Protocol of the Session on September 7, 2012

Es muss deutlich gesagt werden: Altersteilzeit nach dem Modell der Interessenvertreter kostet Geld.

(Zuruf des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

Geld, das man dem System Schule entzieht und dem System Rente zuführt. Damit werden Bildungsausgaben in Sozialausgaben umgewandelt.

(Thomas Jurk, SPD: Nein!)

Das ist aber nicht unser Ziel. Für uns hat Bildung Priorität.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Deshalb habe ich es auch abgelehnt, entsprechende Tarifverhandlungen zu führen. Im Übrigen haben die gleichen Interessenvertreter, die heute zum Streik aufrufen, vor ein paar Jahren noch vehement für die Aufhebung der Teilzeit und die Vollzeitbeschäftigung der Lehrer gekämpft,

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Das ist doch etwas ganz anderes! – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Politik verändert sich manchmal!)

obwohl damals allen Beteiligten bewusst war, dass dadurch die Neueinstellung von Lehrern verhindert wird.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung – Zuruf der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Aber auch über den Schulbereich hinaus gibt es im Bereich der Bildung, Forschung und Entwicklung erhebliche Zuwächse. Der Freistaat Sachsen hat sich seit der Wiedervereinigung zum Hightech-Bundesland entwickelt. Viele attraktive Arbeitsplätze in weltbekannten Unternehmen, unter anderem in der Automobil- und Halbleiterindustrie, wurden geschaffen.

Das Rückgrat für diese Entwicklung ist eine ausgeprägte und international konkurrenzfähige Forschungs- und Wissenschaftslandschaft. Wir sind das stärkste Wissenschaftsland der neuen Bundesländer. Die sächsischen Hochschulen sind Ausbildungsstätten und Motoren für unsere innovative und zukunftsfähige Wirtschaft. Die sächsische Forschungspolitik setzt dabei besondere Schwerpunkte in den Wachstums- und Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts, wie Maschinenbau, Nano- und

Mikroelektronik, organische Elektronik und Biotechnologie. Diese Strategie der Vernetzung führte die Technische Universität Dresden zu deutschlandweiter Exzellenz und internationaler Ausstrahlung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Im Regierungsentwurf des Doppelhaushaltes 2013/2014 sind alle Maßnahmen abgebildet, die für den Ausbau der TU Dresden als einzige Exzellenzuniversität der neuen Flächenländer und für das erfolgreiche Exzellenzcluster der TU Chemnitz notwendig sind. Darüber hinaus investieren wir im Rahmen der Exzellenzinitiative auch in Baumaßnahmen. Als Beispiele für die TU Dresden seien hier genannt: der Neubau für einen Hochleistungsrechner ab dem Jahr 2013 für circa 40 Millionen Euro oder der Bau eines neuen Institutsgebäudes für die Physik hier in Dresden ab dem Jahr 2013 für rund 25 Millionen Euro.

Alle anderen Hochschulen im Freistaat profitieren ebenfalls von umfangreichen Investitionen. Neben dem Bildungscampus in Leipzig in der Jahnallee – ich erwähnte es vorhin bereits – seien als Beispiele genannt: der Umbau der alten Aktienspinnerei für die Entwicklung des Innenstadtcampus der TU Chemnitz, die Unterbringung der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät im Schlossplatzquartier an der TU-Bergakademie Freiberg, der Bau eines Laserlabors an der Hochschule Mittweida, die Sanierung sowie der Neubau des Instituts- und Lehrgebäudes für den Fachbereich Elektrotechnik und Informatik an der Hochschule in Zittau. Für den Hochschulbau stehen damit in jedem Jahr insgesamt jeweils rund 190 Millionen Euro zur Verfügung.

Darüber hinaus investieren wir in den Ausbau der Berufsakademien. Als Beispiel sei die Berufsakademie Plauen genannt,

(Beifall des Abg. Frank Heidan, CDU – Heiterkeit bei den GRÜNEN – Frank Heidan, CDU: Das ist wichtig, Herr Lichdi; so ist das!)

für die in den nächsten beiden Jahren circa 6 Millionen Euro eingeplant sind.

Häufig höre ich die Frage: Warum überhaupt Spitzenforschung in einem relativ kleinen und armen Land wie Sachsen?

(Johannes Lichdi GRÜNE:... armen Land?)

Was bringt das den "normalen" Sachsen außerhalb der Hochschulen? Oder, um es flapsig zu formulieren: Warum so viel Geld für ein paar Professoren? Die Antwort heißt: Spitzenforschung schafft Arbeitsplätze. Während am Fuß der Innovationstreppe laufend Arbeitsplätze wegfallen, weil die Produktion mit älterer Technologie eingestellt oder ins Ausland verlagert wird, entstehen an der Spitze der Innovationstreppe ständig neue Arbeitsplätze, nicht nur für Hochschulabgänger, sondern auch für Facharbeiter oder Beschäftigte im Dienstleistungsbereich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit dem Jahr 1995 sind wir das Bundesland mit der höchsten Investiti

onsquote. Auch für den nächsten Doppelhaushalt liegt diese mit geplanten 17,6 bzw. 17 % im deutschlandweiten Vergleich auf einem sehr hohen Niveau.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Holger Zastrow und Torsten Herbst, FDP)

Wir verfolgen damit das Ziel, neben der Stärkung unserer heimischen Wirtschaft die Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger zu steigern. Wir investieren in unsere Sportstätten, in unsere Kulturbauten, in den Städtebau und in die Denkmalpflege. Im Staatsstraßenbau werden die Ausgaben auf rund 186 Millionen Euro erhöht. Die Autobahn von Chemnitz nach Leipzig wird zügig weitergebaut. Für Hochwasserschutzprojekte werden in den nächsten beiden Jahren 220 Millionen Euro investiert.

Wir stellen uns aber auch den demografischen Herausforderungen. Die Investitionen in Krankenhäuser werden auf über 100 Millionen Euro jährlich erhöht. Eine vernünftige Gesundheitsversorgung ist sehr wichtig angesichts der Alterung unserer Gesellschaft. Im Bereich des demografischen Wandels sind zusätzlich Mittel in Höhe von knapp 10 Millionen Euro als Zuschüsse für regionale Entwicklungskonzepte vorgesehen. Mit ihnen sollen Projekte gefördert werden, die dazu beitragen, die Anpassung einer Region an den demografischen Wandel positiv zu bewältigen. Die Förderung zielt dabei insbesondere auf die Gebiete, die von Schrumpfungsprozessen durch den demografischen Wandel besonders betroffen sind.

Meine Damen und Herren! So wie die Familien den Kern einer Gesellschaft bilden, so stellen die sächsischen Kommunen die Grundlage unseres Gemeinwesens dar. Es ist seit Anbeginn die Grundlage unserer Politik, die kommunale Ebene zu stärken und ihr eine im Freistaat vergleichbare Entwicklung zu ermöglichen. Wenn es dem Freistaat gut geht, profitieren auch die Kommunen davon. So steigen die Zuweisungen an die Kommunen auf die Rekordwerte von 5,5 Milliarden Euro im Jahr 2013 und 5,8 Milliarden Euro im Jahr 2014. Allein auf den kommunalen Finanzausgleich entfallen davon 2,85 Milliarden Euro im Jahr 2013 und 3,11 Milliarden Euro im Jahr 2014.

Mit der Anpassung der Gleichmäßigkeitsgrundsätze I und II sowie den erheblich aufgestockten Mitteln für Investitionen, insbesondere auch für den Schulhausbau, haben wir eine faire und ausgewogene Lösung für unsere Städte, Gemeinden und Landkreise gefunden. Wir wollen auf einer soliden Basis in den weiteren Ausbau des Freistaates investieren. Unser Ziel ist die Sicherung der Innovations- und Zukunftsfähigkeit Sachsens. Wir wollen eine international wettbewerbsfähige Wirtschaft. Das erhält bestehende und schafft neue Arbeitsplätze, nährt den Wohlstand und bringt nicht zuletzt soziale Sicherheit. Nur ein wirtschaftlich erfolgreiches Land kann weiterhin in Bildung investieren, die Infrastruktur erhalten, Kunst und Kultur fördern sowie den sozialen Zusammenhalt sichern. Deshalb ist ein wirtschaftlich erfolgreiches Land ein Kernpunkt unserer Politik.

In vielen dieser Politikfelder, die ich eben aufgelistet habe, hat Sachsen inzwischen Spitzenwerte erreicht; zuletzt wieder beim Bildungsmonitor, aber auch bei der staatlichen Forschungsförderung und den Ausgaben für Kultur ist Sachsen führend, und nicht zuletzt hat die Infrastruktur einen hervorragenden Ausbauzustand. Diese Erfolge gilt es zu sichern und, wenn möglich, auszubauen.

Nur das Erreichte zu bewahren kann aber nicht unser Ziel sein. Wer sich damit zufriedengibt, gerät schnell ins Hintertreffen. Die Schlüsselkompetenz zur Sicherung unserer Zukunft ist Innovationsfähigkeit. Sachsen muss sich seine Spitzenstellung immer wieder durch Innovationen erarbeiten.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Markus Ulbig)

Wir wollen, dass der Freistaat Sachsen eine der innovativsten Regionen Europas wird. Sachsen bietet dafür erhebliches Potenzial: eine talentierte und motivierte Jugend, großartige Wissenschaftler, mutige Unternehmer und gut ausgebildete Fachkräfte. Der Freistaat Sachsen unterstützt die Herausbildung und Entwicklung dieser Potenziale und schafft hierfür feste Rahmenbedingungen. Wir investieren in die Bereiche, die den Bürgern im Freistaat wieder zugutekommen.

Die Beratungen und Diskussionen der kommenden Monate werden für uns alle mit erheblichen Kraftanstrengungen und einem hohen Zeitaufwand verbunden sein. Dies ist aber gut und richtig so, weil Sie am Ende dieses Jahres über den weiteren Weg des Freistaates entscheiden werden. Deshalb freue ich mich schon auf die Diskussionen mit Ihnen.

(Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN und Zurufe: Wir auch!)

Wir alle tragen eine große Verantwortung für unseren Freistaat und werden um die richtigen Lösungen ringen. Ich bin optimistisch, dass dies in einer sachlichen und konstruktiven Atmosphäre geschieht. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre stimmen mich sehr zuversichtlich. Ich plädiere für einen Haushalt, der für Innovations- und Zukunftsfähigkeit, für Handlungsfähigkeit und für Generationengerechtigkeit steht und der Chancen nutzt, die sich uns nur heute bieten.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Ich bin überzeugt, dass die Staatsregierung mit dem Entwurf zum Haushaltsgesetz einschließlich Haushaltsplan sowie dem Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes zusammen mit dem FAG einen anspruchsvollen Vorschlag hierzu unterbreitet hat. Die Entscheidung liegt letztlich bei Ihnen, den Abgeordneten des Sächsischen Landtages. Lassen Sie uns gemeinsam den Freistaat Sachsen in eine erfolgreiche Zukunft führen und Chancen nutzen!

Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Langanhaltender Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Der Haushalt, das Haushaltsbegleitgesetz und das Finanzausgleichsgesetz wurden für die Staatsregierung eingebracht durch Herrn Staatsminister Prof. Dr. Unland. – Wir kommen nun zur Aussprache in folgender Reihenfolge: DIE LINKE, CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD.

Meine Damen und Herren! Wir beginnen mit der Fraktion DIE LINKE und das Wort ergreift Herr Kollege Gebhardt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir aus aktuellem Anlass eine kurze Vorbemerkung. Der zurückgetretene bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Thomas Colditz, beschrieb den Kommunikationsstil in seiner Fraktion bzw. zwischen Abgeordneten und Regierung so – Zitat –: „Man reibt sich heute nicht einmal mehr aneinander. Es ist wie bei einer Bergbahn. Eine fährt hoch, eine fährt runter. Man begegnet sich, man sieht sich, es gibt aber keine Berührung.“ Zitatende. Finanzminister

Prof. Unland hat diese Unkultur in den Landtag hineingetragen. Erstmalig seit 1990 beginnen wir die Haushaltsberatungen, ohne zuvor den Redeentwurf des Regierungsvertreters erhalten zu haben. Das ist eine Stil- und Niveaulosigkeit sondergleichen. Schließlich handelt es sich allein schon vom zeitlichen Umfang her um eine Regierungserklärung, die hier diskutiert werden soll.

(Zurufe von der CDU)

Es ist ein Bruch mit parlamentarischen Gepflogenheiten und ein Tiefstand der politischen Kultur in Sachsen – die Reaktionen der CDU zeigen, dass das stimmt.

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Wahrscheinlich ist es aber nur – –

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

schlicht Ausdruck Ihrer tiefen Verunsicherung, wie Sie die nicht plausible Finanzpolitik – dazu komme ich noch in meiner Rede – der Öffentlichkeit erklären sollten.

(Beifall bei den LINKEN – Zurufe von der CDU)