Protocol of the Session on November 24, 2011

zugutekommen würde, hat nichts damit zu tun, dass

irgendwo die sogenannte kalte Progression abgebaut wird. Diese kalte Progression ist ja dafür zuständig, dass die Entwertung von Lohnerhöhungen unterhalb der Inflationsgrenze eben gerade bei unteren Einkommensschichten nicht dazu führt, dass die Leute am Ende mehr in der Tasche haben.

Die Schweiz hat dieses Problem mit der kalten Progression übrigens so gelöst, dass ein periodischer Ausgleich der kalten Progression gesetzlich festgeschrieben wurde. Sobald die kumulierte Teuerung 7 % über dem letzten Stand liegt, muss der Steuertarif angepasst werden. Seit 2010 wird die kalte Progression für die Bundessteuer jährlich ausgeglichen.

So geht es auch, meine Damen und Herren, so funktioniert es in einer richtigen Demokratie.

Frau Merkel hat all dem, was jetzt vonseiten der FDP kommt, zugestimmt. Zitat aus „Welt online“: „Merkel erkauft sich den Koalitionsfrieden mit Milliarden.“ Genauso ist es. Die FDP hat ein riesiges Problem, nämlich den Verlust der Wählergunst. Nicht ein einziges Meinungsforschungsinstitut sieht sie im Moment bundesweit wieder im Bundestag. Dann ist natürlich ein gewisser Erfolg nötig. Das wird jetzt den Leuten vorgegaukelt.

Die CDU hält sich mit der SPD noch einen Koalitionär offen, indem sie jetzt in die Mindestlohndebatte einsteigt und dabei versucht, sich irgendwo ein Hintertürchen offen zu lassen.

Wenn man sich diese beiden großen Parteien anschaut, sollte man einen Blick zurück in die Jahre 2004, 2005 bis 2007 werfen. Zitat SPD 2005: „Merkelsteuer, das wird teuer – Nein zur Erhöhung der Mehrwertsteuer – SPD“. Das war ein Wahlkampfslogan. Am 1. Januar 2007 trat diese Merkel- oder Märchensteuererhöhung in Kraft. Was die CDU angeht, erklärte die Frau Bundeskanzlerin am 8. Februar 2004: „Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer steht für uns nicht zur Debatte.“ So zu lesen in der „Welt am Sonntag“ vom 8. Februar 2004. Wenig später sprach sie dann von 2 %. Wenn man die Logik Ihrer Parteien nimmt, sind aus CDU mit 2 % und SPD mit 0 % Mehrwertsteuererhöhung im realen Leben 3 % Mehrwertsteuererhöhung angekommen. So viel zu Ihrer Glaubwürdigkeit!

Wenn man sich anschaut, wann die jetzt angekündigten Steuerentlastungen eintreten sollen, nämlich 2013, sage ich: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Ist das nicht das Jahr der Bundestagswahl? Wollen Sie sich wieder einmal irgendwo beim Wähler vermeintlich beliebt machen mit irgendwelchen Versprechungen, die dann nicht gehalten werden? Nein, meine Damen und Herren, das ist eben BRD-Demokratie: The show must go on! Der Wähler soll wieder verschaukelt werden. So fördern Sie Politikverdrossenheit, so fördern Sie den Abbau von Demokratie in diesem Land!

(Beifall bei der NPD)

Das war für die NPDFraktion der Abg. Müller. – Wir treten jetzt in eine weitere Rednerrunde ein. Es beginnt wieder die einbringende Fraktion der SPD. Es spricht Kollege Pecher.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Zastrow, es ist schön, dass so durchschaubar ist, wie Sie vorgehen. Ihre Phrasen sind so hohl! Wenn Sie morgen ein Hai fressen würde, könnte der eine Woche lang nicht tauchen! So einen Blödsinn geben Sie von sich.

(Zuruf des Abg. Torsten Herbst, FDP)

Sie tragen das wie eine Monstranz vor sich her. Natürlich können Sie sagen, dass das Versprechen der SPD hinsichtlich der Mehrwertsteuer falsch war. Die Handlung, auf die es dabei letztlich ankommt, hat sich im Nachhinein als richtig erwiesen. Wenn dies nicht so wäre, hätten Sie alle Möglichkeiten der Welt, wie Herr Jurk geschrieben hat, diese Mehrwertsteuererhöhung zurückzunehmen. Das können Sie nicht, und das machen Sie auch nicht.

(Lachen des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Werfen Sie uns das also nicht länger vor, und zwar vor allem deshalb, weil Sie Folgendes machen: Sie versprechen falsch und dann handeln Sie auch noch falsch. Das wird international von allen Experten bestätigt.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der FDP)

Stichwort Klientel: Ich habe eine andere Klientel in der Hotelbranche; das sage ich Ihnen ganz deutlich: Das sind die Köchinnen, das sind die Servierkräfte, das sind die Arbeitnehmer, die dort mit 600, 700 oder 800 Euro nach Hause gehen, wobei sie von Ihrer Steuerentlastung vielleicht 4 Euro haben.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Und was machen Sie? Sie stecken eins zu eins Spenden ein, um diesen Mist durchzudrücken.

Was passiert noch? 140 Millionen Euro pro Jahr kostet uns dieses ominöse Wachstumsbeschleunigungsgesetz in Sachsen. 140 Millionen Euro! Voraussichtlich wird die Belastung der Länder und Kommunen durch Ihr jetziges Steuerpaket dem Freistaat Einnahmenverluste zwischen 100 und 200 Millionen Euro bringen. Das heißt, Ihre Regierungsbeteiligung in Sachsen und im Bund kostet den Freistaat Sachsen bis 2014 1 Milliarde Euro. Sie sind der teuerste Missgriff in der Geschichte Sachsens! Das will ich Ihnen deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

80 Milliarden Euro wollte Ihre Koalition einsparen. Das haben Sie nicht annähernd erreicht. Jetzt satteln Sie noch Schulden drauf. Und da wollen Sie uns Fehler aus der Vergangenheit vorwerfen?! Mit dieser Begründung könnte man auch sagen: Zwickau dürfte keine Autos mehr bauen, weil es früher Trabis gebaut hat! Man muss aus

Fehlern lernen, und vor allen Dingen muss man fähig sein, sie zu korrigieren.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Noch ein Wort in Richtung Herrn Patt: Sie haben recht, Herr Patt, man muss natürlich auch sagen, was man will. Das sagen wir auch ganz deutlich. Wir sind im Bund in erster Linie bereit und dabei, den Schuldenabbau voranzutreiben. Das war immer eine deutliche Aussage von uns. Wir wollen in Bildung investieren. Auch eine ganz deutliche Aussage von uns! Wir wollen in die Entlastung der Kommunen investieren, die durch die jetzigen Vorgänge wieder belastet werden. Und wir wollen in Forschung und Entwicklung und in die Energiewende investieren. Das sind klare Aussagen von uns. Ich würde die verdammte Herdprämie nehmen und dieses Geld lieber in die Kitas investieren und nicht woanders hinschieben. Das halte ich für vernünftig.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Statt 7 % für die Hoteliers würde ich lieber in Forschung und Hochschulen und in gute Lehrer hier in Sachsen investieren. Das würde nottun. Aber stattdessen organisiert man hier Einnahmenausfälle. Ich glaube, dass wir mit den von mir genannten Zielen konkrete Antworten geben.

Ich möchte noch einen Schwenk zu dem machen, was wir in Europa damit anrichten. Die ersten zehnjährigen Bundesanleihen konnten nicht voll versteigert werden. Wir haben gerade die Hälfte losbekommen, von 6 Milliarden Euro lediglich 3 Milliarden Euro.

Wir haben auch ein Schuldenproblem. Da kann man nicht im Bund das Vertrauen verspielen und noch draufsatteln, weil wir dann in der Refinanzierung Probleme bekommen. Bei 38 Milliarden Euro Zinsen ergibt ein Prozentpunkt mehr, den wir an Zinsen aufbringen müssen, 10 Milliarden Euro. Das sind 10 Milliarden Euro, die Sie jetzt mit neuen Schulden verspielen. Ich kann Ihnen nur allen Ernstes raten, im Bundesrat diesen Blödsinn nicht mitzumachen.

Meine Damen und Herren auf den Rängen, wenn Ihnen ein FDP-Politiker „Guten Morgen“ sagt, dann schauen Sie auf die Uhr; es könnte schon nach zwölf sein.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Herr Kollege Pecher, Sie dürfen die Ränge nicht ansprechen. Das möchte ich hier noch als Verwarnung aussprechen.

(Zurufe von der SPD und den LINKEN)

Das war die einbringende Fraktion der SPD. Es sprach Herr Kollege Pecher. – Jetzt sehe ich am Mikrofon 7 Herrn Gansel. Sie wünschen sicherlich eine Kurzintervention? – Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin ganz bestimmt nicht ans Rednerpult getreten,

(Stefan Brangs, SPD: Sie stehen doch gar nicht am Rednerpult!)

um auch nur ansatzweise eine Verteidigungsrede zugunsten von FDP und CDU zu halten. Aber das, was uns Herr Pecher an Phrasensalat mit SPD-Dressing präsentiert hat, ist wirklich schwer verdaulich. Da muss man nur an die real existierende Regierungszeit von Rot-Grün zurückdenken. Man kann aber auch den Bogen zur Gegenwart schlagen. Wenn Herr Pecher hier suggeriert, seine Partei sei die Partei des Schuldenabbaus, seine Partei sei der Garant für Investitionen in Bildung und in die Entlastung der Kommunen, dann ist das mit Blick auf die europapolitische und finanzpolitische Debatte im Bundestag die blanke Heuchelei. Ich kenne keine Bundestagspartei, die fanatischer den Unsinn von Eurobonds fordert als die Sozialdemokraten im Bundestag.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat errechnet, dass im Falle der Einführung von Eurobonds – durch die Einführung dieser Gemeinschaftsanleihen – dem deutschen Staat eine jährliche Mehrbelastung in der Größenordnung von 47 Milliarden Euro droht. Das ist für Ihre verquere Vorstellung von europäischer Solidarität. Es ist aber ein Verrat an deutschen Interessen. Diese Partei, die so fanatisch nach Eurobonds ruft und sich damit zum Erfüllungsgehilfen der EU-Kommission macht, diese Sozipartei, will sich hier als Partei des Schuldenabbaus und der Investitionspolitik verkaufen. Das ist wirklich Heuchelei. Das ist eine Volksverarsche der übelsten Sorte, Herr Pecher.

(Beifall bei der NPD)

Wird darauf eine Reaktion gewünscht? – Das kann ich nicht erkennen. – Wir können in der Reihenfolge unserer Redner weitergehen und kämen nun zur CDU-Fraktion. Das Wort ergreift erneut Herr Kollege Patt.

Danke schön, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe aufgenommen, was die SPD vorgeschlagen hat und mit dem Geld machen möchte. Herr Pecher, wir unterscheiden uns nur in einem Punkt: Wir – die Regierungsfraktionen – brauchen dafür nicht mehr Geld. Wir kommen mit unserem Geld aus. Wir brauchen kein neues.

Sie belasten die Kommunen. Sie belasten die gesamte öffentliche Hand. Sie stellen permanent Forderungen auf, die nur der Staat erfüllen solle, anstatt auf die Eigeninitiative und Selbstverantwortung der Bürger zu vertrauen. Mit dieser Belastung und den neuen Standards – nur Standards, die die öffentliche Hand zu erfüllen hat – kommen wir nicht weiter. Hierbei ist der Ansatz, der auch auf Bundesebene geprüft wird, der folgende: Können wir Geld zurückgeben? Das macht ungefähr 2,4 % unserer Steuereinnahmen aus. Der einzelne Bürger kann selbst

entscheiden, wofür er es ausgeben und was er damit machen möchte.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Kollege Patt, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja.

Danke, Herr Kollege. – Würden Sie mir recht geben, dass es sich, wenn wir über das Thema Bund und die 6 Milliarden Euro reden, um neue Schulden handelt, die Sie aufnehmen? Würden Sie mir recht geben, dass im Freistaat Sachsen seit dem Jahr 2005 – mit der Regierungsbeteiligung der SPD – rund 400 Millionen Euro getilgt wurden, es immer einen ausgeglichenen Haushalt gab und Sachsen trotzdem nicht schlechter stand?

Genau! Deswegen brauchen Sie uns auch nicht vorzuwerfen, was auf Bundesebene passiert. Sie brauchen außerdem die FDP nicht in eine Mitverantwortung zu ziehen. Wir machen hier sächsische Politik. Das machen sowohl die FDP als auch die CDU. Das haben wir früher auch mit Ihnen gemacht. Am Ende haben wir das Heft in der Hand.

(Lachen bei den LINKEN)

Wir sorgen auch dafür. Herr Pecher, ich weiß es noch genau: Wir hatten damals beide im Haushaltsausschuss darüber gesprochen, woher die Deckungsvorschläge von Ihnen kamen. Das war der allgemeine Haushalt. Wir haben konkrete Deckungsvorschläge. Wir konnten an anderen Stellen noch Einsparungen vornehmen. Dafür steht die CDU. Sie ist Garant für eine verlässliche und solide Politik.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)