Zum Lehrermangel und -bedarf wurde heute bereits diskutiert. Eines will ich dazu aber sagen: Der Streit, den Sie von FDP und CDU halböffentlich über die Wiedereinrichtung der Grundschullehrerausbildung in Chemnitz führen, springt viel zu kurz. Statt mit viel Aufwand ein Symbol zu setzen, das frühestens in sieben Jahren in den Schulen wirksam werden kann, sagen wir: Stärken Sie jetzt die beiden vorhandenen Standorte in Leipzig und Dresden und statten Sie diese so aus, dass wir die enormen Herausforderungen des Lehrerbedarfs bewältigen können!
Herr Minister Wöller, dass Ihre Rücknahme der Reform der Lehrerausbildung mehr eine Bürde als eine Hilfe war, haben wir bereits deutlich gemacht.
Jetzt aber zu Ihrem zweiten Argument, das im Zusammenhang mit den Stellenkürzungen gern vorgetragen wird: den zurückgehenden finanziellen Möglichkeiten. Ich möchte Sie im Namen der SPD-Fraktion fragen: Wie kann es sein, dass Sie 13 000 Euro vom Bund für jeden Studierenden einstreichen, aber davon nur 60 % bei den Hochschulen ankommen? Wie kann es sein, dass Sie in Stellungnahmen nur 17 000 Immatrikulationen im Jahr 2015 angeben, sich aber gegenüber dem Bund vertraglich schon verpflichtet haben, bis 2015 die Immatrikulation von 20 000 Studierenden stabil zu halten und die Ressourcen dafür vorzuhalten?
Warum stemmen Sie sich, meine Damen und Herren, gegen Initiativen zur Lockerung des Kooperationsverbots auf Bundesebene und die Forderung zur Aufstockung des Hochschulpaktes der SPD-geführten Länder? Warum, meine Damen und Herren von CDU und FDP, nutzen Sie nicht diese Chancen für Sachsen, dem Fachkräftemangel und dem demografischen Wandel wirksam entgegenzutreten? Sie müssten wissen, im Vergleich zum Kapitalmarkt sind die mittel- und langfristigen Bildungsrenditen von akademischer Ausbildung deutlich höher. Wichtig ist mir deshalb festzuhalten: Das, was Sie hier tun, ist mitnichten Sparen, sondern Sie kürzen an Investitionen und damit an der Zukunft Sachsens.
Kurzum: Die Finanzierungsmöglichkeiten für Studierende sind gegeben, und die Infrastruktur ist da. Das, was wir wirklich gemeinsam gestalten müssten, ist eine unterschiedlich starke Entwicklung der Studierenden in unter
schiedlichen Regionen. Auch deswegen wollen wir einen Pool und keinen Rasenmäher. Deswegen hat sich die SPD-Fraktion im Übrigen auch nicht gegen die Strukturveränderungen an den Standorten Roßwein, Reichenbach und der FH Zittau gewandt. Einzig die für uns nicht nachvollziehbare Anbindung des IHE Zittau an die TU Bergakademie Freiberg haben wir kritisiert.
Wie sehen nun die Folgen Ihrer Politik und Rahmensetzung durch diesen Doppelhaushalt und die beabsichtigte Hochschulpolitik aus? Das will ich an einigen Beispielen illustrieren.
Gerade eben, just gestern Abend, wurde an der HTWK Leipzig, also immerhin der größten Fachhochschule in Sachsen, die Schließung einer deutschlandweit anerkannten Mathefakultät diskutiert, und dies schlicht deshalb, weil durch die Stellenkürzungen die Hochschulen gezwungen sind, bei Fachrichtungen, welche nicht ausgelastet oder überlastet sind, zu kürzen. Da steht genau eines der MINT-Fächer vor dem Aus, auf das Sie sonst hier im Plenum Ihr Hohelied singen.
Oder der drohende Abbau der Hälfte der Professoren in der Politikwissenschaft Leipzigs. Obwohl die Fachrichtung einen NC hat, ist sie überlastet. Also, an der Nachfrage kann es nicht liegen, am Bedarf auch nicht. Etwa an der Qualität der Ausbildung? Falls ja, dann erstaunt mich, dass mindestens ein Persönlicher Referent und ein weiterer Redenschreiber des amtierenden Ministerpräsidenten just an dieser Fakultät ihren Abschluss gemacht haben. Nein, meine Damen und Herren, es liegt schlicht daran, dass in dieser Fachrichtung durch die von uns stetig thematisierten, zu lange nicht besetzten Professorenstellen drei Stellen vakant sind und nun dem von Ihnen mit diesem Doppelhaushalt beschlossenen Stellenkürzungen zum Opfer fallen. Die Universität hat kaum noch Spielräume.
Aber was macht die Koalition? Sie streitet weiter. Während die von Ihnen selbst gesetzte Frist für die Vorlage der Hochschulentwicklungsplanung schon ein geschlagenes Jahr lang verstrichen ist, nehmen Sie, meine Damen und Herren, Ihre eigenen Beschlüsse nicht ernst und streiten, und zwar – und das sollten sich insbesondere die Kollegen von der FDP gesagt sein lassen – über absurde Etiketten. Meine Damen und Herren, den Hochschulen ist es völlig egal, unter welchen Titel Sie das Machtwerk am Ende stellen. Wissenschaftsräume, Wissenschaftsregionen oder Campus Sachsen, das ist den Hochschulen egal; denn die Diskussion über diese Etiketten geht an der Realität vorbei.
Meine Damen und Herren, dieser Antrag ist ein letzter Versuch, Sie zur Besinnung zu rufen. Unsere Hochschulen sind das Pfund, mit dem man dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel erfolgreich begegnen kann. Machen Sie dieses Pfund nicht kaputt, indem Sie den Hochschulen die für ihre Lehre und Forschung notwendige Grundfinanzierung entziehen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Lieber Herr Kollege Mann, Sie erlauben mir, dass ich mich mit Ihrem Antrag beschäftige und weder zum Lehrerbedarf noch zum Kooperationsverbot sprechen möchte. Acht Punkte fallen mir zu Ihrem Antrag ein.
Erstens. Sie verlangen, dass der Hochschulentwicklungsplan bis zum 15. Dezember dem Landtag zur Bestätigung vorgelegt werden soll. Dies ist weder rechtlich geboten noch sinnvoll. Der Hochschulentwicklungsplan ist nach unserem Hochschulgesetz allein durch das SMWK zu erstellen. Der Plan ist fertig, mit den einzelnen Hochschulen abgestimmt und in Kabinettsreife. Eine zusätzliche Landtagsrunde verzögerte noch mehr. Warten wir 14 Tage, dann wissen wir, worüber wir reden.
Ich bin – zweitens – dankbar, dass Sie mir noch Gelegenheit geben, zum Stellenmoratorium zu sprechen. Da kann ich nämlich einiges klarstellen. Wir wissen beide, der Stellenabbau wurde im März 2010 beschlossen. Er beginnt im Hochschulbereich im Jahr 2013. Bis 2015 sollen 300 Stellen wegfallen. Im Jahr 2015 wird es eine Evaluierung geben, die den weiteren Stellenabbau unter anderem im Hinblick auf die Entwicklung der Studierendenzahlen prüfen soll. Die stellengenaue Aufteilung der bereits verbindlich ausgebrachten kw-Vermerke für die Jahre 2013 und 2014 auf die einzelnen Hochschulkapitel erfolgt danach im Haushaltsplan 2013/2014, wenn nicht bis dahin, was ich hoffe, die Stellenplanbindung für die Hochschulen aufgehoben ist und die Hochschulen selbst entscheiden können, wo und wie sie Personal abbauen. Über die Aufteilung der 327 kw-Vermerke auf Jahresscheiben für die Folgejahre – so heißt es im Haushaltsgesetz – wird im Jahr 2015 auf der Grundlage des Ergebnisses der Evaluierung entschieden. Ein Moratorium nähme – so glaube ich – die Flexibilität. Kein Grund zur Aufregung, kein Grund für Proteste! Ich komme nachher noch einmal auf die Stellensituation zurück.
Der dritte meiner acht Punkte: Der Antrag fordert eine Stärkung des akademischen Mittelbaus und eine geschlechtergerechte Entwicklung. Die Stärkung des akademischen Mittelbaus halte ich grundsätzlich für richtig. Ich glaube, dass wir da früher einen Fehler gemacht haben. Aber dies können wiederum nach meinem Verständnis die Hochschulen künftig selbst vornehmen, wenn wir ihnen mit der Hochschulnovelle die dafür erforderlichen Freiheiten vom Stellenplan einräumen.
Für die geschlechtergerechte Entwicklung des Personalkörpers gibt es bereits jetzt die gesetzlichen Grundlagen. Sie ist im Hochschulgesetz mehrfach verankert: in den §§ 5 Abs. 3, 11 Abs. 7 und 55. Ich glaube jedenfalls, dass
Ich komme zum 4. Punkt: Was der im Antrag geforderte Innovationspool mit den strategischen Fragestellungen, auf die ich gerne eingehe, zu tun hat, weiß ich nicht so richtig. Lieber Herr Mann, ich habe es gerade eben auch nicht so richtig verstanden. Form und Sinn entziehen sich meinem Vorstellungsvermögen. Es geht hier vermutlich um einen ganzheitlichen Ansatz. Das legt jedenfalls Ihre Formulierung von den Gender Studies nahe. Bei diesem Punkt zeigt sich für mich außerdem, wie wenig liebevoll der Antrag insgesamt produziert wurde.
Ich komme zum 5. Punkt: Ein kontinuierliches Monitoring im Hochschulbereich ist eine Selbstverständlichkeit. Die Beseitigung überflüssiger Doppel- und Mehrfachangebote ist unbedingt notwendig. Dies wird entsprechend den vorangegangenen Priorisierungen im Hochschulentwicklungsplan – später über die Zielvereinbarungen – erfolgen können. Dieser Punkt Ihres Antrages scheint mir geradezu trivial, weil dies doch eine der Kernfunktion des Hochschulentwicklungsplans und der darauf aufbauenden Zielvereinbarung ist.
Der 6. Punkt ist: Sie verlangen in Ihrem Antrag einen Bericht im IV. Quartal 2013 zu den neuen Entwicklungen in unserer Hochschullandschaft. Das ist aus meiner Sicht ebenfalls überflüssig. Sie wissen genau, dass unsere Entwicklungen in der Hochschullandschaft im ständigen Fokus stehen. Die Hochschulplanung unterliegt dauerhaft der Fortschreibung entsprechend den neuen Entwicklungen. Die Umsetzung wird durch unseren zuständigen Ausschuss begleitet. Ein gesonderter Bericht ist nicht nötig, weil wir jederzeit dann, wenn sich Einzelfragen stellen, diese Fragen stellen und darauf eingehen können. Die Evaluation des Stellenabbaus erfolgt im Jahre 2015.
Jetzt komme ich wieder zu einem interessanten Punkt Ihres Antrages – das ist mein Punkt 7. Sie wünschen, dass die Hochschulpaktmittel des Bundes in vollem Umfang an die Hochschulen durchgereicht werden. Grundsätzlich bin ich in diesem Punkt bei Ihnen.
Die Verteilung der Bundesmittel aus dem Hochschulpakt sieht derzeit wie folgt aus; Sie haben es gesagt: Der Finanzminister streicht davon 60 % ein, und nur 40 % gehen an die Hochschulen. Was ist der Grund für diese Unersättlichkeit von Herrn Prof. Unland?
Die nackte Gier ist das eine. Ich sage es Ihnen trotzdem, Herr Hahn: Der Hintergrund, Sie wissen das auch, findet sich in der Hochschulvereinbarung aus dem Jahr 2003. Darin haben sich die Hochschulen und die Staatsregierung auf einen Stellenabbau bis zum Jahr 2010 geeinigt. Die letzten 300 dieser Stellen wurden jedoch von den Hochschulen nicht abgebaut. Vor dem Hintergrund auch weiterhin steigender Studierendenzahlen hat das SMWK
vor und während der Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2011/2012 mit dem SMF vereinbart, dass diese Stellen nicht abgebaut werden müssen. Dafür müssen aber 60 % der Hochschulpaktmittel in den Gesamthaushalt fließen. Damit kommen diese 60 % mittelbar den Hochschulen in vollem Umfang zur Finanzierung von 300 zusätzlichen Stellen zugute.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD! So weit sind wir nicht auseinander. Diese Regelung zeigt und gibt zudem den Weg vor, dass und wie diese Koalition gemeinsam mit der Staatsregierung auf neue Entwicklungen reagiert – auch im Hinblick auf den bereits beschlossenen Personalabbau.
Ich stelle noch einmal fest, dass die Staatsregierung für die Zeit, in der mehr Studenten als erwartet ihr Studium aufnehmen, mit der Aussetzung des Personalabbaus reagiert und vorgesorgt hat. In diesem Jahr gibt es in Sachsen aktuell – trotz doppelter Abiturjahrgänge und der Abschaffung der Wehrpflicht –, wie mir gesagt wurde, nur 575 Studienanfänger mehr als im Vorjahr. Die Studienanfängerzahl wird vermutlich auch in den nächsten Jahren nicht ansteigen.
Ich möchte es wiederholen und sage ganz klar: Diese Koalition weiß von dem gesamtgesellschaftlichen Wert unserer Hochschul- und Wissenschaftslandschaft. Wir werden auch künftig auf neue Entwicklungen reagieren und prüfen, ob der bereits beschlossene Stellenabbau später gestreckt werden kann und muss.
Danke, Herr Kollege Mackenroth. – Zunächst möchte ich einen kurzen Dank dafür aussprechen, dass Sie auf die Argumente unserer Antragsgegenstände eingegangen sind.
Weil es für mich nicht verständlich ist, möchte ich eine Nachfrage stellen. Wir sind uns einig, dass wir uns derzeit auf einem Studentenhoch befinden und die Aufgaben der Hochschulen gewachsen sind. Wie sollen sie diese Aufgaben in den folgenden Jahren 2013, 2014 und 2015 mit weniger Ressourcen und zusätzlichen Aufgaben, die in den gerade von Ihnen erwähnten Zielvereinbarungen enthalten sein werden, wie beispielsweise die Weiterbildung oder auch eventuell der Technologietransfer, bewältigen? Wie soll dieses Kunststück bei allen Möglichkeiten, das Budget intern anders zu verteilen, gelingen?
Danke für die Frage. Sie selbst haben schon auf die Lösung hingewiesen. Wenn wir unseren Hochschulen mehr Freiheiten geben, bedingt dies auch mehr Verantwortung und die Verpflichtung, intern Ressourcen aufzulegen und aufzudecken. Wir beide wissen, dass es solche Ressourcen gibt.
Wenn Sie sich einmal Folgendes ansehen: Wo und in welchen Fächern sind die Hörsäle überfüllt? Wo und in welchen Fächern und Seminaren befinden sich die Studentenzahlen im Bereich von 5 bis 7 – jedenfalls im einstelligen Bereich – Teilnehmern? So etwas soll es in Sachsen noch geben. Wir verlangen auch im Interesse der Steuerzahler – 1 000 Stellen kosten 65 Millionen Euro im Jahr –, dass diese Diskrepanzen und Dissonanzen ausgeglichen werden. Ich glaube, dass dies nicht zu viel verlangt ist. Es ist eine richtige Folge der Freiheiten, die wir den Hochschulen geben wollen.
Ich habe eine kurze Nachfrage. Sie sagten etwas davon, bestimmte Studiengänge zu schließen. Könnten Sie einmal ein paar Beispiele nennen, bei denen eine Unterauslastung im Moment gegeben ist?
Ich habe nicht davon gesprochen, dass wir bestimmte Studiengänge schließen wollen. Diese Entscheidungen müssen die Hochschulen selbst treffen. Ich finde es richtig, die sie dabei das Angebot und die Nachfrage im Blick behalten. Ich habe nur gesagt, dass die Auslastung außerordentlich unterschiedlich ist und wir die Thematik differenziert betrachten müssen. Die Katzen sind nicht schwarz oder weiß. Sie sind meistens grau.
Ich komme zu meinem 8. und letzten Punkt. Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weitere Berichte, auch zu den künftigen Zielvereinbarungen, sind derzeit und während der noch laufenden Verhandlungen aus meiner Sicht kontraproduktiv. Die Schwerpunktsetzung der Zielvereinbarungen wird aus dem Hochschulentwicklungsplan herauszulesen sein.
Die Zukunft der Exzellenzinitiative und die Folgen der Vergabeentscheidungen im laufenden Exzellenzwettbewerb sowie weitere Förderungen durch den Bund sind zwar interessant, aber entziehen sich unter dem Strich dem Einfluss des Freistaates.
Zusammenfassend möchte ich Folgendes sagen: Trotz einiger guter Ansatzpunkte kann ich meiner Fraktion im Ergebnis nur empfehlen, Ihren Antrag insgesamt als überflüssig abzulehnen.