welche dieses System der soziokulturellen Dienstleistung und politischen Interessenvertretung herabwürdigt.
Herr Kollege Mann, wenn Sie sich die Hunderte von Mails durchlesen, die die organisierte Empörung uns eingespielt hat, dann finden Sie ganz klar das Selbstverständnis des Studentenrates, jedenfalls von zwei großen sächsischen Universitäten, in denen sie sich als Interessenvertreter gerieren. Wo gibt es Zwangsmitgliedschaften bei Gewerkschaften, Interessenverbänden oder sonst irgendetwas?
Im Übrigen: Ihren Vorwurf zum Verfahren, Herr Mann, nenne ich verlogen, wenn Sie über den gesamten Sommer, nicht persönlich, aber über die Adresse eines Mitarbeiters, sich zur Koordinierung dieser Empörung bereitgefunden haben. Das ist Ihr gutes Recht, aber wir dürfen nicht sagen, dass es keine Gelegenheit gegeben hätte, sich auf das, was heute hier beschlossen werden soll, vorzubereiten. Da handeln Sie sehr blauäugig und für so blauäugig hätte ich Sie nicht gehalten. – Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Julia Bonk, DIE LINKE, und Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE, stehen am Mikrofon.)
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Herr Mackenroth, mit anderen Interessenvertretern von Wirtschaftsverbänden oder von der IHK, wo es auch solche Zwangsmitgliedschaften gibt – wir haben es gerade gehört –, würden Sie vielleicht nicht so sprechen. Aber wenn sich junge Leute organisieren, um ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen, da stellen Sie sich hin und diffamieren und diskreditieren das als „organisierte Empörung“, weil es dort kritische Meinungsäußerungen gibt.
Ich finde es absolut ungehörig, dass Sie das politische Engagement junger Leute in dieser Weise diffamieren und diskreditieren. Das ist bodenlos und falsch. Wenn Sie sie auch noch diskreditieren mit dem Verweis, dass sie ihr Studium nicht zu Ende bringen, nicht abschließen würden, und Sie noch persönlich ehrabschneidend angreifen, dann, finde ich, sollten Sie sich dafür entschuldigen.
Ich finde, dass Ihre ganze Rhetorik von sogenanntem Effizienzdruck und schnellem Abschließen völlig ignoriert, wie die Lage der jungen Leute an den Hochschulen und im Studium heute ist, dass sie zunehmend Probleme haben, das Studium zu finanzieren, dass der Bedarf an sozialpersönlichen Beratungen zugenommen hat, dass dadurch und durch die veränderten Studienbedingungen eine Situation entstanden ist, in der es kaum noch möglich ist, sich zum Beispiel demokratisch außerhalb und in der Universität zu organisieren. Durch die Schwächung der hochschulinternen Demokratie und durch die Veränderung der Studienbedingungen haben Sie ja gerade dafür gesorgt, dass es schwer ist, sich an der Hochschule demokratisch zu beteiligen. Das sollten Sie nicht verschleiern und denjenigen, die sich einbringen, Respekt entgegenbringen und Sie hier nicht so diffamieren, sondern sich entschuldigen.
Frau Kollegin, haben sie nicht zugehört? Ich habe ziemlich deutlich gesagt, dass und warum wir die Arbeit der Studentenräte grundsätzlich wertschätzen. Ich habe aber auch gesagt, dass nicht alles Gold ist, was glänzt, dass es Missbrauch gegeben hat und dass die Akzeptanz in weiten Teilen der Studierendenschaft nicht vorhanden ist, dass das System sich damit sozusagen selbst destabilisiert hat und dass es dann auch Aufgabe der Politik ist nachzusehen, ob es andere Möglichkeiten gibt. Das sollte eigentlich zwischen uns selbstverständlich sein. Eine dieser Möglichkeiten heißt: im Zweifel für die Freiheit. Das ist der Weg, den wir heute einschlagen.
Herr Mackenroth, ich konnte Ihrer Rede leider nicht entnehmen, woher Sie diese Erkenntnisse haben und womit Sie das alles begründen wollen. Sie haben ein Medienforum aufgeführt. Möglicherweise sind das Anhänger der Jungen Union, des RCDS, die sich da äußern. Könnte das nicht etwa sein? Die Vermutung liegt nahe. Ich frage mich, auf welch dünnem Eis müssen Sie stehen, wenn Sie in so diffamierender Weise solche Foren benutzen, um sich hier Pauschalen nicht zu eigen zu machen, aber sie doch im Plenum des Sächsischen Landtages aufzuführen. Sie müssen in einer verzweifelten Situation sein!
Wenn wir einmal bei sachlichen Richtigstellungen sind, dann seien Sie doch bitte konkret. Es gibt ein einziges Land in der Bundesrepublik Deutschland, das keine verfasste Studierendenschaft hat. Das ist Bayern. Es gibt ein einziges Land, nicht Länder, wie Sie formulierten, wo es eine Austrittsmöglichkeit gibt. Das ist Sachsen-Anhalt. Aber der Trend geht notwendiger- und richtigerweise in eine andere Richtung. Baden-Württemberg hat gerade die verfasste Studierendenschaft wieder eingeführt. Das ist der Weg, den wir gehen sollten und nicht einen kontraproduktiven, wie Sie es hier vorschlagen.
Ich habe Ihnen gesagt, verehrter Kollege Gerstenberg, worauf ich mich stütze. Ich stütze mich bei meinen Zitaten auf öffentliche Foren in sächsischen Tageszeitungen. Schauen Sie in die „Freie Presse“, schauen Sie in die „Sächsische Zeitung“, in die „LVZ“ oder in die „DNN“. Diese sind jedenfalls, so mein Eindruck, noch nicht Gegenstand dieser organisierten Empörung. Diese Leserbriefe, Frau Kollegin Friedel, sind mir allemal lieber, weil sie nämlich individuell verfasst
sind und nicht wie 300 standardisierte Mails, die von Funktionären mit identischem Wortlaut einlaufen, wo nichts an Gehirngrütze dahintersteckt, sondern alles nur ein Einheitsbrei ist. Das ist ein Armutszeugnis!
Herr Kollege Mackenroth, ich will mich auf einen einzigen Punkt beschränken. Sie haben Zitate gewählt, die die Vorurteilsbildung in der Gesellschaft noch vertiefen. Von „Bummelstudenten“ und Ähnlichem war die Rede. Sie haben das nicht selbst gesagt, sondern Sie waren so raffiniert, dafür Zitate zu wählen. Damit zerreißen Sie die Gesellschaft. Es wird Ihnen nicht gelingen.
Das ist doch so. Das verstärkt doch die Vorurteilsbildung gegen Studierende! Es ist ungeheuerlich, was Sie da machen! Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie die Gesellschaft spalten.
Herr Kollege, damit soll es dann auch gut sein. Ich verwahre mich gegen den Vorwurf der Demagogie. Aber es muss erlaubt sein, schlechte Dinge beim Namen zu nennen, und es gibt solche Fälle, das wissen Sie ganz genau wie ich, wo das Einschreiben, der Studentenstatus, missbraucht wird, und es gibt andere Fälle, in denen die Studierendenvertretungen ihre Rechte missbraucht haben. Auch dazu gibt es genug Kleine Anfragen.
Mit Demagogie hat das nichts zu tun; im Gegenteil. Wenn wir wollen, dass diese Institution stark und kräftig ist, dann müssen wir solche Dinge beim Namen nennen und dafür sorgen, dass sie weiterhin nicht passieren und dass die Studentenräte bei ihren gesamten Kommilitonen ein höheres Ansehen haben, als es jetzt bei vielen der Fall ist.
Wer möchte jetzt noch in der Debatte sprechen? – Das ist nicht mehr der Fall. Dann übergebe ich jetzt das Wort der Frau Ministerin. Bitte, Frau Ministerin Schorlemer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Erfolge der TU Dresden und der TU Chemnitz im prestigeträchtigen und höchstdotierten Forschungswettbewerb in Deutschland, der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern, sind beachtliche und eindeutige Belege dafür, dass die sächsische Hochschullandschaft zu den besten in Deutschland gehört. Das liegt nicht nur daran, dass wir traditionsreiche Hochschulen wie die 1409 gegründete Universität Leipzig oder die 1765 gegründete Akademie
Freiberg haben, sondern auch daran, dass wir beständig daran arbeiten, das Erreichte noch zu verbessern.
Der Erfolg der TU Dresden und der TU Chemnitz ist zunächst vor allem ein Verdienst derjenigen, die sich an den Universitäten persönlich engagiert haben. Wissenschaftliche Leistungen werden durch diejenigen Akteure bestimmt, die in den Laboren, in den Forschungsinstituten und in den Hörsälen tätig sind. Gesetze alleine können keine wissenschaftliche Qualität schaffen. Gesetze alleine führen zu keinen herausragenden wissenschaftlichen Leistungen. Gesetze, meine Damen und Herren, setzen aber den Rahmen, in dem sich eine Wissens- und Forschungslandschaft entwickeln kann oder auch nicht. Der Rahmen ist daher in seiner Wirkung nicht zu unterschätzen. Über die Änderung dieses Rahmens für die sächsische Hochschullandschaft soll nun heute abgestimmt werden. Es soll konkret darüber abgestimmt werden, in welchen erweiterten Grenzen die Hochschulen des Freistaates Sachsen zukünftig agieren können.
In allen Bundesländern hat sich seit Längerem die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Hochschulen dann am erfolgreichsten sind, wenn sie eigenverantwortlich handeln können und sich die staatliche Verwaltung so weit wie möglich aus den inneren Belangen der Hochschulen heraushält.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein wesentliches Anliegen des vorliegenden Gesetzes ist es, die Eigenverantwortung der Hochschulen noch weiter auszubauen. Dieses Ziel soll durch die Änderung der Bezeichnung unterstrichen werden. Die Änderung der Gesetzesbezeichnung wurde und wird von vielen kritisch gesehen. Ich gebe den Kritikern der Namensänderung zwar insoweit recht, dass der Name eines Gesetzes alleine nichts bewirkt, jedoch wollen wir uns durch die Namensänderung dazu bekennen, dass uns die Autonomie der Hochschulen in Sachsen besonders wichtig ist.
Es soll damit unterstrichen werden, welches Verhältnis wir zwischen den Hochschulen und dem Freistaat anstreben. Ich denke, die meisten von Ihnen werden meiner Auffassung nicht widersprechen, dass die sächsischen Hochschulen nur dann in einem Wettbewerb bestehen werden, wenn sie die größtmögliche Freiheit erhalten. Wenn Sie dem zustimmen können, dann können Sie auch gegen den neuen Namen keine ernsthaften Einwände haben.
Aber lassen Sie mich zu den viel wichtigeren inhaltlichen Änderungen kommen, die der vorliegende Gesetzentwurf enthält. Durch zahlreiche Regelungen wird, wie bereits erwähnt, die Autonomie der Hochschulen ausgebaut. Die Beteiligung der Hochschulen an Unternehmen wird vereinfacht. Bisher mussten die Voraussetzungen, unter denen sich eine Hochschule an einem Unternehmen beteiligt, in einer Rechtsverordnung des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst sowie in einer Rechtsverordnung des Finanzministeriums geregelt werden.
Genau diese Notwendigkeit entfällt durch das Änderungsgesetz. Unternehmensgründer unter Beteiligung in den dafür geeigneten Wissenschaftsfeldern sind wichtig. Hiermit wird der Wissens- und Technologietransfer unterstützt. Forschungsergebnisse können so besser für die Wissenschaft, die Gesellschaft und die Wirtschaft nutzbar gemacht werden. Durch den Wegfall komplizierter Regelungen werden Beteiligungen einfacher und dadurch flexibler.
Auch bei der Anwerbung von Spitzenkräften erhalten die Hochschulen mehr Flexibilität. Kaufmännisch wirtschaftende Hochschulen, die Zielvereinbarungen abgeschlossen haben, sind nicht mehr an den sogenannten Vergaberahmen gebunden. Hierdurch erhalten die Hochschulen im Wettbewerb um die Gewinnung von Hochschullehrern eine bessere Position. Die Hochschulen werden in die Lage versetzt, exzellenten Wissenschaftlern attraktive Angebote zu unterbreiten. Des Weiteren wird den Hochschulen die Möglichkeit eingeräumt, die selbst genutzten Liegenschaften eigenverantwortlich zu bewirtschaften. Dadurch erhoffen wir uns, dass Entscheidungswege verkürzt werden und die Bewirtschaftung effizienter zum Wohle der Hochschule erfolgen kann.
Die besonderen Belange der Kunsthochschulen werden zukünftig besser und spezieller berücksichtigt. Es wird den Kunsthochschulen unter anderem die Möglichkeit eröffnet, Strukturen zu wählen, die ihren Belangen besser gerecht werden. Sie erhalten die Möglichkeit, Aufgaben des Fakultätsrates ganz oder teilweise dem Senat zu übertragen.
An dem Bekenntnis, dass das erste berufsqualifizierende Hochschulstudium gebührenfrei sein muss, halten wir fest. Das möchte ich ausdrücklich betonen. Ich halte das persönlich für eine gute und äußerst wichtige Entscheidung. Ich habe bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass nach allen uns zur Verfügung stehenden Zahlen in absehbarer Zeit eine starke Konkurrenz zu anderen Bundesländern entstehen wird. Die Hochschulen werden in einen Wettbewerb um talentierte Studierende, Doktoranden und Nachwuchswissenschaftler treten. Heute haben wir die Chance, durch attraktive Studienbedingungen junge Menschen nach Sachsen zu holen und auch zum Bleiben zu bewegen; in der Zukunft wird es immer schwieriger werden. Mit anderen Worten: Mit einer guten Hochschulpolitik holen wir junge Menschen nach Sachsen. Dies halte ich angesichts des prognostizierten Rückgangs der Bevölkerung in Sachsen für sehr wichtig.
Die Hochschulpolitik der Staatsregierung trägt hier Früchte. Gerade in diesem Monat hat das Statistische Landesamt mitgeteilt, dass sich die Anzahl ausländischer Studentinnen und Studenten in Sachsen von 2000 bis 2011, also in einer guten Dekade, auf 11 509 mehr als verdoppelt habe. Im Jahr 2011 kamen demnach rund 10 % aller Studierenden in Sachsen aus dem Ausland. Vor allem Sachsens ausgezeichneter Ruf in den MINT-Fächern zeigt seine Wirkung. So schrieben sich 4 928 oder 43 % der ausländischen Studierenden für ein MINT-Fach ein.