Protocol of the Session on March 7, 2012

Eher unauffällig agiert Herr Kupfer als Minister für Umwelt und Landwirtschaft. Sein Lieblingswort heißt Verwaltungsvereinfachung, auch im Umweltrecht. Nun können also alle Bürger dieses Landes ganz vereinfacht ihre Bäume fällen. Ganz vereinfacht verzichten wir auf Vorkaufsrecht in der Umweltgesetzgebung und ganz einfach auch auf die Einnahmen von Braunkohlekonzernen, die unsere Gewässer benutzen. Das mag ja aus Sicht des Ministers noch lustig sein. Beim Thema Hochwasserschutz und Grundwasseranstieg hört aber der Spaß auf. Hier hat Herr Staatsminister Kupfer seine Hausaufgaben nicht einmal ansatzweise erledigt.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Das gilt auch für die Bereiche Abfall und Abwasser.

Zum Energieprogramm hatten wir erst kürzlich eine Debatte in diesem Haus, und der Landesentwicklungsplan wird uns in den nächsten Monaten noch beschäftigen.

Kommen wir daher zur Innenpolitik. Wir wissen inzwischen, was Staatsminister Ulbig kann und vor allem auch, was er nicht kann und auch, mit wem er nicht kann, zum Beispiel mit seinem eigenen Polizeipräsidenten.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Ich will heute nicht näher darauf eingehen, was dort gelaufen ist und was dort läuft. Ich fordere Sie aber auf, und diese Aufforderung ergeht auch an den Ministerpräsidenten: Beenden Sie diesen unsinnigen Streit sofort! Er schadet der Polizei in diesem Land.

(Beifall bei den LINKEN)

Die sogenannte Polizeireform „Sachsen 2020“ mit dem darin geplanten Personalabbau wird immer mehr zu einem Fiasko und gefährdet die öffentliche Ordnung und Sicherheit in der Fläche des Landes. Auch der Abbau der polizeilichen Präventionsarbeit wird dramatische Folgen haben. Dies alles ist Ausdruck des Wandels von einer Bürgerpolizei hin zu einer Interventionspolizei mit allen negativen Konsequenzen. Das müsste nun eigentlich Herrn Tillich auf den Plan rufen, aber wie immer: Fehlanzeige!

Der Ministerpräsident nimmt nie seine Richtlinienkompetenz wahr, um eine Lösung der Probleme voranzubringen. Seine einzige Vorgabe zu Beginn der Wahlperiode war: bis Ende des Jahrzehnts maximal 70 000 Landesbedienstete – also ein Fünftel weniger. Niemand in der Regierung weiß offenbar, wie das gehen soll, am wenigsten Herr Tillich selbst.

Und der MP hat auch viel zu lange geschwiegen, als die Mordserie rechter Terroristen ans Licht kam.

(Volker Bandmann, CDU: Das ist doch schlicht und einfach dummes Zeug, was Sie hier verbreiten! Das stimmt doch gar nicht! Wer sitzt denn in der PKK? Herr Hahn selbst! – Zuruf von den LINKEN)

Das Nazinetzwerk hat von Sachsen aus seine Taten geplant und begangen, aber während Thüringen und der Bundestag die Aufklärung vorantreiben, blockiert Sachsens Koalition. Insofern ist die heutige Einbringung des Einsetzungsauftrages für einen entsprechenden Untersuchungsausschuss die Antwort der demokratischen Opposition auf das Versagen von Schwarz-Gelb. Sie hätten im Untersuchungsausschuss mitmachen können. Sie haben sich geweigert. Nun muss ihn die Opposition einsetzen. Wir nehmen unsere Verantwortung wahr.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Der Dresdner Politikwissenschaftler Prof. Patzelt

(Johannes Lichdi, GRÜNE: CDU-Mitglied!)

hat dieser Tage festgestellt: „Die beste Regierung ist die, von der die Bürgerinnen und Bürger nichts merken.“ Mit Blick auf die Zwischenbilanz des CDU/FDP-Kabinetts sagte Patzelt – vermutlich mit Augenzwinkern –, in diesem Sinne sei Schwarz-Gelb in Sachsen weit vorangekommen. Ich finde, Patzelt hat mit beiden Sätzen durchaus recht, füge allerdings ohne Augenzwinkern hinzu: Solange der Staat mit seiner Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger im Wesentlichen funktioniert und die Gesellschaft im Großen und Ganzen intakt ist, legen die Menschen keinen Wert darauf, von demonstrativem Regierungsgetue behelligt zu werden – übrigens auch nicht von umfangreichen Werbeprospekten, die Sie, Herr Tillich, und Sie, Herr Morlok, derzeit auf Steuerzahlerkosten durch die Gegend schicken. Das Problem ist nur: Der Staat in Sachsen funktioniert nicht mehr, wie er soll.

(Peter Schowtka, CDU:... wie es DIE LINKE will! – Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Ich habe dazu viele Beispiele genannt. Eine Gesellschaft, in der die Jugend und vor allem gut qualifizierte junge Frauen das Weite suchen, ist eben nicht mehr intakt. Die durch unattraktive Niedriglöhne und fehlende Industriepolitik ausgelöste Entwicklung beständiger Abwanderung und Überalterung ist das Ergebnis eines Regierens, von dem man in der Tat nichts mitbekommt. Der heftig beklagte Fachkräftemangel ist zu einem Gutteil hausgemacht durch politisches Nichtstun einer konservativneoliberalen Politik, die unverbesserlich dem Irrglauben erlegen ist, der Markt werde es schon richten. – Dies tut er auch, allerdings in Form einer Hinrichtung der Zukunft ganzer Landstriche. Die schwarz-gelbe Koalition will den größten Teil des Freistaates dem demografischen Niedergang überlassen.

Natürlich können und müssen die Menschen über 50 künftig noch weit mehr als jetzt zum wirtschaftlichen Erfolg des Landes beitragen – was angesichts der Lebenserfahrung dieser Altersgruppe zu begrüßen ist. Nur: Solange sich diese Koalition an der Fälschung der Arbeitslosenstatistik beteiligt und ältere Erwerbslose de facto zu Rentnern wider Willen macht, wird daraus nichts. Solange Sie nicht das von uns seit Jahren geforderte Arbeitsprogramm für Sachsen auflegen, um die vielen älteren Langzeitarbeitslosen mit staatlicher Unterstützung in Lohn und Brot zu bringen, bleiben diese großen Potenziale für die Entwicklung unseres Landes ungenutzt.

Ja, Sie sind weit gekommen mit der Ausgestaltung einer Regierung, von der niemand etwas merkt.

Nun hat auch Prof. Patzelt all das genannt, insbesondere den sich verschärfenden Lehrermangel, bei dem man von dieser Regierung etwas mitbekommen müsste, aber nichts merkt. Deshalb, meine Damen und Herren, ist das beste Kabinett Tillich/Morlok eines, das es nicht mehr gibt. Ihre Zwischenbilanz haben Sie noch selbst und selbstgefällig gezogen, Herr Zastrow. Die Schlussbilanz werden die Wählerinnen und Wähler ziehen,

(Holger Zastrow, FDP: Da haben Sie recht!)

und das wird ein böses Erwachen für Sie werden, da bin ich überaus zuversichtlich.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN – Holger Zastrow, FDP: Warten Sie doch mal ab!)

Für die Fraktion DIE LINKE sprach der Abg. Hahn. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Kollege Flath.

(Jürgen Gansel, NPD: Sagen Sie einfach: Danke schön, Herr Ministerpräsident!)

Herr Landtagspräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst,

Herr Ministerpräsident Stanislaw Tillich, herzlichen Dank für die Regierungserklärung,

(Oh-Rufe von der SPD)

und ich danke den Mitgliedern der Sächsischen Staatsregierung für die geleistete Arbeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Danken möchte ich auch den Mitgliedern der CDUFraktion und den Mitgliedern der FDP-Fraktion.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Wofür?)

(Heiterkeit bei der Opposition – Dr. André Hahn: Ja?)

Die Bilanz ist gut. Sachsen steht gut da.

(Fortgesetzte Heiterkeit – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Aus der Sicht von Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Schleswig-Holstein, aber auch unserer Nachbarn – Polen, Tschechien, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg – ist die Lage glänzend.

(Thomas Kind, DIE LINKE: Sie war nie besser!)

Nicht wenige kommen zu uns und fragen: Wie habt ihr das in Sachsen gemacht? Aber auch in der Politik bleibe ich bei der typisch sächsischen Art und sage: Wir von der CDU und der FDP sind eigentlich gar nicht so schlecht. Das ist sächsisch.

(Beifall bei der CDU – Volker Bandmann, CDU: Sonst wären sie doch schon lange weg!)

Selbst die Opposition – ich zitiere einmal sinngemäß, nicht wörtlich – sagt: Unter der Regierung Biedenkopf und Milbradt sind gute Grundlagen für den heute erfolgreichen sächsischen Weg gelegt worden. – Das sagt die Opposition. Was lernen wir daraus?

(Stefan Brangs, SPD: Gar nichts! – Andreas Storr, NPD: Sächsische Bescheidenheit! Wer regiert, braucht etwas Geduld, um auch bei der Opposition Anerkennung für die Arbeit zu finden. (Beifall bei der CDU)

Aber, meine Damen und Herren, ich versuche einmal, mit gutem Beispiel voranzugehen, und möchte deshalb heute den Mitgliedern der Oppositionsfraktionen danken – nicht allen; denn der NPD wünsche ich – besser gesagt, wir arbeiten daran –, dass Sie, bevor Sie verboten werden, aus dem Landtag fliegen. Genug Verbrechen und Unheil haben Sie angerichtet.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SDP, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Danken kann ich nicht allen in der Linksfraktion. Ich kaufe Ihnen die zur Schau getragene Betroffenheit über das Übel der Rechtsextremisten nicht ab, solange Sie das

mit dem Ziel der Verharmlosung des Kommunismus verbinden

(Beifall bei der CDU und der FDP)

oder aber Institutionen des heutigen Rechtsstaates mit der Staatssicherheit vergleichen, um so eigenes Versagen zu rechtfertigen.