Ich hoffe, dass wir mit der heutigen Aktuellen Debatte zumindest eine Anregung geben können und wir uns gemeinsam, Herr Ministerpräsident – da haben Sie uns wirklich im Boot, wenn Sie das möchten –, um dieses Problem kümmern, damit Sachsen den demografischen Wandel in Zukunft positiver bestehen kann.
Für die einbringende Fraktion der SPD sprach Frau Kollegin Köpping. – Jetzt ergreift für die CDU-Fraktion Herr Kollege Heidan das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Köpping, wenn Sie eben gesagt haben, dass Sie hieraus kein politisches oder parteipolitisches Thema machen wollen, dann hätten Sie schon einmal eine andere Überschrift wählen müssen. Diese Überschrift hätte enden müssen: Sachsen abgekoppelt vom Fernverkehr. Darauf hätten wir uns gern parteipolitisch und fraktionsübergreifend verständigen können. Sie haben aber noch den Nachsatz gebracht, „Minister Tillich findet kein Gehör“, und das ist dann schon parteipolitisch eine Aussage.
Ich meine, seitdem diese Regierung seit 2009 an der Macht ist, sind durchaus einige Erfolge zu verzeichnen. Das wird uns in diesem Raum nicht die Augen füllen – ich werde gleich darauf kommen, warum dem so ist –, aber das muss sich die Regierung in dieser Form nicht gefallen lassen.
Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass Fernverkehr Aufgabe der Bundesbahn ist und nicht des ÖPNV – das wird immer gern verwechselt. Wir haben schon einen ziemlichen Mischmasch der Aufgabenträgerverschiebung in Richtung ÖPNV. Wenn Sie spaßeshalber einmal am Nachmittag auf der Sachsen-Franken-Magistrale
17:01 Uhr mit dem Zug von Dresden nach Plauen fahren, dann werden Sie sehen, was dort auf Sie zukommt: übervolle Züge, kein Wagenmaterial, und eine schlechte Taktung ist auch vorhanden.
Ich will hier noch eines deutlich machen: Ich habe mir gestern Abend einmal die Mühe gemacht, in den Kursbüchern von 1942 und 1970 zu blättern, und habe festgestellt, dass es 1942 – also vor 60 Jahren – einen Zug gab, der in Leipzig 9:40 Uhr abgefahren ist und 11:53 Uhr in Plauen war, also 2:13 Stunden gebraucht hat. Heute fahren wir etwas eher weg – 9:26 Uhr in Leipzig; das ist der RE 3729 – und sind 11:58 Uhr in Plauen. Das heißt, wir fahren heute tatsächlich 19 Minuten länger.
Noch schlimmer wird es, wenn man die Verbindung von Berlin nach Dresden anschaut: 1970 sind wir 6:19 Uhr von Schönefeld weggefahren und waren 8:29 Uhr in Dresden-Neustadt; das war eine Fahrzeit von 2:10 Stunden.
Heute fahren wir von Schönefeld 6:01 Uhr weg und sind 9:06 Uhr in Dresden-Neustadt; das ist eine Fahrzeit von
3:05 Stunden. Wenn Sie von Berlin-Hauptbahnhof abfahren, fahren Sie 6:45 Uhr weg und sind 9:06 Uhr in Dresden-Neustadt, fahren aber trotzdem noch 2:21 Stunden.
Das ist durchaus auch Thema in Ihrer heutigen Debatte, die Sie hier angeregt haben – „Sachsen abgekoppelt vom Fernverkehr …“ – das stimmt –, aber wir müssen letztendlich gemeinsam etwas dafür tun.
Liebe Frau Köpping, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Wer war denn Bundesverkehrsminister von 2002 bis 2005? Wer hat denn den Bundesverkehrswegeplan bis 2015 federführend bearbeitet? Das war Ihr Minister Manfred Stolpe, der dafür verantwortlich ist. Wer war denn nachfolgend der Verkehrsminister? Das war Wolfgang Tiefensee, der von 2005 bis 2009 nicht nur Bundesverkehrsminister, sondern auch der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder war. Damals haben Sie doch jämmerlich geschlafen.
Und deswegen sage ich Ihnen: Es ist falsch, die Diskussion so zu führen, dass wir jetzt die Staatsregierung dafür in Haftung nehmen sollen – das ist doch nicht zielführend.
Zielführend ist, dass wir gemeinsam feststellen: Sachsen ist vom Fernverkehr abgekoppelt und Sachsen braucht eine neue Denkrichtung in dieser Weise. Das müssen wir aber gemeinsam mit der Bahn machen und nicht gegen die Bahn.
Ich denke, dass ich in meinem Redebeitrag eben keine Parteipolitik gemacht habe. Das, was Sie machen –
– der hat gesagt und der hat gesagt –, das ist genau das, was wir eben nicht wollten mit der Debatte; das möchte ich noch einmal für das Protokoll ausdrücklich richtigstellen. Mir geht es darum: Was wird in Zukunft – wie können wir den Ministerpräsidenten unterstützen – –
Sie hätten es geschickt in eine Frage kleiden müssen, Frau Kollegin. – Als Nächster Herr Kollege Brangs, bitte.
Lieber Kollege Heidan, können Sie – außer, dass Sie Fahrpläne vorlesen – hier mal einen Vorschlag machen, wie Sie substanziell die von Ihnen beschriebene Misere verändern wollen? Sie sind in Verantwortung!
Selbstverständlich können wir das tun, indem wir weiterhin mit der Bahn unsere Forderungen für Sachsen aufmachen. Wir werden diese Dinge im Blick behalten, die auf der Sachsen-Franken-Magistrale nun 2013, 2014 spätestens fertiggestellt werden – auch mit Unterstützung Ihres Ministers, das darf man ja durchaus einmal sagen. Das war eine Notbremsung, die Herr Jurk damals gemacht hat. Er hat mit sächsischem Fördergeld den Bund dazu bewegt, die Finanzierung der Elektrifizierung der Sachsen-Franken-Magistrale durchzustellen, weil nämlich Ihr Minister, der damals in Verantwortung war, Wolfgang Tiefensee, nichts gemacht hat. Das ist die Wahrheit!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist wichtig, dass wir hier über Wettbewerb sprechen. Wir brauchen eine Anbindung von Sachsen an den Fernverkehr, und das sollte gemeinsames Ziel dieses Hauses sein. Deswegen brauchen wir hier keine parteipolitischen Spielchen zu machen.
Das war Herr Kollege Heidan für die CDU-Fraktion. – Es gibt weiteren Redebedarf: Für die Fraktion DIE LINKE spricht erneut Herr Kollege Stange.
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch einmal der Versuch, einiges geradezurücken.
Erstens: Nahverkehrszüge, auch wenn sie zwischen sächsischen Großstädten fahren, sind keine Fernverkehre, sondern das, was ich vorhin genannt hatte: Substitute, also Ersatz.
Zweitens: Wenn Sie sich über das Schaufenster Elektromobilität mit Bayern zusammen sehr freuen, dann zählt zur Elektromobilität eben nicht nur das Auto, sondern wir haben seit vielen Jahrzehnten Elektromobilität auf der Schiene. Diese haben Sie dabei nicht im Fokus;
denn ansonsten müsste in ein solches Schaufenster Elektromobilität wohl auch die Elektrifizierung der SachsenFranken-Magistrale, und zwar vollständig, aufgenommen werden. Aber in dieser politischen Fehlkonstruktion liegt die Schwäche, die wir auch in Zukunft auskosten dürfen.
Ach, Herr Bandmann! Machen Sie Solidarität mit den Ländern, mit denen Sie auch in der Metropolregion Mitteldeutschland verbunden sind. Ansonsten bekommen Sie nicht ausreichend Schwungmasse hin, um überhaupt im Konzert dieser Metropolregionen mitsingen zu können. Das ist doch unser zentrales Problem. Wir sind nicht etwa abgehängt, weil wir so ein tolles Gewicht sind, weil Sachsen so unumgänglich ist für andere, sondern deshalb, weil wir umgänglich sind für andere. Das sollten Sie sich ins Stammbuch schreiben, um überhaupt zu verstehen, was hier abläuft.
Für die Fraktion DIE LINKE sprach der Abg. Stange. – Gibt es weiteren Redebedarf bei der FDP-Fraktion? – GRÜNE? – NPD? – Kann ich nicht feststellen. Wir könnten jetzt in eine dritte Rednerrunde eintreten. Gibt es Redebedarf bei der einbringenden Fraktion? – Sehe ich nicht. CDU? – Auch nicht. Eine weitere Fraktion? – Sehe ich auch nicht. Damit hat die Staatsregierung das Wort und ich bitte Sie, Herr Staatsminister Morlok, das Wort zu ergreifen.