Protocol of the Session on January 31, 2013

Innenminister Ulbig (CDU) beabsichtigt nach einer Pressemeldung der „Freien Presse“ – „45 Rechtsextremisten in Sachsen haben einen Waffenschein“ vom 19. Januar 2013 –, sich auf Bundesebene für eine Änderung des Waffengesetzes starkzumachen und beim Kriterium „Zuverlässigkeit“ die Eingriffsschwelle zu senken. Au

ßerdem sollte über eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz nachgedacht werden.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Wann startet der Innenminister bzw. die Staatsregierung eine Bundesratsinitiative oder Initiative auf Ebene der Fachministerkonferenz zur Änderung des Waffenrechts mit welchen inhaltlichen Schwerpunkten? (Bitte sämtliche Schwerpunkte angeben: Senkung der Eingriffsschwellen bei Zuverlässigkeitsprüfung, Maßnahmen

gegen Waffenmissbrauch, Abrüstung in Privatwohnungen, Verbot halbautomatischer kriegswaffenähnlicher Schusswaffen oder anderes.)

2. Inwieweit gewährleistet eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz, dass die Waffenbehörden auch die notwendigen Informationen vom Verfassungsschutz

erhalten, wenn die Ämter für Verfassungsschutz trotz des Vorliegens konkreter Anhaltspunkte für eine waffenrechtliche Überprüfung das Vorliegen eines Übermittlungsverbots aus Quellenschutzgründen feststellen?

Die Antwort erteilt Herr Staatsminister Ulbig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Abg. Lichdi, ich trage die Antworten auf beide Anfragen gemeinsam vor.

Die zitierte Pressemitteilung bringt mein Anliegen zutreffend zum Ausdruck: Keine Waffen in die Hände von Extremisten. Sie sprechen unter anderem die Regelanfrage beim Verfassungsschutz an und damit die Initiative aus Niedersachsen, bei der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung immer auch beim Verfassungsschutz anzufragen. Dies ist aus meiner Sicht ein erster und wichtiger Schritt zu diesem Ziel. Die Waffenbehörden sollen bei der Zuverlässigkeitsprüfung die bestmögliche Ausgangsbasis für ihre Entscheidung haben, wer die Gewähr für einen zuverlässigen Umgang mit Waffen bietet.

Der Verfassungsschutz ist die Behörde, die die Erkenntnisse zum Extremismus sammelt. Wir müssen uns deshalb auf ihn stützen und ihn früh ins Spiel bringen. Ich möchte einen ernsten und echten Philosophiewechsel beim Verfassungsschutz, das heißt, dass die dort gesammelten Informationen auch zur Verfügung stehen. Der Verfassungsschutz weiß, wer Extremisten sind, und die Waffenbehörde weiß, wer Waffen hat bzw. wer eine entsprechende Erlaubnis beantragt. Das muss zusammenkommen.

Meine Äußerungen vom 19. Januar 2013 gehen aber weiter, als nur eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz einzuführen. Wir müssen Fälle angehen, wie die 45 Extremisten in Sachsen. In diesen Fällen ist der Verfassungsschutz auf Inhaber von Waffenerlaubnissen gestoßen, die Bezüge zum Rechtsextremismus haben und bei denen unter Umständen mit einer Regelanfrage das Erlaubnisverfahren anders abgelaufen wäre.

(Jürgen Gansel, NPD: Meine Wasserpistole haben Sie noch nicht mitgezählt! – Zuruf von der CDU)

Jetzt müssen wir in enger Abstimmung mit den betroffenen Verbänden ausloten, wie Gesetze gestaltet werden müssen, um das eingangs von mir genannte Ziel zu erreichen. Ich strebe an, entsprechende Vorschläge auf der nächsten Innenministerkonferenz vorzustellen und zu diskutieren. Ich werde den Gesprächen und Abstimmungen mit meinen Fachkollegen in den Ländern und im Bund sowie den betroffenen Verbänden derzeit nicht vorgreifen. Was aber in jedem Falle schädlich wäre, sind Trittbrettfahrer, die diese Initiative mit einer allgemeinen Verschärfung des Waffenrechts verknoten wollen.

Ganz konkret heißt das, Herr Lichdi, dass ich die im Bundestag von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN eingebrachte Initiative zur Verschärfung des Waffenrechts nicht unterstützen werde. Die dort aufgestellten Forderungen sind aus meiner Sicht überzogen und richten sich insbesondere gegen die Interessen der Sportschützen und Jäger. Das ist nicht mein Ziel.

(Jürgen Gansel, NPD: Da gibt es aber auch Sympathisanten!)

Sie haben Nachfragen, Herr Lichdi? – Bitte.

Ja, Herr Präsident, vielen Dank. – Herr Staatsminister, vielen Dank für die Auskünfte. Ich möchte noch einmal auf den Punkt 2 meiner Frage hinweisen. Dort habe ich auf die Antwort auf eine Kleine Anfrage Bezug genommen, die Sie mir erteilt haben. Gegenstand Ihrer Antwort war, dass eine Übermittlung von Erkenntnissen seitens des Landesamtes für Verfassungsschutz in elf Fällen – oder waren es 13?, es mag sein, dass ich mich täusche, also in elf bis 13 Fällen – an die Waffenbehörden unterblieben ist, weil das Landesamt für Verfassungsschutz gemeint hat, es müsste seine Quellen schützen.

Von daher möchte ich meine Frage noch einmal verstärken: Wenn sich der Verfassungsschutz im Zweifel auf Quellenschutz beruft, inwieweit kann eine Regelanfrage dann dort überhaupt helfen?

Herr Lichdi, erst einmal – das mache ich jetzt auch aus der Erinnerung, ich hoffe, ich liege näher dran, es waren 16 – –

Im Sommer waren es 16, jetzt waren es noch elf, so ungefähr.

Wir gleichen die Zahlen noch einmal miteinander ab. Insofern haben Sie recht, dass es immer wieder Fälle geben kann, in denen dem Quellenschutz eine besondere Bedeutung beigemessen werden muss. Allerdings haben die Zahlen aus meiner Sicht klar und deutlich gezeigt, dass der weitaus größere Teil der Fälle so gelagert ist, dass die Informationen zugeleitet werden können und damit aus der Behörde – also, wenn die Regelanfrage in Zukunft zugrunde gelegt werden würde – ausfließen kann und damit die Waffenbehörden eine bessere Grundlage für

ihre derzeitige Ermessungsentscheidung haben. Das ist das Ziel, das ich ganz klar erreichen will.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

(Arne Schimmer, NPD, steht am Mikrofon.)

Jetzt muss ich fragen, ob das möglich ist. Wir sind in der Fragestunde.

(Jürgen Gansel, NPD: Das darf er! – Zuruf von der CDU: Es war zu spät? – Zuruf von der NPD: Es war nicht zu spät! – Abstimmung des Präsidenten mit dem Juristischen Dienst)

Sie können jetzt nur eine Nachfrage stellen, Herr Schimmer.

Ja, ich wollte an den Staatsminister die Nachfrage stellen, inwieweit es seiner Auffassung nach mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar ist, dass Personen, die niemals irgendeine Straftat begangen haben, möglicherweise trotzdem die Waffe entzogen wird, nur weil sie Ihrer Auffassung nach eine falsche weltanschauliche oder politische Grundrichtung vertreten.

(Christian Piwarz, CDU: Suggestivfrage!)

Herr Staatsminister Ulbig, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Schimmer, ich denke,

in meinen Ausführungen ist nicht von einer Weltanschauung gesprochen worden, sondern das Ziel ist ganz klar: Wer rechtsstaatliche Grundsätze und die freiheitliche demokratische Grundordnung ablehnt – das ist das Ziel, was ich verfolge –, der soll in Zukunft auch keine Waffen führen können.

(Beifall bei der CDU)

Wer definiert das?

Die Frage „Wer definiert das?“ wäre die zweite Nachfrage.

Genau. Wer definiert das eigentlich? Herr Staatsminister, definieren Sie den Personenkreis, der rechtsstaatliche Grundsätze ablehnt? Denn wir haben ja das Problem, dass sozusagen die Exekutive – –

Sie haben mit „Wer definiert das?“ eine Nachfrage gestellt und auf diese würde Herr Staatsminister nach unserer Geschäftsordnung antworten.

Herr Schimmer, dazu sage ich Ihnen: Seien Sie doch gespannt und schauen Sie mal, wie der Formulierungsvorschlag in Richtung IMK von uns aussehen wird.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind damit am Ende der Fragestunde angekommen und haben die vorliegenden Fragen abgearbeitet. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Schriftliche Beantwortung weiterer Fragen

Gesundheitsbelastungen in Zusammenhang mit dem Brand in der Recyclinganlage in Reichenbach (Vogtlandkreis) 2007

Ein mir vorliegendes Schreiben der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft vom 4. Juni 2007 (AZ 74- 8302.25) informiert über eine Untersagung der Verfütterung von Futter des Dauergrünlandes in Schneidenbach aufgrund von Dioxinbelastungen.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Warum wurde 2007 in Schneidenbach die Verfütterung von Futter des Dauergrünlandes untersagt (Bitte um eine allgemeinverständliche Begründung)?

2. Wie wurden die Landwirte für die Einkommensverluste entschädigt?

Zur ersten Frage nehme ich wie folgt Stellung:

In dem Futtermittel, Grüngut (erster Weideaufwuchs), vom Dauergrünland des betroffenen Landwirts wurde Dioxin nachgewiesen. Dioxin ist futtermittelrechtlich ein unerwünschter Stoff mit einem gesetzlich festgelegten Höchstgehalt.