Ehepaare, die bisher keine Kinder bekommen haben, sind in der Regel beide erwerbstätig, sodass der Splittingeffekt bei dieser Gruppe nur gering ausfällt. So viel zu Ihrer Behauptung, dass kinderlose Ehepaare besonders begünstigt seien. Derzeit, meine Damen und Herren – das ist jetzt auch noch einmal ein wichtiges Argument – wachsen 76 % aller Kinder bei ihren verheirateten Eltern auf. Das heißt, das Ehegattensplitting kommt in erster Linie Familien mit Kindern zugute. Eine Abschaffung des Ehegattensplittings hätte also zur Folge, dass gerade die Familien benachteiligt würden.
(Beifall bei der CDU – Volker Bandmann, CDU: Das ist ja das Ziel der LINKEN! Das haben die schon immer gemacht!)
Viertens fordern Sie eine Regelfinanzierung für Kindertagesstätten durch den Bund bei Abschaffung der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten. Dies soll eine Förderung direkt an das Kind sein – so lautet zumindest Ihre Begründung. Aber Sie wollen wieder Institutionen fördern und nicht Kinder, genau wissend, dass wir in Sachsen ein exzellentes Kindertagesstättennetz haben und eine exzellente Kindertagesstättenversorgung. Sie fordern den Aufbau von Strukturen, die es bereits gibt.
Aber was ist zum Beispiel mit den alleinerziehenden Vätern, mit einem Vater zum Beispiel, der im Schichtdienst arbeitet und froh ist, wenn er die Betreuung, die er sich womöglich neben Kita und Hort flexibel für zu Hause organisiert, von der Steuer absetzen kann? Was ist mit all den Frauen und Männern, die zum Beispiel in den Krankenhäusern, in der Gastronomie, im Einzelhandel, bei der Polizei oder im Theater arbeiten, die sich für den Nachmittag oder für den Abend nach der Kita jemanden suchen müssen, der das Kind abholt und betreut, bis er oder sie selbst nach Hause kommt, oft erst nach 22 Uhr? Sollten auch die ihre Ausgaben nicht mehr steuerlich geltend machen dürfen? Was ist mit den flexibel arbeitenden Menschen im Supermarkt, die sich diese Zeiten nicht aussuchen können und oft froh sind, überhaupt wieder Arbeit zu haben?
Ihr Vorschlag, meine Damen und Herren, geht von einer Arbeitswelt aus, die es so nicht mehr gibt. Hier gibt es steuerliche Berücksichtigungen, die flexibel Antworten geben. Ich kann deshalb nur empfehlen, den Antrag der Fraktion DIE LINKE abzulehnen.
Das Schlusswort hat Frau Klepsch. – Es gibt aber zuvor noch eine Kurzintervention. Sie können trotzdem schon nach vorn kommen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich habe davon abgesehen, Herrn Kupfer eine Zwischenfrage zu stellen, da ich weiß, dass er das nur vorträgt. Mir ist trotzdem aufgefallen, dass Herr Patt heute in einer früheren Debatte deutlich sagte, dass sich die CDU Sachsen schon sehr lange für ein Familiensplitting einsetze, gerade eben aber ein großes Plädoyer für das Ehegattensplitting gehalten wurde.
Ach, genau! Das habe ich auch herausgehört. Ganz sicher. – Ich bin leider Gottes nicht dazu in der Lage, solche Verrenkungen wie die CDU im Kopf mitzumachen. Ich würde versuchen, das vielleicht über eine Kleine Anfrage zu klären. Es gibt Protokolle, um deutlich zu machen, wofür die CDU jetzt eigentlich wirklich steht.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme zum Schlusswort zu unserem Antrag. Eigentlich gäbe die Rede, die Herr Kupfer gerade in Vertretung von Frau Clauß vorgetragen hat, genügend Anlass, auf viele Punkte noch einmal einzugehen. Allerdings will ich weitestgehend darauf verzichten, weil Herr Kupfer aus meiner Sicht heute eher dazu verurteilt ist, hier seine Kollegin zu vertreten und Reden zu verlesen.
Ein Punkt ist aber wichtig, was die Frage Kinderfreibetrag und steuerliche Vergünstigung von Kinderbetreuung betrifft. Fakt ist: Die Beispiele, die angeführt wurden, die Verkäuferin usw., sind alles Berufsgruppen, die so wenig verdienen, dass sie als Geringverdiener teilweise Zuschläge des Staates bekommen müssen, oder so wenig verdienen, dass sie sich keine abendliche Kinderbetreuung leisten können, sondern dass es über die Familie, über die Oma, Verwandte oder Nachbarn abgedeckt werden muss. Insofern stimmt die Logik hier nicht.
Herr Krauß, vielleicht noch einmal zu Ihnen: Sie hatten gefragt, woher das Geld kommen soll. Ich hatte es erklärt.
Jetzt haben wir ausführlich über das Ehegattensplitting diskutiert. Der eigentliche Hintergrund scheint mir aber doch zu sein, dass Sie für Ihre Fraktion einen etwas eigenartigen Familienbegriff vertreten. Ich sage es noch einmal deutlich: Kinder sind nicht davon abhängig, dass es eine Ehe gibt, weil die Zeugung und die Austragung eines Kindes auch ohne Trauschein geht. Das ist vielleicht noch nicht allen mit CDU-Parteibuch bewusst.
Aber ich erkläre es gern noch einmal. Eigentlich hängt es auch davon ab, dass sich Eltern dafür entscheiden, dass sie Kinder haben wollen. Das ist eine gute Entscheidung und das sollten wir als Staat unterstützen. Wenn der letzte Kinder- und Jugendbericht dieses Freistaates zu dem Schluss kommt, dass wir eine soziale Spaltung haben, dass sich die Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen immer weiter auseinanderentwickeln, dann heißt das doch: Das System hängt schief. Dann brauchen wir einen Systemwechsel in der Kinderförderung. Deshalb wollen wir die Kindergrundsicherung
und nicht, um die Ehe als Institution infrage zu stellen. Das ist der wesentliche Unterschied. Das Beispiel mit der Pflege, wer hier wen gegenseitig pflegt, als Legitimation für das Ehegattensplitting herbeizuführen ist wirklich an den Haaren herbeigezogen. Offensichtlich wird aber auch der Familienbegriff von Ihnen, Herr Krauß, nicht mehr der Realität im Jahr 2011 gerecht. Das mag im Erzgebirge noch so sein, aber wir müssen doch einfach feststellen,
Menschen wandern ab. Wir wissen es. Menschen wandern in andere Bundesländer ab. Sie arbeiten in verschiedenen Städten. Sie führen Wochenendbeziehungen und haben trotzdem Kinder. Generationen leben in verschiedenen Teilen des Landes. Also ist es nicht mehr eins zu eins so, dass der Mann die Frau und die Frau den Mann pflegt usw. Das ist überholt. Dem müssen auch ein Steuersystem sowie eine Kinderförderung in Zukunft besser gerecht werden, selbst wenn in einzelnen Wahlkreisen die Uhren noch anders ticken.
Frau Schütz hat es erkannt. Auch sie hat festgestellt: Wir wollen den Systemwechsel. Wir wollen die kindorientier
te Förderung. Sicherlich ist die Familie die kleinste soziale Einheit. Darin gebe ich Frau Schütz vollkommen recht. Aber Familie ist eben nicht Ehe, sondern Familie ist auch Ein-Eltern-Familie, Familie ist das Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Partner mit Kindern, die sich dafür entschieden haben. Familie ist auch das Zusammenleben unverheirateter Eltern oder über mehrere Generationen mit Kindern zusammen.
Wir wollen das Thema stärken. Wir wollen die bundesweite Debatte dazu anstoßen. Deswegen der Auftrag an die Staatsregierung, das Thema auf Bundesebene anzustoßen.
Über die genaue Ausgestaltung müssen wir uns dann unterhalten. Es gibt verschiedene Lösungsansätze, die diskutiert werden müssen. Dann kommen wir auch zu einer Lösung, die das Ganze finanziert.
Meine Damen und Herren! Ich würde jetzt gern zur Abstimmung kommen. Ich rufe die Drucksache 5/4916 auf. Wer die Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen.
Ach, punktweise! Entschuldigung. Genauso machen wir das. Dann rufe ich jetzt noch einmal den Antrag auf, Drucksache 5/4916, und wir kommen zur punktweisen Abstimmung. Ich lasse jetzt über Punkt 1 abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Stimmenthaltungen und einer Reihe Stimmen dafür, ist Punkt 1 dennoch abgelehnt worden.
Wir kommen zu Punkt 2. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmenthaltungen und wenigen Stimmen dafür ist Punkt 2 mit Mehrheit abgelehnt worden. Damit erübrigt sich auch die Gesamtabstimmung.
Auch hier gibt es wieder eine Diskussionsrunde. Herr Mann steht schon am Mikrofon. Die SPD-Fraktion beginnt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Insbesondere werte Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen! Seit mehr als einem Jahr warten wir nun auf die vom Parlament
geforderte Vorlage zum Hochschulentwicklungsplan. Die SPD-Fraktion legt Ihnen heute den Antrag „Planungssicherheit für die sächsischen Hochschulen“ – endlich, möchte man sagen – „herstellen“ vor. Sie werden eventuell gleich entgegnen, dass Ihnen vieles aus dem vorliegenden Antrag schon bekannt vorkommt. Ja, dies ist tatsächlich der Fall, und zwar, weil wir Ihnen dies seit mehr als eineinhalb Jahren in Anträgen, Anhörungen und Debatten vortragen.
Es ist aber nicht allein unser Problem, dass Sie diese Anträge bis heute abgelehnt haben, sondern eines für die Zukunft ganz Sachsens. Ihr Problem ist aber, dass sich die Grundaussagen zur Hochschulentwicklungsplanung, die wir trafen, inzwischen bestätigt finden und Ihre Grundannahme von der Realität eingeholt wurde. So hat die Staatsministerin der versammelten Hochschulrektorenkonferenz und den Kanzlern der Hochschulen noch im Oktober vorigen Jahres als Grundlage der Hochschulentwicklungsplanung Zahlen vorgestellt, die für dieses Jahr in Sachsen ganze 95 000 Studierende prognostiziert haben. Gestern nun kamen die Zahlen vom Statistischen Bundesamt. Mit sage und schreibe über 21 000 Immatrikulationen steigen die Einschreibungen und die Studierendenzahl wird in diesem Jahr mit der Grenze von 110 000 Studierenden ein neues Allzeithoch in Sachsen überschreiten. Genau deswegen sind vor zehn Tagen über 3 000 Studierende in Leipzig gegen diese Kürzung auf die Straße gegangen, und ich kann Ihnen sagen, das war kein langfristig geplanter, breiter Protest. Das war eine erste Spontanreaktion aus den Leipziger Hochschulen.
Auch deswegen erneuern wir unsere Forderung und verstärken sie: Die sächsischen Hochschulen brauchen eine Atempause, ein Moratorium weiterer Stellenkürzungen, solange der Studierendenansturm anhält, und dies wird ohne Zweifel bis mindestens 2015 der Fall sein. Hier bilden sich mitnichten nur Einmaleffekte ab wie die Aussetzung der Wehrpflicht oder die doppelten Abiturjahrgänge, sondern eben auch der deutliche Anstieg der Übergangsquoten und damit der Anteil der Studierenden an einem Altersjahrgang.
Genau das ist es doch, was die Politik den jungen Leuten seit Jahren gepredigt hat. Der Ministerpräsident war vor drei Jahren mit dabei, als er sich beim sogenannten Bildungsgipfel nicht nur hinter das 10-%-BIP-Ziel stellte, sondern auch für die Erhöhung des Anteils der akademisch Gebildeten aussprach. Jetzt kommen die jungen Menschen. Auch junge Menschen aus den alten Bundesländern folgen diesem Ruf, und Sie knallen denen die Türen vor den Kopf oder – schlimmer noch – kürzen ihnen die Dozenten aus dem Hörsaal.
Dazu kann ich nur sagen: Das ist doch Irrsinn. Sie reden von Fachkräfteanwerbung, während Sie im eigenen Land die Potenziale, diese Fachkräfte auszubilden, verkommen lassen. Ich sage Ihnen deshalb: Hören Sie auf, Kaffee und Eierschecke zu verteilen, und backen Sie größere Brötchen!
Wenn Sie den unbestreitbar höheren Bedarf an Fachkräften im Lehrerberuf, in Berufen der Pflege, der Energie- und Umwelttechnik wirklich decken wollen, dann brauchen Sie auch hier Ressourcen.
Deshalb schlagen wir einen Pool vor, der dazu dienen muss, diese Prioritäten zu setzen. Wenn das Land Sachsen es aber nicht einmal schafft, in diesen Feldern der öffentlichen Daseinsvorsorge mit seinen eigenen staatlichen Institutionen für genügend Nachwuchs zu sorgen, wo dann? Deshalb fehlen uns von der SPD-Fraktion hierzu maßgebliche Aussagen in Ihrem bisherigen Entwurf zur Hochschulentwicklungsplanung.
Zum Lehrermangel und -bedarf wurde heute bereits diskutiert. Eines will ich dazu aber sagen: Der Streit, den Sie von FDP und CDU halböffentlich über die Wiedereinrichtung der Grundschullehrerausbildung in Chemnitz führen, springt viel zu kurz. Statt mit viel Aufwand ein Symbol zu setzen, das frühestens in sieben Jahren in den Schulen wirksam werden kann, sagen wir: Stärken Sie jetzt die beiden vorhandenen Standorte in Leipzig und Dresden und statten Sie diese so aus, dass wir die enormen Herausforderungen des Lehrerbedarfs bewältigen können!