Wenn die Staatsregierung sich auf Bundesebene für ein Komplettpaket einsetzt anstatt nur für kosmetische Reparaturen, dann bin ich zuversichtlich, dass das BAföG auch weiterhin einen Beitrag zum Studienerfolg leisten wird. Dann kommen wir in Ihrem Sinne wirklich einen Schritt vorwärts und trippeln nicht nur auf der Stelle.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Abschluss der ersten Runde in der allgemeinen Aussprache. Für die NPD-Fraktion Herr Schimmer. Herr Schimmer, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die Berichtsanträge der Koalitionsfraktionen lohnt es sich in der Regel nicht groß einzugehen, weil es sich dabei fast immer um Selbstverständlichkeiten handelt.
Aus diesem Grunde will ich es bei diesem Antrag zur Vereinfachung des BAföG-Antragsverfahrens bei wenigen Worten belassen. Es gibt aus Sicht der NPD-Fraktion keine nennenswerten Einwände gegen eine Umstellung des bisherigen doch recht schwerfälligen Verfahrens auf eine Online-Antragstellung. Schlimm genug, dass sich das Kompetenzchaos des föderalen Schul- und Hochschulwesens auch auf die BAföG-Anträge negativ auswirkt und dass man nicht imstande zu sein scheint, sich für ein bundesweit einheitliches EDV-Verfahren einzusetzen.
Mit Unverständnis muss man zudem zur Kenntnis nehmen, mit welcher Flickschusterei die Bologna-Einführung verbunden war, wenn an der entscheidenden Schnittstelle der Weiterführung des Studiums nach dem Bachelorabschluss und der Aufnahme eines konsekutiven Masterstudiums Monate vergehen können, in denen viele Studenten in der Luft hängen, ohne zu wissen, ob sie nun weiterhin BAföG beziehen können oder nicht.
Also, meine Damen und Herren von der Regierung, lassen Sie sich berichten und dann handeln Sie endlich! Wir stimmen daher Ihrem Antrag zu.
Meine Damen und Herren! Ich frage die Abgeordneten, ob ein Abgeordneter in einer zweiten Runde das Wort ergreifen will. – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. – Frau Staatsministerin von Schorlemer, Sie möchten sprechen. Dazu haben Sie jetzt Gelegenheit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Das BAföG ist neben dem sogenannten Arbeitslosengeld II eines der kompliziertesten sozialrechtlichen Verfahren; denn es umfasst nicht nur die unterschiedlichen Bildungswege, die wir in Deutschland haben, sondern es berechnet auch einen individuellen Förderanspruch auf der Grundlage konkreter individueller Familien- und Einkommensverhältnisse. Es versucht also, über komplizierteste Verfahren jedem einzelnen Studierenden gerecht zu werden.
An dieser Stelle möchte ich insbesondere den Mitarbeitern der BAföG-Ämter in den Landkreisen und Städten und natürlich auch den Studentenwerken für ihre Arbeit in dieser komplexen Materie danken.
Mir ist es ein besonderes Anliegen – deshalb begrüße ich im Kern diesen Antrag –, die Administration dieses komplexen Gesetzes so bürgerfreundlich und kostengünstig zu gestalten. Deshalb arbeitet der Freistaat in einem Länderverbund mit, der eine neue EDV für das BAföG entwickelt.
Mit dem sogenannten BAföG21 hoffen wir, im kommenden Jahr eine neue Softwaregeneration in Betrieb nehmen zu können, die erhebliche Erleichterungen insbesondere in der Bearbeitung von BAföG-Anträgen bringen und das derzeitige Großrechnerverfahren pro BAföG ablösen wird. Das ist im Übrigen auch, Herr Abg. Mann, haushalterisch untersetzt.
Unser sächsischer IT-Dienstleister SID hat hierfür das Sachbearbeitungsprogramm Dialog21 entwickelt. Mit diesem dialogorientierten Sachbearbeitungsverfahren
werden neue Standards für die Bearbeitung der BAföGAnträge gesetzt und auch neue organisatorische Optionen eröffnet. Zu diesen Optionen gehört es natürlich, einen sogenannten e-Antrag zu stellen und dies auch zu ermöglichen, einen e-Antrag, der den Antragsteller an seinem Rechner durch den Antrag führt und systematisch nur diejenigen Felder öffnet, die entlang seiner individuellen Eingaben für ihn Relevanz haben. Man kann diesen ersten Schritt hin zu einem Online-Antrag wohl am ehesten mit dem ELSTER-Verfahren in der Einkommensteuererklärung vergleichen.
Allerdings sage ich auch, dass für mich zunächst die störungsfreie Einführung der neuen Softwarelösung Priorität hat. Die Entwicklung des e-Antrages ist dann die nächste Priorität, mit der wir den Studierenden den Zugang zur BAföG-Förderung erleichtern wollen.
Ich erwarte durch diese Weiterentwicklung auch, dass die Antragsunterlagen der Studierenden über den e-Antrag und das entsprechende Menü deutlich häufiger künftig dem BAföG-Amt bei der ersten Zusendung komplett vorliegen werden und dass sich durch den Wegfall von Nachfragen und Nachforderungen von Unterlagen auch
Mit diesen beiden Aspekten, dem künftigen BAföG21 und der Priorität zur Einführung eines e-Antrages, wird deutlich, dass sowohl mein Haus als auch SID in Zusammenarbeit mit der Datenzentrale Baden-Württemberg engagiert für ein von möglichst vielen Ländern genutztes EDV-Verfahren arbeitet.
Aber – hierfür werden Sie sicher Verständnis haben – ich kann weder Bayern noch ein anderes selbstbewusstes Land in unseren Länderverbund zwingen. Deshalb sollten wir, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, über diesen Antrag gemeinsam dafür werben, die anderen Länder für diesen Verbund zu gewinnen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wie kompliziert Förderrecht sein kann, das zeigt in der Tat der dritte Punkt des vorliegenden Antrages. Natürlich wäre es sinnvoll, bei konsekutiven Studiengängen die BAföG-Förderung durchgängig zu konzipieren, damit Studierende, die auf eine Förderung angewiesen sind, hier keinen Bruch erleben. Aber so scheinbar einfach sich dieses Anliegen ausnimmt und auch so sinnvoll, wie es zunächst klingt, so schwierig ist die Umsetzung in der Praxis, denn das zweistufige Studienmodell aus Bachelor und Master ist bereits im BAföG abgebildet und führt logischerweise zu diesen von den Fraktionen benannten Förderlücken.
Im Kern haben wir hier zwei eigenständige Studiengänge. Die Förderung endet mit Abschluss des ersten berufsqualifizierten Studienganges und setzt mit Beginn des Masterstudienganges wieder ein. Die Phase zwischen den beiden Studienabschnitten ist folglich von der BAföGFörderung nicht erfasst, da der Studierende hier nicht mehr oder noch nicht im weiteren Studium immatrikuliert ist. Die Folge ist, dass bedürftige Studierende hier tatsächlich auf das Arbeitslosengeld II angewiesen wären.
Im BAföG, das unterschiedlichste Bildungswege abbildet, spricht man von Ausbildungsabschnitten. Der Ausbildungsabschnitt, der im jeweiligen Landesrecht definiert ist, beginnt dabei mit dem Anfang des Monats, in dem die erste Lehrveranstaltung beginnt, also beim Studium mit Vorlesungsbeginn, und er endet mit der letzten Prüfung oder der Abgabe der Studienarbeit. Damit ist zunächst einmal der Förderanspruch gemäß § 7 Abs. 1 BAföG ausgeschöpft.
Masterstudiengänge sind weiterführende Studiengänge. Diese können entweder konsekutiv direkt an ein vorangehendes Bachelorstudium anschließen oder nach einer Phase der Berufstätigkeit weiterbildend absolviert werden. Das kann an der gleichen Hochschule stattfinden oder an einer anderen Hochschule, sie können im In- oder Ausland studiert werden.
Für welche Option sich ein Absolvent entscheidet, kann die Förderbehörde aber erst dann erkennen, wenn der Studierende die Voraussetzung für eine weitere Förderung geschaffen hat. Das heißt, er muss sich auf der Basis
seines ersten berufsqualifizierenden Abschlusses an der Hochschule einschreiben und einen Förderantrag stellen. Für die konsekutiven Studiengänge Bachelor- und Masterabschnitt gilt zwar, dass deren Studienzeit insgesamt über zehn Semester liegen darf, aber – hier liegt in der Tat das Problem – das löst einen konsekutiven Studiengang nicht aus dem zweistufigen Studiensystem heraus. Wir haben es also trotzdem mit zwei Studiengängen zu tun. So regelt dies auch das BAföG im § 2 Abs. 5 Satz 3. Das Masterstudium ist ein eigenständiger Ausbildungsabschnitt.
Um einen Förderanspruch auch für Bachelorabsolventen, die ein konsekutives Masterstudium aufnehmen wollen, zu erhalten, wurde im § 10 die Altersgrenze auf 35 Jahre angehoben. Entgegen dem Grundsatz des BAföG, eine Förderung nur bis zum ersten berufsqualifizierten Abschluss vorzusehen, wurde im § 7 Abs. 1a BAföG die Förderung auch eines zweiten berufsqualifizierten Abschlusses ermöglicht, wenn es sich bei dem weiteren Studium, um es verkürzt zu sagen, um einen konsekutiven Masterstudiengang handelt.
Das rechtliche Dilemma im BAföG ist nun, dass die Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten berufsqualifizierenden Abschluss nicht vom BAföG gefördert werden kann, sofern die Übergangszeit länger als einen Monat beträgt. Liegt zwischen der letzten Prüfung im Bachelorstudiengang und dem Masterstudiengang nur ein Monat, kann das BAföG noch eine Überbrückung leisten. Der Studierende muss dann seinen neuen Antrag an der Hochschule, an der er weiter studieren will, frühzeitig stellen.
Die besonderen Probleme, die mit dem Instrumentarium des BAföG derzeit nicht lösbar sind, ergeben sich aber bei folgenden Konstellationen. Zunächst ist wichtig, dass immer die jeweilige BAföG-Behörde für die Förderung zuständig ist, in deren Zuständigkeitsbereich der Studierende studiert. Will der Studierende aber das Masterstudium an einem anderen Studienort fortsetzen, folgen daraus schon Abstimmungsprobleme, wenn die Ausgangsbehörde, wie dies der Antrag in Ziffer 3 vorsieht, die Förderzahlung über die Beendigung des Bachelorstudiums hinaus fortsetzen würde.
Eine grundsätzliche Möglichkeit, meine Damen und Herren, wäre, die Übergangszeit in § 15b Abs. 2 BAföG ähnlich wie bei dem Anspruch auf Kindergeld – dort sind es vier Monate – zu verlängern. Gespräche zwischen den Ländern und auch zwischen den Ländern und dem Bund finden statt, haben aber derzeit noch kein Ergebnis gebracht.
Meine werten Damen und Herren! Ich will an dieser Stelle ganz bewusst meine Ausführungen zu diesem Antrag abschließen. Ich denke, dass er komplexe und schwierige Fragen für die Administration des BAföG anspricht. Zusammenfassend:
Erstens. Die Einführung einer einheitlichen EDV für das BAföG – das habe ich deutlich gemacht – liegt nicht allein im Ermessen der Staatsregierung. Wir in Sachsen
Zweitens. Wenn die neue BAföG-EDV erfolgreich eingeführt worden ist, werden wir uns den Weg zum OnlineAntrag, e-Antrag, mit Priorität zuwenden.
Drittens. Auch bei der sogenannten BAföG-Förderlücke zwischen dem Bachelor- und dem Masterstudium müssen wir den Dialog mit den anderen Ländern und dem Bund fortsetzen. Wie erwähnt, wird es bereits zwischen Bund und Land erörtert. Ich hoffe, dass wir auch hier für die Studierenden zu sinnvollen, ja, notwendigen Lösungen kommen werden.
Ich danke jedenfalls den einreichenden Fraktionen, denn der Antrag zeigt, wie intensiv der Landtag sich diesem Prozess hin zu einer Verbesserung für unsere Studierenden zuwendet.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Schlusswort für die einreichenden Fraktionen. Frau Fiedler, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur ganz kurz: Wir freuen uns natürlich über die breite Zustimmung, die zu diesem Thema im Plenum herrscht. Wir denken aber auch, dass wir es bei der Thematik belassen sollten, die der Antrag beinhaltet, nämlich erst einmal die organisatorische Betrachtungsweise des BAföG. Die vorliegenden Änderungsanträge gehen einen Schritt weiter.
Natürlich ist es immer wieder die Aufgabe, das BAföG anzupassen. Das passiert ja auch. Seit 2004 sind die BAföG-Ausgaben um ungefähr 26 % gestiegen. Aber das ist heute nicht die Diskussion, zumal die Änderungsanträge an bestimmten Punkten sehr konkret werden, ohne dass man sagt, wo die Finanzierung entsprechend sichergestellt werden soll.
Noch dazu ist eine Vielzahl von Punkten aufgelistet, bei denen man nicht einmal auf die Schnelle beschließen kann, ob man das so und so macht und welche Auswirkungen das hat bzw. bei denen man auch nicht noch einmal genau geprüft hat, ob bestimmte Sachen nicht vielleicht schon geregelt sind. Zum Beispiel der Punkt im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit der dynamischen Anpassung der Antragssätze alle zwei Jahre ist jetzt bereits im BAföG geregelt unter § 35.
Das sind so Diskussionen – Sie schütteln mit dem Kopf; ich habe es so gelesen –, die zeigen, dass hier noch einmal eine Diskussion im Einzelnen notwendig ist. Deshalb beschränken wir uns heute auf den vorliegenden Antrag, der von den Koalitionsfraktionen vorgelegt worden ist, und bitten in diesen Punkten um Ihre Zustimmung.
Meine Damen und Herren! Bevor wir zur Abstimmung über den Antrag kommen, liegen mir noch zwei Änderungsanträge vor, der erste Änderungsantrag mit der Drucksachennummer 5/10387 von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage Herrn Dr. Gerstenberg: Soll der Änderungsantrag noch eingebracht werden?
Er ist eingebracht. Ich erkenne keine Wortmeldungen zu dem Änderungsantrag, oder ist das doch der Fall? – Nein.
Dann würde ich jetzt über den Änderungsantrag mit der Drucksache 5/10387 zu Drucksache 5/10301 abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Vielen Dank. Die Stimmenthaltungen? – Bei drei Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist der Änderungsantrag mit der Drucksachennummer 5/10387 mehrheitlich nicht angenommen.