Wir könnten eine weitere Rednerrunde eröffnen. Jetzt geht meine Frage an die Fraktionen: Gibt es in einer zweiten Runde noch Redebedarf? – Den kann ich nicht erkennen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Debatten in diesem Hohen Hause können manchmal sehr bildend sein; die gerade laufende Debatte ist ein Beispiel dafür.
Wir erfahren in dieser Landtagsdebatte, wie rot-grüne Koalitionen funktionieren – besser: wie sie nicht funktionieren. Deshalb sollten wir Ihnen von Rot-Grün weder auf Bundes- noch auf Landesebene Verantwortung übertragen.
Uns liegt hier ein Antrag der SPD-Fraktion vor, genau jener SPD-Fraktion, die auf der Bundesebene elf Jahre lang das Amt des Bundesverkehrsministers verantwortete. Können Sie sich noch daran erinnern, wie der Verkehrsminister hieß, der 2009 aus dem Amt schied? Es war ein gewisser Wolfgang Tiefensee – aus Ihrem Landesverband, lieber Martin Dulig! –, der diese Politik verantwortete.
Ganz offensichtlich wollte sich die SPD in der rot-grünen Bundesregierung massiv gegen die bösen Grünen durchsetzen, um endlich Lärmminderung auf der Schiene zu erreichen; sie hat es aber nicht geschafft. Die Grünen wiederum – damals Koalitionspartner – wollten sich demnach gegen den Willen der SPD in der Bundesregierung vehement für lärmmindernde Maßnahmen einsetzen, haben es aber auch nicht geschafft. Angesichts von so viel rot-grünem Versagen auf der Bundesebene kann ich nur sagen: Diese Koalition darf in Deutschland nicht mehr regieren!
Rot-Grün hat in dieser Frage auf der Bundesebene sieben Jahre lang nichts hinbekommen. Es waren sieben Jahre rot-grünen Versagens auf diesem Gebiet. Und dann führen Sie hier solch eine Debatte! Ich freue mich auf den Wahlkampf. Wir werden das den Menschen erklären.
(Beifall bei der FDP – Stefan Brangs, SPD: Gab es heute Freibier, oder was? Eines Ministers unwürdig!)
(Stefan Brangs, SPD: Das ist ja Krawall! Das ist wie auf dem Karneval! – Christian Piwarz, CDU: Das ist wie bei Dir! Keinen Deut besser!)
Sehr geehrter Herr Kollege Brangs, dass es Ihnen nicht gefällt, wenn ich Ihnen Ihr Versagen auf der Bundesebene zu Recht vorhalte, kann ich gut und gern nachvollziehen. Wenn Sie sich aber die jüngsten Landtagswahlen anschauen, die in Deutschland stattfanden, werden auch Sie zur Kenntnis nehmen, dass die Wählerinnen und Wähler sehr intelligent mit der Vergabe ihrer Stimme umgehen.
Weil sie das tun, sind wir, CDU und FDP im Freistaat Sachsen, vollkommen beruhigt. Wir sind uns sicher, dass Ihnen die Wählerinnen und Wähler Ihre Krokodilstränen, die Sie heute im Zusammenhang mit der Lärmproblematik beim Schienenverkehr vergossen haben, nicht mehr abnehmen. Sie hatten es sieben Jahre in der Hand, etwas zu tun. Sie haben nichts getan. Sie haben versagt!
Schwarz-Gelb ist initiativ geworden hinsichtlich eines lärmabhängigen Trassenpreissystems. Sie beklagen hier, dass es zu spät zustande gekommen ist. Okay, man hätte es vielleicht früher bzw. schneller umsetzen können. Aber man muss der Wirtschaft die Chance geben, sich auf gewisse Gegebenheiten einzustellen. Wenn Sie aber vor sieben Jahren angepackt hätten, dann hätten wir es jetzt schon! Das ist Ihr Versagen, und das werfe ich Ihnen vor.
Das Gleiche gilt auch für die Einführung des Schienenbonusses. Man kann sich gern mehr wünschen. Wir werden darüber am Freitag im Bundesrat debattieren. Nach den Ergebnissen der Ausschussabstimmungen ist zu erwarten, dass Rot-Grün im Bundesrat den Vermittlungsausschuss anrufen wird und wir gerade nicht zu der Abschaffung des Schienenbonusses kommen werden. Auch hier gilt: Unsere Position als CDU und FDP im Freistaat Sachsen ist klar. Im Bundesrat werden wir dem Vorschlag der Bundesregierung zustimmen. Sie lehnen ihn ab. Sie brauchen uns nicht aufzufordern, uns auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass der Schienenlärm abnimmt. Wir tun das bereits. Sie sind es, die im Bundesrat eine entsprechende Beschlussfassung am Freitag wahrscheinlich verhindern werden, sehr geehrte Damen und Herren von SPD und GRÜNEN.
Wir wissen natürlich auch, dass wir bei baulichen Maßnahmen an Grenzen stoßen, insbesondere ist das in Sachsen im Elbtal der Fall. Wer schon einmal mit der Bahn die Strecke von Dresden nach Prag gefahren ist, der weiß, wie eng es im Elbtal ist und dass es hier kaum Raum für passive Schallschutzmaßnahmen gibt.
Ich freue mich daher, dass der Landtag einstimmig beschlossen hat, sich für einen neuen Schienenkorridor zwischen Dresden und Prag und einen entsprechenden Tunnel durch das Erzgebirge einzusetzen. Ich bedauere aber, dass die GRÜNEN sich inzwischen von dieser Einstimmigkeit verabschiedet haben,
wie wir inzwischen durch die entsprechenden Stellungnahmen öffentlich von Frau Jähnigen lesen konnten. In diesem Parlament ist in einer Prioritätensetzung der Schienenausbauprojekte genau jene Verbindung von Dresden nach Prag einstimmig beschlossen worden. Ich begrüße das. Ich bedauere, dass die GRÜNEN heute davon nichts mehr wissen wollen. So viel zur Frage der politischen Ehrlichkeit. Man kann nicht auf der einen Seite im Parlament etwas beschließen und auf der anderen Seite beim Bundestagswahlkampf in der Öffentlichkeit etwas anderes behaupten. Das werden die Wählerinnen und Wähler bei den anstehenden Wahlen zur Kenntnis nehmen und sachgerechte Entscheidungen treffen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Das Hauptproblem beim Schienenlärm entsteht nicht durch den Personenverkehr,
sondern eigentlich durch den Fahrzeuglärm beim Güterverkehr. Das Problem, als Freistaat Sachsen fördertechnisch aktiv zu werden liegt darin, dass diese Güterwagen nicht, wie wenn wir eine Ausschreibung haben, meinetwegen im Regionalverkehr auf einer bestimmten Regionalstrecke im Freistaat Sachsen eingesetzt werden, wo man sehr wohl als Freistaat Sachsen durch Bereitstellung von Fördermitteln entsprechende lärmmindernde Fahrzeuge fördern kann, weil sie im Freistaat Sachsen unterwegs sind. Diese Möglichkeit ist im Güterbereich verwehrt, weil diese Wagen in ganz Europa unterwegs sind. Ich denke, es ist überhaupt nicht akzeptabel, dass wir als Freistaat Sachsen die Herstellung von Güterwagen fördern, die irgendwo in Europa unterwegs sind und nur zu einem ganz geringen Bruchteil zur Lärmminderung im Freistaat Sachsen beitragen, wenn sie nämlich gerade mal zufällig im Freistaat Sachsen fahren – ich denke, da sind wir uns einig –, dass wir für diesen Zweck keine entsprechenden Fördermittel ausgeben sollten.
Die Krux liegt tatsächlich in der entsprechenden Umrüstung der Güterfahrzeuge. Entsprechende technologische Konzepte gibt es sowohl im Bereich der Bremsen als auch im Bereich der Fahrgestelle. Gerade die DB Waggonbau in Niesky hat hier entsprechende Forschungsarbeit geleistet. Man verfügt über die entsprechende technologische Kompetenz, aber diese Drehgestelle sind um ein erhebliches teurer als die momentan hergestellten Drehgestelle. Es ist – und das muss man auch sagen – eine bundespolitische, wenn nicht sogar eine europapolitische Schwerpunktsetzung, ob man beim nächsten Bundeshaushalt oder in der nächsten EU-Strukturfondsperiode Geld dafür in die Hand nehmen möchte, dass es europaweit zu einer entsprechenden Umrüstung kommt. Nur dies führt nachhaltig zu einer Entlastung der Bürgerinnen und Bürger.
Wir setzen uns dafür ein. Für die anderen Punkte, die Sie angesprochen haben, setzen wir uns auch ein. Sie haben sieben Jahre Zeit gehabt und haben es verpennt.
Für die Staatsregierung sprach Herr Staatsminister Morlok. – Jetzt sehe ich am Mikrofon 3 Frau Jähnigen wegen einer Kurzintervention. Bitte, Frau Jähnigen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gern etwas richtigstellen, was der Minister hier behauptet hat. Richtig ist, dass der Landtag beschlossen hat, dass wir uns dafür einsetzen, dass die Neubaustrecke Dresden – Prag in die TEN-Korridore aufgenommen, die Planung in Angriff genommen und nach einer Finanzierung gesucht wird. Dem haben wir gern zugestimmt, weil wir meinen, dass man das langfristig betreiben muss.
Bis heute liegen dem Parlament weder ein Ansatz zur Finanzierung noch eine echte Machbarkeitsuntersuchung noch Aussagen vor, die klären lassen, ob die Untertunne
lung des Gebirges möglich ist, ob dort Güterverkehr auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke wird fahren können und wenn ja, zu welchem Preis und wann das überhaupt realisiert werden könnte. Sie wollen zwar auf Basis der fehlenden Planung, dass wir den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes noch vor dem Ausbau vorhandener Strecken wie Dresden – Görlitz und Chemnitz – Leipzig anmelden, aber Sie haben keinerlei konkrete Planung. Aufgrund dieses Ansatzes den Betroffenen zu versprechen, dass hier kurz- oder mittelfristig eine Entlastung eintreten könnte, halten wir für hochgradig unseriös. Wir stehen zu unseren Beschlüssen, aber wir wollen keine falschen Versprechungen machen wie Sie.
Frau Jähnigen, ich habe das als Kurzintervention eingeordnet, denn Sie haben von einer Richtigstellung gesprochen, und habe das so verstanden, dass Sie gegen das von Herrn Staatsminister Gesagte interveniert haben. Er hat jetzt die Möglichkeit einer Reaktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Von dieser Möglichkeit möchte ich gern Gebrauch machen. Wir haben als Staatsregierung nie davon gesprochen, dass wir kurzfristig die entsprechende Verbindung zwischen Dresden und Prag gebaut bekommen werden. Wir haben immer darauf hingewiesen, dass auch auf der europäischen Ebene grundsätzliche Entscheidungen über das Kernnetz getroffen werden. Nur wenn man mit seinem Projekt in dem Kernnetz verankert ist, hat man Zugriff auf die entsprechenden Finanzierungsmöglichkeiten der
Europäischen Union. Voraussetzung, um in dieses Kernnetz aufgenommen zu werden, ist die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan. Das, Frau Kollegin Jähnigen, macht es so wichtig, dass wir es schaffen, in diesen Bundesverkehrswegeplan aufgenommen zu werden.
Darum geht es uns. Dafür werden wir weiterhin planerische Vorarbeiten leisten und uns gemeinsam mit den Kollegen aus Tschechien finanziell engagieren, damit wir weiter an die Konkretisierung dieser Maßnahme herankommen. Aber das, was Sie hier gerade gesagt haben, ist, Dresden – Prag ist Ihnen zu teuer, wir sollen uns auf andere Projekte konzentrieren, das macht jetzt alles überhaupt keinen Sinn.
Wenn wir dies tun würden, was Sie gerade vorschlagen, also uns nicht für das Projekt Dresden – Prag im Rahmen des Bundesverkehrswegeplanes einsetzen, würden wir es nicht in das europäische Kernnetz schaffen und das EUGeld nicht zur Verfügung haben. Deswegen ist es wichtig, jetzt die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass wir im Kernnetz verankert sind
als ersten Schritt und anschließend die entsprechenden weiteren Fragen, die Sie zu Recht angesprochen haben, zu klären. Das ist unser Ziel. Wir wollen den Menschen keine Versprechungen machen. Es geht um eine strategische Grundsatzentscheidung, ob der Verkehr an Sachsen vorbeigeht oder nicht. Wir wollen, dass er in Sachsen bleibt.