Protocol of the Session on June 11, 2012

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion ist für den Schutz geistigen Eigentums. Das habe ich in der Aktuellen Debatte vorhin schon deutlich gemacht. Dennoch muss man feststellen, wenn es um die GEMA geht, dass auch hier Interessen mit Heuchelei verschleiert werden.

Das neue Tarifsystem der GEMA wird ja mit der Begründung eingeführt, dass man mehr Transparenz, Übersichtlichkeit und eine Vereinheitlichung schaffen wolle. Aber – das wurde schon beschrieben – das Zulagensystem und die Kostensteigerung, die herauskommen, lassen ein ganz anderes Motiv vermuten als die von der GEMA geführte Argumentation, dass es einfach um mehr Transparenz gehe. Insofern werde ich mich sehr kritisch zur GEMA äußern, aber nur eine Kritik an dem geplanten Tarifsystem greift aus meiner Sicht zu kurz.

Man muss sich mit der GEMA über dieses Tarifsystem hinaus noch etwas intensiver beschäftigen. Das ist noch nicht gesagt worden: Von den Einnahmen in Höhe von

circa 850 Millionen Euro, die die GEMA im Jahr hat, werden circa 15 % als Verwaltungsaufwand einbehalten. Wenn ich mir die Gehälter der Vorstandsvorsitzenden anschaue, dann stelle ich fest: Der Vorsitzende verdient im Jahr 484 000 Euro, Herr Hilpert und Herr Oeller als weitere Vorstandsmitglieder 332 000 Euro bzw.

264 000 Euro. Da erscheint mir schon eine gewisse Selbstbedienermentalität auch bei den Verwertern dieser Rechte an der Tagesordnung zu sein.

Nun ist sicher richtig: Eine Verwertungsorganisation muss es geben. Ich stelle allerdings infrage – und da würde ich sogar mit meiner Kritik über das hinausgehen, was die Fraktion DIE LINKE formuliert hat –, ob ein Verein – die GEMA ist ja ein Verein; das wurde bereits gesagt – tatsächlich die richtige Rechtsform ist. Denn wir haben es letztendlich mit einem privaten Quasi-Monopolisten zu tun, der seine Stärke ausnutzt, um letztendlich einseitige Ertragsinteressen durchzusetzen und dabei die Eigentümer geistigen Gutes, die Künstler, möglicherweise zu übervorteilen.

Das wurde auch schon gesagt: Gerade einmal 3 400 ordentliche Mitglieder der GEMA bekommen 65 % der Einnahmen und die anderen 54 000 Mitglieder bekommen den Rest. Dabei stellt sich die Frage: Ist das ausgeglichen? Ist das tatsächlich gerecht? Ich würde hier zur Diskussion stellen, ob nicht möglicherweise das GEMASystem weitaus mehr zu reformieren ist und ob die GEMA als eingetragener Verein die passende Rechtsform ist. Ich kann mir vorstellen, weil es hier um eine ordnungspolitische Aufgabe geht – Eigentumsrechte zu schützen bzw. deren Entlohnung –, einen staatlichen Rahmen zu finden, der ein viel besserer Sachwalter der Interessen beider Seiten ist – sowohl der Eigentümer von beispielsweise Kunstwerken als auch der Nutzer.

Ich denke, dass diese ordnungspolitische Aufgabe nicht in die Hände eines privaten Vereins gehört, sondern der staatlichen Sphäre zuzuordnen ist, was schon aus meiner Sicht bzw. aus Sicht der NPD-Fraktion als Notwendigkeit angesehen wird, um hier überhaupt ordnungspolitisch wirken zu können. Interessant finde ich es, dass immer viel von Marktwirtschaft gesprochen wird. Man spricht davon, dass es immer nur polypolistische Märkte gibt, wie es am Anfang des BWL-Studiums steht. Aber Monopole, private Monopole sind keine Marktwirtschaft mehr, wie man sie modellhaft beschreibt, sondern sie sind auch oft Quelle von Ausbeutung und Übervorteilung. Ich kenne eigentlich kein Monopol – wenn wir schon über die GEMA sprechen, geht es ein Stück weit um ein privates Monopol –, das ordnungspolitisch funktioniert. Deshalb halte ich meinen Vorschlag, den Vorschlag der NPDFraktion, diesen Aspekt einmal zu thematisieren, für richtig.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

In der zweiten Runde spricht Frau Abg. Klepsch von der Linksfraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es ist sehr selten, dass grundsätzlich so viel Einigkeit bei einer Debatte besteht und dass die CDU es begrüßt, die manches bei diesem Debattenthema kritisiert, was wir auf die Tagesordnung gesetzt haben. Das ist selten. Umso mehr freuen wir uns.

In der Sache sind wir uns einig: Tarifverschlankung ja, Licht in den Tarifdschungel bei der GEMA ist notwendig. Aber so, wie die Aufschläge und die Details im Moment konstruiert sind, ist das Ganze wirtschaftlich und kulturpolitisch kontraproduktiv. Alle Vorredner haben es bereits ausgeführt.

Ich möchte noch einmal darauf verweisen, dass die Debatte um die GEMA-Gebühren kein Berliner Problem ist, wie es scheinbar in den Medien gebracht wurde, oder nur eine Existenzfrage für Großraumdiskotheken und die Mitglieder der DEHOGA, sondern wir glauben, dass man die Debatte bundesweit führen muss, vor allem im Interesse der Kulturlandschaft Sachsens, für die sächsischen Klubs und für die Soziokultur.

Der Freistaat selbst hat noch unter der Großen Koalition der letzten Legislaturperiode einen Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht herausgegeben. Dort heißt es auch, Kultur- und Kreativwirtschaft fördern ist, das Experimentelle zulassen und den Nachwuchs fördern. Genau das wird durch die neuen geplanten Gebühren infrage gestellt. Es müssen auch künstlerische Aspekte und lokale Wirtschaftskreisläufe berücksichtigt werden, weil diese sich gegenseitig bedingen. Auch von der Soziokultur und den kleinen Einrichtungen profitieren Hotels, in denen die Künstler übernachten. Die Getränkelieferanten profitieren davon, und auch das lokale Stadtmagazin mit der Anzeige für die nächste Veranstaltung würde extrem verlieren, wenn diese Gebührenerhöhung so, wie geplant, kommt.

Herr Herbst, ich möchte noch Folgendes klarstellen. Die LINKE hat nicht ihr Faible für die Kommerzialisierung entdeckt, ganz im Gegenteil. Wir haben die Debatte heute angemeldet, weil uns hier insbesondere kulturpolitische und wirtschaftspolitische Interessen wichtig sind.

Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages hatte sich zur Kultur in Deutschland und auch zu kulturwirtschaftlichen Fragen geäußert. Das ist das ganze Gefüge, das hier angesprochen worden ist und beeinträchtigt zu werden droht: die Förderung von Kunst und Kultur, die Initiierung und Finanzierung kultureller Veranstaltungen und die Erhaltung von Kultureinrichtungen.

Herr Morlok, es gehört auch zu Ihrer Aufgabe, angemessene Rahmenbedingungen für Künstler, für Kulturberufe, für das bürgerschaftliche Engagement zu gestalten, diese Schnittstelle Wirtschaft und Kultur.

Die Anfrage von Herrn Gerstenberg und die Antwort des SMWA und Herr Morlok sind schon mehrfach zitiert worden. Ich finde es erschreckend, wenn ein Wirtschaftsminister sagt, er sieht überhaupt keine Einwir

kungsmöglichkeiten, sich dort für den Freistaat Sachsen in die Debatte um die GEMA-Gebühren einzubringen und eine Stellungnahme als Minister abzugeben. Das Gespräch zu suchen, Herr Morlok, ist ja nicht verboten. Das ist sogar Ihre Pflicht als Minister.

(Beifall der Abg. Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE, und Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Was passiert, wenn es so durchkommt, wie geplant? Es wird für einige Spielstätten mitunter existenzgefährdend. Vor allem die Spielstätten und Klubs, die als Diskotheken nach der neuen Ordnung eingestuft werden, werden als künstlerische Orte hinterfragt. Es drohen nicht nur Eintrittspreiserhöhungen, sondern es droht auch die Schließung von einzelnen Spielstätten. Das ist nicht übertrieben.

Wenn man sich ansieht, was hier unter Tarifanpassung und Verschlankung seitens der GEMA angepriesen wird, muss man feststellen, dass einerseits durch das Wegfallen der Pauschalverträge und die Tatsache, dass dann jede Veranstaltung einzeln abgerechnet werden muss, ein hoher bürokratischer Verwaltungsaufwand bei den Veranstaltungen und der GEMA droht und es andererseits auch mit der Anwendung der Härtefallregelung sogar für jede Veranstaltung eine einzelne Antragstellung nötig ist.

Was werden dann für Nachlässe gewährt? Das hat einen gewissen Unterhaltungswert. Ich zitiere: Kinder- und Seniorenveranstaltungen bekommen 10 % Nachlass, Jugendtanz 20 %, gesellige Veranstaltungen von Gehörlosen wiederum 33 1/3 %. Das möge mir einmal einer erklären. Ich verstehe es nicht. Gewerkschaften bekommen auch den Nachlass von 20 %, aber nur zwischen Ende April und Anfang Mai, also dann, wenn 1. Mai ist, und sonst nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die CDU sich freut, dass es diese Debatte heute gibt, kann ich die Koalition nur auffordern, dass sie einen Antrag wie die Landtage in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin einbringt und die eigene Staatsregierung in die Pflicht zu nehmen und Handeln zu erzwingen, damit im Interesse der sächsischen Kulturschaffenden und der sächsischen Wirtschaft die Debatte auf Bundesebene mit der GEMA gesucht wird und die Gebührenerhöhung nicht so, wie geplant, in Kraft tritt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Wird von den Fraktionen noch weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich jetzt Herrn Staatsminister Morlok.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn etwas zur rechtlichen Einordnung der

Situation sagen. Anschließend möchte ich eine Bewertung derselben vornehmen.

Es ist in der Debatte bereits deutlich gemacht worden, dass die GEMA als Verwertungsorganisation nicht im Einflussbereich der einzelnen Landesregierungen steht, auch nicht im Einflussbereich der Bundesregierung, auch wenn dort ein mittelbarer Einfluss sicherlich über das Bundesjustizministerium, über das Deutsche Patent- und Markenamt möglich wäre, aber doch sehr eingeschränkt. Ich möchte auch betonen, dass die GEMA die Verwertungsgesellschaft ist. Sie ist nicht der Urheber, der die entsprechenden Werke erstellt hat.

Es gibt aber auch Einigkeit darüber, dass wir eine solche Verwertungsgesellschaft benötigen. In irgendeiner Form muss es dazu kommen, dass die Urheber an den entsprechenden Erlösen beteiligt werden. An der Struktur werden wir nur wenig ändern können. Weil wir hier eine monopolartige Struktur haben, steht die GEMA hinsichtlich ihrer Tarifgestaltung unter der entsprechenden Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt. Hier ist das von den Debattenrednern angesprochene Schiedsstellenverfahren auch anhängig.

Wir gehen davon aus, dass ein Schiedsspruch in diesem Schiedsstellenverfahren Anfang nächsten Jahres ergehen wird. Aus dieser Zeitkette wird auch eine missliche Situation deutlich, weil die entsprechende Tarifänderung der GEMA ja zu Beginn des nächsten Jahres stattfinden wird und der Schiedsspruch erst, selbst wenn er vom Interesse der entsprechenden Veranstaltungsbetreiber ausgeht, im Februar fallen würde. Das ist die Situation, wie sie sich rechtlich faktisch darstellt.

Wir begrüßen es, dass die GEMA eine Vereinheitlichung, eine Vereinfachung der Tarifstruktur vorgenommen hat. Wenn man sich die entsprechenden Parameter anschaut, nämlich das Eintrittsgeld und die Raumgröße mit anderen Nebenparametern, erscheint das auf den ersten Blick sehr einfach.

Das klingt auch so, als ob man tatsächlich das Geld dort im Wesentlichen kassieren wollte, wo die meisten Einnahmen stattfinden – was unter wirtschaftlichen Kriterien auch sachgerecht wäre.

Das Problem bei der Tarifgestaltung – hier ist sicherlich auch die Ursache des Missverhältnisses der neuen Gebührenordnung zu sehen – ist, dass die Tarife eben nicht an den bei jeder Veranstaltung erzielten Einnahmen ansetzen, sondern man auf der einen Seite den Eintrittspreis hat, den man verlangt, und zum anderen die Raumgröße und aus beiden – so sicherlich die Überlegung der GEMA – sich eine Teilnehmerzahl fiktiv ergibt, die dann auch da sein wird, und daraus berechnet man die Gebühren.

Die Praxis – das wissen wir alle – sieht anders aus. Die Auslastung, die Umsätze an unterschiedlichen Tagen bei den Veranstaltungen sind sehr unterschiedlich und mein

Gefühl ist, dass die GEMA das bei ihrer Tarifgestaltung nicht im ausreichenden Maße berücksichtigt hat – so sinnvoll aus meiner Sicht die Änderung der Struktur unter Vereinfachungsgesichtspunkten auch ist.

Von daher wäre es sinnvoll, dass sich die GEMA die Tatsache nochmals überlegt, dass Raumgröße und Eintrittsgeld sicher ein Indikator dafür sind, inwieweit die Umsätze bei Veranstaltungen erzielt werden. Aber Eintrittsgeld und Raumgröße allein sind noch kein Garant für den erzielten Umsatz, sondern erschaffen nur den Rahmen für die Umsatzerzielung.

Genauso wie es dazu führt, wenn ein Veranstalter sein Eintrittsgeld über Gebühr erhöht – dass er dann nämlich gar keine Einnahmen mehr hat, weil keiner mehr zu Veranstaltungen oder zur Disco kommt, dann nützt auch die schönste Tarifgestaltung des Diskothekenbetreibers nichts mehr; wenn keine Leute mehr zur Diskothek kommen, dann hat er keine Einnahmen mehr –, genauso gilt es auch für die GEMA. Es nützt die schönste Tarifstruktur nichts, wenn sie dazu führt, dass Veranstaltungen, die die Quelle der Einnahmen der GEMA sind, aufgrund der Tarifstruktur nicht mehr durchgeführt werden, denn dann gibt es auch keine GEMA-Gebühren.

Ich bin mir sicher, wenn die GEMA diese beiden Überlegungen, dass fiktives Eintrittsgeld nicht gleich erzielter Umsatz ist und dass es erforderlich ist, um Einnahmen als GEMA zu erzielen, dass entsprechende GEMA

gebührenpflichtige Veranstaltungen auch stattfinden, im Einzelnen nochmals anstellt, wird sie sicherlich zu Änderungen in ihrer Tarifstruktur kommen.

Ich hoffe auch, dass man im Hinblick auf das anhängige Schiedsverfahren, dessen Schiedsspruch erst im Februar zu erwarten ist, bis dahin und in dem Zeitraum, sofern vorher keine Änderungen, keine Einigung gefunden wird, keine vollendenden Tatsachen schafft und ein pragmatisches Umgehen mit den Gebührenpflichtigen in dem Zeitraum zwischen Inkrafttreten der neuen Tarifstruktur und dem Spruch der Schiedsstelle finden wird. Hier sollte man nicht der Versuchung erliegen, vollendete Tatsachen zu schaffen, sondern aus Sicht der GEMA eher kulant mit den Gebührenpflichtigen umgehen.

Wenn die GEMA dies beherzigt – und ich hoffe, dass sie das tut –, dann glaube ich, dass man wieder zu einem vernünftigen Miteinander zwischen der Vertretungsgesellschaft derer, die diese geschaffen haben, und denen, die sie nutzen, den Veranstaltern, kommen wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Damit ist auch die 2. Aktuelle Debatte abgeschlossen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt und rufe auf den

Tagesordnungspunkt 4

2. Lesung des Entwurfs

Gesetz zur Änderung des Sächsischen Gesetzes über den

Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz

Drucksache 5/8624, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP