Protocol of the Session on January 26, 2012

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Ein wesentlicher Punkt, der mir am Herzen liegt, ist die Problematik der Förderschulen. In jedem Schuljahr wurde uns mitgeteilt, dass der Grundbereich in den Förderschulen nicht abgesichert werden kann, und zwar seit Jahren.

Inzwischen ist es so, dass wir eine absurde Situation haben. Die Förderschullehrer gehen an die allgemeinbildenden Schulen, um dort die integrativ beschulten Kinder zu betreuen. Gleichzeitig schicken wir die Gymnasiallehrer an die Förderschulen. Ich kenne eine Situation, in der eine pädagogische Unterrichtshilfe mit einer Eingruppierung E 9 einen Gymnasiallehrer mit einer Eingruppierung E 13 anlernt, damit er mit schwer geistig behinderten Kindern umgehen kann. Das kann doch kein wirkliches Konzept sein!

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Noch eine Bemerkung zum Bildungspaket 2020. Herr Bläsner sagt, dass wir konstruktiv zusammenarbeiten und die Sache würdigen sollen. Die Erhöhung der Studienplätze und Referendariatsstellen, der Neueinstellungskorridor – was soll ich daran würdigen? Das ist alternativlos. Das wurde von uns immer wieder gefordert.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, DIE LINKE)

Jetzt ist das endlich gekommen. Ich würdige das hiermit, finde aber, dass es eigentlich zu spät kommt.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Glauben Sie, wir können nicht rechnen? 2012 verlassen 1 124 Lehrkräfte den Schuldienst. Geplant ist eine Neueinstellung von 400 Vollzeitstellen. Selbst wenn wir annehmen, dass alle diejenigen, die 2012 den Schuldienst verlassen, nur halbtags arbeiten, also teilzeitbeschäftigt sind – die Auskunft habe ich nämlich nicht bekommen –, würden die 400 Vollzeitstellen die ausscheidenden Lehrkräfte nicht ersetzen. Das heißt, wir bauen immer noch Lehrer ab. Tut mir leid, aber ich habe damit ein riesengroßes Problem.

Außerdem verstehe ich nicht, wie man hier über Mehrausgaben reden kann. Jeder neu eingestellte Gymnasiallehrer bekommt 17 600 Euro brutto weniger als einer, der aus dem Schuldienst ausscheidet. Ich habe den Eindruck, wir sparen hier auch noch enorm Geld, und das bei dieser Situation, dieser großen Debatte im Land, dem großen Unmut, der in den Schulen, bei den Eltern, bei den Schülern vorherrscht. Das ist für mich einfach unbegreiflich.

Bei der Lehrer-Exzellenzinitiative müssen wir sehen, was das eigentlich ist und ob das etwas bringt.

Eines kann ich Ihnen sagen: Die Einstellung von beamteten Lehrern aus anderen Bundesländern lehnen wir ab. Wir halten das für eine Katastrophe. Wir führen damit ein Zweiklassensystem an unseren Schulen ein. Das ist niemandem mehr zu vermitteln, und das können Sie mit uns nicht machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Für die Fraktion der GRÜNEN sprach Frau Kollegin Giegengack. – Für die NPD-Fraktion ergreift nun der Abg. Gansel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie wir mitbekommen haben, geht die Dauerdebatte über den Lehrermangel in Sachsen in die nächste Runde. Wir erleben heute die Wiederholung der Aktuellen Debatte zum Lehrermangel, die wir bereits am 24. November letzten Jahres am gleichen Ort geführt haben.

Eine neue Entwicklung ist allerdings zu vermelden, ein neuer schulpolitischer Skandal, ausgelöst durch den Kultusminister höchstselbst. Kultusminister Prof. Wöller kann mittlerweile als multipler Scharlatan bezeichnet werden, als Scharlatan einmal, weil er von seinem Doktorvater der unsauberen wissenschaftlichen Arbeitsmethoden bei seiner Doktorarbeit geziehen wird. Als Scharlatan wird er mittlerweile auch von den sächsischen Lehrern bezeichnet, da er ganz offen einer Zweiklassenbezahlung der Lehrerschaft das Wort redet.

(Beifall bei der NPD)

Hintergrund ist Staatsminister Wöllers Ankündigung, dass er beim Wechsel verbeamteter Lehrer von Bayern nach Sachsen deren Beamtenstatus anerkennen will. Eine Verbeamtung sächsischer Lehrer lehnt er allerdings weiter ab. Das wäre, wenn es Wirklichkeit würde, eine außerordentlich dreiste Benachteiligung der sächsischen Lehrer. Bekanntermaßen beträgt der Gehaltsunterschied zwischen angestellten und verbeamteten Lehrern zwischen 500 und 1 000 Euro im Monat – von dem ganz unterschiedlichen Maß an Lebenssicherheit durch den Beamtenstatus ganz zu schweigen.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Verhöhnung aller sächsischen Lehramtsstudenten und Lehrer, die ihrer Heimat treu bleiben und dafür schlechtere Arbeitsbedingungen, eine schlechtere Entlohnung und auch einen schlechteren arbeitsrechtlichen Status in Kauf nehmen. Ein Verbleib in der Heimat wird finanziell bestraft. Das ist lohnpolitisch offizielle Regierungslinie in Sachsen.

Weil die Staatsregierung bei den Lehramtsstudenten, den Referendaren und den Lehrern seit Jahren spart und sie ihre Geringschätzung auch spüren lässt, fördert sie grob fahrlässig die Abwanderung in andere Bundesländer und damit den Lehrermangel.

Als buchhalterischen Ersatz für die abgewanderten Lehrer will die Staatsregierung nun augenscheinlich diese besserverdienende und verbeamtete Lehreraristokratie wieder nach Sachsen zurückholen, ohne allerdings irgendetwas an den Abwanderungsgründen zu ändern.

Diese asoziale Logik hat die NPD auch in Bezug auf den Gesamtarbeitsmarkt immer wieder scharf kritisiert. Zuerst sorgt die Staatsregierung durch die Förderung von Niedriglöhnen dafür, dass Hunderttausende Sachsen in den Westen pendeln oder ganz abwandern. Dann ruft sie im gleichen Atemzug als buchhalterischen Ersatz nach

ausländischen „Fachkräften“. Das Muster dieses kapitalistischen Wanderzirkus aus Abwanderung, Rückwanderung und Zuwanderung ist hinlänglich bekannt.

(Zuruf des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Im Falle der Lehrer, meine Damen und Herren, trifft es eine besonders qualifizierte Berufsgruppe, die unbedingt im Freistaat Sachsen gehalten werden muss, wenn die hohen sächsischen Bildungsstandards gehalten werden sollen.

Was macht die Staatsregierung eigentlich, wenn trotz des gesicherten Beamtenstatus keine bayerischen Beamten nach Sachsen kommen wollen? Die NPD hält die Staatsregierung auf jeden Fall für verkommen genug, die politikgemachte Lehrerlücke dann mit Billiglehrern aus Polen oder Tschechien zu füllen.

(Proteste bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Diese wären dann nämlich mit der bestehenden Gehaltsstruktur in Sachsen voll und ganz einverstanden, würden sie doch in Sachsen mehr verdienen als in ihrer polnischen oder tschechischen Heimat.

Herr Piwarz, wenn Sie hier noch lachen –,

(Christian Piwarz, CDU: Herr Gansel, Ihnen ist wirklich nicht mehr zu helfen!)

ich kann zwar nicht nachweisen, dass es schon entsprechende Pläne gibt, aber dass Sie die Chuzpe haben werden, dann nach polnischen Ersatzlehrern zu rufen, das halten wir für ausgemacht. Viele ausländerpolitische Verlautbarungen von Ihnen lassen darauf hindeuten.

Die Sachsen werden es unserer Einschätzung nach 2010 – gehen Sie doch gleich ans Rednerpult, Herr Piwarz, und blöken Sie nicht immer rein –, wenn weitere 10 000 Lehrer in den Ruhestand gegangen sind, sicherlich noch erleben, dass auch Polen und Tschechen in die Lehrerzimmer drängen. Der Lehrermangel in Sachsen hat darüber hinaus aber auch hochschulpolitische Gründe und verweist auf Strukturmängel in der universitären Lehrerausbildung.

Hier komme ich auf einen weiteren Kritikpunkt der NPD zu sprechen: auf das von Brüssel diktierte Hochschuldiktat von Bologna mit der Abschaffung der bewährten deutschen Studieninhalte und Studienabschlüsse. Dieses von der Staatsregierung,

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

aber auch den linken Parteien im Landtag immer wieder begrüßte Hochschuldiktat der EU mit seinen Bachelor- und Masterabschlüssen hat die deutsche Hochschullandschaft in eine Trümmerlandschaft verwandelt. Das schilderte bei der Anhörung im November letzten Jahres auch der sicherlich nicht übermäßig EU-kritische Sachverständige David Jugel vom Fachschaftsrat Allgemeinbildende Schulen und Grundschulen der TU Dresden. Für den absehbaren Lehrermangel machte er auch die sinkenden Zahlen von Lehramtsstudenten seit Einführung des

Bachelorstudienganges verantwortlich und er nannte die entsprechenden Zahlen. Er verwies darauf, dass nicht nur die Einführung – –

Die Redezeit ist zu Ende.

– Ja. Er verwies darauf, dass nicht nur durch die Bacheloreinführung die Lehramtsstudentenzahlen sinken, sondern auch durch die fehlende Anzahl von Masterstudiengängen; auch das ein hausgemachtes Problem der etablierten Politik. Wir als NPD haben uns immer gegen die Hochschulreform von Bologna ausgesprochen. Die politisch Verantwortlichen dafür sitzen auch in diesem Landtag.

(Beifall bei der NPD)

Für die NPD-Fraktion sprach der Abg. Gansel. – Wir sind am Ende der ersten Rednerrunde angekommen und eröffnen eine zweite Runde. Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen SPD und DIE LINKE das Wort. Das Wort ergreift der Abg. Mann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist bekannt: Am Mittwoch, dem 21.12., überraschten zwei Staatsminister und die Koalitionsspitzen die Landespressekonferenz mit dem sogenannten Bildungspaket. Auffällig war unter anderem: Das für die Lehrerbildung verantwortliche Ministerium war auf dem massiv maskulin besetzten Podium nicht präsent. In der Folge waren die eigenen Bildungspolitiker in der Koalition schockiert und die Universitäten Leipzig und Dresden, die einzigen, die bisher Lehrer ausbilden, waren zumindest verwundert über einen dritten Standort.

Aber nicht nur das. Selbst die angeblich beschenkte Hochschule in Chemnitz hat sich in Form des Hochschulrates verwundert geäußert, warum jetzt Grundschullehrer an diesem Standort ausgebildet werden sollen.

(Zuruf von der CDU)

All das legt nahe, dass das, was Sie hier im Bildungspaket vorstellen, kein Plan ist, sondern eher einer Profilierungsneurose folgte. Zumindest muss man den Eindruck bekommen, dass es nicht zwischen den Häusern abgestimmt war. Die FDP in Person von Herrn Zastrow feiert trotzdem die angeblich konstruktive Zusammenarbeit im Koalitionsausschuss. Herr Bläsner bläst sich in Pressemitteilungen auf und heute wieder: „die Opposition solle konstruktiv mitarbeiten“.

Meine Damen und Herren! Wissend, dass wir als SPDFraktion in einem Elf-Punkte-Plan schon seit Mai letzten Jahres die Maßnahmen vorgelegt haben, die zur Bekämpfung des Lehrermangels notwendig wären. Das wissend und dass seit über eineinhalb Jahren Anträge der versammelten Opposition in allen Ausschüssen abgelehnt werden, nenne ich das verlogen.

Bis heute aber bleibt unklar, wie die

1 700 Immatrikulationen, die wir auch anstreben, untersetzt werden sollen. In den gestern ergangenen Kleinen Anfragen der Staatsregierung lasen sich die Antworten dazu sehr fadenscheinig. Mit der TU Chemnitz begännen jetzt erste Gespräche. Mit den Universitäten Leipzig und Dresden seien „Planungen relativ weit vorangeschritten“. Ich kann nur sagen – auch wenn man die Diskussion an der TU Dresden am 16. Januar vor 250 Studierenden, die noch verunsichert von der Rückkehr zum Staatsexamen sind, verfolgt hat –, dass dem hier offensichtlich kein solide untersetztes Konzept zugrunde liegt.

Warum Sie in Chemnitz ausgerechnet die Schulart ausbilden wollen, für die dort keinerlei fachliche Grundlagen zur Grundschullehrerausbildung mehr vorhanden sind, bleibt Ihr Geheimnis. Warum ausgerechnet dort dann Lehrer abgehen sollen, die aber frühestens in sieben Jahren in den Schuldienst eintreten werden, wie gesagt, ist für uns nicht einsichtig. Wir haben in unserem Konzept

(Zuruf des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)