Das ist unser Weg zur Abfederung der demografischen Entwicklung, und seien wir doch ehrlich: Das ist mittelfristig der einzige Weg.
Herr Kollege Mackenroth, diese Zahlen mit den 33 000 Beschäftigten an den sächsischen Hochschulen und nur 300 Stellen Kürzung – Sie wollten wahrscheinlich deutlich machen, dass das nicht einmal ein Prozent ist. Das sind ja nur Peanuts. Ich halte das für Hochschulpolitik mit dem Taschenrechner. Nehmen Sie doch die Realität wahr! Ihre nicht einmal ein Prozent heißt in der Praxis an den Hochschulen, dass Studiengänge gestrichen werden müssen, von der Geografie in Dresden bis zur Pharmazie in Leipzig. Das heißt, Professuren mit Forschungskapazität gehen verloren, und das, nachdem bereits ein Sechstel im vergangenen Jahrzehnt verloren
Das heißt aber auch. Es ist keine gesteuerte Profilbildung möglich, sondern die Hochschulen müssen dort streichen, wo gerade Professuren auslaufen.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege, haben Sie eigentlich auch noch andere Rezepte gegen das, was uns finanziell ins Haus steht, als die ewige – für mich leider ein wenig langweilig wirkende – Forderung: Wir brauchen mehr Geld? Haben Sie etwas strukturell anzubieten, wo wir eine gemeinsame Lösung finden können?
Ich höre das in jeder Sitzung, in jeder Debatte, in jeder Anfrage: Wir brauchen mehr Geld. Machen Sie doch einmal ein wenig politische Fantasie locker. Die haben Sie doch sonst auch. Lassen Sie uns gemeinsam an strukturellen Lösungen arbeiten.
Herr Kollege Mackenroth, denjenigen, die jetzt geklatscht haben, nehme ich das nicht übel. Sie sind bei Ihnen vielleicht mit der grünen Hochschulpolitik nicht so vertraut. Es ist eine Unterstellung. Sie wissen ja, dass wir eine Liste von Vorschlägen, eine lange Latte, ein dickes alternatives Hochschulentwicklungsprogramm mit Detailvorschlägen vorgelegt haben, was in der sächsischen Hochschulpolitik passieren kann und muss.
Sie wissen auch sehr genau, dass wir seit 2009 nicht nach mehr Geld geschrien haben, sondern dass wir gesagt haben, wir brauchen für die sächsischen Hochschulen das gleiche Geld, das heißt, nicht weniger Mittel, nicht weniger Stellen, sondern wir wollen dieses Niveau erhalten und wir wollen – das wissen Sie vielleicht nicht, aber wenn Sie es als Hochschulpolitiker gelesen haben, das nehme ich an – frei werdende Stellen in einen Innovationspool überführen. Das würde zur Planbarkeit und perspektivisch auch zu besseren Betreuungsverhältnissen führen und somit auch zu einer höherwertigen Lehre. Wir können sehr ins Detail gehen. Das überschreitet aber jetzt
Aber ich wollte eines noch sagen: Sie haben diese Prozentargumentation in den Raum gestellt. Wenn ich mich darauf einlassen würde, könnte ich Ihnen auch sagen: Von Ihrem großen Ziel der 70 000 Stellen, die künftig nur noch im Landesdienst übrig bleiben sollen, sind die 300 nur 0,4 %. Also, was diskutieren Sie überhaupt?
Ich sehe in dem Streichen dieser Stellen in einer Zeit, in der die Studierendenzahlen anwachsen, einen schwarzgelben Koalitionsstarrsinn im fortgeschrittenen Stadium.
Die Staatsministerin hat versucht, dem mit dem Ruf nach befristeten Lehrstellen in einer Art Verzweiflungsakt entgegenzuwirken. Natürlich würde die Prekarisierung an den Hochschulen damit verstärkt. Sie können doch nicht argumentieren, dass es an den Hochschulen ohnehin schon so viele befristete und Teilzeitstellen gibt. Das ist ja der Skandal! Wenn Sie diesen Skandal noch als Grundlage Ihrer Argumentation nehmen, stellen Sie sich wirklich hochschulpolitisch ins Abseits.
Nebenbei: Bei befristeten Stellen geht natürlich auch der Bezug zur Lehre verloren, und das ist das, was wir gerade in Sachsen, in unseren Hochschulen nicht wollen. Ich sage Ihnen ganz offen: In dieser Situation, in der es seit Jahren ein Ringen zwischen der Wissenschaftsministerin und dem Finanzminister um den Erhalt der Hochschulstellen gibt, hätte ich mir ein klärendes Wort des Ministerpräsidenten gewünscht. Ich hätte mir gewünscht, dass Herr Tillich endlich einmal seine Richtlinienkompetenz wahrnimmt.
Heute hat er kaum etwas zu den Hochschulen gesagt – das allerdings in sehr wohltönenden Worten, das muss ich zugeben. Aber der Klartext stand gestern in der Zeitung, in einem kleinen Halbsatz. Der Klartext lautet: Es bleibt beim Stellenabbau. Das heißt, der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen hat die Richtlinie ausgegeben: Sachsen hat bereits die rote Laterne bei der Grundfinanzierung pro Studierenden. Sie soll jetzt noch heller leuchten.
Er hat die Richtlinie ausgegeben: In Sachsen müssen bereits rund ein Viertel der Studierenden aus verschiedensten Gründen ihr Studium abbrechen. Es sollen noch mehr werden. Das halte ich für eine unvertretbare Hochschulpolitik und für eine Richtlinie, die nicht der Zukunft unseres Landes entspricht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube an die Vernunft der Menschen. Deshalb gebe ich auch die Hoffnung nicht auf, dass Staatsregierung und Koalition noch zur Vernunft kommen und die Studierendenzahlen hier in Sachsen als Chance begreifen; denn darin liegt Sachsens Zukunft und die sollten Sie nicht kaputt sparen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ob nun wie im Debattentitel genannt „Flickschusterei“ der richtige Ausdruck zur Beschreibung der sächsischen Hochschulpolitik ist, sei einmal dahingestellt. Klar und richtig ist aber die Stoßrichtung der Kritik, nämlich die angespannte Finanzausstattung der Universitäten, die wegen steigender Studentenzahlen und gleichzeitig gekürzter Mittel noch zunehmen wird.
Unlängst beklagte der Rektor der TU Dresden, Hans Müller-Steinhagen, in der „Sächsischen Zeitung“ ausgerechnet vor dem CDU-Wirtschaftsrat die schon jetzt bestehende Unterfinanzierung der sächsischen Hochschulen in der Größenordnung von 50 Millionen Euro. Die hiesigen Universitäten bekämen rund 2 000 Euro weniger als im Bundesdurchschnitt, betonte er.
Der Rektor rechnete vor, dass die TU Dresden im Sachsenvergleich noch einmal schlechter wegkomme als andere Hochschulen und das trotz ihres umfangreichen Angebotes an ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen. Die TU Dresden müsse für 1 Million Euro
170 Studenten ausbilden, die Bergakademie Freiberg allerdings nur 100 und die Universität Tübingen für diesen Betrag von 1 Million Euro nur 65 Studenten. Das zeigt das krasse Missverhältnis zwischen Studierenden und dem Angebot an Lehrpersonal.
Verschärft wird die Lage durch den Ansturm von Studenten aus anderen Bundesländern, der allerdings auf zwei Sonderfaktoren zurückzuführen ist, nämlich die doppelten Abiturjahrgänge und die Abschaffung der Wehrpflicht. Gleichzeitig ist die Zahl der studienberechtigten Landeskinder eines Jahrgangs von 42 % auf 36 % gesunken und liegt damit deutlich unter den angestrebten 40 % eines Jahrgangs, die die Staatsregierung im Jahr 2008 als Ziel ausgab. Die demografische Katastrophe Sachsens in Folge von Geburtenmangel und Abwanderung schlägt auch auf die Hochschulen durch. Bereits 2009 waren weniger als die Hälfte der Studienanfänger sächsische Landeskinder.
Für die NPD macht das einen hochschulpolitischen Länderfinanzausgleich nötig. Es kann nicht sein, dass etwa ein wirtschaftsstarkes Land wie Hessen Tausende Studenten nach Sachsen ziehen und dort ausbilden lässt und dann auf deren Rückkehr als fertig studierte Akademiker hoffen kann. Diese Fremdfinanzierung kann es so zumindest auf Dauer nicht geben. Insbesondere für die
kostenintensiven Fächer Ingenieurswissenschaften und Medizin sollten Regelungen gefunden werden, damit die Absolventen in steigender Zahl zumindest eine Zeit lang dem Freistaat erhalten bleiben.
Für die Zeit nach dem Studium sind berufliche Weiterverpflichtungen vorstellbar, so etwa, dass man für ein kostenfreies Medizinstudium eine mehrjährige Tätigkeit als Landarzt in strukturschwachen Gebieten Sachsens auszuüben hat, um dort die ärztliche Grundversorgung sicherzustellen. Bei einem solchen Länderfinanzausgleich zugunsten der Bundesländer, die für andere Studenten ausbilden, würde es um überschaubare Summen gehen. Es ginge um Summen, die für jedes Bundesland bezahlbar wären, würde der Bund nicht massive Fremdbelastungen auf sich nehmen, die er dann an die Bundesländer weitergibt.
Geld ist in den Kassen des Bundes genug vorhanden. Es wird nur ungerecht verteilt und vor allem auch für nicht deutsche Aufgaben zweckentfremdet. Wenn die NPDMaxime „Deutsches Geld für deutsche Interessen“ umgesetzt würde, könnten Milliardenbeträge in Schulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen investiert werden. Dazu nur einige Beispiele:
Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung hat allein der sinnlose Afghanistaneinsatz der Bundeswehr von 2001 bis 2011 17 Milliarden Euro gekostet. Die DIW-Forscher gehen davon aus, dass bis zum endgültigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan im Jahr 2014 weitere 5 Milliarden Euro an Kosten auf den deutschen Steuerzahler zukommen. Das macht für diesen unsinnigen Afghanistaneinsatz die Gesamtsumme von 22 Milliarden Euro. Ich denke, dass Sie ausnahmsweise mit mir übereinstimmen, dass man diese 22 Milliarden Euro sehr viel besser in die deutsche Hochschullandschaft hätte investieren können.
Aber es gibt noch weitere Einsparpotenziale, die aufgegriffen werden könnten und in Angriff genommen werden müssten, um Geld für die Hochschulen bereitzustellen. Ich erinnere nur an die permanenten Rettungsschirme für Pleitestaaten wie Griechenland und an den aktuellen ESM-Rettungsschirm mit einem deutschen Garantieanteil von 211 Milliarden Euro. Weitere Belastungen des deutschen Steuerzahlers durch den EU- und Eurowahnsinn sind vorgezeichnet.
Ich möchte zum Abschluss meiner Rede noch einmal deutlich machen: Geld ist in diesem Staat genügend vorhanden; es muss nur endlich Schluss sein mit der Steuergeldverschwendung für fremde Interessen. Dann bräuchten wir uns nämlich hier im Hause nicht ständig über die Unterfinanzierung der Universitäten zu unterhalten, und dann wäre die vom TU-Rektor genannte Summe von 50 Millionen Euro, die für die sächsische Hochschullandschaft fehlen, überhaupt nicht der Rede wert.
Ich komme zum Schluss. – Das wären wirklich Peanuts, wenn man etwa an die wahnsinnigen Kosten des Afghanistan-Einsatzes oder die Ausbeutung des deutschen Steuerzahlers für den Euro-Wahnsinn denkt.
Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Wir kommen nun zur zweiten. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Prof. Besier. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stehen vor der Situation, dass wir den Wählern erklären müssen, dass Sie beschlossen haben, die Kapazitäten praktisch um ein Drittel zu reduzieren. Ich habe gesagt: Dann müssen Sie diese Konsequenzen auch tragen. Sie müssen fusionieren, Sie müssen schließen, Sie müssen umstrukturieren, und am Ende werden sehr viel weniger Studienplätze und Forschungsstätten übrigbleiben. Das ist die logische Konsequenz Ihrer Finanzpolitik.