Protocol of the Session on April 3, 2012

Wie hat dann aber NRW seinen kommunalen Finanzausgleich gestaltet? Es ist eine Beteiligung der Kommunen an den "Belastungen" des Solidarpaktes, und es ist mit Abstand die höchste Beteiligungsquote, die die Kommunen an einer Länderfinanzierung tragen müssen.

(Zuruf des Abg. Thomas Jurk, SPD)

In Nordrhein-Westfalen gibt es ein willkürliches – ich nenne es einmal im Vergleich zu Sachsen so – Gemeindefinanzierungsgesetz. Aus diesem Grund klagen

46 Gemeinden gegen das Gemeindefinanzierungsgesetz 2011. Dagegen ist unser sächsischer kommunaler Finanzausgleich solide und planbar, und nach wie vor gibt es hierbei eine Schicksalsgemeinschaft des Freistaates mit den Kommunen.

(Christian Piwarz, CDU: Hört, hört!)

Wenn wir einmal die Länder vergleichen, so ist Sachsen das stärkste Ostland, aber wir haben nur 75 % des Bundes-Bruttoinlandsproduktes. Beim Einkommensindex,

dem Primäreinkommen pro Kopf, hat NordrheinWestfalen 104 % des Bundesdurchschnittes, das sind 21 926 Euro. In Nordrhein-Westfalen sind es 22 723 Euro pro Einwohner, während sich Sachsen mit 71 %, also 15 503 Euro pro Einwohner, begnügt.

(Zuruf des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Die Arbeitslosenquote ist gering, 3 % geringer in Nordrhein-Westfalen. Nehmen wir aber einmal den Städtevergleich und vergleichen Dresden mit Dortmund: Die Einkommensteuer pro Kopf beträgt in Dresden 187 und in Dortmund 272 Euro. Das Verständnis für den OB Sierau hält sich bei mir sehr in Grenzen. Oder nehmen wir einmal die Pro-Kopf-Kommunalsteuer in NordrheinWestfalen. Sie beträgt 166 % vom sächsischen Pro-KopfKommunalsteueraufkommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das zeigt: Der Solidarpakt ist notwendig, zumindest bis 2019, und wir müssen aufpassen, was danach kommt. Dabei ist jedoch sehr wichtig, dass wir uns selbst besinnen, solide wirt

schaften, keine neuen großen konsumtiven Versprechungen machen, uns keine neuen konsumtiven Ausgaben auf die Schultern laden und ehrlich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land sind. Nur so können wir den Herausforderungen des sinkenden Solidarpaktes und der sinkenden Einnahmen begegnen. Der Vertrag für den Ausgleich der teilungsbedingten Sonderlasten muss erhalten werden, aber wir müssen uns selbst ordnen und unser Land so aufbauen, dass wir auf eigenen Füßen stehen können.

Dazu brauchen wir bis 2019 den Solidarpakt sowie die Kraft und den Willen, den Freistaat ohne fremde Mittel und ohne Kredite weiter aufzubauen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wünscht die FDP das Wort? – Bitte, Herr Abg. Zastrow.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sebastian Scheel hat uns vorhin aufgefordert, etwas zum Länderfinanzausgleich zu sagen, und jetzt ist er nicht da. Deshalb möchte ich es ganz kurz machen: Ja, er wird neu verhandelt, und ich denke, das ist auch dringend notwendig. Ich habe großes Verständnis für die Geberländer Bayern, Hessen und Baden-Württemberg, dass diese etwas mehr von ihrer eigenen Leistung haben möchten und in Zukunft weiter Solidarität üben wollen, man jedoch schon über das Maß der Solidarität, über das, was einem bleibt, wenn man sich anstrengt, sprechen muss.

Wir haben in der Bundesrepublik die Situation, dass es einige Bundesländer gibt, die sich auf Dauer, über Generationen hinweg eingerichtet haben, um von den Stärkeren zu leben. Das kann so nicht sein. Das Bundesland Bayern hat selbst nach vielen Jahren – 30 Jahre oder länger hat es gedauert – den Wandel geschafft, und das muss man natürlich auch von den anderen Bundesländern erwarten können. Deshalb habe ich großes Verständnis für die Debatte, die geführt wird.

Wir selbst haben uns deshalb das Ziel gestellt, nicht 2020, aber in absehbarer Zeit zu den besten Ländern in Deutschland zu gehören und selbst etwas von der Solidarität zurückzugeben. Diesen Anspruch zu haben kann doch nicht falsch sein, und ich denke, wir sollten alle darum kämpfen, dass uns das gelingt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Ansonsten – deshalb ist die Debatte heute auch sehr günstig – haben wir uns in Sachsen entschieden, haushaltspolitisch andere Wege zu gehen, als es die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen getan hat. Das sind die Schuldenmacher der Nation, als nichts anderes kann man sie bezeichnen. Dies ist auch der Grund dafür, warum die FDP in NRW ihre Zustimmung zum Haushalt diesmal nicht gegeben hat, weil man diese Politik nicht mittragen wollte. Ich halte es übrigens für eine respektab

le und sehr mutige Entscheidung, dies zu tun, obwohl unsere Umfragen nicht gut sind. Aber wir als Liberale können es uns nicht leisten, diese Schuldenpolitik, die in Nordrhein-Westfalen vom Kabinett Kraft gemacht worden ist, zu sanktionieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Dass wir selbst einen anderen Weg gehen, sieht man im Freistaat Sachsen. Wir haben eine andere Haltung zur Haushalts- und Finanzpolitik. Wir setzen andere Prioritäten. Das unterscheidet uns von dem, was viele westdeutsche Städte tun, gerade auch in Nordrhein-Westfalen. Dort sieht man, dass es einen Unterschied macht, ob CDU und FDP oder ein rot-grünes Bündnis eine Stadt regiert.

Es gibt auch in Nordrhein-Westfalen positive Beispiele, die Stadt Düsseldorf beispielsweise, die schuldenfrei ist. Das ist auch für uns ein Vorbild, ganz klar. Es ist sehr respektabel, was dort getan wird. Mit den anderen Städten wie Dortmund oder Essen möchte ich uns dann lieber nicht vergleichen. Wir haben uns für einen anderen Weg entschieden. Es gibt auch in Sachsen Kommunen, wie meine Heimatstadt Dresden, die einen anderen Weg gehen. Es ist mühevoll genug, gegen Sie von der SPD und gegen die GRÜNEN und die LINKEN das Neuverschuldungsverbot in Dresden zu verteidigen – ich bin mir nicht sicher, wie lange das noch gelingt –, weil Ihnen eines fehlt: ein Bekenntnis zu Maß und Mitte, zur Bescheidenheit und allem, was dazugehört.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Wenn wir vorhin über Steuern gesprochen haben, werte Kollegin Hermenau, dann wird es Sie nicht verwundern, dass wir als FDP der Meinung sind, dass die berufstätige Mitte unserer Gesellschaft dringend entlastet werden muss. Ganz dringend sollten diejenigen entlastet werden, die all das, was Sie so großzügig in den Parlamenten verteilen wollen, erwirtschaften. Es ist wichtig, dass man auch mal an diese Menschen denkt. Dass die Steuerlast in Deutschland sehr groß ist, wissen wir alle. Das Thema bleibt auf der Agenda, ob es nun heute oder morgen gelingt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Diesbezüglich fehlt Ihnen die Fantasie, weil hinter Ihrer Sprücheklopferei nicht viel steckt.

(Zuruf der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE)

Wir wissen, dass solide und ausgeglichene Haushalte nicht zwingend etwas mit hohen Steuern zu tun haben. Wohin kommen wir denn da? Wie viel Geld brauchen Sie denn? Wie viel soll es denn sein? Wann würden Sie denn einen ausgeglichenen Haushalt hinlegen können? Wie viel Geld brauchen Sie denn dafür? Wie viele Steuern müssten wir dann zahlen?

Sie bekommen es so oder so nicht hin, weil es nicht zu Ihrer Philosophie und nicht zu Ihrer Haltung passt.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir es beim Staat überall so machen müssen, wie wir es in Sachsen machen:

Vorsorge betreiben. Wir müssen das Sparen wieder lernen, uns selbst beschränken und als Staat eine Bescheidenheit an den Tag legen. Das müssen die Maßstäbe für die Zukunft sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Mir fällt es zunehmend schwer, die GRÜNEN in diesem Hause noch ernst zu nehmen. Sie haben ja einen gewissen Mythos. Bewahren Sie sich diesen. Es kann sein, dass der eine oder andere in diesem Haus noch daran glaubt. Liebe Frau Hermenau, den Spitzensteuersatz von 53 auf 42 % hat nicht die FDP gesenkt, sondern das haben die GRÜNEN zusammen mit der SPD gemacht.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Es war Ihre Entscheidung. Tun Sie nicht so und seien Sie wenigstens ehrlich. Seien Sie nicht so heuchlerisch!

(Beifall bei der FDP)

Sie haben damals die Stabilitätskriterien in Europa zum ersten Mal auch in Deutschland gerissen. Sie haben durch Ihre unverantwortliche Deregulierung der Finanzmärkte dafür gesorgt, dass die Finanzhaie, von denen Sie immer sprechen – die übrigens alle SPD oder GRÜNE wählen würden –, hier das Paradies auf Erden bekommen. Es sind immer die GRÜNEN gewesen und niemand anderes.

(Beifall bei der FDP)

Ich bitte zum Ende zu kommen.

Seien Sie wenigstens so ehrlich, bekennen Sie sich dazu und betreiben Sie nicht so einen Popanz.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Möchte die Linksfraktion noch sprechen? – Nein. Wie sieht es mit der SPD-Fraktion aus? – Herr Pecher, bitte.

(Interner Wortwechsel zwischen dem Abg. Holger Zastrow, FDP, und der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch ein paar kurze Anmerkungen machen. Herr Michel, Fakt ist, dass wir den Soli brauchen. Es ist auch gut, dass es diesen Vertrag gibt.

Ich als Kommunalpolitiker meine, dass es einfach wichtig ist, ein wenig Verständnis und eine gewisse Demut dafür aufzubringen, in welche Situation uns die Solidarität der Länder bringt. Es ist wichtig, die Sorgen und Nöte der Kolleginnen und Kollegen in den alten Bundesländern ernst zu nehmen und dafür Verständnis aufzubringen. Das zum Ersten.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Herr Zastrow, wenn ich immer höre, was Sie dazu sagen, muss ich Sie fragen: Waren Sie in der letzten Legislaturperiode nicht anwesend?

(Heiterkeit der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Noch einmal: Alle Schulden in diesem Freistaat hat die Union gemacht. Das ist eine Tatsache. Der erste schuldenfreie Haushalt ist in Sachsen mit der SPD gemacht worden, und das trotz eines kostenfreien Vorschuljahres, Herr Zastrow.