Protocol of the Session on May 9, 2012

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja, bestimmt!)

Zumindest hätte man es vernünftig diskutieren können.

Flächendeckende Versorgung – ein spannendes Thema. Ich begreife nicht, wie man einen so undefinierten Begriff in ein Gesetz schreiben kann. Man geht davon aus, dass damit nicht gemeint ist, dass Wirtschaftlichkeitserwägungen dann keine Rolle mehr spielen; und man geht davon aus, dass Filialschließungen davon nicht betroffen sind. Wer geht denn davon aus oder nicht? Wer legt denn das fest?

(Lachen des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Das ist doch Nonsens. Dann hätte man es doch definieren können. Gut, aber das sind Nebenkriegsschauplätze.

Kommen wir mal zu dem, was eigentlich das Wichtige ist. Die SFG Sachsen-Finanzgruppe gilt nur als aufgelöst, wenn alle, auch die letzte Sparkasse aus der SFG austritt – im Falle der Letzteren aus sich selbst austritt. So steht es letztendlich drin.

Warum macht man das? Das hat mich die ganze Zeit umgetrieben. Da kommt man natürlich zur OSV, zum Ostdeutschen Sparkassenverband, ich zitiere: „Die Auflösung der Sachsen-Finanzgruppe erst mit Wirksamwerden des letzten kommunalen Anteilseigners schließt nicht aus, dass sich nach einem Verbleib von einem oder zwei Sparkassen in der SFG die nachfolgend vom Gesetz ermöglichten Satzungsänderungen sehr viel leichter umsetzen ließen und damit Entwicklungen zu Holding- bzw. Konzernstruktur nicht mehr ausgeschlossen werden können.“

Jetzt kommen wir mal zu dem Ermöglichen, denn das Wort „Möglichkeit“ spielt in diesem Gesetzentwurf eine ganz entscheidende Rolle, und es kommt sehr oft vor. Die erste Möglichkeit: die Verkleinerung des Verwaltungsrates von neun auf sechs. Das Prozedere ist in den Stellungnahmen der Anhörung klar genannt worden. Das bedeutet, nur noch ein politischer Vertreter des jeweiligen Kreistages – ja, wie ist zurzeit die politische Landschaft in Sachsen? – ist im Verwaltungsrat der Sparkasse. Schau an, das wird ermöglicht.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Das Landratsamt!)

Kommen wir zur zweiten Möglichkeit: die Übertragung von Aufgaben, Kompetenzen des Verwaltungsrates auf den Vorstand des SFG; Personalentscheidungen – Kollege Scheel hat es dargestellt –, Jahresabschluss, Ergebnisverwendung, Beteiligung, Schließen von Zweigstellen etc.

Auch das wird ermöglicht; das heißt, es wird per Satzungsänderung ermöglicht, dass der Verwaltungsrat nichts mehr zu verwalten oder zu beraten und eigentlich keine Kompetenzen mehr hat. Das geht alles an den Vorstand. Das wird ermöglicht – ganz abgesehen davon, dass diese Möglichkeit den Bürgerentscheid von 2002 total hinfällig macht, weil dann die Unabhängigkeit der einzelnen Verbundsparkassen überhaupt nicht mehr gegeben ist.

(Beifall bei der SPD)

Die dritte Möglichkeit ist natürlich: 49 % Beteiligung. Diese Möglichkeit führt wiederum zu der Möglichkeit einer Sparkassenkonzernstruktur mit privater Beteiligung mit wiederum der Möglichkeit von bundesweiten Aktivitäten oder einem Engagement, im Ausland, zum Beispiel Osteuropa, zu agieren. Warum hat denn der Herr Holtmann in seiner Stellungnahme explizit Osteuropa gesagt? Das habe ich mich auch gefragt, denn ich kenne das Thema; das hatte nämlich die Landesbank Sachsen 2006 vor:

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

im Verbund mit privater Beteiligung im Bereich Tschechien und Polen die Sparkassenlandschaft aufzurollen und sich dort ein neues Geschäft und einen neuen Markt zu organisieren. Aha, das hatten wir schon einmal. Das zeigt, dass manche Ideen nach wie vor nicht gestorben sind. Wenn man weiß, dass diese SFG – Herr Grimm hat es in der Anhörung wunderschön gesagt – 4 bis 5 Millionen Euro pro Jahr Verlust macht, ist klar, dass sie nun irgendetwas tun sollen; und drei Jahre haben sie ja auch nichts vorgeschlagen, mit welchem Geschäftsmodell sie arbeiten wollen.

Es ist damit natürlich auch ermöglicht – der Möglichkeiten gibt es viele –, dass bei Austritt der letzten Sparkasse plötzlich eine voll privatisierte SFG da ist, die dann marktmäßig frei operieren kann.

Fazit aus unserer Sicht – das hat auch Herr Grimm gesagt, und ich fand es richtig gut, dass mal ein Sparkassenvorstand hemdsärmelig Klartext gesprochen hat –: Dieser Gesetzentwurf trägt doch eindeutig die Handschrift des SFG. Das ist das Überlebenselixier der SFG, weil sie sonst überhaupt keine Berechtigung mehr hat zu überleben.

(Beifall des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Das Ziel, die Rückführung des Sparkassenwesens in die kommunale Verantwortung und damit die Schaffung eines einheitlichen Sparkassenwesens in Sachsen, wird nicht nur nicht erreicht, meine Damen und Herren von der Koalition; das haben Sie gar nicht vor, das hatten Sie auch nie vor.

(Beifall der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE)

Sie machen hier eine Verstetigung der SFG – für mich eine „Landesbank light“ –, die nichts weiter tut als die unheimliche Fortführung der Zockermentalität in der Landesbank.

(Beifall bei der SPD)

Genau das machen Sie! Der vorn dran sitzt, hat es damals gemacht, und er wird es auch jetzt wieder machen. Genau deshalb muss man diesen Gesetzentwurf ablehnen. Es kann doch nicht sein, dass wir trotz dieser Erfahrungen des Oberbankrotteurs Milbradt, der in diesem Staat 3 Milliarden Euro in den Sand gesetzt hat, über das SFG das Risiko tragen, weiterzumachen. Das darf nicht sein in Sachsen!

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Nun die FDP-Fraktion. Herr Abg. Biesok, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Staatsregierung legt heute einen Gesetzentwurf zur Änderung des Sparkassengesetzes vor. Anlass ist das Ausscheiden des Freistaates aus der Sachsen-Finanzgruppe. Es ist eine Folge der Sachsen-LBPleite, aber nicht die alleinige Ursache.

Dieser Teil des Gesetzes ist für mich der unwichtigere. Wir konnten auf Initiative der FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag notwendige Änderungen für die SachsenFinanzgruppe mit weiteren Gesetzesänderungen verbinden. Dabei wurden die Vorschläge aufgegriffen, die im Rahmen einer Umfrage des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen im Jahr 2009 von den Sparkassen erarbeitet wurden und die eine deutliche Verbesserung für die Sparkassen bringen.

Viele Details werden für die Sparkassen einfacher und transparenter. Auch dies ist ein Teil des Bürokratieabbaus, den sich die Koalition auf die Fahne geschrieben hat.

Die FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag hat sich sehr frühzeitig gegen die Vorstellungen des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen gewandt, als Konsequenz aus der Finanzmarktkrise die Sparkassen in ihrer Geschäftstätigkeit einzuschränken und mit sparkassenfremden Aufgaben zu belasten. Die noch im sogenannten Diskussionsentwurf des Ministeriums aus dem Jahr 2010 enthaltenen Vorschläge fanden daher keinen Eingang in das Sparkassengesetz.

Die Sparkassen sind die Gewinner der Finanzmarktkrise. Ihr solides und regional verankertes Geschäftsmodell macht sie unabhängig von internationalen Kapitalmärkten. Sie können ihre Kredite, die sie an die mittelständische Wirtschaft ausreichen, durch eigene Einlagen refinanzieren. Aber beides macht sie nicht immun gegen Krisen.

Die beste Vorsorge gegen Krisen ist eine gute Eigenkapitalausstattung. Daher haben wir die Eigenkapitalverbesserung als Maßgabe für die Gewinnverwendung gemacht. Dabei war der FDP-Fraktion ein Punkt ganz besonders wichtig: SFG-Sparkassen und kommunale Sparkassen werden in der Verwendung ihres Gewinnes gleichgestellt. Die bisher höhere Ausstattungsmöglichkeit für die SFGSparkassen entfällt. Damit beseitigen wir einen Konstruk

tionsfehler der SFG. Entscheidend für oder gegen einen Verbleib in der SFG ist allein die Ausgestaltung der Gruppe, wie attraktiv sie ist, nicht eine höhere Ausschüttungserwartung und das Interesse des Kämmerers an zusätzlichen Einnahmen.

Künftig werden vom Jahresüberschuss 35 % automatisch dem Eigenkapital zugeführt. Weitere 65 % können mit Zustimmung des Verwaltungsrates dem Eigenkapital zugeführt werden. Dies stärkt die Sparkassen und bereitet sie auf die neuen Eigenkapitalanforderungen aus Basel III vor. Es macht die Sparkassen unabhängig von den Begehrlichkeiten kommunaler Kämmerer.

Lassen Sie mich einige Worte zur Sachsen-Finanzgruppe sagen. Die Verantwortung für die Sachsen-Finanzgruppe liegt künftig allein bei den Kommunen, damit ist sie dort, wo die Sparkassen traditionell ihre Verankerung haben: in den kreisfreien Städten und in den Landkreisen. Ich bin wirklich kein Freund der Sachsen-Finanzgruppe. Ich stand ihr immer sehr kritisch gegenüber, obwohl ich teilweise sehr gute Aspekte bei ihr gesehen habe. Aber eines hat sie geschafft: Sie hat es geschafft, die Mitgliedssparkassen der Sachsen-Finanzgruppe zu einem einheitlichen Risikosteuerungs- und Controllingsystem zusammenzufassen. Es ist nicht das Treasuring, Herr Scheel, sonst ist die Risikokennziffer R, mit dem die Risiken der Sparkassen gesteuert werden. Für das Treasuring brauchen Sie eine Banklizenz. So viel Fachlichkeit gehört vielleicht auch dazu.

Und, Herr Scheel, es ist auch nicht wahr, dass sie die Austrittsmöglichkeit aus der Sachsen-Finanzgruppe mit einem Betrag von 250 Millionen Euro belasten.

108 Millionen Euro war der Kaufpreis, den die SachsenFinanzgruppe für den Verkauf der Sachsen LB bekommen hat. Weil unsere Landesbank als erste Pleite gegangen ist, haben wir dafür noch etwas bekommen. Im Gegenzug hat der Freistaat Sachsen eine Garantie übernommen, die kennen Sie alle. Weil der Freistaat diese Garantie übernommen hat, war es folgerichtig, dass die SachsenFinanzgruppe das, was sie als Kaufpreis bekommen hat, an den Freistaat ausgekehrt hat. Wir reden also hier über 107 Millionen Euro, verteilt auf die Mitgliedssparkassen der SFG, und dann ist der Betrag nämlich so groß, dass man sich das durchaus leisten kann.

Wir Liberale haben in den Gesetzesberatungen sehr klar und deutlich gesagt, dass wir den Kommunen keine Vorgaben machen, wie sie mit der SFG umgehen. Das ist für uns Selbstbekenntnis. Die FDP hat der SachsenFinanzgruppe nie positiv gegenübergestanden, sondern hat sie immer kritisch gesehen; aber wenn wir uns über kommunale Selbstverantwortung unterhalten, dann gilt das auch in allen Bereichen. Hier haben wir jetzt eine Institution, die kommunal geprägt ist. Deshalb sind wir der Meinung, die Kommunen sollen frei entscheiden können, ob sie die SFG auflösen, einzeln aus ihr austreten oder sie fortführen. Das ist eine Frage der kommunalen Selbstverantwortung. Wir als Freistaat Sachsen haben nicht das Recht, dort Vorgaben zu machen. Wenn sich die

Kommunen für die Weiterführung der Gruppe entscheiden, eröffnen wir ihnen neue Möglichkeiten, sie in eine moderne Sparkassenholding umzuwandeln.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Herr Präsident, ich gebe Ihnen die Möglichkeit mich zu fragen, ob ich eine Zwischenfrage zulasse.

Das werde ich jetzt tun, Herr Biesok. Sie gestatten also eine Zwischenfrage?

Sehr gern, Herr Präsident.

Vielen Dank, Herr Biesok. Geben Sie mir recht, dass der Kaufpreis der SFGBeteiligung 108 Millionen Euro betrug und 108 plus 107 zusammen 215 Millionen Euro sind?

Es sind zwei Zahlen, zum einen die 107 Millionen Euro und zum anderen die 108 Millionen Euro. Das eine ist der Kaufpreis abzüglich der Kosten für den Verkauf der Sachsen LB – das war in der SFG und wurde an den Freistaat ausgekehrt – und das andere war die Bewertung der Anteile. Sie haben die Kapitalerhöhung angesprochen, die damals 300 Millionen Euro wert war –, die man entsprechend herausgekauft hat.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Also bleibt es trotzdem bei 215 Millionen Euro!)

Sie wollen noch eine Nachfrage stellen?

Das eine ist Geld, das man für einen Vertrag bekommen hat, aus dem man nicht die Risiken genommen hat. Das Geld muss jetzt nicht neu aufgebracht werden.

Meine Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf legt die Staatsregierung eine den Bedürfnissen der Praxis entsprechende Novellierung des Sparkassenrechts vor und überträgt die Zukunft der SFG in kommunale Hände. Ich bitte Sie um Zustimmung.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir kommen nun zur Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Hermenau, Sie haben das Wort.