Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie uns jetzt schnell zusammen mit unserem Koalitionspartner und der Staatsregierung an einem weiteren Bildungspaket arbeiten. Wir brauchen Lösungen. Das neue Schuljahr steht bevor. Die Schüler, Lehrer und Eltern wollen Antworten darauf haben, wie es weitergeht und wie die Schule 2020 aussieht, auch damit an den Schulen Ruhe einkehrt und sie planen können. Es gibt jetzt Abordnungen und es ist einiges zu erdulden, aber es muss eine Perspektive geben, damit es besser wird und Schule in Ruhe Unterricht machen kann. Das ist eine wichtige Botschaft, die die Politik aussenden muss. Da ist noch etwas zu tun. Darauf sollten wir in den nächsten Wochen und Monaten hinarbeiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden uns sicher morgen zur Aktuellen Debatte wiedersehen, auch wenn ich mich frage, worüber wir reden wollen. Wir haben alle Argumente ausgetauscht. Was wollen wir morgen in der Aktuellen Debatte tun, außer immer wieder die gleichen Argumente, Vorhaltungen usw. auszutauschen? Vielleicht hätte man bei der Aufstellung schauen müssen, was man wann macht. Vielleicht hätte eine Aktuelle Debatte genügt. Das wäre der beste Weg gewesen. Es bringt uns bei der Lösung nicht weiter, drei Mal dieselbe Debatte zu führen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es gleich vorweg zu sagen: Wir unterstützen die
inhaltlichen Forderungen des SPD-Antrages. Die Richtung stimmt. Und damit hier kein Zweifel aufkommt: Für uns gibt es auch nur diese eine Richtung.
Damit sind wir gleich beim ersten Punkt, dem quasi Einstellungsstopp, von der Staatsregierung irreführend als „vorübergehende Personalbewirtschaftungsmaßnahme im Sinne eines Zustimmungsvorbehaltes bei Neueinstellungen“ bezeichnet. Das ist ein absolutes Unding.
Wir reden über Unterrichtsausfall in Größenordnungen und das SMK muss vor jeder Neueinstellung oder Vertragsverlängerung von Lehrern das Votum des SMF und die Zustimmung des Ministerpräsidenten und des SMWA einholen.
Dabei handelt es sich jeweils um Einzelfallentscheidungen, wie mir Frau Kurth auf meine Kleine Anfrage vor vier Tagen mitteilte. Also gilt die Regelung.
Die Bewirtschaftung des Stellenpools zur Kompensation von Mutterschaftsurlaub, Elternzeit, befristeter Erwerbsunfähigkeit usw. wird über insgesamt vier Häuser in Einzelfallentscheidung abgewickelt. Diese Praxis muss unbedingt beendet werden. Der Zustand ist unhaltbar.
Zum zweiten Punkt. Die TU Dresden, die TU Chemnitz und die Uni Leipzig stehen vor einem Kraftakt, wenn sie ab dem kommenden Wintersemester 1 700 Lehramtsstudenten immatrikulieren sollen und auch noch die Erfolgsquote auf 85 % erhöhen müssen. Es steht außer Frage, hier müssen die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden. Das ist auch schon ganz klar gesagt worden.
Gleiches gilt für ein wirksames Seiteneinsteigerprogramm für Grund- und Mittelschullehrkräfte. Im Bereich Mittelschule scheiden bis 2020 mit insgesamt 3 100 Personen die meisten Lehrkräfte aus dem Schuldienst aus, gefolgt von den Grundschullehrkräften mit 2 840 Personen. Das große Problem ist, dass an den Universitäten und Hochschulen das Lehramt für Gymnasien mit circa 60 % stark überrepräsentiert ist, während das Lehramt für Grund- und Mittelschule mit circa 10 % stark unterrepräsentiert ist. Wenn wir hier nicht ein wirksames Seiteneinsteigerprogramm auflegen, haben wir in ein paar Jahren tatsächlich eine Katastrophe – ohne alles schlechtreden zu wollen.
Ich möchte noch einen dritten Punkt aufgreifen. Natürlich müssen wir die Arbeitsbedingungen an unseren Schulen so gestalten, dass möglichst viele Lehrkräfte bis zum Renteneintritt im Schuldienst bleiben. Das heißt, Hände weg von den Ermäßigungsstundenregelungen für ältere Lehrkräfte. Hier zu sparen, ist absolut kontraproduktiv.
Damit komme ich zu den Forderungen im SPD-Antrag, die ans Eingemachte gehen und die unter Umständen Prof. Wöller bewegt haben, doch hinzuschmeißen. Hier geht es darum, die unterrichtswirksamen Lehrerstellen bis 2020 nicht zu reduzieren. Insbesondere wird darauf abgestellt, circa 1 000 Neueinstellungen jährlich vorzunehmen. Wir tragen – das möchte ich betonen – diese Forderung inhaltlich mit. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass allein die Neueinstellung von 1 000 Lehrkräften pro Jahr bis 2015/2016 Mehrausgaben in Höhe von etwas mehr als einer halben Milliarde Euro bedeutet. Bei solchen Hausnummern zu sagen, Herr Dulig, das nehmen wir aus den Steuermehreinnahmen, das finde ich – wie sage ich es jetzt nett? – gewagt und unseriös.
In der Tat haben wir im Haushalt 2011/2012 Mehreinnahmen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. Davon steht ein Drittel über den kommunalen Finanzausgleich den Kommunen zu und der Rest ist durch Beschlüsse gebunden. Das ist eine Tatsache. Wir haben sehr stark kritisiert, dass der größte Teil dieser Steuermehreinnahmen in Rücklagen geflossen ist. Das sehen wir auch weiterhin sehr kritisch.
Hinzu kommt, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, dass Sie der Koalition und der Staatsregierung mit Ihrem Antrag ohne unseren Änderungsantrag quasi einen Freifahrtschein ausstellen, was die zusätzlichen Mittel betrifft.
Die Redezeit halten wir an, Frau Giegengack. Wenn Sie Ihre Rede zu Ende bringen, kann ich die Frage nicht mehr zulassen.
Liebe Kollegin Giegengack, geben Sie mir recht, dass, wenn man auf eine heute besetzte Stelle, die wegen Renteneintritt frei wird, einen neuen, jungen Lehrer einstellt, dafür keine zusätzlichen Mittel gebraucht werden, sondern im Gegenteil sogar weniger, weil die junge Lehrkraft nämlich weniger Gehalt bekommt als die alte Lehrkraft?
Da gebe ich Ihnen recht, Frau Stange. Aber Sie haben in Ihrem Antrag auch gefordert, dass wir Stellen besetzen sollen, wo Lehrer in der Freiphase der Altersteilzeit sind. Aber in dieser Freiphase laufen sie über den Stellenpool und werden noch zur Hälfte bezahlt. Also, das müssen wir schon sagen. Diese Stellen kosten uns anderthalbmal so viel. Das gehört zur Wahrheit.
Bevor ich zum Abschluss komme, noch Folgendes: Glauben Sie wirklich, dass die Staatsregierung aufgrund des Antrags heute hier im Landtag ihre heiligen Kühe wie den Garantiefonds oder die Haushaltsausgleichsrücklage schlachten wird? Ich glaube das eher nicht. Wo die Koalition und die Staatsregierung ihr Kürzungspotenzial sehen, das wissen wir. Das haben wir beim letzten Haushalt noch einmal vorexerziert bekommen. Und wenn ich mich recht erinnere, meine Damen und Herren Sozialdemokraten, gehörten Sie zu den schärfsten Gegnern dieser Haushaltspolitik der CDU-Fraktion. Daher kann ich nicht glauben, dass Ihnen wirklich egal ist, woher das Geld kommt. Uns GRÜNEN und auch den Abgeordneten der LINKEN ist das jedenfalls nicht egal. Für uns sind deshalb die Vorlage und der Beschluss eines Finanzkonzeptes für diese Mehrausgaben bei Lehrern unabdingbar. Die Haushaltshoheit hat das Parlament, und wir sind nicht bereit, diese an die schwarz-gelbe Regierung abzugeben, weil wir, Patrick, uns sehr wohl darüber Gedanken machen, wo das Geld herkommt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kurz vor dem Weihnachtsfest des vergangenen Jahres wurde ein ganz besonderes Paket geschnürt. Die damals zuständigen Fachminister, die Professoren Wöller und Unland, stellten ein Bildungspaket vor, welches eine exzellente Lehrerausbildung für ein erstklassiges Schulsystem enthalten sollte. Umfang 200 Millionen Euro. Ganz am Ende fand sich der Satz: „Eine Konkretisierung und die genaue Untersetzung erfolgt auf der Haushaltseckwerteklausur Anfang 2012.“
Kaum einer, außer wahrscheinlich Frau Stange, dachte Böses dabei, und man ging in die Ferien. Das böse Erwachen kam aber bald. Zu den konkreten Zahlen, die hin und her geflogen sind, möchte ich nichts mehr sagen. Ich möchte sie auch nicht wiederholen. Ich möchte aber eine Aussage des Finanzministers anlässlich der Verkündung des Bildungspaketes im Dezember aufgreifen.
Prof. Unland sagte damals: „Wir müssen im sächsischen Bildungssystem das Gleichgewicht zwischen den Generationen wiederherstellen. Es war richtig, dass Sachsen in der Vergangenheit auf die Halbierung der Schülerzahlen nicht mit einem entsprechenden Abbau der Lehrerstellen reagiert hat. Dadurch stehen wir aber vor der Aufgabe, innerhalb weniger Jahre erheblich mehr junge Menschen für den Lehrerberuf zu gewinnen, als unter normalen demografischen Bedingungen notwendig wären.“
Das ist schon ein interessantes Eingeständnis. Es herrschen also gegenwärtig keine normalen demografischen Bedingungen. Wer trägt daran die Schuld? Die verschiedenen sächsischen Staatsregierungen haben sicherlich
einiges dazu beigetragen, nur sind sie natürlich nicht allein an der Misere schuld. 20 Jahre lang wurde die demografische Entwicklung nicht nur in Sachsen, sondern in ganz Deutschland und in den meisten anderen europäischen Ländern verdrängt oder als Naturereignis dargestellt. Bevölkerungspolitisches Handeln wurde und wird immer noch als Tabuthema behandelt. Lediglich Initiativen zur Steigerung der Einwanderung werden präsentiert, die aber zumindest im wirtschaftlichen Bereich auch nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht haben.
Eine Änderung dieser Zustände ist nicht in Sicht. Das gilt auch für die Schulen. Daran ändern weder das Bildungspaket der Koalition noch die Nachbesserungsvorschläge der SPD etwas, so wichtig die einzelnen Punkte auch sein mögen.
Ich möchte noch kurz auf Punkt II e, Seiteneinsteiger, eingehen. Das haben wir in einem anderen Zusammenhang ebenfalls schon vorgeschlagen. Das ist eine sinnvolle Sache, solange die persönliche und fachliche Eignung dieses Personenkreises gesichert ist. Nicht jede Existenz aus linken Sozialbiotopen ist geeignet, vor eine Klasse zu treten, und nicht alles, was in den Neunzigerjahren als Zertifikat verteilt wurde, kann ein Studium ersetzen. Vergessen werden darf dabei nicht die berufsbegleitende Aus- und Weiterbildung der Seiteneinsteiger. Frau Stange hat das vorhin schon ausgeführt.
Eine letzte Anmerkung: In der Begründung steht der schöne Satz: „Zentrale Steuerung ist ein vordemokratisches Mittel und lähmt die Handlungsfähigkeit im Bildungsbereich.“ Meine Damen und Herren, diese Aussage können wir nicht teilen. Es kommt nicht darauf an, wie eine Steuerung zustande kommt, sondern darauf, welche Wirkung sie erzielt. Aber davon abgesehen, halten wir den Antrag der SPD-Fraktion für sehr sinnvoll und werden zustimmen.
Meine Damen und Herren, wir gehen jetzt in die zweite Runde. Ich frage die SPD-Fraktion. – Bitte, Herr Abg. Dulig.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion, wie wir den Lehrermangel in den Griff bekommen, wie wir das Bildungspaket so zu einem Paket packen können, dass es wirklich eine Lösung ist, treibt uns anscheinend alle um. Denn die Redebeiträge, auch wenn ich an Patrick Schreiber denke, haben einen gemeinsamen Kern. Der gemeinsame Kern ist, dass wir durchaus ein gemeinsames Problembewusstsein haben.
Nun ist das Thema nicht neu. Ich kenne die Diskussionen und spreche jetzt einmal in Richtung der Bildungspolitiker in der CDU-Fraktion. Wir hatten auch damals in unserer Koalition schon Diskussionen über die Zahlen, die uns vorgelegt wurden. Ich kenne so manche Debatte, in der es hieß: Na ja, die Zahlen werden uns immer vorgelegt, aber so richtig glauben wir auch nicht, dass das
funktioniert. – Ich erinnere mich an Diskussionen, in denen es um die Förderschullehrer oder um die Berufsschullehrer ging. Da war immer wieder Skepsis angesagt, und wir hatten tagtäglich im Geschäft mit der Frage zu tun, ob die Zahlen so halbwegs stimmen. Aber wir waren schon immer mit Unterrichtsausfall konfrontiert. Wir waren schon immer damit konfrontiert, dass es nicht ganz sauber gerechnet war. Sie kennen vielleicht noch die Diskussionen aus der letzten Legislaturperiode.
Nur, jetzt sind wir an dem Punkt, wo es nicht mehr funktioniert, wo es nicht mehr nach dem guten Glauben geht, ob eine Zahl, die uns präsentiert wird, stimmt oder nicht. Das Kartenhaus ist jetzt zusammengefallen.
Ach, Herr Kollege, ich rede jetzt mit den Kollegen von der CDU, weil Sie von der FDP politisch nicht mehr zurechnungsfähig sind.