigen und sozial verträglichen Vorgehensweise versucht man eben gerade nicht, undifferenziert und ohne Rücksicht auf Verluste bis zum festgesetzten Termin einen flächendeckenden Anlagenausbau zu erreichen, sondern vielmehr unter Einhaltung einiger unerlässlicher sozialer und infrastruktureller Bedingungen einen möglichst guten Wasserzustand herzustellen.

Wenn absehbar ist, dass dieser dann doch nicht dem geforderten Zustand ganz entsprechen wird, muss man eben die schon erwähnte Fristverlängerung nach Artikel 4 Abs. 4 EU-Wasserrahmenrichtlinie beantragen. In Bezug auf die Fristverlängerung ermöglicht die Wasserrahmenrichtlinie der EU sogar eine Fristverlängerung bis in das Jahr 2021 oder bis in das Jahr 2027. Von vielen anderen EU-Mitgliedstaaten außerhalb Deutschlands sind entsprechende Anträge zu erwarten.

Nach Auffassung der NPD wäre es ein völlig falscher Ehrgeiz, wenn Deutschland trotz mangelnder Belastbarkeit vieler Grundstückseigentümer auf Biegen und Brechen die Beantragung einer Fristverlängerung zu vermeiden versucht. Das wichtigste Argument für eine Fristverlängerung hierzulande ist nun einmal – das weiß man, wenn man in die ländlichen Regionen im Freistaat Sachsen schaut – die mangelnde finanzielle Belastbarkeit vieler Kostenträger, sprich vieler Bürger unseres Freistaates. Die deutliche Verschlechterung, die deren Finanzen durch die anvisierte pauschale Umrüstungspflicht erleiden würde, würde auch die Schwächung der Kaufkraft in den einzelnen Regionen, insbesondere in Mittelsachsen, im Vogtland und im Erzgebirge, zur Folge haben. Das würde zu einer stärkeren Belastung der kommunalen Haushalte führen, was wiederum die Infrastruktur schwächen und über kurz oder lang eine verstärkte Abwanderung nach sich ziehen würde.

Meine Damen und Herren! So sollten wir keinen Umweltschutz betreiben, sondern anders: intelligent, von langer Hand geplant und umsichtig. Die Zeit dazu, das muss man wissen, haben wir noch, auch wenn die EU in Brüssel darauf drängt, ihre im Lissaboner Vertrag festgesetzten Rechtssetzungskompetenzen auszuschöpfen. Um weitere Ausführungen wird sicherlich mein Kollege Mario Löffler in einer zweiten Runde dieser Debatte nicht verlegen sein.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Herr Abg. Heinz, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich Ihnen am Beispiel des Apfels erläutern möchte, warum Anträge grundsätzlich immer abzulehnen sind, welche die Unterschrift eines Partei- und/oder Fraktionsvorsitzenden tragen, welcher namensgleich mit einer ursprünglich aus Asien stammenden kleinen vielkernigen holzigen und sehr sauer schmeckenden Frucht ist, möchte ich in der gebotenen Kürze die fachlichen Gründe erläutern, warum wir diesen Antrag ablehnen.

Immer kurz vor dem Ablauf von Fristen kann man eine hektische Betriebsamkeit erleben. Sei es, wenn man nach dem ersten Schneefall einen Termin zum Aufziehen der Winterreifen sucht, sei es beim Verlängern von Ausweisen, dem sogenannten Dezemberfieber bei den Fördermittelanträgen, beim Verlängern des TÜVs für das Auto usw. So erleben wir es auch hier bei der Anpassung der Kleinkläranlagen auf den Stand der Technik.

Die Rechtslage dazu ist seit dem Jahr 2007 bekannt. Diese Umrüstung ist bis zum 31. Dezember 2015 abzuschließen. In Sachsen-Anhalt war der Stichtag der 31. Dezember 2009. In Mecklenburg-Vorpommern ist es der 31. Dezember 2013. Sachsen ist – entgegen sonstiger Dinge – nicht unbedingt der Spitzenreiter. Das Thema wird trotzdem ernst genommen.

Wie ich bereits sagte, ist die Rechtslage seit dem Jahr 2007 bekannt. Die entsprechende Richtlinie zur Kleinkläranlagenverordnung wurde im engen Einvernehmen mit dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag, der Berufsständischen Vertretung der Kommunen, die für die Umsetzung dieser Pflichtaufgaben verantwortlich sind, verabschiedet.

Stellen wir einmal die Frage, wie die Situation heute im Lande ist. Natürlich ist diese sehr differenziert. Deswegen rechtfertigt sie auch keinen pauschalen und populistischen Antrag.

Lassen Sie mich zwei Beispiele vortragen, warum dieser Antrag in dieser Form nicht nötig ist bzw. Dinge aufgeführt sind, die es bereits gibt. Zum einen ist die Situation in den verschiedenen Zweckverbandsgebieten sehr unterschiedlich. Es gibt Zweckverbandsgebiete, die den Umrüstungstermin locker einhalten können. Es gibt aber auch Zweckverbandsgebiete, die sich sehr anstrengen müssen, diesen Termin zu halten. Deshalb ist es wahrscheinlich klüger, folgende Frage zu stellen: Welche Anstrengungen sollten wir unternehmen, um den Zweckverbandsgebieten zu helfen, bei denen es noch große Probleme gibt?

Das Argument der Kostenübernahme für sozial Schwache ist kein kluges Argument, weil es bereits geregelt ist. Für diejenigen, die Hartz IV beziehen, sind die Kosten durch den Träger der Grundsicherung zu übernehmen. Probleme gibt es eher bei Leuten, die knapp über der Hartz-IVSchwelle liegen. Aber auch hier würden mir Lösungen einfallen, wie man solchen Leuten helfen könnte.

Wie schon gesagt: Eine generelle Verschiebung des Ziels ist sicherlich die ungeeignetste Lösung, weil nach Ende des Verschiebungszeitraums genau dieselben Probleme wieder auftreten, wie wir sie jetzt auch haben. Da gibt es immer wieder tausend gute Gründe, warum das alles nicht so sein soll.

Klüger ist zu fragen, wo die Probleme liegen, um dann Einzelfalllösungen zu schaffen, um Antragstellern zu helfen, die dann natürlich begründen müssen, warum sie bis zum 31.12.2005 das nicht geschafft haben und bis wann denn das Ziel zu erfüllen wäre.

Im Bereich Abwasser hatten wir schon zwei Mal solche Fristsetzungen. Das war zum einen 1998. Da waren alle Gebiete über 10 000 Einwohner auf den Stand der Technik zu bringen. 2005 waren die Verdichtungsgebiete über 2 000 Einwohner auf den Stand der Technik zu bringen. Auch hier gab es in Einzelfällen Fristverlängerungen in Abstimmung mit den unteren Wasserbehörden. Das konnte zum Beispiel damit zusammenhängen, dass Investitionspläne über den Zeitraum hinaus getätigt wurden, dass Straßenbaumaßnahmen nach den entsprechenden Fristen geplant waren und man deswegen die Straße nicht zwei Mal aufreißen wollte.

Und genauso, wie das damals geschehen ist, werden wir auch im Rahmen der Novelle des Wassergesetzes Aussagen treffen, wie mit Leuten umgegangen wird, welche ihre Anlage bis zum 31.12.2015 nicht auf den Stand der Technik gebracht haben. Fristverlängerungen wird es aber immer nur im Einzelfall geben können. Gründe dafür könnten zum Beispiel sein: Lieferschwierigkeiten bei Anlagenherstellern, Investitionspläne für Grubenlösungen nach 2015 oder aber auch das Fälligwerden von Bausparverträgen nach 2015 zur Finanzierung von Baumaßnahmen. Das Prinzip wird aber immer sein müssen: Einzelfallregelungen im Einvernehmen mit dem Zweckverband oder der unteren Wasserbehörde.

Nach Abschluss der Diskussion in der Fraktion und Koalition – spätestens jedoch mit der Novellierung des Wassergesetzes – werden wir das hier in diesem Hause in angemessener bzw. in geeigneter Art und Weise diskutieren und brauchen dazu keinen Oppositionsantrag und schon gar keinen so populistisch vergifteten.

Da es eine zweite Runde geben wird, hebe ich mir den zweiten Teil meines Redebeitrags auf und bedanke mich bis hierher.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Abg. Roth, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag ist wieder ein typisches Beispiel für die Täuschungsmanöver der NPDFraktion im Landtag. Wenn wir im zuständigen Ausschuss über die Abwasserproblematik beraten oder Experten anhören, fehlt die NPD, oder sie schweigt. Um dann wie heute hier die Tribüne des Landtags zu nutzen und sich als

Heilsbringer in der Öffentlichkeit aufspielen zu können, wird frech von der SPD und von der LINKEN kopiert.

(Arne Schimmer, NPD: Was ist denn kopiert worden?)

Sie machen Politik, wie Guttenberg seine Doktorarbeiten schreibt. Sie wollen den Menschen nicht helfen, sondern auf ihren Sorgen Ihr parteipolitisches Süppchen kochen.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Auf eine solche Scharlatanerie können die Menschen im Vogtland, in ganz Sachsen verzichten.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN und der SPD – Arne Schimmer, NPD: Sie haben kein Wort zur Sache gesagt!)

Herr Löffler, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Heinz, offensichtlich haben Sie unseren Antrag überhaupt nicht gelesen, sonst hätten Sie festgestellt, dass der von Ihnen benannte Fraktionsvorsitzende, Holger Apfel, diesen Antrag überhaupt nicht unterschrieben hat.

(Lachen bei der NPD – Zurufe von den LINKEN)