Lassen Sie es mich in diesem Hohen Haus offen aussprechen: Eine Garantie für Erfolg gibt es nicht. Keine hinreichende, aber eine notwendige, vielleicht sogar eine konstitutive Bedingung für die Fortsetzung des beeindruckenden Weges, den Sachsen in den letzten Jahren genommen hat, ist gewiss auch eine künftig mit ausreichend
Finanzmitteln ausgestattete Technologie- und Forschungsförderung. Ich darf daran erinnern, dass Sachsens Unternehmen die Wirtschafts- und Finanzkrise von 2009 so schnell und zügig überstanden haben, weil es einen breiten politischen Konsens gab, gerade in der Krise auf Innovationen zu setzen. Innovationen sind also die gemeinsame Antwort.
Allein aus Mitteln der EFRE-kofinanzierten sächsischen Technologieförderung in den Jahren 2009/2010 wurden jeweils deutlich über 100 Millionen Euro für neue Vorhaben in Forschung und Entwicklung genehmigt. Damit konnten insgesamt Projekte im Umfang von einer halben Milliarde Euro, also eine Hebelwirkung von 1:5, ermöglicht werden.
Nun ist heute nicht der richtige Zeitpunkt, über die kommenden Haushaltsjahre zu debattieren. Aber klar, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ist auch meiner Einschätzung nach, dass mit dem Umfang der uns zur Verfügung stehenden Mittel für Forschungs- und Technologieförderung die Wahrscheinlichkeit steigt und fällt, erfolgreich an der Einwerbung von Bundes- und EUMitteln mitzuwirken. Es entscheidet sich auch die weitere segensreiche Entwicklung hin zu einem der wissenschaftlich und wirtschaftlich führenden Staaten in Europa.
Für die Staatsregierung sprach Frau Staatsministerin von Schorlemer. Am Mikrofon 1 ist nun Bedarf für eine Kurzintervention.
So ist es, Herr Präsident. Die Sätze „Der Wessi passt auf!“ stammen nicht von mir. Sie stammen aus einer bundesdeutschen landesweiten Zeitung. Ich persönlich habe in vielen Forschungsprojekten sehr gut mit westdeutschen Kolleginnen und Kollegen zusammengearbeitet. Vielleicht darf ich zwei benennen. Bei dem Projekt „Sickerwasserprognose“ ging es um die Novellierung der Bundesbodenschutzverordnung. Bei dem Projekt „Geotechnologien“ habe ich sehr gut mit dem Forschungszentrum Karlsruhe oder auch mit der Universität Bayreuth zusammengearbeitet. Ich persönlich kann eine schlechte Zusammenarbeit mit westdeutschen Kolleginnen und Kollegen nicht bezeugen.
Allerdings gab es in keinem der bisherigen Forschungsprojekte eine Bedingung, dass man mit einem westdeutschen Unternehmen zusammenarbeiten muss. Das ist das erste Mal, und das ist einmalig. Deshalb halte ich das für diskriminierend.
Das war eine Kurzintervention von Frau Kollegin Pinka. Wollen Sie darauf reagieren, Frau Staatsministerin? – Nein.
Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende unserer 1. Aktuellen Debatte angekommen und schließen sie damit ab.
Als Antragstellerin ergreift natürlich zunächst die Fraktion DIE LINKE in Gestalt von Frau Kollegin Falken das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das neue Schuljahr begann mit zwei Paukenschlägen. Der erste war, dass die Gewerkschaften ihre Mitglieder für den 7. September zu einem Warnstreik aufriefen, und siehe da: Nicht nur die Mitglieder, sondern zahlreiche, Tausende, fast Zehntausende Lehrer kamen zu diesem Warnstreik hier nach Dresden in den Freistaat Sachsen.
Der zweite Paukenschlag – das hat es so wohl auch noch nicht gegeben – war, dass der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion seinen Posten aufgegeben hat.
Beide Fälle haben die Ursache in der Haushaltspolitik dieser Staatsregierung. Ich freue mich sehr, Herr Staatsminister der Finanzen, dass Sie wieder da sind, sonst hätte ich Sie gerne gerufen, weil diese Staatsregierung eine Haushaltspolitik betreibt, bei der Bildung in Sachsen nicht den Stellenwert hat, die sie eigentlich haben müsste.
Wir freuen uns als Fraktion, dass die Staatsministerin Frau Kurth in der „Freien Presse“ heute die ersten Mitteilungen macht, was nach ihrer Auffassung noch nicht so richtig gut läuft. Frau Ministerin, dass Sie, genau wie wir, die Auffassung haben, dass die Lehrerinnen und Lehrer im Freistaat Sachsen besser bezahlt und Veränderungen durchgeführt werden müssen, freut uns sehr, auch dass Sie die Erkenntnis haben, dass Sie das sogenannte Lockprogramm oder -paket – Entschuldigung, wir machen jetzt alles in Paketen – packen wollen, um junge Lehrerinnen und Lehrer in den Freistaat Sachsen zu holen. Grundsätzlich erfreut uns das. Aber wir als Linksfraktion bieten Ihnen an, dass wir Sie gern bei den Überlegungen, wie man Lehrer nach Sachsen holen bzw. hier halten kann, mit unterstützen wollen; denn ich denke, mit Wohnraumsuche und Grundstückssuche, mit der Suche nach einem Kitaplatz und mit einem Ticket im öffentlichen Nahverkehr ist das Problem nicht wirklich gelöst.
Aber kommen wir zurück zum neuen Schuljahr. Die Aussagen der Staatsministerin, dass das Schuljahr gut begonnen hat, dass alles in Ordnung ist und jede Klasse einen Lehrer hat, ist ein Anspruch, der uns nicht reicht. Ich hoffe, Ihnen von der CDU und der FDP reicht er auch nicht.
Was bedeutet nun im Freistaat Sachsen, dass das Schuljahr gut begonnen hat? Es bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler keinen Fachunterricht haben. Bis heute gibt
es Schulklassen, die immer noch im Klassenunterricht, also von der Klassenlehrerin, unterrichtet werden und der Fachunterricht nicht stattfinden kann, weil nach wie vor nicht die notwendigen Lehrer zur Verfügung stehen.
„Schuljahr hat gut begonnen“ heißt im Freistaat Sachsen auch, dass 144 Schulen keine Schulleiter haben; dabei haben wir die stellvertretenden Schulleiter, die fehlen, gar nicht gezählt, oder ein Schulleiter, der zwei Schulen betreut. Ich glaube, da hat die Staatsregierung das Schulgesetz falsch ausgelegt. Dieses Hohe Haus hat, als das Gesetz beschlossen wurde, ganz sicher nicht damit gemeint, dass ein Schulleiter mehrere Schulen betreuen soll, wenn darin steht, jede Schule hat einen Schulleiter und einen stellvertretenden Schulleiter. Man darf das Gesetz auch nicht so missverständlich auslegen.
Ich möchte mich, Herr Ministerpräsident – Sie rücken so schnell nach hinten, Herr Ministerpräsident, dass ich Sie suchen muss –, ganz direkt an Sie wenden. Ich möchte Sie auffordern und darum bitten, dass Sie die Informationen und die Zahlen, die Sie offensichtlich aus dem Kultusministerium bekommen haben, doch noch einmal prüfen sollten; denn wenn Sie in die Öffentlichkeit gehen und erklären, dass es 1000 Lehrerstellen im Schuljahr gibt und neue Lehrer da sind, dann haben Sie, so glaube ich, nicht eine vernünftige Erläuterung bekommen, oder Sie erklären es wissentlich der Öffentlichkeit falsch.
Ich will das auch begründen. 650 Neueinstellungen hat es im Freistaat Sachsen gegeben. Das ist auch bei uns nicht strittig. Aber ein Drittel dieser Lehrerinnen und Lehrer war bereits im System und ist nicht neu hinzugekommen. Die Lehrer im Ganztagsangebot, die Sie jetzt gestrichen haben, sind auch schon lange im System, und zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer aus diesem Bereich machen jetzt über Honorar diese Tätigkeit. Das heißt, die Belastungen der Lehrer werden wesentlich höher. Die Qualitätsmanagementstunden dürfen für den Unterricht gar nicht genutzt werden. Überprüfen Sie bitte noch einmal Ihre Zahlen. Die anderen Maßnahmen erzähle ich dann in der dritten Runde.
Das war für die einbringende Fraktion Frau Kollegin Falken. Als Nächstes spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Bienst.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegin Falken! Danke für das Angebot. Wir sind, so glaube ich, Manns genug, zunächst erst einmal selbst etwas zu tun und dies dem Plenum und dem Hohen Haus vorzustellen. Ich glaube, die Facharbeit, die wir in den letzten Jahren durchgeführt haben, werden wir in hoher Qualität fortführen. Da steht die gesamte Koalition auch hinter Schule.
Die Schulleiterbestellung – um gleich eine Antwort zu geben – ist in Arbeit. Ich denke, dafür brauchen wir auch eine gewisse Zeit. Die Definitionsfragen, welche Lehrer im System sind bzw. welche Lehrer noch in das System geholt werden, ist eine fachliche Diskussion, die nicht an dieser Stelle geführt werden sollte.
In meinem Redebeitrag möchte ich die Themen dieser Aktuellen Debatte einmal trennen, obwohl es hier um einen Inhalt geht, nämlich um die Schule. Es geht zum einen darum, dass sich Sachsen – ich betone: Sachsen! – gegen die Schulpolitik der Kultusminister wehrt. Nun frage ich Sie, meine Damen und Herren von den LINKEN: Wen von den über vier Millionen Menschen im Land meinen Sie damit eigentlich? Oder sind es vielleicht die circa 370 000 Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildenden, die mit Freude – und das meine ich relativ; es gibt immer Ausnahmen – täglich zum Unterricht oder zur Ausbildung gehen? Wehren sie sich gegen die Schulpolitik Sachsens? Oder sind es die Eltern oder die über 320 000 Lehrerinnen und Lehrer?
Sachsen, meine Damen und Herren, wehrt sich nicht gegen die Schulpolitik – im Gegenteil: Sachsen sind stolz auf unsere Schulen, auf das Bildungssystem;
(Beifall bei der CDU und der FDP und der Staatsministerin Brunhild Kurth – Zurufe von den LINKEN und der SPD)
auf die Schule, die jeden Tag mit Bravour geleistet wird. Unterstrichen wird es nämlich auch mit der Wertung von anderen Ländern, die auf das Bildungsland Sachsen blicken.
Ich kann Ihnen dazu einiges aus eigener Erfahrung sagen. Ich war sehr oft mit Kollegen aus anderen Ländern zusammen – aus Ländern wie Bayern, Baden
Württemberg oder Nordrhein-Westfalen –, und als ich unser sächsisches Schulsystem erklärt habe – das muss man den Kollegen nämlich erst einmal erklären –, haben sie sich gewundert, wie gut Sachsen Schule macht, welche Klassenstrukturen existieren, welche vorzüglichen materiellen Voraussetzungen Sachsen geschaffen hat – ich streue hier einmal Medius als Fachbegriff in den Raum – und Investitionen tätigt etc. pp.
Die Kehrseite der Medaille, die ich hier auch anführen möchte, ist, dass man Kundgebungen – so wie Frau Falken schon angeführt hat – und öffentliche Meinungsäußerungen natürlich ernst nehmen muss, und das tun wir auch. Wenn hier circa 11 000 Lehrerinnen und Lehrer vor dem Landtag protestieren, dann muss man schon genau hinhören, wo die vermeintliche Säge im System klemmt.
Im zweiten Teil meiner Rede möchte ich noch einmal darauf eingehen. Aber um eine Antwort zu bekommen, wo diese vermeintliche Säge tatsächlich klemmt, muss man einmal strukturieren und eine solche Veranstaltung analysieren. Ich habe zum Beispiel aus meinem Bekanntenkreis – und der ist sicherlich nicht klein in der Lehrerschaft – niemanden gesehen, der am 07.09. protestiert hat.
Gab es eine gleichmäßige Verteilung der Lehrer aus Schularten von Grundschule, Mittelschule, Gymnasium und Berufsschule? Oder haben wir eine Berufsgruppe aus einer ganz bestimmten Schulart hier besonders zu betrachten? Dann müssen wir in das System gehen. Erkundigen Sie sich erst einmal, und dann geben Sie die Antwort.
Ich weiß zum Beispiel, dass aus meinem Bekanntenkreis – die sind wahrscheinlich aus den anderen über zwei Dritteln – an diesem Tag keiner hier in Dresden gewesen ist.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Als ich hier im September im ersten Plenum erschienen bin, habe ich mich gewundert, dass überhaupt eine Protestkundgebung vor dem Landtag stattfindet.