Protocol of the Session on March 8, 2011

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN – Annekatrin Klepsch, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Frau Klepsch, bitte.

Danke, Herr Präsident. – Es handelt sich um eine Kurzintervention auf Herrn Scheel. Ich möchte ergänzend zu Herrn Scheel feststellen – das hat er nicht erwähnt, aber es ist den meisten im Raum bekannt, außer vielleicht Herrn Schreiber –, dass die Hauptproblematik bei der Absenkung der Jugendpauschale sich nicht sofort in der Schließung von Einrichtungen ausdrückt, sondern zunächst in einer Kürzung von Angeboten, in Schließtagen und zunehmend in Teilzeit- und befristeten Stellen der einzelnen Fachkräfte. Das führt zu einer Fachkräfteabwanderung und in der Fläche zu unbetreuten Einrichtungen. Dort besteht mitunter die Gefahr, dass sich die Kollegen von rechts festsetzen und eine Jugendbetreuung anbieten, die niemand hier im Raum wollen kann.

(Beifall bei den LINKEN – Jürgen Gansel, NPD: Sogar ohne Steuergelder!)

Danke, Frau Klepsch. – Herr Scheel, möchten Sie erwidern oder bestätigen? –

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Recht hat sie! – Heiterkeit bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir kommen zurück zur Aussprache. Für die FDP-Fraktion spricht Herr Prof. Dr. Schmalfuß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der SPD-Fraktion zeigt die unterschiedlichen Ansprüche in diesem Hohen Haus: einerseits wie mit den möglichen Steuermehreinnahmen aus der NovemberSteuerschätzung umgegangen werden soll und andererseits wie man mit den vorhandenen Mitteln auskommen will. Es gibt die Herangehensweise, die uns die SPDFraktion mit diesem Antrag vorschlägt: nämlich darauf hinzuwirken, erstens die Einnahmenseite deutlich zu vergrößern und zweitens Ausgabenanpassungen im aktuellen Haushalt zurückzunehmen.

Und, meine Damen und Herren, es gibt die Herangehensweise von CDU- und FDP-Fraktion. Die Steuermehreinnahmen hat die Koalition verwendet, um im Freistaat zu investieren und um Vorsorge zu betreiben. Das verstehen wir unter solider Haushalts- und Finanzpolitik. Natürlich ist zu erwähnen, dass aus Ihrem Antrag auch ein Bekenntnis hervorgeht, den Haushaltsausgleich ohne die Aufnahme neuer Schulden zu verfolgen. Damit folgen Sie einem wichtigen Anliegen der CDU- und FDP-Koalition. Allerdings gehen wir noch einen Schritt weiter. Wir werden wie in diesem auch im kommenden Doppelhaushalt jährlich 75 Millionen Euro alte Schulden abbauen. Dennoch, meine Damen und Herren, möchte ich mich im

Namen der FDP-Fraktion für die symbolische Unterstützung der SPD-Fraktion bedanken.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich teile allerdings nicht Ihre Forderung, auf Bundesebene darauf hinzuwirken, die Einnahmensituation der öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen zu stärken. Dieses Vorgehen widerspricht unserem Ansinnen, die Bürger von steuerlichen Belastungen zu befreien.

(Widerspruch des Abg. Martin Dulig, SPD)

Gerade die unteren und mittleren Einkommen unserer Gesellschaft wollen wir weiter entlasten. Mir ist bewusst, dass die von Ihnen aufgeführten Maßnahmen nicht unmittelbar durch diese Einkommensgruppen getragen werden. Allerdings sind bei den politischen Äußerungen Ihrer sozialdemokratischen Parteifreunde im Bund Steuererhöhungen nicht auszuschließen. Eine weitere Entlastung der unteren und mittleren Einkommen scheint mit der SPD derzeit nicht möglich, wohl auch, weil Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPDFraktion, die Einnahmenbasis verbreitern wollen. Das zeigt Ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Gesetzentwurf zum Abbau der kalten Progression der Bundesregierung, der genau diese Menschen entlasten würde.

Auch Ihre Schwerpunktsetzung, wie sie aus dem Antrag hervorgeht, kann ich persönlich nicht teilen. Werte Kollegen von der SPD-Fraktion, Sie machen es sich etwas zu einfach. Drei einzelne Maßnahmen zu benennen, die geeignet seien, die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Sachsen voranzubringen, um so die eigene sächsische Einnahmenbasis zu stärken, das reicht nicht aus, Herr Panter.

(Dirk Panter, SPD: Das sind schon dreimal mehr als von Ihnen!)

Sie wissen genauso gut wie ich, dass dazu viel mehr notwendig ist. Wir wollen im Jahr 2020 auf eigenen Beinen stehen. Dazu ist es notwendig, die Steuerdeckungsquote von aktuell etwa 56 % kontinuierlich weiter zu erhöhen. Dazu müssen die Staatsmodernisierung und der geplante Stellenabbau kontinuierlich fortgesetzt werden.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Um auch nach dem Jahre 2020 überhaupt noch politische Handlungsspielräume zu besitzen, müssen wir – wie die Verwendung der Steuermehreinnahmen verdeutlicht – heute schon Geld für künftige Lasten zurücklegen. Im Generationenfonds sparen wir für die künftigen Versorgungsansprüche unserer Landesbediensteten. Gleichzeitig müssen wir aber auch weiterhin politische Rahmenbedingungen für Wachstum schaffen. Die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Freistaates Sachsen ist weiter zu stärken. Deshalb, meine Damen und Herren, wird im kommenden Doppelhaushalt 2013/2014 erneut eine jährliche Investitionsquote von 19 % angestrebt.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Was hat das mit Investitionen zu tun?)

Nur so lassen sich die Voraussetzungen schaffen, um auch weiterhin auf steigende Steuereinnahmen im Freistaat Sachsen bauen zu können. Sie würden, meine Damen und Herren, die Steuermehreinnahmen zur Rücknahme der Ausgabenanpassungen im aktuellen Haushalt verwenden. Wir dagegen, die Koalition von CDU und FDP, nutzen sie für Investitionen und Vorsorge.

Aber uns jetzt, ein halbes Jahr vor der Aufstellung des kommenden Doppelhaushaltes, einige „Wohlfühlmaßnahmen“ vorzuschlagen, entspricht Ihrem Politikverständnis des „Wünsch dir was“.

Sehr geehrte Damen und Herren der SPD-Fraktion! Sie verkennen, dass wir uns bei der Haushaltsaufstellung zum aktuellen Doppelhaushalt in einer für den Freistaat Sachsen besonderen Situation befanden. Unter dem Eindruck der Wirtschafts- und Finanzkrise und mit dem Anspruch einer soliden Haushalts- und Finanzpolitik waren wir gezwungen, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen.

Die erfolgten Ausgabenanpassungen waren notwendig, um einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen und den Freistaat Sachsen für die Zukunft fit zu machen. Auch wenn wir uns jetzt in einer etwas besseren Ausgangssituation befinden, verspreche ich Ihnen, dass wir diesen Kurs einer soliden Haushalts- und Finanzpolitik weiter verfolgen werden. Ein „Wünsch dir was“ wird es deshalb mit CDU und FDP nicht geben. Aus diesem Grund werden wir natürlich Ihren Antrag in allen Punkten ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abg.

Hermenau. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich hätte mir diesen Antrag schon gern im Dezember gewünscht, als wir zur Steuerschätzung die Möglichkeit gehabt hätten, über einen Nachtragshaushalt zu reden. Einige Punkte sehen wir genauso. Es wäre also möglich gewesen. Jetzt ist es etwas spät, ehrlich gesagt, und der Entwurf der Staatsregierung liegt noch nicht vor. Solange wir die konkreten Zahlen bei den politischen Programmen und Forderungen nicht kennen, ist der Zeitpunkt – finde ich – für seriöse Haushaltspolitik noch nicht gekommen, um Entscheidungen zu treffen. Das ist das Problem bei der Sache. Diese konkreten Zahlen liegen nun einmal noch nicht vor.

Zum Thema Steuerdeckungsquote, weil sich die FDP hier gerade einen schlanken Fuß mit Herrn Prof. Schmalfuß gemacht hat:

(Tino Günther, FDP: Ha, ha, ha!)

Die Steuerdeckungsquote wird automatisch jedes Jahr ansteigen. Automatisch! Allein deswegen, weil jedes Jahr

die Zuschüsse von außen zurückgehen werden und damit im Gesamtvolumen die eigene Steuerdeckungsquote einen größeren Anteil einnimmt. Dabei haben Sie noch keinen Finger krummgemacht, sondern das geschieht automatisch nebenbei.

Das Thema, zum Beispiel Steuersenkungen im Bundesrat nicht mehr zuzustimmen, halte ich für einen interessanten Punkt. Es gibt Bundesländer, in denen das inzwischen Pflicht ist. Ich glaube, dass es gut gewesen wäre, diese Mövenpick-Steuersenkung nicht vorzunehmen. Das habe ich öffentlich im Parlament mehrmals vorgetragen. Ich glaube, dass man im Rahmen der Verfassungsdebatte einmal diskutieren könnte, ob man sagt, dass man die Einnahmenbasisabsenkung nicht mehr in Kauf nehmen möchte, wenn man eine sehr sparsame Haushaltspolitik fährt.

Wir haben ein strukturelles Einnahmenproblem. Das ist Fakt. Deswegen glaube ich, dass man das einmal diskutieren kann. Wenn man den Mittelstandsbauch abmildern möchte, was ich in der Einkommensteuer verstehen kann – es ist ein ehrenwertes Ziel, das politisch tun zu wollen –, bin ich der Meinung, dass man das macht, indem man oben bei den Betuchten in der Einkommensteuer so viel mehr aufschlägt, dass es genügt, um unten die Tarife zu entlasten. Dann haben Sie genau die soziale Umverteilung gemacht, von der Sie selbst immer reden. Aber Sie haben es ja aufgespalten.

In dieser Legislatur im Bundestag sollen jetzt die Armen etwas bekommen, und zwar von außen auf Pump. In der nächsten Legislatur sollen die Reichen auch noch abgesenkt werden. Hallo? – Ich bin der Meinung, innerhalb der Einkommensteuer kann man das sofort beschließen. Dafür gibt es auch eine Mehrheit im Bundesrat. Davon bin ich überzeugt. Wenn Sie oben einfach die Steuersätze erhöhen und unten erniedrigen, dann ist das Ding gelaufen und der Mittelstandsbauch beseitigt.

Ich bin der Meinung, dass wir bei der Vermögensteuer noch einmal genauer diskutieren müssen. Wir GRÜNEN haben uns seit zwei Jahren mit diesem Thema befasst und sind zu der Auffassung gekommen: Wenn man sich anschaut, wie in den letzten Jahren die gesamte Bankenrettung in Deutschland, im Bundeshauhalt, abgelaufen ist, ist es vielleicht eine kluge Idee – so tragen wir das zumindest auch gern gemeinsam vor –, dass man eine zeitlich befristete Vermögensabgabe einführt, die dazu genutzt wird, genau diesen Schuldenberg, auf dem die gesamte Republik Deutschland sitzt, wieder abzutragen. Diejenigen, die am meisten von der Bankenrettung profitiert haben, sind Leute, die nicht ihr ganzes Geld täglich ausgeben. Das ist ganz klar. Dass man die heranzieht, diesen Schuldenberg wieder abzutragen, der alle belastet, ist eine sehr sozialverträgliche Politik. Man könnte sich vielleicht auch darauf einigen. Wir werden diesen Vorschlag auch weiter auf Bundesebene einbringen.

Es ist so langweilig, sich hier immer noch einmal darüber unterhalten zu müssen, dass es in diesem Land nicht

Konsens wäre, in normalen Zeiten den Haushalt ohne Schulden auszugleichen. Es ermüdet nur noch! Ich glaube, dass da politisch nichts mehr zu holen ist, auch für Schwarz-Gelb nicht. Ich glaube, jetzt geht es darum, dass man harte Arbeit hineinsteckt, gute Ideen hat und funktionierende Lösungen vorschlägt.

Wir sind jetzt in dem Teil der Debatte, wo es nicht mehr darum geht, grundsätzlich einmal zu sagen, man wäre so oder so, sondern jetzt kommt es darauf an, die besten Ideen zu haben. Den Wettbewerb treten wir äußerst gern an!

Sie haben vonseiten der SPD einige Vorschläge gemacht, zum Beispiel das beitragsfreie Vorschuljahr wieder einzuführen. Ich würde das – genau wie Herr Scheel – wie folgt zusammenfassen: Sie trauern einfach einer Sache nach, die Sie einmal erreicht hatten. Aber wir haben die Debatte schon geführt und gesagt: Wir wollen lieber den Betreuungsschlüssel an der Kita senken. Wir halten das für effizienter als das kostenlose Vorschuljahr. 97 % der Kinder sind im letzten Jahr in der Kita. Das Vorschuljahr ist fast erreicht, das muss man nicht noch einmal anreizen. Das sind Mitnahmeeffekte. Hier wäre es eigentlich klüger, in den Betreuungsschlüssel zu investieren.

Die Jugendpauschale wieder anzuheben unterstützen wir, aber nicht wegen der Frage, welche Vereine einbezogen werden, sondern es geht um folgenden Punkt: Wir haben in den letzten Monaten ständig über NSU, über Probleme im ländlichen Raum, über das Zusammenballen von rechtsextremistischen Jugendlichen usw. gehört und geredet. Vor diesem Hintergrund – finde ich – sind die Landkreise in Sachsen massiv darauf angewiesen, dass die Jugendpauschale stabil bleibt, damit sie in der Lage sind, sich genau dieser Problematik intensiver zu stellen. Ich halte das für wesentlich und deswegen finde ich, muss man in dieser Frage auch einmal darüber nachdenken, ob man das damals verantwortlich entschieden hat.

Der Forderung, die finanzielle Ausstattung im Bereich der Förderrichtlinie Soziales, Familie, Arbeit, Suchthilfe, Chancengleichheit zu erhöhen, haben wir beim letzten Mal zugestimmt. Das würden wir wieder tun. Das sehen wir genauso.

Die Forderung nach der Vorlage einer Förderstrategie für erneuerbare Energien halten wir auch für richtig. Allerdings würde ich dann anregen, das auch mit der Haushaltsdebatte in diesem Jahr und der Verfassungsdebatte zu verknüpfen. Denn es geht ja wohl darum, auch einmal darüber nachzudenken, auf welche Art und Weise man es schafft, dass die Kommunen in der Lage sind, eigenes Einkommen zu erzielen, wenn die Zuschüsse aus Berlin nach und nach wegfallen, da diese fast eins zu eins in die kommunalen Haushalte eingehen. Diese haben dann eine strukturelle Unterfinanzierung oder ein Einnahmenproblem von 20, 25 %. Dann muss man schauen, wie man denen hilft, dass sie eigenes Geld verdienen können. Wenn man die Daseinsvorsorge – da würde ich Energie mit einbeziehen – durchaus als kommunale Betriebe

zulässt, hat man eine Möglichkeit, dass auch kommunale Einrichtungen Einnahmen erzielen. Das muss man diskutieren. Das halte ich für unerlässlich, auch um Vertrauen innerhalb der Kommunen und bei den Bürgermeistern in die Sparpolitik der Staatsregierung zu erwecken. Ich halte das für eine vertrauensbildende Maßnahme.

Wir könnten das zum Beispiel speisen, um am Anfang kleine Investitionshilfen zu geben, durch Steuermehreinnahmen nach der Auffüllung der Haushaltsausgleichsrücklage oder zum Beispiel, dass wir bestimmte KoFinanzierungsmittel nicht mehr nutzen, um etwas zu kofinanzieren, sondern behalten und selber ausgeben. Das mag die Investitionsquote etwas absenken, aber es wäre auf den Punkt und hätte eben eine Einkommenserzielung der Kommunen ab 2020 zur Folge. Eine sehr vernünftige, nachhaltige Strategie.

Es gibt auch immer wieder einmal Ausgabenreste. Ich wäre dafür, dass man ein ordentliches Verfallsdatum einführt. Dann werden diese eben für andere Zwecke ausgegeben. Da lässt sich einiges machen, ohne dass man irgendwie nach Schulden rufen muss. Das ist überhaupt nicht der Fall. Darum geht es nicht, sondern es geht einiges.

Ich danke der SPD für den Antrag, halte den Zeitpunkt für nicht so elegant. Wir sind nicht in allen Punkten Ihrer Meinung. Wir enthalten uns freundlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Abg. Schimmer spricht für die NPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion unterstützt die grundsätzliche Intention des vorliegenden Antrages der SPD-Fraktion, nämlich die Verhinderung des Kaputtsparens in substanziellen Bereichen wie Familie, Jugend und regionale Wirtschaft. Da wir auch die im Einzelnen erhobenen Forderungen befürworten, werden wir dem Antrag zustimmen.