Protocol of the Session on December 14, 2011

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Lichdi.

Ich möchte eine Kurzintervention auf den Beitrag des Staatsministers machen.

Bitte.

Herr Staatsminister, es ist, glaube ich, allen im Hause deutlich geworden, dass weder Sie noch Ihr Kollege Dr. Martens willens sind, hier ernsthaft aufzuklären. Aber heute können wir drei Dinge schon feststellen:

Erstens. Sächsische Behörden hatten im Jahr 2000 Kenntnis vom Aufenthaltsort, und sie wussten, dass es sich um gesuchte Bombenleger und Rechtsterroristen handelte. Selbst wenn der Zugriff im September 2000 in Chemnitz verpasst worden sein sollte, erklärt das noch lange nicht, warum die Behörden dann offensichtlich die Hände in den Schoß gelegt haben und es dabei haben bewenden lassen. Wenn es nicht so gewesen ist, dann klären Sie uns darüber auf!

Den zweiten Punkt wissen wir auch schon: Nach allem, was wir heute wissen, ist das gesamte Unterstützerumfeld aus Ostthüringen, Westsachsen, Erzgebirge. Diese Leute waren tätig, sie haben sich bekannt gemacht. Wenn man genau hingeschaut hätte, hätte man das bemerken können. Wie sollen wir glauben, dass der derzeitige Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz, der damals schon zuständig war, jetzt in der Lage ist, hier ernsthaft zuzufassen und wirklich aufzuklären? Nein, das glaube ich nicht.

Und wir wissen ein Drittes: Ihre Staatsregierung und die CDU haben dieses Problem bis zuletzt verharmlost.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Es war genau im September 2000, als ein Ministerpräsident, der von Ihnen noch immer hoch verehrt wird, den unsäglichen Satz gesagt hat, den ich hier nicht mehr zitieren muss.

Herr Staatsminister, ich sage Ihnen: Ich und meine Fraktion – und ich glaube, auch die meisten hier im Hause – haben zu Ihrer Lösungskompetenz aber auch null Vertrauen. Wir haben null Vertrauen, dass diese Staatsregierung tatsächlich willens ist, diese Dinge aufzuklären.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN, der SPD sowie der Abg. Jürgen Gansel und Arne Schimmer, NPD)

Herr Staatsminister, Sie möchten erwidern? –

(Staatsminister Markus Ulbig: Nein!)

Sie möchten nicht erwidern.

Meine Damen und Herren, die Aussprache ist beendet. Wir kommen zum Schlusswort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Abg. Gebhardt. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt einen kleinen Unterschied hinsichtlich des Themas Insellösung: Sachsen und Thüringen haben eine besondere Verantwortung in dieser Angelegenheit.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Erklären Sie mir bitte, warum es in Thüringen möglich ist, dass ein Unabhängiger, der auch mit vielen Rechten ausgestattet ist, beauftragt wird, die Untersuchung vorzunehmen, wobei es auch viele informelle Gespräche gibt, wie mir mein Fraktionsvorsitzender aus Thüringen erst diese Woche bestätigt hat – dort redet der von der Staatsregierung Beauftragte auch mit den Oppositionsfraktionen –, und warum das in Sachsen nicht möglich ist.

Wenn Sie tatsächlich wollen, dass es keine Insellösung gibt, und Sie an der Bundeslösung mitarbeiten möchten, können Sie unserem Antrag nur zustimmen. Es steht unter anderem auch in dem Antrag, dass Sie eine uneingeschränkte Aussagegenehmigung für alle sächsischen Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben müssen. Bisher haben Sie das als Innenminister verweigert. Bisher hat niemand aus Sachsen in Berlin vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages ausgesagt, weil Sie keine Aussagegenehmigung erteilt haben.

(Beifall bei den LINKEN, den GRÜNEN und der NPD)

Damit schaffen Sie den Eindruck, dass Sie nicht aufklären wollen. Sie wollen mauern. Sie wollen Ihre Informationen für sich behalten.

Summa summarum geht es uns darum, dass die gewünschte unabhängige Untersuchungskommission mitnichten selbst ermitteln oder Straftaten verfolgen soll. Sie soll Organisationsverschulden, -versagen und -verantwortung benennen. Das soll nicht zuletzt vor allem mit dem Anliegen geschehen, die tatsächliche Gefährlichkeit des Rechtsterrorismus und seine geistigen Wurzeln offenzulegen, um jede Wiederholbarkeit derart schlimmer Verbrechensserien auszuschließen.

Herr Jennerjahn, Folgendes stimmt: Wir haben ausdrücklich die Untersuchungskommission nicht mit Rechten bis zum geht nicht mehr ausgestattet. Wir wollten ausdrücklich, dass es von der Untersuchungskommission selbst beschlossen wird. Natürlich wissen wir, dass es auf Basis der Sächsischen Verfassung nicht möglich ist. Wir befinden uns jedoch in einer besonderen Situation. Wenn man sich in einer besonderen Situation befindet, kann man auch von einem Parlament erwarten, dass es auf besondere Situationen besonders reagiert.

(Beifall bei den LINKEN)

Das sehe ich von der Koalition wahrscheinlich nicht. Das sind vorgeschobene Argumente.

Ich habe gehört, dass Sie sich enthalten wollen. Ich habe nichts dagegen, dass wir getrennt abstimmen.

(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Arne Schimmer, NPD)

Vielen Dank, Herr Gebhardt.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung über die Drucksache 5/7600. Wenn ich es richtig verstanden habe, war eine punktweise Abstimmung verlangt. Frau Friedel wollte gern über den ersten Spiegelstrich zu Punkt II gesondert abgestimmt haben. Wir versuchen es. Wenn ich einen Fehler machen sollte, geben Sie mir bitte sofort ein Zeichen.

Ich komme zu Punkt I. Ich bitte um die Dafür-Stimmen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke sehr. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür ist Punkt I mehrheitlich nicht entsprochen worden.

Wir kommen nun zu Punkt II, erster Spiegelstrich. Ich bitte um die Dafür-Stimmen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke sehr. Stimmenthaltungen? – Vielen Dank. Bei Stimmenthaltungen ist dem Punkt II, erster Spiegelstrich, mehrheitlich nicht entsprochen worden.

Meine Damen und Herren! Sie sind sicherlich damit einverstanden, dass ich über den zweiten und dritten Spiegelstrich des Punktes II gemeinsam abstimmen lasse. Ich bitte um die Dafür-Stimmen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke sehr. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist auch dem Punkt II, zweiter und dritter Spiegelstrich, mehrheitlich nicht entsprochen worden.

Wir kommen zur Abstimmung zu Punkt III. Ich bitte um die Dafür-Stimmen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke sehr. Stimmenthaltungen? – Bei zahlreichen Stimmen dafür hat der Punkt III dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.

Meine Damen und Herren! Da keinem der Einzelpunkte mehrheitlich entsprochen wurde, erübrigt sich eine Schlussabstimmung. Die Drucksache ist nicht beschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Stabile Müllgebühren sichern – Keine Privatisierung der Abfallwirtschaft!

Drucksache 5/7627, Antrag der Fraktion der SPD

Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: SPD, CDU, DIE LINKE, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie dies wünscht.

Meine Damen und Herren! Ich erteile der antragstellenden Fraktion der SPD als Einreicherin das Wort. Es spricht Frau Abg. Köpping. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden heute nicht darüber, dass mit der Novelle des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, die notwendig war, um die europäische Abfallrahmenrichtlinie umzusetzen, eine Chance vertan wurde, die Kreislaufwirtschaft konsequent und ökologisch weiterzuentwickeln. Wir reden heute außerdem nicht darüber, dass es das Gesetz zum Beispiel unterlässt, die Recycling-Quoten anzuheben, und stattdessen Quoten festschreibt, die schon längst erreicht sind. Wir reden ebenfalls nicht davon, dass das Gesetz zum Beispiel keine Definition der Abfallvermeidung vornimmt, sondern dieses Versäumnis placeboartig in einem Entschließungsantrag der Abfallvermeidungsziele und Programme fordert und dadurch geheilt werden soll.

Wir reden heute über den Paradigmenwechsel, der mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nach dem Willen der CDU und der FDP im Bund im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge vollzogen werden soll. Nach dem Willen der CDU-/FDP-Bundesregierung und deren Fraktionen erhalten private gewerbliche Sammler die Möglichkeit, sich die Filetstückchen in der Abfallentsorgung herauszusuchen. Für die Kommunen bleiben die finanziell unattraktiven Abfälle übrig.

Ich höre schon das Hohe Haus sagen, wenn es um Gebührenanhebungen geht: Das ist kommunale Selbstverwaltung. Damit wird die Überlassungspflicht an die Kommunen ausgehöhlt. Die Kosten für diese Liberalisierung zahlt der Bürger mit höheren Müllgebühren.

Es ist Folgendes richtig: Im Bundestag wurde in letzter Minute noch eine Änderung an der Novelle vorgenommen, mit der eine gewisse Einschränkung gewerblicher Sammler erfolgen soll. Tatsächlich werden durch unbestimmte Rechtsbegriffe erhebliche Rechtsunsicherheiten ausgelöst, die aller Voraussicht nach zahlreiche Gerichtsstreitigkeiten nach sich ziehen werden.

Praktisch sind diese Regelungen überhaupt nicht umsetzbar. Als Kompromiss wurde die sogenannte Gleichwertigkeitsklausel geschaffen. Doch auch mit dieser Gleichwertigkeitsklausel ist weiterhin der Weg für die Rosinenpickerei der privaten Wirtschaft geöffnet. Worum geht es

in der sogenannten Gleichwertigkeitsklausel? Ein privater Anbieter darf nach dem jetzigen Gesetzesvorschlag Müll sammeln, wenn seine Leistungen höherwertiger als die der kommunalen Entsorger sind. Kriterien wie die Auswirkungen auf die Müllgebühren, die Planungssicherheit und Organisation der Kommunen spielen keine Rolle. Der gewerbliche Sammler muss zugelassen werden – egal, ob der Bestand der öffentlich-rechtlichen Entsorger gefährdet ist oder nicht.

Was aber heißt höherwertig? Bedeutet höherwertig ein besseres Abholrhythmussystem oder einen besserer, Service? Heißt höherwertig etwa die Zahlung von Dumpinglöhnen durch den privaten Anbieter? Zu Recht sind die öffentlicher Entsorger an Tarife gebunden.

Wir Sozialdemokraten haben von Anfang an klargemacht, dass wir weitere Privatisierungen im Zuständigkeitsbereich der kommunalen Entsorgungswirtschaft ablehnen. Deshalb muss die Gleichwertigkeitsklausel weg.

(Beifall bei der SPD)