Protocol of the Session on September 26, 2012

(Zurufe und Unruhe bei den LINKEN)

Ich habe mich darüber gewundert, weil diese ersten wichtigen Grundsätze der Veränderung unseres Schulsystems und des Bildungssystems – nämlich das Einbringen und das Realisieren des Bildungspaketes von über 250 Millionen Euro, das ja vorberatend im Kabinett, diskutiert in der Fraktion und der Koalition und nach intensiver Vorarbeit – durch uns hier eingebracht wurden. Dass dieses Paket in der Form natürlich noch nicht greifen kann, war mir klar.

Ihre Redezeit ist vorüber.

Danke schön. – Im zweiten Teil erkläre ich Ihnen dann, was ich mir hätte vorstellen können.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsministerin Brunhild Kurth)

Für die CDU-Fraktion sprach Herr Kollege Bienst. Jetzt spricht für die SPDFraktion Frau Kollegin Stange.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bienst, es ist mit Sicherheit Ihrer aktuellen Situation geschuldet, dass Sie noch nicht so gut Bescheid wissen können, was in den nächsten Monaten im Kultusbereich an Facharbeit fortgesetzt werden soll. Ich hoffe, dass diese Art der Facharbeit, die wir in den letzten Jahren erlebt haben und die uns ein Stellenchaos verursacht hat, nicht fortgesetzt wird.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Sie können auch nicht wissen, dass diejenigen, die sich gegen die Schulpolitik wehren, unter anderem der Landesschülerrat und der Landeselternrat sind. Ich zitiere aus dem offenen Brief des Landeselternrates: „Wenn nur auf Kante genäht wird, dann klaffen schnell Löcher. Es ist an Ihnen,“ – das geht an das Kultusministerium – „das zu verhindern.“ Ich denke, wenn sich der Landeselternrat als Sprachrohr der Eltern in dieser Art und Weise äußert, dann ist das schon eine deutliche Kritik an der Schulpolitik.

Das Gleiche betrifft natürlich die Vorlage einer Unterrichtsausfallstatistik durch den Landesschülerrat. Ich weiß nicht, ob es zu Ihrer Zeit auch üblich gewesen ist, dass sich Schüler gewehrt haben, wenn Unterricht ausgefallen ist.

(Zurufe von der CDU)

Von daher ist der Kreis, der sich gegen diese Art von Schulpolitik wendet – einmal jenseits von den Lehrern –, sehr klar zu beschreiben. – Und wenn von Ihrem Bekanntenkreis niemand dabei war, Herr Bienst, dann schauen Sie bitte einmal in die berufsbildenden Schulen hinein, wie die Kollegen dort zurzeit ob ihrer Situation rumoren. Nur, sie sind von den Höhergruppierungen, die derzeit von allen anderen Schulen eingefordert werden, nicht im gleichen Maße betroffen, wie es zum Beispiel an den Mittelschulen oder an den Grundschulen der Fall ist. Das war einer der Gründe, warum Ihre Kollegen nicht dagewesen sind; denn ich vermute, das vor allen Dingen ist Ihr Bekanntenkreis.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sechs Tage nach dem Streik hat die Unterrichtsausfallstatistik bereits vorgelegen – Hochachtung, Frau Kurth! Ich wundere mich nur, dass die Unterrichtsausfallstatistik vom vergangenen Halbjahr noch nicht vorgelegen hat.

(Beifall bei der SPD)

Offenbar scheint es sehr große Unterschiede zu geben.

Es ist sehr beachtlich, dass heute zwei Bildungspolitiker aus Ihren Reihen der CDU nicht anwesend sind – übrigens den ganzen Tag über –, wenn wir über Schul- und Hochschulpolitik sprechen, und zwar Herr Colditz und Herr Wöller. Das finde ich schon sehr beachtlich und ein deutliches Zeichen für die „Anerkennung“ der Debatten,

die wir gerade führen, und der Art und Weise von Schul- und Hochschulpolitik, wie sie hier im Land betrieben wird.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe gestern ein Pamphlet vonseiten der FDP in die Hand bekommen, bei dem ich schon ziemlich geschluckt habe, Herr Bläsner; ein Pamphlet, das nicht in meinem Briefkasten gelegen hat – vielleicht ganz bewusst –, sondern in anderen. Sie werden die Antwort von den Lehrerinnen und Lehrern, die Sie darin verunglimpft haben, auch noch bekommen. Darin kann man doch allen Ernstes lesen: „Grund für diese Schieflage“ – Schieflage, dass wir jetzt nicht genügend Lehrer haben – „ist eine sozialpolitische Maßnahme aus den Neunzigerjahren, die von den damals politisch verantwortlichen Gewerkschaftsfunktionären und einigen Lehrerverbänden getragen wurde.“

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Das ist eine Frechheit!)

Herr Präsident, damals, als wir die Grundschulvereinbarung verabredet haben, waren Sie, glaube ich, in der Rolle des Kultusministers. Offenbar hat die FDP, da sie damals nicht im Landtag gesessen hat, nicht mitbekommen, dass es eine zweiseitige Vereinbarung war, an der sowohl der damalige Kultusminister Herr Rößler als auch der Ministerpräsident Herr Biedenkopf und Herr Milbradt als Finanzminister beteiligt waren. Sie haben es im Anschluss an diese Vereinbarung – –

(Norbert Bläsner, FDP, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage; Herr Bläsner hat dann Redezeit.

Sie haben es im Anschluss daran als eine gute gemeinsame Vereinbarung zur Sicherung unseres Schulsystems gelobt. Wir haben damals gemeinsam verhindert, dass ein erster Kollaps in diesem Schulsystem dadurch eingetreten wäre, dass massenhaft Lehrerinnen und Lehrer entlassen worden wären bei gleichzeitigen Schulschließungen.

Aber wie kann man in diesem „wunderbaren“ Pamphlet nachlesen: „Beim Verbleib im System wurde demzufolge auch nicht zwischen guten, engagierten Lehrern und weniger guten unterschieden.“ In diesem Tenor geht es weiter. Wenn Sie dann noch wollen, dass Lehrerinnen und Lehrer mit Ihnen sprechen, meine Damen und Herren von der FDP, dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn sie Ihnen nur noch den Rücken zudrehen.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und der Abg. Gisela Kallenbach, GRÜNE)

Dass 15 000 Lehrerinnen und Lehrer am 07.09. auf die Straße gegangen sind, war übrigens nicht das erste Mal. Die Lehrkräfte an den Schulen haben seit Anfang der Neunzigerjahre nicht nur für ihre eigenen Belange auf der

Straße gestanden, sondern vor allen Dingen deshalb, weil es um die Qualität in den Schulen ging. Und Herr Flath hat sich damals als Kultusminister in der Kultusministerkonferenz noch damit gebrüstet, dass es gelungen ist, in Sachsen eine demografische Rendite im System zu lassen, also mehr Lehrerinnen und Lehrer zu beschäftigen, –

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

– um die Qualität in den Schulen abzusichern. Erinnern Sie sich bitte einmal an diese Aussagen, wenn Sie heute die Lehrer beschimpfen, weil sie auf die Straße gehen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Das war Frau Kollegin Stange für die SPD-Fraktion. Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Kollege Bläsner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es trifft sich meist ganz gut, wenn ich nach Frau Dr. Stange sprechen kann. Das gibt mir die Gelegenheit, auf die Anschuldigungen, Vorwürfe, Unterstellungen und auch Weglassungen, die ganz bewusst gemacht werden, womit man auch die Wahrheit verdreht, zu reagieren.

Wenn Sie das ansprechen, wissen Sie ganz genau, dass wir in dem Papier einseitig die Gewerkschaften und Lehrerverbände angesprochen haben. Sie wissen auch, dass wir in der Debatte – die war sehr hitzig hier – Ende letzten Jahres/Anfang dieses Jahres gesagt haben, dass wir es für einen Fehler halten, dass das gemacht wurde, und haben auch damals auf die Verantwortung – auch der Regierungsseite – hingewiesen. Es gab damals auch gewisse Wortgefechte zwischen mir und Herrn Colditz. Ich weiß nicht, ob Sie das vergessen haben. Ich habe das nicht vergessen.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Das steht hier nicht!)

Sie unterstellen mir, wir würden das verdrängen, wir würden das nicht sagen. Das Gegenteil ist der Fall.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Ich möchte noch etwas hinzufügen. Erstens: Zum einen kann sich jeder, der das liest, ein Bild davon machen und darüber denken, was er will. Zweitens: Wenn man das personalwirtschaftlich betrachtet – das möchte ich hier kurz anstellen –, stellt man fest, dass genau das die Möglichkeiten verringert hat, junge Lehrer einzustellen. Ich möchte einmal ein Gegenbeispiel liefern: Kindertagesstätten. Die Erzieherinnen wurden alle entlassen.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Die Erzieherinnen wurden entlassen. Wir haben in Größenordnungen in meiner Heimatstadt – auch in den Nachbarstädten – Erzieherinnen entlassen. Das war damals ein harter Schnitt. Für die Betroffenen war das

oftmals ein Fall ins Bodenlose. Aber es hat einen Vorteil gehabt, auch einen Vorsprung, den wir im Kita-Bereich jetzt haben: Die Ausbildungen und die Einstellungen sind nach den Erfordernissen vorgenommen worden. Das ist personalwirtschaftlich besser. Unter dieser Rubrik haben wir bewertet, dass diese Teilzeitvereinbarung – wenn wir jedes Jahr den Bedarf hätten sukzessive einstellen können, der für einen gesunden Lebensbaum notwendig ist – dem entgegensteht. Es mag sein, dass die Zeit damals so war, wie sie war, das will ich nicht bewerten. Aber es ist Fakt, dass personalwirtschaftlich eine andere Maßnahme sinnvoller gewesen wäre.

(Beifall bei der FDP)

Ich hatte eigentlich vor, in meiner Rede noch einige Maßnahmen aufzählen. Das werde ich im zweiten Teil tun.

Es gibt noch einige andere Unterstellungen. Frau Falken, Sie haben gesagt, im Haushalt hätte die Bildung keine Priorität. Ich weiß nicht, ob erstmals 5 Milliarden Euro für Bildung und Forschung, 570 Millionen Euro mehr zur Sicherung des Lehrerbedarfs – 1 000 Stellen im Jahr 2014 mehr als geplant, das ist eine Verdopplung der Referendariatszahlen –, die Erhöhung der Studienanfängerzahlen von 1 000 auf 1 700, dass jetzt die Altersteilzeitstellen wiederbesetzt werden können, was allein im Jahre 2013 50 Millionen Euro kostet, keine Priorität sind. Sind das keine Zeichen von Prioritätensetzung? Also manchmal muss ich Sie wirklich fragen, ob Sie von Sachsen oder von Baden-Württemberg oder einem anderen Land der Bundesrepublik sprechen. Wir geben so viel wie noch nie für Bildung und Forschung aus und sind auch bereit, andere Maßnahmen zurückzustellen, um diesen Bereich ganz gezielt zu unterstützen, weil dies der wichtigste Bereich im Freistaat Sachsen ist.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der LINKEN)

Zudem – das richtet sich vor allem an die SPD –: Ich habe am Wochenende den „Sachsenspiegel“-Beitrag von Herrn Dulig gesehen. Er hat gesagt, die SPD habe in den Neunzigerjahren einen großen Fehler gemacht. Sie habe das Land schlechtgeredet, aber am Ende war es doch nicht so schlecht. Das habe die SPD wohl Stimmen gekostet, meinte Herr Dulig. Ich denke, dass Sie jetzt dasselbe machen – irgendwelche Horrorszenarien an die Wand zu malen –, dann steht Ihnen genau das Gleiche wieder bevor: Sie verbreiten jetzt wieder Hysterie. Sie reden jetzt etwas schlecht, was am Ende – das prophezeie ich auch – so nicht kommt. Fakt ist: Wir leugnen nicht, dass es Probleme gibt – wir haben es oftmals hier, im Plenum gesagt –, sondern wir handeln, und das ist der Unterschied.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Sie haben lange genug geleugnet!)

Sie können gern einmal aufzeigen, wo wir das geleugnet haben, und wo wir – –