Protocol of the Session on March 13, 2013

Frau Klinger, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Natürlich.

Herr Krauß, bitte.

Da Sie jetzt ein bisschen schwimmen, würde mich mal interessieren: Sind Sie jetzt für die Freigabe von Drogen oder sind Sie nicht für die Freigabe aller Drogen?

Ich empfinde es nicht so, dass ich hier schwimmen würde, sondern ich versuche das herunterzubrechen, worum es geht.

(Alexander Krauß, CDU: Ja oder nein?)

Wir haben eine Aktuelle Debatte zu Crystal und ich versuche das Thema aufzuzeigen. Das Thema ist natürlich aktuell und wir haben einen massiven Zuwachs.

(Sebastian Fischer, CDU: Ja oder nein?)

Ja, es steht in dem Programm.

(Alexander Krauß, CDU: Dann sagen Sie es doch!)

Ja, und wir verbinden damit natürlich eine entsprechende Aufklärung und wollen einen selbstbestimmten Konsum von Substanzen ermöglichen.

(Unruhe bei der CDU)

Ja, es ist so. Wir wollen damit auch Kriminalität einschränken. Sabine Friedel hat bereits den Bericht der Global Commission on Drug Policy erwähnt, in dem ehemalige Regierungschefs und Wissenschaftler erklärt haben, dass der Krieg gegen die Drogen, wie er in den letzten 40, 50 Jahren geführt worden ist, gescheitert ist. Repression hat mehr Drogentote erzeugt als die Substanzen selbst.

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU – Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Frau Klinger, möchten Sie diese Zwischenfrage zulassen?

Herr Dr. Pellmann, bitte.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. Ich möchte meine Kollegin Klinger

fragen, ob Sie soeben zweimal hintereinander von Herrn Kollegen Seidel aus der CDU-Fraktion den Zwischenruf „Idioten!“ gehört hat, bezogen auf sie oder auf wen auch immer. Ich bitte zumindest, das im Protokoll zu prüfen und unter Umständen mit einem Ordnungsruf zu ahnden.

(Beifall bei den LINKEN – Staatsminister Markus Ulbig: Bestimmt hat er die Drogendealer gemeint!)

Das habe ich, wenn dem so sein sollte, zum Glück nicht gehört. Aber es ist bezeichnend für den Umgang hier, und getroffene Hunde bellen.

(Staatsminister Markus Ulbig: Wahrscheinlich war es für die Drogendealer! – Unruhe im Saal)

Zurück zum Thema. Ich habe dieses Zitat gebracht. Die Herstellung von Crystal ist einfach. Es wird in sogenannten mobilen Küchen hergestellt. Die Gerätschaften dazu lassen sich in einer großen, geräumigen Sporttasche unterbringen. Die Substanz wird in ländlichen Regionen – übrigens auch in Deutschland – in diesen mobilen Küchen, die schnell versetzbar sind, hergestellt. Die Ausgangsstoffe sind nicht rezeptpflichtige Medikamente, die man hier legal erwerben kann. Wann kommt man beispielsweise einmal darauf, wie in den USA Ephedrin zu verknappen? Auch dafür gibt es Ausweichmöglichkeiten. Es gibt circa 20 sogenannte Kochvorschriften, die derzeit kursieren. Dort muss angesetzt werden.

Sachsen braucht keine plumpen, teuren Repressionen. Das haben zum Beispiel die Komplexkontrollen in Leipzig gezeigt. Sie haben mit einem riesigen Geldaufwand, einem riesigen personellen Aufwand nur sehr geringe Erfolge erzielt. Das hat die Polizei eingesehen und sie wurden wieder abgeschafft.

Was macht Repression? Repression verdrängt die Probleme in den Privatbereich. Dort hat Suchthilfe keinen Zugriff mehr auf die Menschen, die Hilfe benötigen. Und sie verdrängt die Probleme in den Knast. Damit kann sich ja dann die externe Suchtberatung in den Justizvollzugsanstalten beschäftigen.

Sachsen braucht stattdessen ein Suchthilfesystem, das flexibel und angepasst an Suchttrends und Nutzergruppen ist.

Frau Klinger, ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

– Das mache ich. – Es muss gut ausgestattet sein. Es muss niedrigschwellige, schnelle Kontaktmöglichkeiten geben. Bei Crystal sind die Erstkontaktzeiträume ganz wichtig. Die Vermittlung in Entgiftung und Therapie muss viel schneller passieren. Wir brauchen Suchtprävention und neue Konzepte dafür, die zielgruppen- und lebenslagenspezifisch organisiert sind, damit sie die richtigen Zielgruppen erreichen können.

Die Redezeit ist jetzt vorüber.

Eine konstruktive Debatte wird aufgrund unserer Anträge heute Abend noch möglich sein.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE)

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich frage, ob eine Fraktion noch das Wort in der zweiten Runde wünscht. – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Ulbig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Dafür, dass das Thema Crystal im Mittelpunkt der heutigen Parlamentsdebatte steht, bin ich sehr dankbar. Die unterschiedlichen Perspektiven sind deutlich zum Tragen gekommen.

Erstens. Ja, die Ursachen sind vielschichtig und, ja, ich sehe hier eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Neben einer konsequenten Strafverfolgung, zu der ich gleich noch etwas sagen werde, ist tatsächlich die gesamte Gesellschaft gefordert: Elternhaus, Schule, wir alle. Wir müssen eigentlich im Vorfeld dafür Sorge tragen – neben der Suchtberatung, die sicher unbedingt notwendig ist, wenn Menschen krank, nämlich abhängig, geworden sind –, dass die Menschen nicht erst in diese Abhängigkeit kommen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Deshalb ist es klares Anliegen der Staatsregierung, in diesem gesamten Themenkomplex dafür zu sorgen, dass dieses Dunkelfeld aufgehellt wird. Es ist heute schon angesprochen worden: Bei diesem Kriminalitätsbereich handelt es sich um eine Hol- oder Verfolgungskriminalität. Anders als beim Kfz-Diebstahl, wo logischerweise jeder Diebstahl angezeigt wird, ist es hier eine völlig andere Situation.

Deshalb, meine Damen und Herren, haben wir, habe ich ganz klar entschieden, dass das Thema Repression und damit der Verfolgungsdruck im Bereich der Polizei einen besonderen Schwerpunkt bildet. Deshalb hat es im letzten Jahr einen weiteren Anstieg von Rauschgiftkriminalität gegeben: 9,6 %.

Was mich besonders beunruhigt und deshalb will ich es ansprechen: Innerhalb dieser Veränderungen ist der Anstieg in Richtung dieser synthetischen Drogen größer gewesen. Das bedeutet, wir haben jetzt fast die Hälfte aller Drogendelikte, die im Bereich der synthetischen Drogen festzustellen sind. Das ist besorgniserregend. Aus diesem Grund haben wir die Kontrollen nicht nur verstärkt, sondern gesagt, es muss grenzüberschreitend

passieren, gemeinsam mit Zoll, Bundespolizei, aber auch mit der entsprechenden Landespolizei.

Es wurde hier angesprochen: Wir haben im Dezember 2012 eine neue polizeiliche Bekämpfungskonzeption erarbeitet, um den Verfolgungsdruck entsprechend nach oben zu bringen. Wir müssen nicht nur an die Verteiler, sondern auch an die Kriminellen, an diejenigen, die die Hintermänner sind, heran.

Deshalb ist nach meiner festen Überzeugung nicht die Lösung, die Grenzen dicht zu machen, sondern grenzüberschreitend noch intensiver zusammenzuarbeiten. Dort sind wir mit den tschechischen Kollegen auf einem sehr guten Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der FDP und der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Denn – das will ich klar in diese Richtung sagen – die Betäubungsmittelkriminalität hat es immer gegeben, und die Betäubungsmittel haben leider ihren Weg auch über geschlossene Grenzen und über Ozeane gefunden. Vor diesem Hintergrund ist das mit Sicherheit gerade bei dieser Kriminalitätsart nicht der richtige Ansatz.

Der Hofer Dialog ist angesprochen worden. Er wurde am 13.02.2011 aufgenommen. Es wurden intensive Arbeitsgruppen eingerichtet, und es gab ein geordnetes Verfahren mit den Tschechen, den Bayern und der Bundesebene, das dazu geführt hat, dass wir mittlerweile auch auf tschechischer Seite eine veränderte Sicht auf die Dinge haben. Ich erkenne, dass es dort eine Prioritätensetzung gibt. In den letzten Monaten sind deutlich mehr Aktivitäten gemeinsam grenzüberschreitend gelaufen als in den Jahren zuvor. Das macht sich dann auch bei der Aufklärung bemerkbar.

Ich bin froh, dass der tschechische Innenminister, Kollege Kubice, mir zugesichert hat, dass wir noch im Mai dieses Jahres eine gemeinsame Fahndungsgruppe nach dem Vorbild der GSG Neiße ins Leben rufen werden, sodass wir noch intensiver grenzüberschreitend zusammenarbeiten. Ich bin auch froh, dass die Diskussion bzw. der Druck dazu geführt haben, dass man auch auf tschechischer Seite darüber nachdenkt, die sogenannten geringen Mengen und die Regelung wieder anzupacken und dort noch einmal tätig zu werden.

Neben all diesen Aktivitäten im Bereich der Repression ist natürlich auch die Prävention ganz wichtig. Eines möchte ich vorwegstellen. Neben vielen Dingen, die der Staat und die staatlichen Organisationen zu leisten haben, ist es auch wichtig, dass die Zivilgesellschaft ihren Beitrag dazu bringt; denn in vielen Diskussionen, die ich mit Bürgermeistern, mit Menschen in Städten und Gemeinden führe, höre ich dann, ja, hier an dieser Schule oder dort gibt es ein Problem. Auf meine Frage, habt Ihr das schon einmal zur Anzeige gebracht oder seid Ihr damit offen umgegangen, bekomme ich nicht immer ein klares Ja. Deshalb geht meine Aufforderung hier an die Zivilgesellschaft, dass das kein Thema ist, bei dem man wegschauen kann, sondern das beachtet werden muss. Hier sind alle gefordert.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zum Thema Prävention wird heute Nachmittag noch intensiver gesprochen. Ich möchte nur darauf eingehen, weil gesagt wurde, die Staatsregierung hätte das Thema nicht auf dem Schirm gehabt. Wir haben das Thema Crystal schon 2001 im polizeilichen Lagebericht aufgenommen und seitdem die präventive Arbeit begonnen. Unter anderem wird seit 2008 landesweit eine entsprechende DVD verbreitet.

Die Informationsbroschüre ist von Frau Herrmann angesprochen worden. Diese hat der Landespräventionsrat mit seinen Mitteln mitfinanziert. Ich finde das überhaupt nicht problematisch, sondern eher vernünftig, dass es bei dieser Aufgabe unterschiedliche Akteure gibt und dass auch zivilgesellschaftliche Organisationen hier mit aktiv werden.