Mindestens 200 Millionen Euro mehr für eine bedarfsgerechte Lehrerausbildung, mindestens 1 700 Studienanfänger an drei Standorten, eine Verdoppelung der Referendarstellen auf 2 050, ein Einstellungskorridor und die Verbesserung der Eigenverantwortung der Schulen sind die wichtigsten Punkte dieses Bildungspaketes.
Ich habe heute viel Kritik gehört. Vom Kollegen Thomas Colditz konstruktive Kritik, ansonsten aber sehr pauschalisierte Kritik. Ich glaube, das hat damit zu tun – deshalb werden wir uns den einzelnen Punkten einmal widmen, Frau Dr. Stange –, dass Sie zugeben müssen, dass viele gute und sinnvolle Dinge dabei sind. Einen Kritikpunkt teile ich ausdrücklich, und zwar den, dass beim Thema Lehrerausbildung zu spät reagiert worden ist, und zwar mindestens sechs Jahre zu spät. Zu lange haben Hochschulen, aber auch Politik in dieser Frage ganz klar versagt.
Deswegen stehen wir jetzt vor dem Problem, dass wir nicht genügend Grundschullehrer ausbilden. Wir werden jetzt das gesamte System vom Kopf wieder auf die Füße stellen, damit auch in Sachsen Lehrer entsprechend dem Bedarf ausgebildet werden können. Wir müssen besser steuern, wir müssen besser vernetzen, und dafür ist der Bildungscampus Sachsen eine wichtige Grundlage.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kann nicht nur nach den Wünschen der Hochschulen gehen, sondern es muss auch nach dem vom Freistaat definierten Bedarf gehen. Deswegen ist es richtig, den Standort Chemnitz zu wählen. Deswegen ist es richtig, mit Sonderzielvereinbarungen besser als bisher zu steuern.
Ich erwarte von allen, dass sie konstruktiv mitarbeiten. Denn die Umsetzung wird in der Tat schwierig, sie wird uns vor große Herausforderungen stellen.
Deswegen müssen wir ohne parteipolitisches Geplänkel und ohne sachfremde Erwägungen zu einem Ergebnis kommen. Denn diese Frage ist elementar für das Bildungssystem im Freistaat Sachsen.
Sie müssen entschuldigen. Wir sitzen hier vorn unter sehr starker Sonneneinstrahlung. Entschuldigung, Frau Kollegin Giegengack. – Erlauben Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege Bläsner?
Ja, sehr gern. Ich hoffe, das hilft mir ein wenig bei meiner Redezeit, denn diese ist gerade 20 Sekunden vorangeschritten.
Mich würde, um es ein etwas konkreter zu machen, interessieren: Was meinen Sie denn mit konstruktiver Mitarbeit vonseiten der Opposition? Was stellen Sie sich denn darunter vor? Sollen wir alles gut finden, was Sie vorschlagen? Oder was heißt das konkret?
Frau Giegengack, es geht nicht darum, dass ich von der Opposition Jubelstürme erwarte. Ich glaube, das braucht man auch nicht.
Aber ich hätte mir schon gewünscht, dass auf die einzelnen Punkte des Bildungspaketes eingegangen worden wäre. Auf das Thema Referendarstellen ist niemand eingegangen.
Sie hätten ja sagen können, Frau Dr. Stange, dass die Anzahl der Referendarstellen vielleicht zu niedrig ist, hätten aber zumindest anerkennen können, dass das ein richtiger Schritt ist. Darüber können wir uns streiten und darüber, wie wir das umsetzen.
Kommen wir noch einmal zu der Frage der Einstellungen. Da erwarte ich ein Stück weit mehr Ehrlichkeit. Wir können darüber streiten, ob die 2 200 Stellen ausreichend sind oder nicht. Aber wenn wir Personen und Stellen durcheinanderhauen, dann ist das unehrlich und nicht sachgerecht, Frau Dr. Stange,
Frau Dr. Stange, Sie hatten das Thema Honorarkräfte angesprochen. Sie hatten es ein wenig abgetan nach dem Motto, wir würden irgendwelches unqualifiziertes Personal für 7,80 Euro in der Schule arbeiten lassen wollen. Das ist völliger Blödsinn. Aber richtig ist: Wir müssen doch die jetzige Stellenplanwirtschaft hinterfragen. Wir müssen hinterfragen, ob jede Aufgabe, die an den Schulen derzeit durchgeführt wird, wirklich wie bisher mit einer Stelle untersetzt sein muss oder ob es andere flexible und effektive Maßnahmen gibt.
Dazu gibt es beispielsweise das Thema Honorarmittel oder das Schulbudget. Wir haben bei dem Thema Ganztagsangebote gute Erfahrungen damit gemacht. Das wird nicht überall möglich sein, Frau Dr. Stange. Reden wir doch einmal darüber, was möglich und was nicht möglich ist. Aber Sie lehnen das von Anfang an ab und wollen immer nur Stellen, Stellen, Stellen. Reden wir doch einmal darüber, was es für Alternativen gibt, mit denen die Qualität gesichert werden kann. Aber das geschieht hier leider nicht.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sollten konstruktiv diskutieren. Dafür ist der Beschluss des Koalitionsausschusses die richtige Grundlage. Das heißt aber nicht – da gebe ich dem Kollegen Thomas Colditz völlig recht –, dass das der Stein der Weisen ist, dass das in Stein gemeißelt ist. Vielmehr werden wir uns über die Ausgestaltung und die eine oder andere Kennzahl unterhalten. Das werden wir partnerschaftlich mit unserem Koalitionspartner, der CDU, in den nächsten Monaten machen. Dafür ist ausreichend Zeit.
Ich glaube, dass wir zu einer guten Einigung kommen werden, damit auch dieses Bildungspaket letztlich erfolgreich wird, und zwar dahin gehend, dass vor jeder Klasse ein Lehrer steht und dass wir die Bildungsqualität in Sachsen sichern können.
Das war der Abg. Bläsner für die FDP-Fraktion. – Als Nächstes spricht für die Fraktion der GRÜNEN Frau Kollegin Giegengack. – Ich sehe eine Wortmeldung, um von dem Instrument der Kurzintervention Gebrauch zu machen. Bitte, Frau Kollegin Stange.
Vielen Dank! Ich möchte auf den Einwand von Herrn Bläsner zum Thema Einstellungsbedarf eingehen und beziehe mich auf die Antwort der Staatsregierung in der Drucksache 5/145 Ende 2009. Dort wird von einem Einstellungsbedarf an Stellen gesprochen, der sich bis zum Jahr 2015/2016 auf etwas mehr als 4 000 Stellen beläuft. Im Zusammenhang mit der Einstellung in der Pressemitteilung und allen Erklärungen zum Bildungspaket wird von 2 000 Personen (Lehrkräf- ten) gesprochen. Insofern hat Herr Bläsner recht, dass es sich tatsächlich – und so habe ich es auch in meinem Redebeitrag gesagt – um zwei verschiedene Paar Schuhe handelt. Umso schlimmer, weil dann nämlich das Defizit an Stellen noch größer ist.
Frau Dr. Stange, Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass wir die 2 200 Personen, die wir einstellen wollen, in Halbzeit einstellen wollen. Natürlich geht es um 2 200 Stellen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit ich im Landtag bin und Bildungspolitik übernommen habe, verfolgen mich eigentlich ununterbrochen die Themen Unterrichtsausfall, Abordnung, Zusammenlegung von Klassen und Verlosung von Fremdsprachenunterricht. Während ich am Anfang noch angenommen habe, dass darin irgendein System steckt und ich nur noch nicht dahintergestiegen bin, die Materie noch nicht wirklich begriffen habe, ist es inzwischen so, dass ich zu der Auffassung gekommen bin, dass es einfach wirklich keinen Plan gab und auch keinen richtigen Plan gibt.
Bis heute ist es mir unerklärlich, wie es in den letzten Jahren zu einer derartigen Zuspitzung der Situation kommen konnte. Denn die Fakten sind ja bekannt. Wir haben Schülerzahlprognosen. Wir haben die Altersstruktur der Lehrer. Wir haben die Studienplatzkapazitäten. Wir wissen, was die Mangelfächer sind. Wir kennen die Förderschulproblematik.
Warum hat man der großen Verrentungswelle, der wir entgegengehen, nicht durch eine rechtzeitige Aufstockung bei den Studienplatzkapazitäten entgegengesteuert?
Laut Kultusministerium verlassen 8 000 Lehrer bis 2020 aus Altersgründen den Schuldienst. Zugleich gehen die Schülerzahlen um 5,5 % hoch. Es war abzusehen, dass es zuallererst die Grundschulen treffen wird. Da frage ich mich: Warum hat man bis 2011 gewartet, um im westsächsischen Raum wieder eine Referendariatsausbildung für Grundschullehrer zu etablieren? Warum hat man bis Ende 2011 gewartet, um die Grundschullehramtsausbildung wieder in den westsächsischen Raum zu bringen? Man hat nun die TU Chemnitz per Beschluss verdonnert, eine Grundschullehramtsausbildung aus dem Boden zu stampfen.
Die Lage hat sich inzwischen so zugespitzt, dass wir mittlerweile jeden nehmen, der sich nur irgendwie für Grundschule interessiert. Darunter sind dann auch Diplomsportler oder ehemalige DDR-Lehrer, die einmal aus dem Schuldienst ausscheiden mussten. Wir müssen hier unbedingt nachsteuern. Ich glaube, das Konzept, das bis jetzt vorgelegt worden ist, wird dem nicht gerecht.