Der DZB kommt dabei zunehmend überregionale Bedeutung zu. Neue Nutzergruppen der DZB ergeben sich vor allem aus dem demografischen Wandel – die Menschen werden immer älter – und den Entwicklungen im Bereich der Informationstechnologien. Ein schwindendes Sehvermögen im hohen Alter bedeutet steigenden Bedarf an barrierefrei gestalteten Kommunikations- und Informationsangeboten, um weiterhin aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.
Gegenwärtig hat die Bibliothek einen Bestand von 67 300 Titeln, darunter 22 200 in Punktschrift, davon 6 100 Noten und 15 000 DAISY-Hörbücher – DAISY steht für Digital Accessible Information System. Es ist ein internationaler Standard für navigierbare interaktive Mediendokumente. Anders als normale Hörbücher, sind DAISY-Hörbücher auf die Bedürfnisse von Blinden und Sehbehinderten zugeschnitten.
Außerdem werden regelmäßig 18 verschiedene Zeitschriften in Punktschrift und als Audioversion herausgegeben. Die wissenschaftliche Bibliothek umfasst mehr als 4 900 Monografien und Periodika über das Blindenwesen.
Die DZB ist aber noch viel mehr: Sie überträgt selbst Bücher in Blindenschrift und ist damit ein kleiner, hoch spezialisierter Verlag. Sie ist ein modernes Medienzentrum, das sich den Anforderungen der digitalen Welt stellt. Aufgrund ihrer besonderen Kompetenz berät sie außerdem Einrichtungen aller Art in Sachen barrierefreier Kommunikation und Information.
Konzeptionell bereitet sich die DZB neben der Modernisierung und Weiterentwicklung der traditionellen Druck- und Kopierverfahren von tastbaren Reliefs, Braille-Texten und Hörbüchern auf die Errichtung von digitalen Bibliotheksangeboten vor, und zwar in den Bereichen DAISY und Braille-Bücher sowie barrierefrei gestaltete E-Books. Mögliche aufzubauende digitale Bibliotheksangebote der DZB umfassen, erstens, Online-Recherchen und Bezug von Zeitschriften, DAISY-Hörbüchern, Braille-Dateien und anderen barrierefrei gestalteten E-Books; zweitens, individuelle Übertragungsleistungen gedruckter Publikationen in barrierefreier Form für den schulischen, außerschulischen und weiterbildenden Einsatz.
Durch die Unterstützung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wird seit Ende 2009 an dem Projekt „Leibniz – Sach- und Fachbuchaufbereitung für blinde und sehbehinderte Menschen“ gearbeitet. Im Fokus steht dabei die Umsetzung der gesellschaftlichen Teilhabe blinder und sehbehinderter Menschen im beruflichen und akademischen Umfeld. Im Rahmen dieses Projektes werden Werkzeuge entwickelt, um später jedem Nutzer der DZB auch die dringend benötigte Fachinformation so zur Verfügung stellen zu können, wie es seinen individuellen Bedürfnissen und Wünschen entspricht.
Ein weiteres Beispiel möchte ich kurz schildern: Musik ist für viele Blinde ein fester Bestandteil ihrer Erlebniswelt.
Mit dem deutschlandweit einzigartigen Servicezentrum für Braille-Musiknoten „DaCapo“ bietet die DZB allgemeine und individuelle Notenübertragungen an. Drittens, digitale Bibliotheksangebote war das Stichwort – Vernetzung im Social-Media-Bereich, um blinde und sehbehinderte Nutzer verstärkt zu beraten und sie beim Einsatz neuer Technologien, den mobilen Endgeräten und der Nutzung digitaler Inhalte zu unterstützen.
Viertens schließlich, Dienstleistungen für Behörden, Einrichtungen, Organisationen und Verbände zur Beratung und Unterstützung bei der Gestaltung barrierefreier Informationen und Kommunikationsangebote. Beispielgebend ist hier die von der DZB mit der Staatskanzlei im letzten Jahr abgeschlossene Rahmenvereinbarung „Barrierefrei – Informations- und Kommunikationsangebote des Freistaates Sachsen“. Für das Bundeskompetenzzentrum Barrierefreiheit wirkt die DZB in Projekten zur verbesserten Bereitstellung von Schulbüchern zur barrierefreien Gestaltung von Nachschlagewerken und verschiedener Bibliothekszugänge mit. Die DZB testete 2011 den WebAuftritt der Deutschen Digitalen Bibliothek auf seine Bedienbarkeit durch Personen mit einer Sehschädigung und beteiligte sich an der Diskussion des Nationalen Aktionsplanes zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.
Neben diesen Schwerpunktthemen steht die DZB als Bibliothek vor der konzeptionellen Aufgabe, ihrer Zielgruppe den Wandel in der Medienwelt und einen kompetenten Umgang mit den sich veränderten Angeboten zu vermitteln. In diesem Zusammenhang sind Projekte zur Förderung der Lesekompetenz und allgemeine Leseförderung ebenso auszuweiten wie das Beratungsangebot zum Einsatz der neuen Informationstechnologien für den eigenen Wissensaneignungsprozess der blinden und sehbehinderten Nutzer. Die Herausforderungen sind also vielfältig.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Um eine solche Einrichtung auskömmlich zu finanzieren, bedarf es zusätzlicher Anstrengungen. Ich habe im Gesprächskreis der Kunstminister der Länder beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien die Bedeutung der DZB über die sächsischen Landesgrenzen hinaus angesprochen. Die DZB für noch mehr Bundesländer bekannt zu machen, könnte mittelfristig zu einer angemessenen Lastenverteilung zur Finanzierung ihrer besonderen kulturellen Dienstleistung beitragen.
Wir haben außerdem bei Staatsminister Neumann sondiert, ob der Bund seinen Beitrag zur Finanzierung der DZB leisten kann – bislang allerdings noch ohne den erhofften Erfolg.
Darüber hinaus wollen wir deshalb versuchen, neue Nutzer und Auftraggeber für die Produkte und Dienstleistungen der DZB zu erschließen, so zum Beispiel das Goethe-Institut – hier gibt es bereits Kontakte – oder andere Institutionen, für die die Kommunikation über Sprache ein wichtiges Wesensmerkmal ist.
Ich habe die Geschäftsleitung der DZB gebeten, in enger Kooperation mit meinem Haus noch im Laufe dieses Jahres einen Entwicklungsplan DZB 2020 zu erarbeiten und die Potenziale der Einrichtung zu schärfen und deren Weiterentwicklung auszugestalten. Der Aufbau übergreifender Produktionsverfahren, die Einrichtung auch digitaler Distributionsangebote der Bibliothek und das netzwerkbetonte Arbeiten an der zeitgemäßen und nutzerorientierten Ausrichtung der Geschäftsabläufe bilden den Schlüssel für die optimale Ausrichtung dieser ganz besonderen sächsischen Bibliothek.
Die DZB in Leipzig nimmt ihre Aufgaben engagiert wahr. Sie war in den vergangenen Jahren Ausrichterin des DAISY-Weltkongresses und eines Kongresses im Auftrag der Weltblindenunion mit jeweils mehreren Hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus aller Welt. Sie war 2011 auch Gastgeberin des Welt-Braille-Rates (Word Braille Council).
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Deutsche Zentralbücherei für Blinde ist etwas Besonderes. Sie ist für Blinde und Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit ein starker und unverzichtbarer Partner. Sie hat – die von mir angesprochenen internationalen Veranstaltungen belegen das eindrucksvoll – durchaus Strahlwirkung im Ausland. Im digitalen Zeitalter richtet sie den Blick in die Zukunft, und sie hat ambitionierte Ziele, deren Ergebnisse weit über Sachsen hinauswirken können. Ich bin glücklich, dass sich Sachsen diese Einrichtung im positiven Sinne leistet, und ich bin auch stolz, diese Einrichtung in meinem Geschäftsbereich zu wissen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Wichtigkeit und Bedeutung der Deutschen Zentralbücherei für Blinde zu Leipzig ist von allen Rednern sehr klar und deutlich herausgearbeitet worden. Das freut mich, denn ich muss es nicht noch einmal separat tun. Sie ist ein wichtiger Baustein für Inklusion. Weit über zehntausend regelmäßigen Nutzern ermöglicht die DZB mit ihrer Arbeit ein deutliches Mehr an Teilhabe am Leben, als es sonst möglich wäre, denn sie bietet vor allem Blinden und Sehbehinderten ein ganz erstaunliches Informationsangebot, und darüber hinaus wird für Nichtbehinderte wissenschaftliche Literatur zur Thematik vorgehalten.
Teilhabe am privaten wie auch am öffentlichen Leben setzt in erster Linie Information voraus. Ich glaube, dass wir, die wir sehen können, kaum ahnen, welchen informativen Einschränkungen die Betroffenen unterliegen. Umso wichtiger ist der Beitrag der DZB, diese Einschränkungen
Umso löblicher ist es, dass sich Sachsen zur DZB bekennt und sie nicht unerheblich finanziell unterstützt. Das Ziel unseres Antrages ist darauf gerichtet, die enorme Geschwindigkeit der medialen Informationsmöglichkeiten auch für Blinde und Sehbehinderte nicht zu einer neuen Barriere werden zu lassen. Natürlich stellt die Deutsche Zentralbücherei für Blinde sich schon heute dieser Herausforderung. Dabei muss und kann sie sich auf unsere Unterstützung verlassen. Einen Entwicklungsrückstand, wie von der NPD-Fraktion behauptet, kann man der DZB nicht unterstellen. Aber es ist trotzdem wichtig, dass von der DZB aufgezeigt wird, wie die zukünftige Entwicklung aussehen soll. Die Ministerin hat das angesprochen.
Auch will ich an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass es bei aller Wertschätzung gelingen sollte, sowohl den Bund als auch andere Bundesländer für die finanzielle Unterstützung der DZB zu gewinnen, denn fast zwei Drittel der Leistungen gehen über Sachsens Grenzen hinaus. Die Ministerin hat das Thema bereits angesprochen und im ersten Anlauf eher Zurückhaltung erfahren. Das war nicht anders zu erwarten. Das schmälert überhaupt nicht unseren Stolz, dass die DZB ihren Sitz in Leipzig hat.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Deutsche Post die DZB mit unentgeltlichem Versand unterstützt. Die breite Unterstützung im Plenum habe ich bereits erkannt. Damit wird ganz im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention ein Stück mehr Inklusion erreicht.
Dann kommen wir jetzt zur punktweisen Abstimmung. Wer möchte zu Punkt 1 seine Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit, damit beschlossen.
Ich rufe Punkt 2 auf. Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier Einstimmigkeit.
Ich rufe Punkt 3 auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte. – Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Stimmenthaltungen ist dem Punkt 3 mit großer Mehrheit zugestimmt worden.
Ich lasse jetzt über den gesamten Antrag abstimmen. – Wer gibt seine Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte.
Gibt es Stimmenthaltungen? – Es herrscht Einstimmigkeit. Damit ist der Antrag beschlossen und ich kann den Tagesordnungspunkt schließen.
Es beginnt die einreichende Fraktion DIE LINKE, danach folgen CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Frau Abg. Werner, Sie haben das Wort.
Danke schön. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der LINKEN erhebt die Forderung, sich auf Bundesebene für den Verzicht auf das geplante Betreuungsgeld einzusetzen und stattdessen den Ausbau und die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf qualitativ hochwertige, ganztägige Betreuung für unter Dreijährige voranzutreiben sowie weitere Maßnahmen umzusetzen, die eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition! Ich weiß, dass das eine recht schwierige Debatte ist, weil auch in Ihren Reihen die Positionen dazu verschieden sind. Ich hoffe, dass wir heute vielleicht eine mehrheitliche Basis erhalten und werde mich deswegen mit Emotionen und Vorwürfen an Einzelne zurückhalten und will versuchen, anhand der Fakten das Betreuungsgeld aufzudröseln. Ich will mich auf Fachargumente, die derzeit in der Diskussion sind, beschränken, bestimmte Effekte und Fehlanreize, aber auch Absurditäten herausarbeiten. Ein Hinweis sei aber gestattet. Geschachere und Wahlkampfprofilierung werden diesem Ansinnen nicht gerecht und können in eine sehr gefährliche Richtung führen. Man muss sich immer bewusst sein, dass man auch in solchen Debatten in die Politik steuernd eingreift, dass es Effekte gibt, die positiver und negativer Art sein können. Dessen muss man sich im Klaren sein, ehe man irgendwelche Forderungen in die Welt setzt und sie für Wahlkampf oder Ähnliches nutzt. Es besteht eine große Gefahr, was positive Entwicklungen der letzten Jahre betrifft.
Es gab hier in Teilen der CDU ein sehr kluges Umsteuern. Ich möchte Schlagworte nennen wie Ausbau der Kinderbetreuung, Ganztagsschulen, Rechtsanspruch auf Kita für unter Dreijährige, bessere Bildung insgesamt, das Schlagwort „Auf den Anfang kommt es an“, Aufbrechen von vererbter Chancenarmut, Entfaltungsmöglichkeiten für Frauen, Verantwortung für Männer usw. Man wurde sich auch in der CDU bewusst, dass Familien- sowie Kinderpolitik eine Querschnittsaufgabe ist, die in alle
Ressorts reicht, von Bildung über Soziales bis zur Gleichstellung, Wirtschaft, Landesentwicklung usw. Diese neuen Ansätze in der Familienpolitik wurden von einem großen gesellschaftlichen Konsens getragen, der verschiedene Interessenlagen vermittelte. Mit dem Betreuungsgeld allerdings könnten wichtige Ansätze kaputt gemacht werden. Deswegen ist die Kritik am Betreuungsgeld sehr breit. Es gibt nur sehr wenige Befürworter. Wir finden sie bei der CSU und scheinbar in Teilen der CDU. Von wem kommt die Kritik? Wie gesagt, die Basis ist breit: Bund der Arbeitgeber, Deutscher Städte- und Gemeindetag, aus Reihen von FDP und CDU, dem Präsidenten des Wirtschaftsrates der CDU, der Präsidentin des Familienbundes der Katholiken, dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche, der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Verfassungsrechtler geben ihre Bedenken an, die OECD, das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln und natürlich Familien, Frauen, Verbände, Vereine usw.
Nehmen wir das Betreuungsgeld zunächst ungeschminkt: Eltern erhalten eine finanzielle Leistung, weil sie ein öffentliches staatliches Angebot nicht nutzen, auf das es einen Rechtsanspruch geben soll. Das scheint schon sehr seltsam. Als Begründung wird nun hinzugefügt, es gehe um Anerkennung und Wahlfreiheit. Wenn man das aber überprüft, stellt man fest, dass davon nichts als verheerende Fehleffekte übrig bleiben.
Ich will voranstellen, dass ich ein großes Verständnis für Eltern habe, die ihre Kinder zu Hause betreuen wollen. Aber diese treffen diese Lebensentscheidung nicht wegen 100 oder 150 Euro, sondern diese Lebensentscheidung resultiert aus einer tiefen Überzeugung. 100 oder 150 Euro sind da nur Symbolik. Das als Anerkennung für Erziehungsleistung zu bringen finde ich etwas zu wenig. Es ist auch falsch, und es hat keinen Effekt – außer einem Mitnahmeeffekt.
Erziehungsleistungen erbringen übrigens alle Eltern, egal ob mit oder ohne Kita-Platz. Ich habe unglaublichen Respekt vor der Leistung junger erwerbstätiger Eltern heute.