Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entschließungsantrag zur Großen Anfrage der SPD zeigt einen Weg auf, wie es gehen könnte, sich dem Problem in diesem Land zu stellen. Ich stimme dem zu, was Frau Klepsch vorhin sagte: Wir müssen den Sozialstaat und die Bildung stärker miteinander verzahnen. Ich bin sogar der Meinung, dass der Sozialstaat die Grundlage für eine erfolgreiche Bildungskarriere und eine demokratische Gesellschaft ist. Wenn wir am Sozialstaat sägen und weitere Einschnitte vornehmen, werden wir dies an anderer Stelle zu spüren bekommen.
Wir brauchen eine politische Strategie. Um eine politische Strategie zu entwickeln, brauchen wir verlässliche Zahlen, die man einordnen kann. Deshalb sind einige Punkte des Entschließungsantrages sinnvoll, um zu einer verlässlichen Basis zu kommen. Auf dieser Basis kann man über eine Strategie nachdenken.
Diese Strategie muss zum einen beinhalten, wie die verschiedenen Ressorts miteinander verbunden werden können. Sie muss zum anderen beinhalten, welche Instrumente zum Beispiel in der Kinder- und Jugendhilfe sinnvoll sind. Weiter steht die Frage: Was kann Europa tun? Was kann mit den ESF-Mitteln gemacht werden? Was müssen der Bund und das Land tun? Diese Antworten gehören in ein Gesamtkonzept. Das will dieser Entschließungsantrag erreichen.
Ich erkenne keine weiteren Wortmeldungen. – Damit kommen wir zur Abstimmung. Ich rufe auf den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 5/7492, bezugnehmend auf die Drucksache 5/5724 zur sozialen Lage von Kindern und Jugendlichen in Sachsen. Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist der Entschließungsantrag mehrheitlich nicht angenommen. Die Behandlung der Großen Anfrage ist beendet.
Hierzu können die Fraktionen in der ersten Runde wie folgt Stellung nehmen: CDU, FDP, DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD und Staatsregierung, wenn gewünscht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Wir wollen uns weiter mit dem Kindeswohl und nun ganz speziell mit der Arbeit der Familienhebammen beschäftigen. Damit kann man die Chancen der Kinder optimal nutzen.
Außer Frage steht Folgendes: Die Verhinderung von Gewalt und Misshandlung von Kindern und Jugendlichen ist eine der wichtigsten Aufgaben der Gesellschaft. Es ist eine Aufgabe, der die Staatsregierung und Regierungskoalitionen seit vielen Jahren mit Nachdruck nachgehen. Wie können wir dieses Ziel tatsächlich erreichen? Eine wichtige Berufsgruppe im Rahmen präventiver Kinderschutzmaßnahmen stellen dabei die Familienhebammen dar, welche zu einem harmonischen Aufwachsen von Kindern beitragen. Mit dem vorliegenden Antrag wird dies unterstrichen.
Die Aufgabe ist für die Familienhebammen nicht immer einfach. Wir unterstützen sie und legen die Grundlagen dafür. Die Tätigkeit muss stärker respektiert werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Familienhebamme gibt es seit circa Anfang der Neunzigerjahre. Sie ist erstmals vorrangig aufgrund der veränderten Familienstrukturen und anderer struktureller Änderungen ausgebildet worden. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt dabei auf der psychosozialen Beratung, der Betreuung und Begleitung von Familien mit erhöhtem Unterstützungsbedarf. Die Familienhebammen unterstützen die Frauen und vielfach auch deren Familien in ihrer individuellen Lebenslage – vor und nach der Geburt –, um so eine gesunde Entwicklung der Kinder zu fördern. Weiterhin unterstützen sie die Eltern bei der Bildung einer positiven Einstellung gegenüber dem Kind.
Der Vorteil einer Familienhebamme gegenüber vielen anderen Berufsgruppen liegt in der ureigenen Tätigkeit der Hebammen selbst. So sind diese speziell zur Begleitung und Betreuung in der Schwangerschaft, während der Geburt und in der ersten Zeit mit dem Kind ausgebildet. Aufgrund ihrer Unterstützung in dieser mit vielen Verän
derungen geprägten Lebensphase genießen Hebammen großes Vertrauen in den Familien. Diese Vertrauensbasis ist auch der Ansatzpunkt des niedrigschwelligen Angebotes einer Familienhebamme. So ist diese vielfach am ehesten nötig, um eine konstruktive Mitarbeit der Eltern zu sichern und somit ein gelungenes Aufwachsen des Kindes von Anfang an zu erreichen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Umsetzung des sächsischen Handlungskonzeptes für präventiven Kinderschutz ist dieser Gedanke folgerichtig mit aufgegriffen worden und findet sich bei der Unterstützung der Arbeit der Beteiligten in einzelnen Netzwerken wieder. So werden derzeit zwei Fortbildungen für Hebammen angeboten. Zum einen ist das folgender Kurs: Hebammen begleiten Familien. Ziel dieses Kurses ist es, Risikofaktoren zu erkennen und Familien zu begleiten. Darauf aufbauend – als zweiter Kurs – gibt es den Kurs: Familienhebammen. In diesem werden die notwendigen Grundkenntnisse vermittelt, um Familien zu begleiten und Risikofamilien verstärkt zu betreuen.
Begrüßenswert ist, dass der Freistaat Sachsen die Weiterbildungskurse mit gefördert hat. Dadurch wurde es möglich, dass die ersten Hebammen bereits erfolgreich die Kurse absolvieren konnten. Begrüßenswert ist ebenfalls, dass einige Landkreise Familienhebammen einsetzen. Das ist beispielsweise im Landkreis Plauen der Fall.
Gleichwohl ist die Anzahl der eingesetzten Familienhebammen aus Sicht eines präventiven und umfassenden Kinderschutzes noch als unzureichend zu bewerten. Eine stärkere Sensibilisierung für die Systeme ist daher bei allen weiteren Beteiligten notwendig, um das angestrebte Ziel der Sicherung des Kindeswohles umfassend zu realisieren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten! Die Lebensphase von Beginn an der Schwangerschaft über die Geburt und das Wochenbett bis hin zum Geburtstag des Kindes ist im Hinblick auf eine gesunde Entwicklung eine verletzliche und sehr sensible Zeit. Die meisten Kinder in Deutschland wachsen in Liebe und Geborgenheit auf. Doch nicht für alle Kinder ist der Start in das Leben so einfach. Gerade hochbelastete Familien, Familien mit sozialen oder gesundheitlichen Problemen, Familien mit Migrations- und Integrationsschwierigkeiten brauchen ein Mehr an Unterstützung, um in den ersten Monaten den Umgang mit dieser neuen Situation zu meistern. Frühe Hilfen und verlässliche Netzwerke ermöglichen diesen Familien eine aktive und leicht zugängliche Unterstützung zum Kinderschutz. Umso wichtiger ist es, dass wir an unserem sächsischen Netzwerk Kinderschutz mit seinen niederschwelligen Angebo
ten festhalten und somit langfristig optimale Bedingungen für diese Kinder und ihre Familien gewährleisten.
Ein Bestandteil dieser frühen Hilfen – auch in unserem sächsischen Netzwerk – sind die Familienhebammen, staatlich examinierte Hebammen mit einer ganz besonderen Zusatzqualifikation: Hilfestellung vor allem auch im Umgang mit Ämtern und Behörden zu geben und bei Bedarf weitergehende Beratungs- und Hilfsangebote zu vermitteln. Der Freistaat hat die Weiterbildung zur Familienhebamme für mehr als 40 Hebammen finanziert. Gerade in den letzten Jahren konnte für die Familienhebammen öffentliche Aufmerksamkeit erreicht werden. Sie finden heute Anerkennung und Wertschätzung in der Politik, in der Wissenschaft, in der Praxis, und sie spielen mit ihrer sozialpsychologischen Zusatzqualifikation eine besonders wichtige Rolle. Sie kennen die Familien, sie haben das Vertrauen der Familien und sie stoßen damit auf eine sehr hohe Akzeptanz.
Aus meiner Sicht unterscheiden sich hier die originären Hebammenaufgaben grundsätzlich von denen einer Familienhebamme. Nicht nur, dass Familienhebammen schwangeren Frauen, Müttern und Kindern bis zum ersten Geburtstag beistehen – also fünfmal länger als herkömmliche oder normale Hebammen –; sie haben auch gelernt, auf die ganz besonderen, vor allem belastenden Lebenslagen einzugehen, sie zu erkennen und die entsprechende angemessene Hilfe zu vermitteln. Sie kennen die Angebote vor Ort und die rechtlichen Rahmenbedingungen.
Die aktuellen Diskussionen im Bundesrat zum Bundeskinderschutzgesetz kann ich vor dem Hintergrund dessen, dass der Bund mit finanziellen Mitteln die Familienhebammen stärken will, nicht nachvollziehen. Es steht deshalb für mich außer Frage, dass die Ausdehnung der originären Hebammenarbeit die Arbeit der Familienhebammen nicht ersetzen kann und nicht ersetzen darf. Es steht auch außer Frage, dass wir nicht zur Sicherung des Kindeswohls beitragen, indem wir die Aufgaben gegeneinander ausspielen. Familienhebammen haben eine völlig andere Funktion als Hebammen.
Im Übrigen stehen auch die Familienhebammen selbst dem Vorschlag, ihre Aufgaben zulasten der herkömmlichen Hebammenaufgaben wahrzunehmen, sehr kritisch gegenüber.
Sehr geehrte Damen und Herren! Für uns steht im Vordergrund, alle Chancen für Kinder zu nutzen. Wir schätzen die Arbeit und das Engagement der Familienhebammen sehr. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag, mit dem wir nicht nur die sächsische Situation ins Auge fassen, sondern uns, wie oftmals gerade vonseiten der Opposition gefordert, klar für Familienhebammen im Rahmen der Diskussion um das Bundeskinderschutzgesetz aussprechen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Zu diesem Antrag, liebe Koalition, kann ich nur sagen: Guten Morgen! – „Mit Nachdruck“, Herr Wehner, das sieht etwas anders aus. Das Thema Hebammen und deren Situation begleitet uns seit über einem Jahr.
Das Ministerium hat mit finanzieller Förderung Familienhebammen ausgebildet. Wir haben in diesem Haus eine Große Anfrage diskutiert. DIE LINKE hat ihrerseits Forderungen aufgezeigt, die weit über den heutigen Antrag hinausgingen.
Ich möchte Ihnen einen Punkt noch einmal vor Augen führen. Dazu ein Zitat aus dem Entschließungsantrag zu unserer Großen Anfrage: „Die Tätigkeit von Familienhebammen stellt eine geeignete Form der unterstützenden Begleitung in der Familiengründungsphase und somit des präventiven Kinderschutzes dar. Es bedarf umgehend verbindlicher Regelungen und Vereinbarungen zum Einsatz von Familienhebammen und zur Vergütung ihrer Leistungen.“ In der Begründung heißt es: „… um deren öffentlich finanzierte Qualifikation ohne Zeitverlust zur Förderung von Kindern und Familien einzusetzen“.
Das waren unsere Forderungen 2010. Jedoch werden Anträge der Opposition regelmäßig abgelehnt und Sie richten damit in Sachsen großen Schaden an.
Sie bringen dieses Thema heute nur auf die Tagesordnung, weil Sie in Richtung Bundesgesetzgebung sehen. Sie sorgen sich um die Kosten hier in Sachsen, nicht um die Hebammen.
Genau vor einem Jahr beendeten 38 Familienhebammen ihre Ausbildung. Was ist in dem letzten Jahr vonseiten der Koalition geschehen? Ich denke, nicht viel, zumindest viel zu wenig.
Sie, werte Abgeordnete, wissen, wie eine Geburtsbegleitung oder ein Hausbesuch von den Krankenkassen honoriert werden. Sie wissen auch, wie viele Geburten notwendig sind, um die Haftpflichtversicherung einer Heb