Dass unter diesen Umständen die Sicherungssysteme zusammenbrechen, liegt auf der Hand. Es wäre auch ein Schlag in das Gesicht derer, die zum Teil über Jahrzehnte in die sozialen Sicherungssysteme eingezahlt haben, und es wäre ein Persilschein für noch mehr Zuwanderung von ausländischen Sozialschmarotzern nach Deutschland.
Herr Pellmann, ich kann Sie beruhigen. Wir wollen Ausländer, die bisher in den letzten Jahren oder Jahrzehnten tatsächlich Rentenbeiträge eingezahlt haben, nun wahrlich nicht um ihr Geld prellen. Im Rahmen einer Ausgliederung von Ausländern aus den deutschen Sozialsicherungssystemen erhalten diejenigen, die in Deutschland überhaupt einer sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigung nachgegangen sind, selbstverständlich ihre Beiträge zurück, damit sie in ihrer angestammten Heimat tatsächlich einen würdigen Lebensabend werden verbringen können.
Trotz alledem: Summa summarum erklärt die NPDFraktion Ihren Antrag weitgehend für unterstützenswert und wird ihm zustimmen.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite Runde aus den Fraktionen? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Frau Staatsministerin, Sie bestätigen das und haben jetzt das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Auch ich kann mir eine Einführung in das Thema sparen, denn wir haben heute anlässlich der Aktuellen Debatte dazu diskutiert.
Ja, es gibt Entwicklungen, die die Gefahr einer drohenden Altersarmut für künftige Rentengenerationen größer werden lassen – wir haben auch dazu gesprochen –, unterbrochene Erwerbsbiographien, Niedriglohnsektor etc. Von einer drohenden massenhaften Altersarmut kann meines Erachtens dennoch keine Rede sein.
Auch die Zahlen der Bundesarbeitsministerin, die in Teilen der Bevölkerung für Verunsicherung gesorgt haben, legen dieses Szenario nicht nahe. Den Berechnungen waren lediglich 35 Beitragsjahre zugrunde gelegt. Wie soll das funktionieren, mit 35 Beitragsjahren eine den Lebensstandard sichernde Rente über einen Zeitraum von nunmehr dann über 20 Jahren zu erhalten?
Die gesetzliche Rentenversicherung ist – wie Sie wissen – ein Umlageverfahren. Das heißt, die im Erwerbsleben Stehenden müssen die Ausgaben für die jeweilige Rentnergeneration aufbringen. Im Gegenzug erwerben sie Rentenanwartschaften, die künftige Erwerbsgenerationen erfüllen sollen. Daher müssen die Belastungen zwischen den Generationen auch gerecht aufgeteilt werden.
Im Jahre 2030, auf das sich dieses Szenario bezog, wird die durchschnittliche Lebenserwartung bei circa 80 Jahren für Männer und 85 Jahren für Frauen liegen. 90- oder 100-Jährige werden keine Seltenheit sein. Das ist auch ein alter Menschheitstraum. Aber diese Renten muss die jüngere Generation durch Beiträge finanzieren. Die geforderte Rücknahme der Reformen aus dem Jahr 2001 würde bedeuten, dass der Beitragssatz aufgrund unserer demografischen Entwicklung auf circa 26 % ansteigen würde. Das halte ich für die künftigen Beitragszahler schlicht für unzumutbar. Das ist auch nicht solidarisch.
Wir werden daher künftig 40 Jahre, wenn nicht sogar 45 Jahre arbeiten müssen, um Rentenanwartschaften zu erwerben, die deutlich über dem Grundsicherungsniveau liegen. Diese Wahrheit zu leugnen oder sie zu ignorieren und eine Reduzierung des Renteneintrittsalters zu fordern bedeutet, der jungen Generation, den Arbeitnehmern und Unternehmen Höchstsätze in der Sozialversicherung aufzubürden. Nicht das Renteneintrittsalter muss reduziert werden, sondern es müssen Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die dieses längere Arbeiten dann auch ermöglichen. Die heute über 60-Jährigen werden als Arbeitskräfte gebraucht, und nicht wenige wollen sich bei besserer Gesundheit und auch längerer Lebenserwartung gern einsetzen.
Lassen Sie mich kurz auf einen weiteren Punkt Ihrer Forderungen eingehen. Sie fordern wiederholt die Anpassung des Rentenwertes Ost an den Rentenwert West. Darüber haben wir hier schon häufig debattiert. Aus psychologischen Gründen würde ich mir auch eine Angleichung der Rentenwerte wünschen, suggeriert der niedrige Rentenwert Ost doch, dass damit automatisch niedrige Rentenanwartschaften verbunden sind. Das ist – wie Sie wissen, und das haben wir auch diskutiert – jedoch nicht der Fall.
Durch einen rentenrechtlichen Mechanismus erhält ein Versicherter im Osten für den gleichen Rentenbeitrag trotz des niedrigeren Rentenwertes eine um circa 5 % höhere Rentenanwartschaft als ein Beitragszahler im Westen. Es ist schlichtweg naiv anzunehmen, dass eine Angleichung der Rentenwerte erfolgen wird, ohne zugleich den Höherwertungsfaktor infrage zu stellen. Die Forderung nach gleicher Rente in Ost und West führt am Ende zu einer Benachteiligung des Ostens. Das ist die Wahrheit abseits aller populären Überschriften. Jeder Tag des Status quo ist damit für die Beitragszahler im Osten rechnerisch ein Gewinn. Wenn man fordert, die Rentensenkung abzuschaffen, heißt das, den Demografiefaktor abzuschaffen. Demografie abschaffen? Ich frage Sie, wie soll das gehen?
Um das Armutsrisiko für künftige Rentnergenerationen so gering wie möglich zu halten, bin ich für die Fortschreibung des gegenwärtigen Beitragssatzes in der Rentenversicherung. Die damit verbundene Aufstockung der Nachhaltigkeitsreserve sollte als Demografiereserve dienen. Das habe ich auch schon bei der Pflegeversicherung so vorgeschlagen.
Weiter halte ich den Ausbau der zweiten und dritten Säule der Alterssicherung für erforderlich. Daher begrüße ich, dass die Bundesregierung beschlossen hat, die Konditionen und auch die Transparenz der Riesterrente zu verbessern und außerdem eine Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge vorzunehmen, auch besonders im Blick auf die neuen Bundesländer.
Auch sollte die Zeit der Kindererziehung und Pflegeleistung rentenrechtlich verbessert werden; denn alleinerziehende Frauen sind besonders von der Altersarmut bedroht. Schließlich muss eine Lösung für die nach 1990 unterbrochenen Erwerbsbiografien im Osten gefunden werden. Dazu bedarf es eines umfassenden Gesamtprojektes und eines umfassenden gesellschaftlichen Dialogs. In diesem Zusammenhang gilt im Übrigen auch, was unser Ministerpräsident in der letzten Bundesratssitzung gesagt hat. Wer etwas gegen Altersarmut von Rentnern tun will, sollte einerseits dafür sorgen, dass der Rentenbeitrag eine solide Grundlage für die Renten bleibt, und andererseits die Belastungen durch andere Belastungen, wie zum Beispiel steigende Strompreise, stoppen.
In diesem breiten Diskussionsprozess wird sich die Staatsregierung und werde ich mich persönlich selbstverständlich einbringen; denn in der Alterssicherung müssen wir in Generationen denken. Deshalb werden wir nicht in hektischen Aktionismus fallen, sehr wohl aber unsere Vorschläge auf Bundesebene weiter einbringen und verfolgen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich vor reichlich zehn Jahren von diesem Pult aus auf die Gefahren wesentlich steigender Altersarmut aufmerksam gemacht habe, fand das durchaus keine Zustimmung, sondern man war eher der Meinung, das wäre wieder die übliche Schwarzmalerei. Nicht erst nach dieser Debatte bin ich Ihnen zunächst durch alle Fraktionen dankbar – über die eine rede ich jetzt nicht – für den Erkenntnisgewinn, den Sie durch die Praxis und durch das Leben gewonnen haben.
Nämlich, Frau Clauß, dass wir alles versuchen müssen, gemeinsam dieses Problem abzuwenden, von dem wir inzwischen alle der Meinung sind, dass es auf uns zukommen wird. Deshalb bedanke ich mich trotz aller unterschiedlichen Meinungen. Es kann sogar für die Debatte produktiv sein, weil sie zeigt, dass wir Widersprüche durchaus auch produktiv machen können.
Allerdings will ich in der verbleibenden Zeit noch ein paar Dinge nennen. Wenn Sie sagen, massenhafte Alters
armut ist eine Übertreibung – – Wann beginnt massenhafte Altersarmut? – Das müssen wir einmal definieren. Ich halte die 50 % auch für zu hoch, gelinde gesagt. Nach meinen Berechnungen sieht das etwas anders aus. Aber mit 40 % müssen wir bestimmt rechnen, wenn das so weitergeht. Das ist für mich schon eine Masse. Das können wir nicht wegdiskutieren. Unsere Forderung nach Absenkung des Renteneintrittsalters mit 67 – – Da können Sie diskutieren, was Sie wollen. Das Problem, das in diesem Saal viel zu wenig bedacht wird, ist: Wir haben kein Zahlenproblem; wir haben in diesem Land ein Umverteilungsproblem. Die Produktivität steigt ständig, aber die Ergebnisse der Produktivität wandern in unterschiedliche Taschen. Das ist der Ansatz, den wir haben.
Wenn wir die Produktivitätsgewinne gleichermaßen verteilen würden, müssten wir über Altersarmut gar nicht reden. Dann könnten wir die Löhne gewaltig anheben. Das ist der Schlüssel, den wir unbedingt brauchen.
Das Gleiche gilt im Übrigen für das Problem der Angleichung des Rentenwertes Ost an den Rentenwert West. Natürlich, wenn Sie das formal betrachten, könnte das sogar zu einer Benachteiligung der Ost-Rentner führen. Aber Sie müssen unser Konzept zu Ende lesen und insbesondere auch das von ver.di. Darin steht eindeutig, dass es selbstverständlich eine Hochwertung geben muss, eine entsprechende Hochwertung der gegenwertigen Renten, und dass das aus Steuermitteln bezahlt werden muss. 5 Milliarden Euro kostet das pro Jahr. Zuletzt zu dem Problem der Beitragssenkung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! – Der letzte Satz, Herr Präsident. – Wenn Sie jetzt sagen, dass das im Rahmen der gesetzlichen Bedingungen nicht möglich ist, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen wir eben die Gesetze ändern.
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/10179 zur Abstimmung. Punktweise Abstimmung war gewünscht, Herr Brangs? Das ist auch noch so?
Dann lasse ich über Punkt 1 abstimmen. Wer dafür ist, hebt bitte die Hand. – Wer ist dagegen? – Danke sehr. Gibt es Stimmenthaltungen? – Danke. Bei Stimmenthaltungen, Stimmen dafür ist Punkt 1 mehrheitlich abgelehnt worden.
Punkt 2. Wer dem zustimmen möchte, zeigt es bitte an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltun
gen? – Bei Stimmenthaltungen, Stimmen dafür hat auch dieser Punkt nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.
Wir kommen zu Punkt 3. Wer möchte jetzt zustimmen? – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Enthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür hat der Punkt 3 trotzdem nicht die Mehrheit gefunden.
Wir kommen zu Punkt 4. Wer stimmt zu? – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke sehr. Gibt es Enthaltungen? – Es gibt keine Enthaltungen und zahlreiche Stimmen dafür, aber es gibt keine Mehrheit. Dieser Punkt ist abgelehnt.
Kommen wir nun zu Punkt 5. Wer ist dafür? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Danke. Wer ist dagegen? –
Vielen Dank. Bei Stimmenenthaltungen und DafürStimmen ist der Punkt 5 dennoch mehrheitlich abgelehnt.
Kommen wir nun zur Abstimmung über Punkt 6. Wer ist dafür? – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Danke sehr. Bei Stimmenthaltungen und Dafür-Stimmen ist dem Punkt 6 dennoch mehrheitlich nicht entsprochen worden.
Meine Damen und Herren! Eine Schlussabstimmung erübrigt sich, weil alle sechs Punkte des Antrages abgelehnt wurden. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.
Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: zunächst die SPD, dann CDU, DIE LINKE, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie dies wünscht. Wir beginnen mit der Aussprache. Zunächst ist die Fraktion der SPD als Einreicherin des Antrages an der Reihe. Frau