Es zeigt sich, dass wir ein Bildungspaket 2.0 brauchen, um den Eltern und den Schülern klare Perspektiven für das kommende Schuljahr aufzeigen zu können. Sie wollen von uns wissen, was wir machen, damit im nächsten Schuljahr der Unterricht abgesichert und der Stundenausfall verringert wird. Wir brauchen eine klare Perspektive, wie die Schule 2020 aussehen soll, sowohl von den Ressourcen als auch von der inhaltlichen Ausgestaltung her. Diese langfristige Perspektive sind wir unseren Schülern, Eltern und zukünftigen Lehrern schuldig.
Allerdings – das muss man feststellen, auch wenn es oftmals zu kurz kam – gibt es bereits Beschlüsse der Koalition. Frau Dr. Stange, Sie fordern in Ihrem Antrag beispielsweise die Schaffung zusätzlicher Referendarplätze. In diesem Zusammenhang weiß ich nicht so recht, ob
Sie die Diskussion und die Beschlüsse zur Kenntnis genommen haben. 2 050 Referendarstellen sollen geschaffen werden; das ist eine knappe Verdopplung. Das ist bereits Beschlusslage der Koalition.
Ich habe gerade gesagt, dass wir über eine langfristige Perspektive sprechen müssen; das meine ich mit „Bildungspaket 2.0“. Aber bis 2016 werden es 2 050 Referendarstellen sein. Nehmen Sie einfach zur Kenntnis: Das ist bereits beschlossen. Da brauchen wir keine Nachhilfe von Ihnen, Frau Dr. Stange.
Auch die Bereitstellung der beschlossenen 1 700 Studienplätze werden wir sicherstellen. Das ist ohne Zweifel eine Herausforderung für die Universitäten bzw. die Verwaltung. Aber der Wille der Koalition, die Studienanfängerzahlen maßgeblich zu erhöhen, ist klar erkennbar und fassbar. Auch insoweit brauchen wir keine Nachhilfe vonseiten der SPD-Fraktion.
Ich habe es schon gesagt: Wir müssen den Schülern – das erleben wir in jeder Kreiselternratssitzung; ich bin mit vielen Kollegen vor Ort – Antworten für das nächste Schuljahr bieten: Wie wird der Unterricht abgesichert? Wollen wir es dulden, dass Englisch mehrere Monate lang ausfällt? Was bieten wir an?
Ich sage es ganz klar: Wir brauchen ein Sofortprogramm gegen Unterrichtsausfall. Zur Reduzierung des Stundenausfalls und zur Deckung zeitlich begrenzter Bedarfe müssen wir künftig den Schulen vor Ort für eine flexible Unterrichtsvertretung ein Mittelkontingent als schulbezogenes Budget zur Verfügung stellen.
Die Schulen sollen in die Lage versetzt werden, schnell und effizient auf den jeweiligen Unterrichtsausfall zu reagieren.
Was wir als Land noch tun sollten, wäre die Schaffung eines Lehrkräftepools, wie ihn andere Länder schon haben. Dann sucht sich nicht jede Schule einzeln ihren Vertretungslehrer, sondern kann bei Bedarf Ressourcen aus dem Pool abrufen. Das können und sollten wir relativ schnell umsetzen.
Ich stelle aber auch fest: Das Thema „Mehr Freiheit und Eigenverantwortung für die Schulen“ ist nicht wirklich beliebt. Meine bisherigen Gespräche im Kultusministerium ließen nicht erkennen, dass man diesen Ansatz als Chance sieht. Ich glaube, das ist eine Chance. Wir hatten im Landtag eine Anhörung, in der Sachverständige zum Ausdruck brachten, dass genau hierin, nämlich in mehr
Eigenverantwortung, die Chance zum effizienten Mitteleinsatz und zu schneller Reaktion gesehen wird. Deswegen sind Eigenverantwortung von Schule und mehr Freiheiten für unsere Schulleiter kein Problem, sondern Teil der Lösung des Problems des Lehrermangels. Wir sollten es angehen und dringend die Voraussetzungen dafür schaffen, mehr Flexibilität und Eigenverantwortung für unsere Schulen hinzubekommen.
Ich habe es schon angesprochen: Der Bereich der Grundschulen ist das, was mich am meisten umtreibt, auch wenn die Schüler, die protestieren, meist solche sind, die Mittelschulen oder Gymnasien besuchen. Grundschüler sieht man dort relativ selten. Das liegt in der Natur der Sache; denn es sind kleine Kinder. Das Problem ist dort jedoch am größten, weil wir kaum entsprechende Absolventen haben. Die Statistik zeigt, dass wir schon heute enorme Bedarfe haben.
Deshalb brauchen wir ein Grundschullehrerprogramm, das relativ schnell wirken kann, zum Beispiel ein Seiteneinsteigerprogramm, Weiterbildungsprogramme, Mittel für Lehrer, die bereits im System sind, oder solche, die lehrerähnliche Berufe studiert haben, wie Sozialpädagogen, Wirtschaftspädagogen und Ähnliches. Denen sollte man eine konkrete Perspektive für den Lehrerberuf bieten. Frau Dr. Stange, ich denke, in der Frage sind wir gar nicht so weit voneinander entfernt, und auch das hat die Koalition schon längst erkannt.
Frau Dr. Stange, Sie fragen, warum machen wir denn nichts? Ich bin ehrlich und vielleicht auch ein bisschen selbstkritisch, das ist alles keine Zauberei, das ist Handwerkszeug der Bildungspolitik in den verschiedenen Ländern. Natürlich ist es ein Versäumnis, dass da nichts in der Schublade lag. Ja, vielleicht hätte man hier eher nach einer Lösung suchen müssen.
Aber ich sage auch ganz klar, es ist ein Versäumnis des letzten Kultusministers. Hier hätte etwas kommen müssen, hier kam aber nichts.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es werden häufig Diskussionen über Stellen geführt. Sicher, Stellen sind die Grundvoraussetzung dafür, wie der Unterricht abgesichert wird, aber ich glaube, die Verengung auf dieses Problem behindert die Diskussion. Wir müssen uns darüber verständigen. Wir müssen die Stellenfrage auf einer gesicherten Zahlenbasis klären. Aber diese Antwort ist viel zu einfach für dieses komplexe Problem.
Ich höre in der Öffentlichkeit auch von Ihnen, Frau Dr. Stange, immer nur: Stellen, Stellen, Stellen.
Ich möchte davor warnen, die Diskussion darauf zu verengen. Es ist mehr. Die Frage ist: Wie organisieren wir unser System, wie bilden wir aus? Natürlich gehört die Frage der Stellen dazu. Damit Sie mich nicht falsch verstehen – gute Schule kostet Geld. Aber man muss sich die Frage stellen: Wir haben 32 000 Lehrer im System. Das ist eine ganze Menge. Wir haben 28 000 Stellen. Mich hat einmal interessiert, wie viele Stellen eigentlich für den reinen Unterricht eingesetzt werden. 23 000 Stellen! Etwa 1 200 Stellen stehen für den Vertretungsunterricht zur Verfügung, das heißt, 3 800 Stellen werden für andere, zum großen Teil auch notwendige Aufgaben und für Altersteilzeit bereitgestellt.
Deswegen ist es doch völlig die falsche Diskussion, sich lediglich mit 28 000 Stellen und irgendwelchen Stellenabbauverpflichtungen herumzuschlagen. Wir müssen doch sehen, wie der Lehrer vor die Klasse kommt, wie wir die Ressourcen an die Klasse bringen. Das ist doch die Frage!
Herr Bläsner, ist Ihnen bekannt, dass ich in den letzten Monaten nach Veröffentlichung des Bildungspaketes und nach Vorlage unserer eigenen Vorstellungen – das ist nun fast ein Jahr her – mehrfach genau diese Fragen an das Kultusministerium, an die Landesregierung gestellt habe? Haben Sie die Antworten dazu aus dem Kultusministerium mal gelesen?
Sehr geehrte Frau Dr. Stange! Dass ich jetzt nicht mit Ihnen über Antworten des Kultusministeriums an Sie spreche, versteht sich von selbst. Natürlich sind wir mit dem Kultusministerium, mit der Kultusministerin und mit der CDU-Fraktion im Gespräch, aber mit Ihnen muss ich dazu nicht sprechen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren der SPDFraktion! Mein Kollege Herr Schreiber hat es schon angesprochen. Gab es bis 2009 keine Möglichkeit, mehr Grundschullehrer einzustellen? Mich treibt die Frage wirklich um. Selbst wenn wir jetzt die Stellen für Grundschullehrer bereitstellen, gibt es sie nicht. Deswegen ist die Frage, was in der Zeit getan wurde, als genügend Grundschullehrer auf dem Arbeitsmarkt vorhanden waren, diese einzustellen. Das wäre notwendig gewesen. Wir werden prüfen, ob es Mittel für Stellen gab oder nicht. Das gehört auch zur Ehrlichkeit dazu, Frau Dr. Stange.