Die Debatte zum Thema Lehrermangel, bei der es schon damals einen gemeinsamen Kern gegeben hat, wobei jetzt das Kartenhaus zusammengefallen ist und alle das Problem sehen, darf nicht dazu führen, dass wir dem ehemaligen Kultusminister und den Bildungspolitikern, die jetzt mutig sind, einen Heiligenschein aufsetzen. Alle tragen auch Verantwortung für die Situation, wie sie gegenwärtig ist. Das muss man an dieser Stelle auch sagen.
Trotzdem gilt es auch Respekt dafür auszudrücken, dass jetzt anscheinend wirklich einmal die Zahlen nackt vorliegen und dass es kein Heruminterpretieren mehr geben kann. Der Antrag, der von uns vorgelegt wird und der nun wirklich nicht das ist, was wir im letzten Jahr als Vorschlag zum Thema Lehrerbedarf gemacht haben, bezieht sich nur auf die Analyse des Papiers des Kultusministeriums.
Das war die Grundlage für den Antrag. Ich habe Sie vorhin so verstanden, dass man bis dahin sogar gemeinsam akzeptiert, dass das die Grundlage ist. Aber nun wird es etwas dünn. Wie lautet jetzt die Begründung dafür, dass man es ablehnt? – Die einzige Begründung, die ich gehört habe, ist, dass man sofort unterstellt: Jetzt wollt ihr uns vorführen. – Es ist etwas schwierig, mit diesem Argument umzugehen. Denn was will man dagegen sagen? Ich kann Ihnen nur sagen: Der Druck, der vorhanden ist, das Problem zu lösen, kann nicht dazu führen, sich hinter der Ausrede zu verstecken, wir wollten nur vorführen.
Ich kann Ihnen allein schon aufgrund des Zeitplanes nachweisen, dass wir gar nicht bis zu den Haushaltsverhandlungen im Herbst dieses Jahres warten können. Bestimmte Entscheidungen – ich denke zum Beispiel an die Immatrikulation – müssen bis Mai geschafft sein. Dafür brauchen Sie Vorbereitung, dafür brauchen Sie eine Entscheidung jetzt. Wenn es darum geht, für den Lehrerberuf zu werben, für die Einschreibungen zu werben, so werden die Entscheidungen jetzt getroffen. Wenn Sie
Deswegen ist der Zeitpunkt genau richtig, um im Landtag darüber zu diskutieren und abzustimmen. Denn Sie stehen doch alle – seien wir doch mal ehrlich – zu Hause auch unter Druck. Sie müssen doch genauso in Ihren Wahlkreisen argumentieren, weil Sie die Situation in den Schulen kennen. Deshalb machen Sie es sich zu einfach, wenn Sie sagen: Es war halt ein Oppositionsantrag. – Die Leute interessiert überhaupt nicht, von wem der Antrag ist; sie wollen, dass das Problem gelöst wird. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung und an diese Verantwortung appelliere ich an dieser Stelle. Nicht dieses Spiel: Das ist halt ein Oppositionsantrag!
Ich will durchaus auch noch ein Wort zu dem Thema Finanzen aufnehmen. Jeder kann ja seine finanzpolitische Kompetenz hier zur Schau tragen. Wir haben durchaus gerechnet, und zwar zum einen, dass der Bereich, der das Thema Hochschule betrifft, noch einmal anders zu finanzieren ist. Da ist die Forderung klar: Herr Unland, geben Sie bitte die Hochschulpaktmittel endlich frei, die dafür vorgesehen waren. Sie sind nämlich schon in Ihrer Hand.
Zum anderen. Bei dem Thema Altersteilzeit muss man Folgendes bedenken. Es geht darum, dass die Stellen im Stellenplan enthalten sind. Das heißt, dafür, dass sie nachbesetzt werden, brauchen wir kein zusätzliches Geld, weil sie im Plan enthalten sind. Vielmehr brauchen wir zusätzliches Geld lediglich für die Phase, die wir jetzt doppelt besetzen müssen. Nur für diese Phase! Für diese Phase reichen Teile der Mehreinnahmen aus. Deshalb war das mit dieser halben Milliarde, glaube ich, ein gewisser Überschwang. Aber geschenkt! Wichtig ist – da appelliere ich noch einmal –, dass wir das Problem in den Mittelpunkt stellen, weil wir das Problem lösen wollen, und das ist unser aller Verantwortung.
Herr Schreiber, CDU-Fraktion, bitte. – Dann weiter CDU. Herr Colditz? – Auch nicht mehr. Gibt es weiteren Redebedarf? Ich frage in die Runde. – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann frage ich die Ministerin, ob sie gern sprechen möchte. – Bitte, Frau Ministerin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Niemand in diesem Hohen Hause bestreitet – das kam in allen Redebeiträgen vor –, dass die Sicherung des langfristigen Lehrerbedarfs eine zentrale Herausforderung der sächsischen Politik insgesamt ist. Diese Einsicht ist für mich von der ersten Stunde meiner Amtsübernahme an Unterstützung und Auftrag zugleich.
Sie wissen alle sicherlich sehr genau, dass mir diese Herausforderung schon aus meiner bisherigen Arbeit in
der Sächsischen Bildungsagentur sehr wohl bewusst ist. Ja, Frau Falken, Sie haben recht: Ich habe in Chemnitz in meiner Tätigkeit tiefe Einblicke in diese Region und in die Lehrerversorgung bekommen. Ich weiß auch sehr genau – auch aus meiner vorherigen Tätigkeit und aus meinen wenigen Tagen hier im Kultusministerium –, dass wir nicht am Punkt null stehen – das ist auch mehrfach erwähnt worden –, sondern dass in der Vergangenheit schon allerhand auf den Weg gebracht wurde. Sonst würden wir mit sächsischer Schule nicht da stehen, wo wir jetzt sind.
Ich denke nur einmal an die Weiterentwicklung der Lehrerausbildung, mit der hatte ich ganz persönlich zu tun. Wir können künftig in Leipzig und Dresden die Lehrämter Grundschule, Mittelschule und Gymnasium wieder voll anbieten. Es ist sehr wichtig, dass wir an diesen beiden Universitäten dieses Angebot haben. Ich freue mich ganz besonders – das möchte ich auch erwähnen –, dass in Chemnitz ein Studiengang für das Lehramt Grundschule eingerichtet werden wird, denn wir brauchen Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer.
Ich denke ferner an die im vergangenen Frühjahr beschlossene deutliche Aufstockung der Referendarstellen. Dies ist ein ganz konkretes und wichtiges Signal dafür, dass der Lehrerberuf in Sachsen ein Beruf mit Zukunft ist. Es ist jedoch auch eine besondere Herausforderung für die Schulen, diese Referendare – mitunter in hoher Anzahl, vor allem an den Gymnasien – zu betreuen. Diese Herausforderung haben unsere Lehrerinnen und Lehrer angenommen und sie widmen sich mit Engagement der Betreuung unserer Referendarinnen und Referendare an den Schulen. Das ist einfach zu loben. Das ist ein riesengroßes Dankeschön an unsere Lehrer wert.
Ich freue mich besonders, dass auch in Chemnitz ein Seminarstandort für die angehenden Lehrerinnen und Lehrer im Grundschullehramt und im Gymnasiallehramt angeboten wird. Frau Dr. Stange, wir haben uns zur Eröffnung dort getroffen und miteinander gesprochen.
Ich denke nicht zuletzt – bei allem Streit, den es darum gibt – an das im vergangenen Dezember vom Koalitionsausschuss beschlossene Bildungspaket. Herr Fraktionsvorsitzender Flath, Sie haben das Bildungspaket als einen Handlungsrahmen charakterisiert. Genau als einen solchen Handlungsrahmen verstehe ich das Bildungspaket. Es enthält sehr wichtige Punkte, die uns entscheidend nach vorn bringen.
Dazu gehört das Bekenntnis, die Lehramtsstudiengänge, orientiert an unseren schulart- und fächerspezifischen Bedarfen, auszubauen; dazu gehört, dass wir in den kommenden Jahren deutlich mehr Absolventen in den Vorbereitungsdienst aufnehmen können; und dazu gehört nicht zuletzt die deutliche Erhöhung der Einstellungsmöglichkeiten gegenüber dem Status quo. Inwiefern die
Einstellungsmöglichkeiten für einen geordneten Start des neuen Schuljahres ausreichen, prüfen wir gerade intensiv ab; ich habe es schon in meinem ersten Redebeitrag erwähnt.
Ich lasse auch keinen Zweifel vor diesem Hohen Haus aufkommen: Wir brauchen Ressourcen, um geordnet in das Schuljahr 2012/2013 zu gehen. Das sind wir unseren Schülerinnen und Schülern schuldig.
Wir arbeiten deshalb jetzt mit Hochdruck daran – auch das habe ich bereits erwähnt –, das umfängliche Zahlenmaterial – es ist sehr umfänglich in einem derart personalintensiven Ressort – zwischen meinem Haus und dem Haus von Herrn Kollegen Prof. Unland abzustimmen. Wir sind – auch das habe ich vorhin gesagt – seit dem ersten Tag im Gespräch.
Eines darf ich Ihnen versichern: Ich weiß sehr wohl aus meinen vorangegangenen Tätigkeiten, dass eine Schuljahresvorbereitung keinen Aufschub duldet und dass ein Schuljahresbeginn nicht zu verschieben ist. Ich versichere Ihnen, dass wir diese Zeitschiene immer im Blick haben und dass es Ergebnisse, vor allem für das Umsetzen in der Bildungsagentur, noch im Monat April geben muss und geben wird.
An dieser Stelle möchte ich ganz kurz noch einmal auf Frau Falken eingehen. Ich habe gesagt: Im Monat April wird es Ergebnisse geben, damit die Bildungsagentur die Chance des Umsetzens hat. Es wurden Einstellungen, es wurden Referendare erwähnt, und, Frau Falken, Sie haben die befristet eingestellten Grundschullehrer erwähnt. In dem Paket, das wir zurzeit packen, sind diese von Ihnen erwähnten Personen mit enthalten. Sie haben Herrn Ministerpräsidenten zu einer Antwort morgen aufgefordert, die er – glaube ich – morgen gar nicht geben kann, weil wir im Gesamtpaket diese Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer haben. Im Monat April wird es auch diese Antwort ganz genau an die Bildungsagentur geben. Die Regionalstellenleiter wissen, dass sie eine Antwort zu diesem Zeitpunkt bekommen. Wir liegen genau im Zeitplan.
Sie haben es mehrfach erwähnt. Natürlich gab es auch bisher schon Zahlen, aber an manchen Stellen gab es ein etwas unterschiedliches Verständnis für bestimmte Sachverhalte. Mir ist vorhin eben sehr wohl bewusst geworden, als es um die Altersteilzeitstellen und die Wiederbesetzung der Altersteilzeitstellen ging, dass das gar keine so ganz einfache Rechnung ist. Das hat mir die ganz kurze Diskussion hier im Raum gezeigt. Genau aus diesem Grund brauchen wir einen Abgleich von Zahlen. Ich kann Herrn Prof. Unland sehr wohl verstehen, dass er Transparenz und absolute Validität des Zahlenmaterials
von mir einfordert. Wir sind bereits so weit, um ganz konstruktiv, aber auch grundehrlich miteinander hart streitend um Ergebnisse zu ringen.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen: Da gibt es schon Stellen, wo wir hart streiten. Ich bin die Schulfachfrau und denke an unsere Schülerinnen und Schüler und an die Schulen und an den Schuljahresbeginn. Dass unsere Positionen manchmal streitbar sind, ist auch ganz normal und für mich und sicher auch für Prof. Unland eine Herausforderung. Wir brauchen eine gemeinsame Basis. Auf dem Weg sind wir schon fast am Ziel.
Ich sage auch jetzt – das habe ich vorhin schon getan –, dass sich abzeichnet, dass das nicht ohne zusätzliches Geld und ohne zusätzliche Stellen funktionieren wird. Ich kenne die Engpässe. Ich werde sie unmissverständlich klarmachen. An dieser Stelle darf nicht vergessen werden – da kommen mir meine Tätigkeiten in der Bildungsagentur und auch richtig an Schule und früher im Kultusministerium als Referatsleiterin zugute –: Ich werde die Lösungsvorschläge, die auf dem Tisch liegen, auf Schultauglichkeit prüfen. Sind die Lösungsvorschläge umsetzbar? Sind sie von der Bildungsagentur und von Schule selbst umsetzbar? Dabei werden wir ganz sicher im Blick haben, mehr Eigenverantwortung und mehr Flexibilität an die Schulen zu geben.
Unsere Schulleiterinnen und Schulleiter sind die wichtigsten Personen im System. Sie machen mit den Lehrerkollegien die Arbeit vor Ort. Sie sind in der Lage, zum Beispiel flexibel auf Ausfallstunden zu reagieren, wenn sie Geld in die Hand bekommen. Diesen Weg werden wir ganz sicher in dem Paket, das wir im Monat April schnüren, mit verfolgen.
Mir ist an dieser Stelle wichtig, für den Lehrerberuf zu werben. Der Lehrerberuf ist ein wunderbarer Beruf. Das habe ich viele Jahre in den Schulstuben erleben dürfen. Es ist schön, junge Menschen in ihrer Entwicklung zu unterstützen und ihre Entwicklung erleben zu dürfen. Sie wissen aus mehreren Medienmeldungen, dass ich diesen Beruf liebe und dafür brenne. Deswegen möchte ich die Gelegenheit nutzen und bitte noch einmal um Aufmerksamkeit, weil das ein Thema ist, das uns alle fraktionsübergreifend berührt.
Wir brauchen in den kommenden Jahren vor allen Dingen Lehrerinnen und Lehrer für Grundschulen und für unsere Förderschulen.
Letzteres gilt übrigens auch dann, wenn wir stärker in Richtung Integration und Inklusion gehen, denn die sonderpädagogische Kompetenz wird eher mehr als weniger gefragt sein. Das heißt, ich möchte unsere Gymnasiasten bitten und ich möchte Sie bitten, wenn Sie in Ihren Wahlkreisen unterwegs sind, nicht nur das Lehramt
Gymnasium im Blick zu haben. Über 60 % unserer Lehramtsstudenten wählen bisher diese Schulart. Das ist eine Relation, die mit unserem wirklichen Bedarf bei aller persönlichen Verbundenheit mit dem sächsischen Gymnasium nichts zu tun hat. Ganz besonders drastisch ist der überproportionale Anteil derer, die Geschichte und/oder Gemeinschaftskunde für das Lehramt Gymnasium studieren. Dies festzustellen heißt keineswegs, die Geisteswissenschaften oder gar die politische Bildung gering zu achten.
Ich weiß sehr wohl Freiheit und Demokratie im Ergebnis unserer friedlichen Revolution zu schätzen. Dennoch brauchen wir eine Ausgewogenheit, die letztlich die Relation unserer Stundentafeln und unserer Schularten abbildet. Nur so können wir den Lehrerbedarf sichern.
Ich möchte jetzt am Rande noch einmal die von uns angestrebten mindestens 1 700 Studienanfänger in den Lehrämtern nennen. Ich nenne die angestrebte Studienerfolgsquote von 85 %. Ich nenne das Ziel, 90 % unserer erfolgreichen Lehramtsabsolventen in Sachsen zu halten. Dort sind wir alle gemeinsam gefordert. Das bedeutet natürlich auch, uns dem Wettbewerb auf dem Lehrerarbeitsmarkt zu stellen. Alles das ist anspruchsvoll. Es ist gut und richtig.
Wichtig ist allerdings eines: Die Beschlüsse zum Bildungspaket sehen gerade auf dem Feld der Lehrerbildung und der Zahl der Lehramtsstudierenden eine kontinuierliche Überprüfung vor, inwiefern die Ziele erreicht werden. Die erstmalige Überprüfung wird schon im kommenden Wintersemester auf Basis der dann erreichten Immatrikulationszahlen erfolgen. Das ist gut. Überprüfung heißt, dass bei Bedarf nachgesteuert werden kann, nachgesteuert werden muss.
Natürlich ist jetzt schon Kreativität gefragt. Auch das wurde von Ihnen angesprochen. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass für Sozialpädagogen ein Aufbaustudium für das Lehramt Grundschule eine attraktive Angelegenheit sein kann, so wie es die Universität Leipzig bereits beabsichtigt.
Ich sperre mich keineswegs dagegen, dass in verantwortungsbewusster Weise auch der Geschäftsbereich meines Hauses Beiträge leistet, um der Herausforderung Rechnung zu tragen. Ich mahne hier jedoch Sachlichkeit und Augenmaß an.
Wir kommen nicht umhin, bei jeder Maßnahme die Auswirkungen auf die Schule zu betrachten und jede Maßnahme so zu gestalten, dass die Qualität von Schule erhalten bleibt.