Den Belangen des Datenschutzes ist in Verbindung mit § 463a StPO Rechnung getragen worden. Nach zwei Monaten sind die nicht mehr benötigten Daten zu löschen. Wem das zu kurz ist, der kann weiter auf die Vorratsdatenspeicherung hoffen. Dann hätten wir sechs Monate Speicherungsfrist. Damit würden sowohl die Daten von Tätern als auch von unbescholtenen Bürgern weitere vier
Für diesen Staatsvertrag habe ich für die Speicherung der Daten, die in seinem Zusammenhang erhoben werden, keine datenschutzrechtlichen Bedenken.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde an dieser Stelle nicht noch einmal auf die rechtliche Grundlage für den uns heute zur Abstimmung vorliegenden Staatsvertrag eingehen. Sie wurde von meinen Vorrednern mehrfach erwähnt.
Ich möchte darauf hinweisen, dass allein die Tatsache, dass ein Bundesgesetz die Möglichkeit der elektronischen Fußfessel eröffnet und das natürlich auch für den Freistaat Sachsen gültig ist, uns noch nicht dessen enthebt, uns darüber Gedanken zu machen, wie die Ausgestaltung dieser Fußfessel aussieht und welchen Auftrag wir dem Staatsminister geben, unter Umständen im Bund tätig zu werden, wenn uns die Rahmenbedingungen für die Fußfessel nicht ausreichend erscheinen. Herr Modschiedler, dabei geht es uns nicht darum, eine eigene Stelle dafür aufzumachen. Es geht vielmehr darum, zu klären, wie die Rahmenbedingungen aussehen müssen, und zu prüfen, ob man eventuell auf Bundesebene noch einmal tätig werden muss, um Veränderungen herbeizuführen.
Es ist äußerst zweifelhaft, ob die Ziele, die mit der Fußfessel angestrebt werden, erreicht werden. Dabei gebe ich den Vorrednern durchaus recht, dass das eine sehr ambivalente Situation ist, weil es durchaus eine Erleichterung sein kann, wenn die Fußfessel eingesetzt wird. Aber vielfältige Fragen in Bezug auf den Einsatz der elektronischen Fußfessel im Rahmen der Führungsaufsicht sind bisher noch unbeantwortet.
Voran – darauf sind die Vorredner nicht eingegangen – stehen grundsätzliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, die aktuell das Bundesverfassungsgericht beschäftigen. Dessen Entscheidung ist noch nicht getroffen worden. Das betrifft vor allem das Verfahren zur Anordnung und Weisung, das bislang ohne die Einholung eines Sachverständigengutachtens erfolgen kann. Das heißt also – und genau das wird jetzt geprüft –, dass die zu treffende Prognose fortbestehender Gefährlichkeit eines Probanden allein von der Richterin oder dem Richter ohne das Gutachten eines Sachverständigen getroffen werden kann. Darüber, ob wir das wollen und ob wir in Zukunft der Meinung sind, dass das ausreichend ist, müssen wir reden, auch wenn der Bund das jetzt anders gesehen hat.
Wir sollten uns dabei immer vor Augen halten, dass die Rund-um-die-Uhr-Überwachung eines Straftäters oder einer Straftäterin per elektronischer Fußfessel, also eines Menschen, der seine Freiheitsstrafe eigentlich schon verbüßt hat, einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt, der wirklich nur im Ausnahmefall gerechtfertigt sein kann.
Zudem, liebe Kolleginnen und Kollegen, wurde in der Anhörung deutlich – und da bin ich nicht ganz der Meinung meines Kollegen, auch wenn ich nur das Protokoll der Anhörung gelesen habe –, dass es kaum wissenschaftliche Erkenntnisse darüber gibt – im deutschsprachigen Raum gibt es sie gar nicht und im anglo-amerikanischen Raum nur einige –, dass der Einsatz der elektronischen Fußfessel gerade bei dem Kreis der Straftäterinnen und Straftäter schwerster Gewaltdelikte rückfallverhindernd wirkt. Empirische Belege liegen allenfalls beim Einsatz der elektronischen Fußfessel im Rahmen des Hausarrests vor, einem Einsatzgebiet, das sich maßgeblich von dem unterscheidet, was wir heute hier diskutieren. Beim elektronischen Hausarrest muss sich der Betroffene zu Hause aufhalten und darf den Wohnraum nur für festgelegte Zwecke wie Arbeit oder Einkaufen verlassen. Beim Einsatz im Rahmen der Führungsaufsicht, über den wir heute hier diskutieren, geht es um sogenannte Verbotszonen, deren Nichtbetreten durch die Fußfessel überwacht wird. Dazu kommen die schon genannten technischen Probleme beim Einsatz, die die Nutzung im Moment erschweren. Die zahlreichen Fehlermeldungen aufgrund einer zu kurzen Akkulaufzeit führen zu einem immensen Arbeitsaufkommen.
Es gibt also, wie Sie sehen, eine ganze Reihe von ungeklärten Fragestellungen. Aus diesem Grund können wir heute nicht fahnenschwingend diesem Gesetz zustimmen. Wir haben dazu einen Entschließungsantrag eingebracht, der unsere Bedenken qualifizieren und der Staatsregierung den Auftrag geben soll, mit diesen Bedenken in Zukunft umzugehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es erschließt sich mir auch nach dem Verlauf der Debatte nicht so richtig, warum wir überhaupt noch eine Aussprache zu diesem Thema durchgeführt haben. Alle jetzt genannten Fakten sind bereits im Ausschuss durchdiskutiert worden. Wesentlich Neues ist nicht hinzugekommen.
Der vorliegende Gesetzentwurf gehört aus Sicht der NPDFraktion eher zu den seltenen Parlamentsvorlagen, zu denen es keiner großen Worte bedarf, vor allem deshalb nicht, weil die Alternative ein teures eigenes Überwachungssystem wäre, das überhaupt keinen Sinn ergeben
Wir sparen entsprechend den Darstellungen durch die gemeinsame Überwachungsstelle in Hessen immerhin über 1 Million Euro jährlich an laufenden Kosten. Dazu kämen noch die Einrichtungskosten, die Sachsen sonst allein zu tragen hätte. Die elektronische Aufenthaltsüberwachung ist zudem bundesrechtlich vorgeschrieben. Der Freistaat Sachsen hat also insoweit über das Ob keine Entscheidungsgewalt. Im Übrigen wird die NPD jede Maßnahme unterstützen, die geeignet ist, Schwer- und Sexualverbrecher besser zu überwachen.
Das haben wir bereits an anderer Stelle deutlich gemacht, deshalb will ich hier auch keine Grundsatzdebatte mehr darüber führen. Für die NPD-Fraktion gilt, dass Opferschutz über dem Täterschutz steht, und hier kann die elektronische Überwachung zum Beispiel durch Verbotszonen für Täter ihren Beitrag leisten. Außerdem legen die Gerichte die entsprechenden Maßnahmen fest. Auch darauf hat das Land keinen Einfluss. Andererseits muss das System in jedem Fall beibehalten werden, selbst dann, wenn theoretisch überhaupt keine aktuellen Fälle der notwendigen Überwachung zu verzeichnen wären. Aber das ist wohl sehr unwahrscheinlich, und man sprach heute in diesem Hause bereits von etwa zehn Fällen in Sachsen.
Meine Damen und Herren! Der Föderalismus kostet den Steuerzahler ohnehin schon viel Geld. Gemeinsame Einrichtungen der Bundesländer sind deshalb immer sinnvoll, wenn sie zu Einsparungen führen. Die NPDFraktion wird dem vorliegenden Gesetzentwurf deshalb so zustimmen.
Meine Damen und Herren, das war die erste Runde der allgemeinen Aussprache. – Mir liegt kein Redebeitrag eines Abgeordneten für eine zweite Runde vor. Ich frage trotzdem: Wünscht ein Abgeordneter das Wort? – Das kann ich nicht erkennen. Für die Staatsregierung möchte Herr Staatsminister Dr. Martens das Wort ergreifen. Dazu haben Sie nun Gelegenheit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem "Gesetz zur Neuordnung der Sicherungsverwahrung" hat der Bundesgesetzgeber die Möglichkeit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung in das Recht der Führungsaufsicht eingeführt. Diese elektronische Aufenthaltsüberwachung wird gemeinhin als elektronische Fußfessel bezeichnet. Der Bundesgesetzgeber hat die Möglichkeit vorgesehen, Gerichte können davon Gebrauch machen, also sind wir als Landesgesetzgeber verpflichtet, Ausführungsregelungen zu erlassen.
Es sind die Gerichte – auch das muss betont werden –, die bei Führungsaufsichtsprobanden anordnen können, dass eine solche Aufenthaltsüberwachung stattfindet. Es handelt sich um Probanden, die wegen eines Verbrechens oder einer Sexualstraftat eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren voll verbüßt haben oder aus einer Maßregel der Besserung und Sicherung entlassen wurden und – das ist ein zusätzliches Kriterium – bei denen die Befürchtung besteht, sie könnten erneut ähnliche schwere Straftaten begehen. Das heißt, die Anwendung der elektronischen Fußfessel wird – entgegen Ihren Befürchtungen, Frau Kollegin Herrmann – auf sehr, sehr wenige Einzelfälle beschränkt bleiben.
Die durch die sogenannte Fußfessel erhobenen Daten dienen der Kontrolle, der Einhaltung von Weisungen während der Führungsaufsicht sowie zur Aufklärung schwerster Straftaten und zur Abwehr erheblicher gegenwärtiger Gefahren für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter. Durch die Fußfessel wird es, entgegen mancher Annahme, nicht möglich sein, den Probanden ohne Anlass oder, wie hier geäußert, gar rund um die Uhr zu beobachten. Kollege Bartl und Frau Herrmann, Sie haben das abweichend dargestellt.
Ich stelle noch einmal klar: Eine laufende oder gar rund um die Uhr stattfindende Überwachung ist mit der Fußfessel weder beabsichtigt noch auch nur technisch möglich. Vielmehr können Reaktionen erst dann erfolgen, wenn die sogenannte Fußfessel nach vordefinierten Kriterien beim Betreten einer Verbotszone oder beim Versuch, sich ihrer zu entledigen, eine Alarmmeldung aussendet. Vorher fallen keine Daten an.
Danke schön. – Herr Staatsminister, Sie versuchen gerade, unsere Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes zu zerstreuen mit dem, was nicht geplant ist und, wie Sie sagten, auch technisch nicht möglich ist.
Nun hat der Datenschutzbeauftragte auf unser Betreiben zur Beratung des Rechtsausschusses den Landtagsabgeordneten nachträglich ein Schreiben des Hamburger Datenschutzbeauftragten zur Kenntnis geschickt. Dieser schildert, dass viele Fragen des Vollzugs der Datenerhebung im Rahmen der Fußfessel, die ja persönliche Daten umfasst, überhaupt noch nicht geklärt sind.
Wissen Sie inzwischen Neueres? Wie soll die Datenerfassung ablaufen und wie wollen Sie die Bedenken der Datenschutzbeauftragten verschiedener Länder konkret zerstreuen, wenn Sie das für so unproblematisch halten?
Das, was Sie eben wiedergegeben haben, ist die Äußerung – die mir persönlich nicht bekannt ist – eines Datenschutzbeauftragten, die jedenfalls auf schlichter Unkenntnis beruht. Auch das soll dort manchmal vorkommen. Die Fußfessel ist technisch nicht in der Lage, laufend Überwachungen zu ermöglichen, sondern sie wird erst dann aktiv, wenn bestimmte Daten übereinstimmen und eine Verbotszone betreten wird. Eine andere Annahme würde von technisch falschen Voraussetzungen ausgehen.
Die Fußfessel wird gleichwohl eine Wirkung auf den Probanden entfalten; sie wirkt abschreckend, da der Proband weiß, dass er, sollte er eine Verbotszone betreten, durch die Fußfessel – ich sage es einmal so – verpetzt und gemeldet wird. Das ist die abschreckende Wirkung. Allerdings beruht diese auf der Meldung nach einem Verstoß.
Da es auch um die Überwachung zur Aufklärung von Straftaten und präventiven Zwecken geht, also zur Gefahrenabwehr, möchte ich darauf verweisen, dass der Sächsische Datenschutzbeauftragte die von mir zitierte Stellungnahme des Hamburger Datenschutzbeauftragten mit Schreiben vom 2. Mai 2011 an Ihr Staatsministerium, Herrn Ministerialdirigenten Bey, geschickt hat.
Es ist mir gegenwärtig nicht präsent, das ist so. Aber es ändert nichts an dem Gesetzgebungsvorhaben, welches wir hier haben.
Meine Damen und Herren! Der Bundesgesetzgeber hat die Möglichkeit einer Weisung zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung während der Führungsaufsicht
eingeführt. Das heißt, die Länder sind – ich sagte es bereits – gehalten, dieses Gesetz auszuführen und die Infrastruktur vorzuhalten. Alle Bundesländer stehen seit Januar 2011 vor der gleichen Herausforderung. Dazu haben sie sich zu einer länderübergreifenden Zusammenarbeit entschlossen; es ist hier bereits gesagt worden. Einzellösungen für bestimmte Bundesländer, die keine bundeseinheitlichen Standards ermöglichen, wären wenig sinnvoll, sondern würden allenfalls extrem teure Einzellösungen mit fraglichem Effekt darstellen.